LAG Hamm, Urteil vom 23.07.2010 – 7 Sa 524/10

September 29, 2020

LAG Hamm, Urteil vom 23.07.2010 – 7 Sa 524/10

Ein Arbeitgeberdarlehen, das der Arbeitnehmer zum Erwerb von Möbeln und zur Tilgung von Verbindlichkeiten erhält, unterfällt nicht der Ausschlussfrist in § 15 Ziffer 2 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel NRW vom 01.10.2007.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 19.02.2010 – 4 Ca 2615/09 – teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der Widerklage wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 6.421,97 Euro; nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.300,70 Euro; seit dem 18.05.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten, die die Klägerin trägt.
Die Revision wird nicht zulassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Rückzahlungsansprüche aus einem dem Beklagten von der Klägerin gewährten Darlehen sowie – widerklagend – um Auskunfts- und Zahlungsansprüche des Beklagten.
Der Beklagte war bei der Klägerin vom 08.10.2007 bis zum 15.09.2008 tätig. Die Beklagte betreibt den Handel und Service sowie die Reparatur von und mit Bau- und Industriemaschinen aller Art. Sie erwirbt gebrauchte Baumaschinen, stellt sie instand und veräußert sie im In- und Ausland. Der Beklagte war für die Klägerin als Verkäufer mit dem Vertrieb der Baumaschinen weltweit – vorwiegend im französischsprachigen Ausland – beschäftigt.
Die Klägerin gewährte dem Beklagten am 18.10.2007 ein Darlehen über 1.140,00 Euro;. Das Darlehen war mit 6 % jährlich zu verzinsen. Das Darlehen einschließlich der Zinszahlungen waren vom Beklagten monatlich mit 50 Euro; zu bedienen. Der Beklagte verwandte den Darlehensbetrag, um Möbel zu erwerben.
Auf Bitten des Beklagten gewährte die Klägerin diesem im April 2008 ein weiteres Darlehen über 6.500 Euro;, das ebenfalls mit 6 % jährlich zu verzinsen war. Auf dieses Darlehen nebst Zinsen waren vom Beklagten monatlich 150,00 Euro; zu zahlen. Den Darlehensbetrag zahlte die Klägerin unmittelbar an zwei Gläubiger des Beklagten aus, denen der Beklagte 2.500,00 Euro; sowie 4.000,00 Euro; schuldete.
Die Tilgungszahlungen des Beklagten wurden monatlich mit seinen Gehaltsansprüchen verrechnet, letztmalig mit den Ansprüchen für August 2008. Das erste Darlehen valutierte am 15.09.2008 noch mit 611,75 Euro;. Für die Zeit vom 15.09.2008 bis zum 31.12.2008 beliefen sich die Zinsen auf 10,61 Euro;. Das zweite Darlehen wies am 15.09.2008 noch eine Restschuld von 5.688,96 Euro; auf. Vom 15.09.2008 bis zum 31.12.2009 fielen Zinsen in Höhe von 99,56 Euro; an.
In Ziff. 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.10.2007, wegen dessen weiteren Inhalts auf Bl. 15 f. der Gerichtsakte Bezug genommen wird, nahmen die Parteien unter der Überschrift “Lohn” Folgendes auf:
“Im Übrigen richtet sich der Arbeitsvertrag nach den jeweils geltenden Tarifverträgen in der in Frage kommenden Sparte.”
§ 15 Ziff. 2 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel NRW vom 01.10.2007 (im Folgenden: MTV) enthält zur Fälligkeit und zum Erlöschen von Ansprüchen folgende Regelung:
“Der Anspruch auf vorgenannte Vergütungen sowie alle sonstigen gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind binnen 3 Monaten nach Fälligkeit dem anderen Vertragspartner gegenüber schriftlich geltend zu machen.”
Mit Schreiben vom 16.02.2010, dem Kläger am 17.02.2010 zugegangen, stellte die Klägerin das Darlehen zum 15. März 2009 fällig und forderte den Kläger auf, den noch offenen Betrag bis zum 15.03.2009 auf eines ihrer Konten zur Verfügung zu stellen. Mit ihrer Klage forderte die Klägerin vom Beklagten Rückzahlung des noch offenen Darlehensbetrags nebst der vom 15.09.2009 bis zum 31.12.2009 aufgelaufenen Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 507,50 Euro;.
