LAG Hamm, Urteil vom 26.02.2010 – 10 Sa 1346/09

Oktober 6, 2020

LAG Hamm, Urteil vom 26.02.2010 – 10 Sa 1346/09

Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 16.09.2009 – 2 Ca 460/09 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Klägerin eine Bonuszahlung zusteht.
Die Beklagte, die im Bereich der Print- und Werbemedien tätig ist, startete vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin im Sommer 2007 ein Katalogprojekt “Technik und Anwendung” für ihren Auftraggeber, die Firma H4. Diese Produktion bestand in der Erstellung einer Druckvorlage eines Katalogs mit einer Stärke von ca. 1700 Seiten. Ab Sommer 2007 wurde zunächst die deutsche Fassung des Katalogs erstellt. Aufbauend auf die deutsche Fassung wurden nach deren Fertigstellung auch fremdsprachige Versionen in 14 Sprachen erstellt.
Da Anfang Dezember 2007 absehbar war, dass der mit dem Kunden abgesprochene Termin zur Fertigstellung der deutschsprachigen Fassung des Katalogs zum 30.12.2007 möglicherweise nicht eingehalten werden konnte, war für die mit der Katalogproduktion befassten Mitarbeiter die Leistung von Überstunden notwendig. Die Beklagte überreichte am 07.12.2007 an sieben Mitarbeiter, die mit der Katalogproduktion befasst waren, folgendes Schreiben (Bl. 19, 30 d. A.):
“Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter,
die derzeitig laufende Katalogproduktion “Technik & Anwendung” und die damit verbundenen engen Datenabgabetermine machen die Leistung von Überstunden notwendig.
Ab sofort müssen wir die wöchentliche Arbeitszeit auf 50 Std. erhöhen.
Die täglich zu leistenden Mehrstunden sind Mo. bis Fr. in der Zeit von 6.00 bis 18.00 Uhr zu leisten –
Samstags nach Absprache in der Zeit von 8.00 bis 14.00 Uhr.
Die gesetzlich vorgeschriebene max. Arbeitszeit von 10 Std. pro Tag und eine Pausenzeit von 0,5 Std. müssen selbstverständlich eingehalten werden. Die geleisteten Überstunden werden mit einem Aufschlag von 25 % ausbezahlt.
Bei erfolgreichem und termingerechtem Abschluss des Projektes sehen wir eine zusätzliche Bonuszahlung in Höhe von 1.000,- bis 2.500 Euro vor.
Diese letztendliche Höhe richtet sich nach Qualität und Quantität Ihrer eigenen Leistung.
Wir hoffen auf Ihren engagierten Einsatz!”
Das Schreiben vom 07.12.2007 wurde ohne eingefügte Adresse (vgl. Bl. 19, 30 d. A.) den Mitarbeitern Herrn A2, Herrn B6, Frau G3, Herrn I1, Herrn K4, Frau L1, Herrn P1 und Frau R1 ausgehändigt. Gleichzeitig wurde das Schreiben an die Mitarbeiter mit dem jeweiligen Adressaten und der vollständigen Adressierung in der Buchhaltung der Beklagten hinterlegt.