Die Klägerin hat die Auffassung geäußert, der Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel NRW finde auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Er sei nicht allgemeinverbindlich. Auch sei er nicht einzelvertraglich vereinbart. Die Regelung unter Ziff. 3 des Arbeitsvertrages erfasse ausschließlich Lohnansprüche und solche, die damit im Zusammenhang stünden. Doch selbst dann, wenn die Ausschlussfrist zur Anwendung käme, wäre der Darlehnsrückzahlungsanspruch nicht erfasst. Voraussetzung dafür wäre, dass das Darlehen im Hinblick auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis und für dessen Zwecke gewährt worden wäre. Das sei hier nicht der Fall. Letztlich wären die Rückzahlungsansprüche aber auch noch rechtzeitig geltend gemacht worden. Da keine vertragliche Vereinbarung über die Rückzahlung des Darlehens getroffen worden sei, bedürfe es einer Kündigungserklärung, um das Darlehen fällig zu stellen. Nach § 488 Abs. 3 BGB betrage die Kündigungsfrist drei Monate. Bei einem Zugang des Schreibens vom 16.02.2009 am 17.02.2009 trete die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs damit frühestens am 17.05.2009 ein. Die Dreimonatsfrist laufe damit frühestens am 17.08.2009 ab und sei deshalb bereits durch die Klage und deren Zustellung gewahrt.
Die Klägerin ist der Behauptung des Beklagten entgegengetreten, es sei ein Verzicht auf die Darlehensrückzahlung im Zusammenhang mit dem Verbleib der Möbel, die der Beklagte mit dem ersten Darlehen angeschafft habe, vereinbart worden. In diesem Zusammenhang hat sie behauptet, sie habe die vom Beklagten angeschafften Möbel nicht in den Besitz genommen. Der Beklagte habe die Möbel in der Wohnung, die er durch Vermittlung ihres Geschäftsführers R1 habe anmieten können, schlicht zurückgelassen. Es sei auch lebensfremd anzunehmen, dass wegen dieser Möbel, die mit den Mitteln des ersten Darlehens angeschafft worden seien, auf die Rückzahlung beider Darlehen habe verzichtet werden sollen. Es sei auch falsch, behaupte der Beklagte es sei eine Gewinnbeteiligung vereinbart worden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.421,97 Euro; nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2009 zu zahlen,
den Beklagten zu verurteilen, sie von einer Inanspruchnahme seitens ihres Prozessbevollmächtigten auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 507,50 Euro; freizustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
sowie hilfsweise widerklagend,
1.
a. dem Beklagten Auskunft über die in der Zeit vom 8. Oktober 2007 bis zum 15. September 2008 auf Vermittlung des Beklagten und des weiteren Mitarbeiters T2 L1 erzielten Umsätze und den daraus resultierenden Gewinnen zu erteilen,
b. die schriftlichen Verträge über die von den in a. genannten Mitarbeitern in der Zeit vom 8. Oktober 2007 bis zum 15. September 2008 vermittelten Geschäfte vorzulegen,
c. die Bilanzen für die Kalenderjahre 2007 und 2008 sowie die BWA´s für die Zeiträume von 1. Oktober 2007 bis zum 30. September 2008 vorzulegen,
die Klägerin zu verurteilen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskünfte und der in Ziff. 1. genannten Unterlagen an Eides statt zu versichern,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5 % des Gewinns, der sich aus den erteilten Auskünften ergibt, zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung geäußert, die Rückzahlungsansprüche der Beklagten seien nach § 15 Ziff. 2 MTV verfallen. Zweifel an der Reichweite der Verweisungsklausel in Ziff. 3 des Arbeitsvertrages bestünden nicht. Wollte man solche Zweifel annehmen, gingen diese nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Klägerin als Verwenderin des Arbeitsvertragsmusters, das die Klausel enthalte. Die Klägerin hätte daher Rückzahlungsansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum 15.12.2008 schriftlich und anschließend bis zum 15.01.2009 gerichtlich geltend machen müssen. Wolle man annehmen, der Darlehensrückzahlungsanspruch sei erst durch das Schreiben vom 16.02.2009 zum 15.03.2009 fällig gestellt worden, hätte spätestens bis zum 16.07.2009 Klage erhoben werden müssen. Auch dann wären die Ansprüche der Klägerin verfallen. § 15 Ziff. 2 MTV erfasse auch Darlehensrückzahlungsansprüche. Der Tarifvertrag spreche von “allen sonstigen gegenseitigen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis”. Es komme nicht darauf an, wofür das Darlehen benötigt werde. Entscheidend sei, dass dem Beklagten das Darlehen nur aufgrund seiner Arbeitnehmereigenschaft als Beschäftigter der Klägerin gewährt worden sei.