Mitte/Ende Dezember 2007 führte die Beklagte mit der Klägerin ein Einstellungsgespräch. Dieses Gespräch führte dazu, dass die Klägerin ab 01.01.2008, zunächst befristet bis zum 30.06.2008, sodann weiter befristet bis zum 31.12.2008 eingestellt wurde. Einstellungsgrund und Befristungsgrund war der Einsatz der Klägerin in der Katalogproduktion. Ob die Klägerin – ebenso wie zum 01.01.2008 befristet eingestellte Mitarbeiterin M5 – lediglich für die Erstellung der fremdsprachigen Versionen des Katalogs eingestellt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Unstreitig hat die Klägerin bei Beginn ihres Arbeitsverhältnisses am 01.01.2008 im Januar noch an der Erstellung der deutschen Fassung des Katalogs mitgearbeitet. Wann die deutsche Fassung des Katalogs endgültig fertiggestellt war und ab wann die Klägerin mit den Arbeiten an den englischen, französischen Versionen des Katalogs eingesetzt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Beklagte zahlte an die Mitarbeiter/-innen, denen sie mit Schreiben vom 07.12.2007 eine Bonuszahlung in Aussicht gestellt hatte, im Oktober 2008 einen Bonus in unterschiedlicher Höhe. Die Mitarbeiter A2, B6, G3 und R1 erhielten einen Bonus von 1.000,00 €, die Mitarbeiter I1, K4 und L1 von 2.500,00 €, Herr P1 von 500,00 €.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte die Klägerin von der Beklagten ebenfalls eine Bonuszahlung aufgrund des Schreibens vom 07.12.2007. Die Beklagte lehnte diese Zahlung mit Schreiben vom 09.01.2009 (Bl. 18 d. A.) ab. In diesem Schreiben vom 09.01.2009 ist unter anderem ausgeführt:
“In der Tat haben wir mit einigen Mitarbeitern 2007 verschiedene Absprachen getroffen, die nötig waren, um den Auftrag Katalog Technik & Anwendung mit Grafik, Design, Lithografie u. Neuerstellung von 1700 Seiten zum engen, vom Kunden zum 30.12.07 vorgegebenen Datenübergabetermin fertig zu bekommen.
Der Start dieses Katalogs Technik & Anwendung war im August 2007 und endete am 10.01.08.
Da es sich schon im November 2007 abzeichnete, dass der Termin zur Datenübergabe an die Übersetzungsbüros mit den derzeitigen Arbeitsaufwand von ca. 50 Stunden pro Mitarbeiter nicht zu halten war, haben wir einige Mitarbeitern mit einer Bonuszahlung zusätzlich motivieren können. Dieses machte eine Samstags- und auch Sonntagsarbeit erforderlich mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 60 Stunden und mehr. Diese Abmachung war auf freiwilliger Basis, wovon auch einige Mitarbeiter Gebrauch machten.
Nur durch diese Abmachung mit einigen Mitarbeitern konnten wir die letzten Daten mit einer 10tägigen Verspätung zum 10.01.08, wie vom Kunden gefordert, an die verschiedenen Übersetzungsbüros und letztendlich an die Druckerei übergeben.
Frau C1 C2 konnte an dieser Katalogproduktion Technik & Anwendung nicht teilgenommen haben, da sie erst im Januar 2008 projektbezogen und befristet für einen Folgeauftrag, der aus dieser schnellen Datenübergabe resultierte, eingestellt wurde.”
Mit der am 26.02.2009 beim Arbeitsgericht erhobenen Klage machte die Klägerin daraufhin die Zahlung eines Bonusses in Höhe von 2.500,00 Eurogeltend.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe aufgrund des Schreibens vom 07.12.2007 ebenfalls eine Bonuszahlung zu. Das Schreiben vom 07.12.2007 enthalte eine Gesamtzusage an alle Mitarbeiter, die an der Katalogproduktion “Technik & Anwendung” mitgearbeitet hätten. Auch sie, die Klägerin, sei intensiv an der Katalogproduktion beteiligt gewesen. Insgesamt habe sie in dem Zeitraum vom 01.01.2008 bis zum 31.08.2008 218,2 Überstunden geleistet, die unstreitig bezahlt worden sind. Mindestens stehe ihr nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz eine entsprechende Bonuszahlung zu.
Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang behauptet, die Gesamtzusage vom 07.12.2007 sei an alle Mitarbeiter gerichtet gewesen, die an der Katalogproduktion mitgearbeitet hätten. Auch sie, die Klägerin, habe noch bis Mitte März 2008 an der deutschen Version des Katalogs mitgearbeitet. Erst danach habe man mit der Erarbeitung der fremdsprachigen Versionen begonnen. Die Erstellung der deutschsprachigen Version habe bis Mitte März 2008 gedauert. Es gebe keinen Grund, die Klägerin nicht an der Bonuszahlung zu beteiligen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.500,00 Euronebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 15.02.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe eine entsprechende Bonuszahlung nicht zu. Sie sei erst am 01.01.2008 eingestellt worden, selbst das Vorstellungsgespräch habe nach Erteilung der Zusage an bestimmte Mitarbeiter, die mit der deutschsprachigen Version des Katalogs befasst gewesen seien, stattgefunden. An dieser Zusage sei die Klägerin nicht beteiligt gewesen. Auch nicht alle Mitarbeiter hätten eine Bonuszahlung erhalten. Die Zusage vom 07.12.2007 sei nur an diejenigen Mitarbeiter gegangen, die mit der deutschsprachigen Version des Katalogs befasst gewesen seien. Seinerzeit sei es um die möglichst rasche Fertigstellung der deutschen Version des Katalogs gegangen, vom Auftraggeber sei insoweit ein Termin zum 30.12.2007 vorgegeben worden.
Mit der Erstellung der deutschsprachigen Version des Katalogs, die Mitte Januar 2008 fertiggestellt gewesen sei, sei die Klägerin nicht mehr befasst gewesen. Die Klägerin sei im Wesentlichen für die Erstellung der fremdsprachigen Versionen des Katalogs eingestellt worden. Ein Termindruck habe seinerzeit lediglich hinsichtlich der Fertigstellung der deutschsprachigen Version des Katalogs bestanden. Der mit dem Schreiben vom 07.12.2007 beabsichtigte Motivationsschub habe die Klägerin nicht getroffen, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht eingestellt gewesen sei. Bei Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.01.2008 habe man der Klägerin lediglich zur Einarbeitung einzelne Seiten aus dem deutschen Projekt überlassen, damit sie sich in das Katalogprojekt einarbeiten könne. Ihre Arbeit habe insoweit keinen Einfluss mehr auf das Mitte Januar 2008 beendete Projekt gehabt. Bereits Mitte Februar 2008 sei die Klägerin mit der Arbeit an der englischen Version eingesetzt worden.
Dass im deutschen Katalog der “Technik und Anwendung” als Druckdatum März 2008 angegeben sei, habe daran gelegen, dass die Auflage des Katalogs bei ca. 1.000.000 gelegen habe und die Druckerei einen entsprechenden Vorlauf gebraucht habe.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen I1. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, so wie es in der Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 16.09.2009 (Bl. 56 ff. d.A.) niedergelegt ist, wird Bezug genommen.
Durch Urteil vom 16.09.2009 hat das Arbeitsgericht sodann die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe eine Bonuszahlung aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 07.12.2007 nicht zu. Dieses Schreiben enthalte keine Gesamtzusage, aus der die Klägerin Rechte herleiten könne. Zum Zeitpunkt der Zusage sei die Klägerin noch nicht Mitarbeiterin der Beklagten gewesen, es habe noch nicht einmal ein Einstellungsgespräch stattgefunden. Auch die Zeugin M5, die ebenfalls zum 01.01.2008 eingestellt worden sei, habe keine Bonuszahlung erhalten. Aus der durchgeführten Beweisaufnahme ergebe sich, dass die deutschsprachige Fassung des Katalogs, um deren fristgerechte Fertigstellung es seinerzeit gegangen sei, Anfang Januar 2008 fertiggestellt worden sei. Zum Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin seien lediglich noch ca. 100 Seiten der 1700 seitenstarken Produktion für die Druckvorlage umzusetzen und zu bearbeiten gewesen. Insoweit sei die Klägerin lediglich mit Einführungsarbeiten befasst gewesen.
Gegen das der Klägerin am 28.09.2009 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Klägerin am 27.10.2009 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.12.2009 mit dem am 28.12.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin, die im Berufungsrechtszug die erstrebte Bonuszahlung auf 1.000,00 Eurobeschränkt, ist nach wie vor der Auffassung, ihr stehe eine Bonuszahlung aufgrund der im Schreiben vom 07.12.2007 enthaltenen Gesamtzusage zu. Das Schreiben vom 07.12.2007 sei kein individuelles Anschreiben an bestimmte Mitarbeiter gewesen, sondern ein Schreiben an alle Mitarbeiter ohne eine spezielle Anrede. Die Zusage sei auch nicht nur an die bereits seit August 2007 mit dem Projekt befassten Mitarbeiter gerichtet. Inhaltlich beziehe sich die gesamte Zusage vom 07.12.2007 auf alle an dem Katalogprojekt eingesetzten und beteiligten Mitarbeiter. Hierzu gehöre auch sie, die Klägerin. Die Zusage beziehe sich auch nicht nur auf die Fertigstellung der deutschen Fassung des Katalogs, wie die Beklagte zu Unrecht annehme. Dies gehe aus dem Schreiben vom 07.12.2007 nicht hervor. Auch aus der durchgeführten Beweisaufnahme ergebe sich nichts Gegenteiliges. Der Zeuge I1 habe selbst bekundet, dass bei der Übergabe des Schreibens vom 07.12.2007 nichts ausdrücklich wegen der deutschen Fassung gesagt worden sei oder dass sich die Zusagen nur auf die deutsche Fassung beziehen sollten.