Der Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe während eines im September 2008 geführten Telefonats zwischen ihm und deren Geschäftsführer K1 auf die Rückzahlung der Darlehensbeträge verzichtet, weil die Klägerin einen Teil der von ihm genutzten Möbel bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Besitz genommen habe. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe er seine Möbel aus der Wohnung holen wollen. Sein Vermieter, der mit dem Geschäftsführer R1 der Klägerin bekannt sei, habe ihm, dem Beklagten, mitgeteilt, die Möbel dürfe er nicht herausgeben. Sie stünden im Eigentum der Klägerin. Als er sodann am nächsten Tag mit dem Geschäftsführer K1 gesprochen habe, habe dieser erklärt, er möge doch die Möbel vergessen; die Klägerin werde dann auch ihrerseits die Darlehensforderung vergessen.
Im Zusammenhang mit der Hilfswiderklage, die der Beklagte für den Fall des Unterliegens mit dem Klageabweisungsantrag erhoben hat, hat der Beklagte behauptet, die Klägerin habe ihm und dem Zeugen L1, einem ihrer weiteren Außendienstmitarbeiter, eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 10 % zugesagt. Diese Vereinbarung sei im Dezember 2007 in Anwesenheit der Geschäftsführer K1 und R1 sowie des Zeugen L1 getroffen worden. Er sowie der Zeuge L1 hätten nach überschlägiger Schätzung einen Umsatz von 2,0 Mio Euro; vermittelt. Daraus ergebe sich für die Beklagte ein Gewinn von etwa 400.000 Euro;. Die zehnprozentige Gewinnbeteiligung, die gleichmäßig auf ihn und den Zeugen L1 aufzuteilen sei, betrage daher etwa 40.000 Euro;. Beziffern könne er diesen Anspruch aber erst dann, wenn die Klägerin und Widerbeklagte Auskunft über die erzielten Umsätze erteilt habe. Da der Geschäftsführer K1 im Rahmen der Parteivernehmung erklärt habe, das Darlehen sei dem Beklagten vom Geschäftsführer R1 gewährt worden, müsse die Aktivlegitimation der Klägerin gerügt werden.
Die von der Klägerin am 31.07.2009 vor dem Landgericht Münster erhobene Klage ist dem Beklagten am 07.08.2009 zugestellt worden. Mit Beschluss vom 25.01.2009 hat sich das Landgericht gem. § 17 a GVG für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Münster verwiesen. Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 19.02.2010 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen L1 sowie durch Vernehmung des Geschäftsführers K1 als Partei.
Mit Urteil vom 19.02.2010, dem Beklagten am 29.03.2010 zugestellt, hat das Arbeitsgericht unter Abweisung der Widerklage der Klage überwiegend stattgegeben und dies wie folgt begründet:
Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens zu. An der Aktivlegitimation der Klägerin bestünden keine Bedenken. Der Darlehensrückzahlungsanspruch sei nicht nach § 15 Ziff. 2 MTV verfallen. Es könne offen bleiben, ob diese Bestimmung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde. Der Rückzahlungsanspruch sei am 16.05.2009 fällig gewesen. Die Ausschlussfristen seien durch das Schreiben vom 16.02.2009 sowie durch die Klageerhebung gewahrt. Dem Kläger sei der Beweis nicht gelungen, dass die Beklagte ihm gegenüber auf eine Rückzahlung des Darlehens verzichtet habe. Die Klage sei allerdings angesichts der Kostenprivilegierung in § 12a ArbGG unbegründet, soweit die Klägerin eine Freistellung von ihren außergerichtlichen anwaltlichen Kosten begehre. Die Widerklage sei abzuweisen, weil es dem Beklagten nicht geglückt sei, den Beweis für die behauptete Gewinnbeteiligung zu führen. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Dagegen richtet sich die am 15.04.2010 eingegangene Berufung des Beklagten, die er unter Vertiefung seiner bereits erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsauffassungen und Behauptungen am 21.05.2010 im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das Arbeitsgericht habe fehlerhaft angenommen, die Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs bemesse sich nach § 488 Abs. 3 BGB. Verträge über die Gewährung von Arbeitgeberdarlehen seien grundsätzlich dahingehend auszulegen, dass sie mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig würden. Die zweistufige Ausschlussfrist sei damit in jedem Fall abgelaufen. Angesichts der im Rahmen der Parteivernehmung abgegebenen Bekundungen des Geschäftsführers K1 hätten Zweifel an der Aktivlegitimation der Beklagten bestanden. Das Arbeitsgericht hätte im Wege einer Beweisaufnahme klären müssen, wer das Darlehen letztlich gewährt habe.