Die Klägerin sei auch nicht nur für die fremdsprachliche Erstellung des Katalogs eingestellt worden. Sie habe auch bei Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht zunächst eingearbeitet werden müssen, sondern sei von Anbeginn an eine voll einsetzbare Mitarbeiterin gewesen. Die Klägerin behauptet auch im Berufungsrechtszug weiter, an der Erstellung der deutschsprachigen Version des Katalogs sei noch bis in den März 2008 hinein gearbeitet worden. Dies ergebe sich bereits daraus, dass das Druckdatum erst im März 2008 gelegen habe. Erst nach dem 10.03.2008 sei die Klägerin mit der französischen Version des Katalogs befasst worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 16.09.2009 – 2 Ca 460/09 – abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.000,00 Euronebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 15.02.2009 zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 16.09.2009 – 2 Ca 460/09 – aufzuheben und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Herford zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist nach wie vor der Auffassung, das Schreiben vom 07.12.2007 enthalte keine Gesamtzusage, aus der die Klägerin Rechte herleiten könne. Dieses Schreiben vom 07.12.2007 hätten nur diejenigen erhalten, die seinerzeit mit der Erstellung der deutschsprachigen Version des Katalogs befasst gewesen seien. Dies ergebe sich auch mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Schreiben vom 07.12.2007 selbst. Nur die Erstellung der deutschsprachigen Fassung des Katalogs habe seinerzeit unter Termindruck gestanden. Mit den fremdsprachlichen Versionen habe man im Dezember 2007 überhaupt noch gar nicht begonnen. Für einen Ansporn zu einem termingerechten Abschluss habe es nur bei der Erstellung der deutschen Fassung des Katalogs einen Anlass gegeben. Dies sei auch durch die vom Arbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt worden. Der Zeuge I1 habe ausdrücklich bekundet, dass man zum Zeitpunkt der Zusage nur und ausschließlich an der deutschen Fassung gearbeitet habe.
Die Klägerin sei hingegen ausdrücklich nur für die Arbeiten an den fremdsprachigen Katalogvarianten eingestellt worden. Wegen der eingetretenen Verzögerungen sei die deutschsprachige Fassung des Katalogs bereits Mitte Januar 2008 fertiggestellt gewesen. Bis dahin seien der Klägerin lediglich vereinzelt Seiten zur Einarbeitung zugeleitet worden. Alsdann sei die Klägerin ausschließlich mit den fremdsprachigen Varianten des Katalogs beschäftigt worden.
Auch nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz stehe der Klägerin keine Bonuszahlung zu. Die wenigen Arbeiten, die die Klägerin noch Anfang Januar an der deutschen Fassung des Katalogs geleistet habe, hätten keinen messbaren Wert, da sie lediglich Einarbeitungszwecken gedient hätten.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die auf eine Bonuszahlung gerichtete Klage abgewiesen.
I.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des eingeklagten Bonusses.
Ein derartiger Anspruch steht ihr nicht aufgrund des mit der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrages zu, ein derartiger Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
1. Die Klägerin hat keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf eine Bonuszahlung.
Eine ausdrückliche, konkrete arbeitsvertragliche Zusage der Beklagten, an die Klägerin eine Bonuszahlung zu erbringen, hat die Klägerin von der Beklagten nicht erhalten. Die Klägerin trägt eine derartige ausdrückliche arbeitsvertragliche Zusage selbst auch nicht vor.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil erkannt, dass der Klägerin eine Bonuszahlung auch nicht aufgrund einer sogenannten Gesamtzusage nach dem Schreiben der Beklagten vom 07.12.2007 zusteht.