Die Beweisaufnahme hätte nicht ergeben, dass es zu einem Verzicht nicht gekommen sei. Der im Wege der Parteivernehmung gehörte Geschäftsführer K1 habe erklärt, er könne sich an ein Telefongespräch im Rahmen mit Problemen hinsichtlich der Möbel des Klägers nicht erinnern. Dies stelle nach § 138 Abs. 4 ZPO ein unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen dar. Es müsse daher angenommen werden, dass es zu einem Verzicht gekommen sei. Ferner hätte das Arbeitsgericht den Geschäftsführer R1 als Partei zur Behauptung vernehmen müssen, dass eine Gewinnbeteiligung vereinbart worden sei. Die Aussage des Zeugen L1 sowie des als Partei vernommenen Geschäftsführers K1 seien völlig unergiebig. Da er nach wie vor das Beweismittel der Vernehmung des Geschäftsführers R1 als Partei angeboten habe, hätte das Gericht dem nachgehen müssen.
Der Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des am 19.02.2010 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Münster – Az.: 4 Ca 2615/09 –
die Klage abzuweisen und
hilfsweise widerklagend die Klägerin zu verurteilen,
ihm Auskunft über die in der Zeit vom 8. Oktober 2007 bis zum 15. September 2008 auf Vermittlung des Beklagten und des weiteren Mitarbeiters T2 L1 erzielten Umsätze und den daraus resultierenden Gewinnen zu erteilten,
die schriftlichen Verträge über die von dem in a) genannten Mitarbeitern in der Zeit vom 8. Oktober 2007 bis zum 15. September 2008 vermittelten Geschäfte vorzulegen,
die Bilanzen der Kalenderjahre 2007 und 2008 sowie die BWA´s für die Zeiträume vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. September 2008 vorzulegen,
die Klägerin zu verurteilen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskünfte und der in Ziff. 1 genannten Unterlagen an Eides statt zu versichern,
die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 5 % des Gewinns, der sich aus den erteilten Auskünften ergibt, zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil erster Instanz und wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Der Beklagte sei selbst davon ausgegangen, ein Arbeitgeberdarlehen erhalten zu haben. Es erstaune daher, bestreite er nun ihre Aktivlegitimation. Der Aussage ihres als Partei vernommenen Geschäftsführers K1 könne nicht entnommen werden, dass der Geschäftsführer R1 das Darlehen als Privatperson habe hingeben wollen. Letztlich seien die Ansprüche aus dem Darlehensvertrag – insoweit unstreitig – vom Geschäftsführer R1 an sie, die Klägerin, vorsorglich abgetreten worden.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme erster Instanz wird auf den Inhalt des Protokolls der öffentlichen Sitzung vom 19.02.2010 (Bl. 101 ff d.A.) Bezug genommen. Im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend verwiesen.
Gründe
I.
Die Berufung des Beklagten ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG), nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 15.04.2010 gegen das am 29.03.2010 zugestellte Urteil innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt sowie innerhalb der Frist des § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG und auch ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) am 21.05.2010 begründet worden.
Die Berufung hat in der Sache – mit Ausnahme einer Abänderung im Zinsausspruch – keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Beklagten zur Rückzahlung des noch offenen Darlehensbetrags verurteilt und den für den Fall des Unterliegens mit dem Klageabweisungsantrag gestellte Hilfswiderklage abgewiesen.
II.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des ersten Darlehens in Höhe von noch 611,75 Euro; nebst 6 % Zinsen für die Zeit vom 15.09.2008 bis zum 31.12.2008 in Höhe von 10,71 Euro; sowie des zweiten Darlehens in Höhe von 5.688,95 Euro; nebst Zinsen vom 15.09.2008 bis zum 31.12.2009 von 99,56 Euro; aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB zu.
1.
Zwischen den Parteien sind zwei Darlehensverträge über zwischen den Parteien in der Höhe und im Zinssatz unstreitige Darlehen zustande gekommen. An der Aktivlegitimation der Klägerin bestehen keine Zweifel. Sie folgen auch nicht daraus, dass der Geschäftsführer K1 während seiner Vernehmung als Partei in der öffentlichen Sitzung vom 10.02.2010 bekundet hat, er “hätte nie auf ein Darlehen verzichtet, das Herr R1 gewährt” habe, “zumal wenn es nicht schriftlich gemacht” werde. Es mag dahinstehen, ob die vom Beklagten erhobene Rüge der Aktivlegitimation der Klägerin ein ordnungsgemäßes Bestreiten der mit der Klageerhebung konkludent vorgetragenen Behauptung darstellt, zwischen den Parteien sei ein Darlehnsvertrag zustande gekommen. Der Beklagte trägt selber vor, es hätte bis zur Beweisaufnahme keine Veranlassung bestanden, an der Aktivlegitimation der Beklagten zu zweifeln. Er rügt nun die Aktivlegitimation der Klägerin, und will dadurch die Klägerin veranlassen, im Einzelnen darzulegen, wer mit ihm einen Darlehensvertrag abgeschlossen habe. Er behauptet weder, dass zwischen dem Geschäftsführer R1 als Privatperson und ihm ein Darlehensvertrag zustande gekommen sei, noch bestreitet er ausdrücklich, dass ein Darlehen zwischen ihm und der Beklagten, vertreten durch ihren Geschäftsführer R1, vereinbart worden sei. Seine Rüge stellt sich damit als ein Bestreiten mit Nichtwissen dar. Ein solches Bestreiten ist nach § 138 Abs. 4 ZPO aber nur dann zulässig, wenn es Tatsachen betrifft, die weder eigene Handlungen der Partei noch ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Es ist indes Gegenstand der eigenen Wahrnehmung des Beklagten, wessen Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages er angenommen hat. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist damit unzulässig. Die konkludente Behauptung der Beklagten, das Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages sei von ihrem Geschäftsführer R1 für sie abgegeben worden, gilt damit mangels ordnungsgemäßen Bestreitens nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.
Dies mag letztlich offen bleiben. Der Darlehensvertrag wurde von der Klägerin als Arbeitgeberin des Beklagten abgewickelt. Die Darlehenstilgungen wurden mit den Vergütungsansprüchen des Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis verrechnet. Dies stellt sich als Aufrechnung der Tilgungszahlungen gegen Vergütungsansprüche des Beklagten aus § 611 Abs. 1 i.V.m. dem Arbeitsvertrag dar. Hätte es sich um ein Fremddarlehen des Geschäftsführers R1 an den Beklagten gehandelt, so hätte zuvor eine Verrechnungsvereinbarung getroffen werden müssen, um die Tilgungszahlungen an einen dritten Gläubiger mit den Vergütungsansprüchen des Beklagten gegen die Klägerin verrechnen zu können. Die Kammer hatte deshalb – ebenso wie der Beklagte bis zum Tag der Beweisaufnahme – keinen Zweifel, dass dem Beklagten das Darlehen von der Klägerin als dessen Arbeitgeberin gewährt worden war. Die Bekundungen des Geschäftsführers K1 im Rahmen der Parteivernehmung ändern daran nichts. Sofern der Geschäftsführer K1 erklärt, er hätte nie auf ein Darlehen verzichtet, dass der Geschäftsführer R1 gewährt habe, entspricht dies dem üblichen Sprachgebrauch. Für juristische Personen handeln natürliche Personen. Für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wie es die Beklagte ist, handelt nach § 35 Abs. 1 GmbHG deren Geschäftsführer. Unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachverständnisses kann die Äußerung des Geschäftsführers K1 nur so verstanden werden, dass er nie auf ein Darlehen verzichtet hätte, dass der Geschäftsführer R1 für die Beklagte gewährt hatte.
2.
Der Darlehensrückzahlungsanspruch ist nicht nach § 15 Ziff. 2 MTV verfallen. Mit dem Beklagten ist davon auszugehen, dass § 15 Ziff. 2 MTV auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Nach Ziff. 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages gelangen auf das Arbeitsverhältnis die jeweils geltenden Tarifverträgen in der in Frage kommenden Sparte zur Anwendung. Der Unternehmensgegenstand der Klägerin liegt im weltweiten Handel mit Bau- und Industriemaschinen, also im Außenhandel. Nach § 1 Ziff. 2 MTV findet dieser Tarifvertrag auch dann Anwendung, wenn Groß- und Außenhandelsunternehmen Nebenleistungen erbringen, z.B. auch Instandhalte- und Instandsetzungsarbeiten. Es steht der Anwendung des Tarifvertrages damit nicht im Wege, dass die Klägerin ausweislich des vorgelegten Handelsregisterauszugs auch den Service und die Instandsetzung der von ihr vertriebenen Baumaschinen betreibt.
Der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass die Beklagte nicht einwenden könne, die Verweisungsklausel befinde sich in Ziff. 3 des Arbeitsvertrages und habe ausschließlich einen Bezug zu Lohnansprüchen. Will man annehmen, dass der Wortlaut der Verweisungsklausel unter Berücksichtigung dieses systematischen Zusammenhangs nicht eindeutig sei, geht dies nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Verwenderin (vgl. BAG 09.11.2005, 5 AZR 144/05, juris), also der Klägerin.
Doch ist der Darlehensrückzahlungsanspruch nicht nach § 15 MTV verfallen. Nach dieser Bestimmung sind auf der ersten Stufe Vergütungsansprüche sowie alle sonstigen gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis binnen 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Der Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten fällt nicht unter diese Verfallklausel. Er ist unzweifelhaft kein Vergütungsanspruch. Er ist aber auch kein sonstiger Anspruch “aus dem Arbeitsverhältnis”, denn er beruht nicht auf dem Arbeitsvertrag, sondern auf dem rechtlich selbständigen Darlehensvertrag (BAG 04.10.2005, 9 AZR 598/04, AP Nr. 42 zu § 242 BGB Auskunftspflicht). Er mag erfasst sein von Verfallklauseln, die den Verfall auch solcher Ansprüche regeln, die mit dem Arbeitsverhältnis “in Verbindung stehen” (so BAG, 20.02.2001, 9 AZR 11/00, AP Nr. 5 zu § 611 BGB Arbeitnehmerdarlehen zur Ausschlussfrist in § 16 BRTV; BAG, 04.10.2005, a.a.O., zu einer § 16 BRTV vergleichbaren arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist). Eine solche Klausel enthält § 15 Ziff. 2 MTV indes nicht. Die dortige Klausel beschränkt sich darauf, den Verfall für die in § 15 Ziff. 1 MTV genannten Ansprüche zu regeln – dies sind Lohn- und sonstige Vergütungsansprüche – sowie denjenigen für alle sonstigen gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.
Die Verfallklausel erfasst die hier streitigen Darlehensrückzahlungsansprüche auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.06.1980 (4 AZR 463/78, AP Nr. 68 zu § 4 TVG Ausschlussfrist). Dort hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, Darlehensrückzahlungsansprüche seien von der dem heutigen § 15 Ziff. 2 MTV wortgleichen Vorgängerbestimmung in § 9 des Rahmentarifvertrages für den Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen vom 09.02.1971 bzw. 13.12.2971 erfasst, sofern das Darlehen dem Arbeitnehmer im Hinblick auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis und für dessen Zwecke gewährt worden ist. Zu entscheiden hatte das Bundesarbeitsgericht über die Rückzahlung von darlehensähnlichen Gehaltsvorschüssen, die der dortige Beklagte durch Erbringung seiner Arbeitsleistung tilgen wollte.
Die hier streitgegenständlichen Darlehen sind nicht für Zwecke des Arbeitsverhältnisses, sondern lediglich anlässlich der arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen den Parteien gewährt worden. Angesichts einer fehlenden ausdrücklich anderweitigen Vereinbarung der Parteien war der Bestand des Darlehens nicht an den des Arbeitsverhältnisses geknüpft. Die gewährten Darlehen standen auch ansonsten nicht in einer inneren Beziehung zum Arbeitsverhältnis. Das erste Darlehen diente dazu, es dem Beklagten zu ermöglichen, Möbel anzuschaffen und damit ein Geschäft des allgemeinen Lebensbedarfs zu tätigen. Mit dem zweiten Darlehen hat der Beklagte eine Umschuldung realisieren können. Sollte die Klägerin die Darlehen gewährt haben, um eigenen Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen in die Gehaltsansprüche des Beklagten gegen sich zu entgehen, mag dies ein Motiv für die Darlehensgewährung gewesen sein. Dies führt allerdings nicht zu der Annahme, das Darlehen sei für Zwecke des Arbeitsverhältnisses gewährt worden. “Zweck” meint in der allgemeinen Sprachbedeutung Sinn und Ziel einer Handlung (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Aufl. 2006). Soll ein Darlehen für Zwecke des Arbeitsverhältnisses gewährt werden, muss eine wie auch immer bedingte Ursächlichkeit der Darlehensgewährung für das Arbeitsverhältnis gegeben sei. Dies ist hingegen im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten unter keinem Gesichtspunkt erkennbar.
3.
Das Darlehen ist nicht nach § 397 Abs. 1 BGB erloschen. Dem Beklagten ist der Beweis nicht gelungen, dass zwischen ihm und der Klägerin ein Vertrag über den Erlass der Darlehensschuld zustande gekommen ist.
Der als Partei vernommene Geschäftsführer K1 hat in der Beweisaufnahme bekundet, er hätte nie auf ein Darlehen verzichtet, das der Mitgeschäftsführer R1 gewährt hätte. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn die Vereinbarung für das Darlehen nicht schriftlich eingeräumt worden sei. Damit hat der Geschäftsführer K1 für die Kammer überzeugend bekundet, dass zwischen dem Beklagten und der durch ihn vertretenen Klägerin keine Vereinbarung über den Verzicht auf die gewährten Darlehen zustande gekommen ist. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Geschäftsführer K1 nicht daran erinnern konnte, ob es zwischen dem Beklagten und ihm zu einem Telefonat gekommen sei, in dem Probleme mit den Möbeln des Beklagten erörtert worden seien. Dies stellt nicht etwa ein unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen dar, wie es der Beklagte annimmt. Der Geschäftsführer bekundet lediglich, sich an ein Telefonat dieses Inhalts nicht erinnern zu können. Angesichts des lang zurückliegenden Zeitraums und der geringen Bedeutung der Thematik, die in diesem Telefonat angesprochen worden sein soll, ist das für die Kammer nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als sich der Geschäftsführer auch an den Inhalt von sonstigen Telefongesprächen, die von größerer Bedeutung waren, nicht im Einzelnen erinnern konnte. Dies gilt beispielhaft für Gespräche im Zusammenhang mit der Erteilung eines Arbeitszeugnisses oder um ein solches im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Geschäftes in Spanien. Für die Kammer war es vielmehr sehr überzeugend, dass der vernommene Geschäftsführer K1 auf ein Darlehen nicht verzichten würde, das der Mitgeschäftsführer eingeräumt hat. Dies entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, weil es sich beim Mitgeschäftsführer um den Firmengründer handelt. Damit stimmt überein, dass der vernommene Geschäftsführer K1 bekundet hat, auch zwischen den Geschäftsführern gebe es eine gewisse Hierarchie. Dies muss umso mehr gelten, als dass der Verzicht auf ein Darlehen nicht nur auf den Darlehensrückzahlungsanspruch im Hinblick auf das erste Darlehen, das zur Anschaffung der Möbel gewährt worden ist, sondern auch im Hinblick auf das zweite deutlich höhere Darlehen, erklärt worden sein soll. Dies wäre ein so ungewöhnliches und außerhalb des üblichen Geschäftsablaufs liegendes Rechtsgeschäft, dass sich der als Partei vernommene Geschäftsführer daran hätte erinnern müssen, wäre es zwischen ihm und dem Beklagten erörtert worden. Für die Kammer bestand vor diesem Hintergrund keine Veranlassung, in eine erneute Beweisaufnahme einzutreten.
4.
Zinsen stehen der Klägerin in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die noch offenen Darlehensbeträge in einer Gesamthöhe von 6.300,70 Euro; unter Berücksichtigung eines Zugangs des Kündigungsschreibens vom 16.02.2009 am 17.02.2009 und eines Ablaufs der dreimonatigen Kündigungsfrist am 17.05.2009 seit dem 18.05.2009 aus den §§ 286 Abs. 2 Ziff. 2, 288 BGB zu. Nach § 286 Abs. 2 Ziff. 2 BGB bedarf es einer verzugsbegründenden Mahnung nicht, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt. Die Kündigung des Darlehens ist ein Ereignis im Sinne der Bestimmung des § 286 Abs. 2 Ziff. 1 BGB. Diese Regelung greift auch dann, wenn der Leistung eine Kündigung vorauszugehen hat und die Leistungszeit sich von der Kündigung ab nach dem Kalender berechnen lässt (vgl. MünchKom/Ernst, BGB, 5. Aufl. 2007, § 286 Rn. 58), wie es hier angesichts der dreimonatigen Kündigungsfrist nach § 488 Abs. 3 S. 2 BGB gilt. Sofern das Arbeitsgericht Verzugszinsen bereits seit dem 16.03.2009 zugesprochen hat, war das Urteil abzuändern. Dies gilt ferner, soweit das Arbeitsgericht Zinsen auch auf die für die Zeit vom 15.09.2008 bis zum 31.12.2008 in Höhe von 10,71 Euro; und 99,56 Euro; angefallenen Zinsen zugesprochen hat. Dem steht die Regelung in § 289 S. 1 BGB entgegen, wonach auf Zinsen Verzugszinsen nicht zu zahlen sind.
III.
Das Arbeitsgericht hat die Widerklage zu Recht abgewiesen.
1.
Die Widerklage ist zulässig. Der Beklagte hat sie für den Fall eines Unterliegens mit seinem Klageabweisungsantrag erhoben und sie damit von einer innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht.
2.
Dem Beklagten steht gegen die Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf die im Wege der Stufenklage geltend gemachte Auskunft sowie Zahlung zu. Ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag. Dabei mag es dahinstehen, ob auch ein solcher Anspruch nach § 15 Ziff. 2 MTV verfallen ist. Der Beklagte hat die Widerklage erstmals am 25.05.2010 und damit weit außerhalb der Fristen des § 15 Ziff. 2 MTV erhoben. Denn dem Beklagten ist der Beweis nicht gelungen, dass zwischen ihm und der Klägerin eine Vereinbarung über eine Beteiligung in Höhe von 10 % des Gewinns der von ihm und dem Zeugen L1 erzielten Umsätze getroffen worden ist.
Weder der Zeugen L1 noch der als Partei vernommene Geschäftsführer K1 der Klägerin haben bekunden können, dass eine Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der Klägerin über eine Gewinnbeteiligung vereinbart worden ist.
Der Zeuge L1 hat bekundet, dass zwar immer wieder über Perspektiven im Unternehmen gesprochen worden sei, er sich aber an ein konkretes Gespräch über eine Gewinnbeteiligung nicht erinnern könne. Er hat im Gegenteil bekundet, dass über eine 10 %-ige Gewinnbeteiligung, die jeweils zur Hälfte auf ihn sowie den Beklagten hat entfallen sollen, nicht gesprochen worden ist. Eine mündliche Zusage habe es nicht gegeben. Auch schriftlich sei nichts fixiert worden. Eine Absprache sei nicht getroffen worden. Auch auf weitere Nachfrage hat der Zeuge lediglich wiederholen können, dass er eine Gewinnbeteiligung zugesagt bekommen habe.
Die Aussagen des Zeugen waren in sich widerspruchsfrei und glaubhaft. Bei einer so wesentlichen Frage wie einer Gewinnbeteiligung hätte sich der Zeuge an konkrete Gespräche erinnern müssen. Für die Kammer stand damit fest, dass eine solche Gewinnbeteiligung zwischen den Parteien nicht vereinbart worden war. An der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestanden für die Kammer keine Zweifel.
Auch der Geschäftsführer K1, der als Partei vernommen worden ist, hat bekundet, dass es solche Gespräche unter Beteiligung des Beklagten und des Zeugen L1 nicht gegeben habe. Dies war für die Kammer ebenfalls nachvollziehbar, denn der Geschäftsführer hätte sich an eine solche Vereinbarung, die inhaltlich komplexer Natur war, erinnern müssen.
Für die Kammer bestand keine Veranlassung, dem weiteren Beweisantritt des Beklagten nachzugehen, den Geschäftsführer R1 als Partei zu vernehmen. Nach § 445 Abs. 2 ZPO ist der Antrag, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu vernehmen, dann nicht zu berücksichtigen, wenn er Tatsachen betrifft, deren Gegenteil das Gericht als erwiesen erachtet. So liegt der Fall hier. Die Aussage des Zeugen L1 ist nicht etwas unergiebig, wie es der Beklagte annimmt. Sie hat nicht etwas ergeben, dass der Zeuge sich an einen Gesprächsverlauf der behaupteten Art nicht zu erinnern vermag. Der Zeuge hat vielmehr bekundet, dass eine solche Vereinbarung nicht existiert. Angesichts der Widerspruchsfreiheit dieser Aussage, ihrer Plausibilität und der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen L1, der selbst ein hohes Eigeninteresse an einer solchen Vereinbarung hätte haben müssen, stand für die Kammer fest, dass zwischen den Parteien eine Vereinbarung der behaupteten Art nicht zustande gekommen ist. Der Antrag auf Vernehmung des weiteren Geschäftsführers als Partei war daher nicht mehr zu berücksichtigen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 2 Ziffer 1, 97 ZPO. Dem Beklagten fallen die Kosten der von ihm ohne Erfolg eingelegten Berufung zur Last. Da sich die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils lediglich auf einen geringen Teil der Zinsforderung beschränkt und dies keine höheren Kosten ausgelöst hat, waren dem Beklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens vollständig aufzuerlegen.
Sofern das Berufungsgericht aus Gründen der Klarstellung auch eine Entscheidung über die die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz getroffen hat, hat es damit deutlich machen wollen, dass es angesichts der nur geringfügigen Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils nicht zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung kommen sollte. Dabei hat es die arbeitsgerichtliche Kostenentscheidung versehentlich nicht auch in ihrem – zutreffenden – Ausspruch bestätigt, dass die Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Münster verursacht worden sind, der Klägerin aufzuerlegen waren. Diese offensichtliche Unrichtigkeit wird zu berichtigen sein.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Keine der für die Entscheidung erheblichen Rechtsfragen hat grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfragen berühren auch nicht wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit. Ferner lagen keine Gründe vor, die die Zulassung wegen einer Abweichung von einer Rechtsprechung eines der in § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG genannten Gerichte rechtfertigen würde.
Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss
In dem Verfahren
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm
ohne mündliche Verhandlung am 06.09.2010
durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Schrade
b e s c h l o s s e n:
Der Tenor des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23.07.2010 – 7 Sa 524/10 – wird hinsichtlich des Kostenausspruchs wie folgt berichtigt:
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten, die die Klägerin trägt.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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