a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebes oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Der Arbeitnehmer erwirbt dann einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Angebots im Sinne des § 145 BGB wird dabei nicht erwartet. Ihrer bedarf es nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrages (BAG 18.03.2003 – 3 AZR 101/02 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 41; BAG 28.06.2006 – 10 AZR 385/05 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 74; BAG 15.02.2005 – 9 AZR 116/04 – AP BGB § 612 a Nr. 15; BAG 11.12.2007 – 1 AZR 953/06 – AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 37). Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an. Ob eine Gesamtzusage in diesem Sinne vorliegt und welchen Inhalt sie hat, richtet sich gemäß §§ 133, 157 BGB nach den für Willenserklärungen geltenden Regeln. Maßgeblich ist dabei der objektive Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers (BAG 25.01.2000 – 9 AZR 140/99 – AP BGB § 157 Nr. 15; BAG 15.02.2005 – 9 AZR 116/04 – AP BGB § 612 a Nr. 15; BAG 16.10.2007 – 9 AZR 170/07 – AP BGB § 670 Nr. 34 m.w.N.).
b) Die hiernach erforderliche Auslegung des Schreibens der Beklagten vom 07.12.2007 ergibt, dass in ihr keine Gesamtzusage an sämtliche der mit der Erstellung des Katalogprojekts “Technik & Anwendung” befassten Mitarbeiter vorliegt. Das Schreiben vom 07.12.2007 mit der in ihm enthaltenen Zusage einer Bonuszahlung stellt lediglich eine individuelle Zusage an bestimmte Mitarbeiter dar.
aa) Zwar kann grundsätzlich eine Gesamtzusage auch an eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern gerichtet werden. Das Schreiben vom 07.12.2007 richtete sich an die mit der Katalogproduktion “Technik & Anwendung” befassten Mitarbeiter.
Dennoch konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, dass sie auch zu dem Kreis der Empfänger des Schreibens vom 07.12.2007 gehörte. Das Schreiben der Beklagten vom 07.12.2007 ist nämlich nicht in einer Form verlautbart worden, die einzelne Arbeitnehmer der Beklagten typischerweise in die Lage versetzt hat, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Das Schreiben vom 07.12.2007 ist an acht konkret bestimmte Mitarbeiter der Beklagten ausgehändigt worden. Auch wenn das Schreiben vom 07.12.2007, das die Beklagte an diese acht konkret ausgewählten Mitarbeiter ausgehändigt hat, keine persönliche Anrede und keine konkrete Adresse enthielt (Bl. 30 d. A.), ist doch das Schreiben vom 07.12.2007 an acht konkret bestimmte Mitarbeiter gerichtet gewesen und nur diesen Mitarbeitern ausgehändigt worden. Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte dieses Schreiben ihrer Buchhaltung mit dem jeweiligen Adressaten und der entsprechenden Adressierung übergeben hat. Die Klägerin gehörte hiernach nicht zu dem Empfängerkreis des Schreibens vom 07.12.2007.
Dass der Text des Schreibens in allen acht Fällen gleichlautend war und als Anrede “Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter” gewählt worden ist, ist insoweit unerheblich. Die Ankündigung einer Bonuszahlung in Höhe von 1.000,00 Eurobis 2.500,00 Euroist von der Beklagten gerade nicht in allgemeiner Form, etwa in Form eines Aushanges, bekannt gemacht worden. Das Schreiben vom 07.12.2007 ist von der Beklagten an acht konkrete Mitarbeiter ausgehändigt worden. Die in der Buchhaltung hinterlegten Schreiben enthielten zudem den Namen und die vollständige Anschrift des jeweiligen Empfängers des Schreibens vom 07.12.2007. Die Klägerin gehörte gerade nicht zu dem Kreis der Erklärungsempfänger des Schreibens vom 07.12.2007.
Hinzu kommt, dass die Klägerin zu dem Zeitpunkt, als die Beklagte eine zusätzliche Bonuszahlung in Aussicht gestellt hat, noch nicht zu dem Arbeitnehmerkreis der Beklagten gehörte. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begann erst am 01.01.2008. Zum Zeitpunkt der Zusage eines Bonuszahlung am 07.12.2007 an acht bestimmte Mitarbeiter hatte noch nicht einmal das Vorstellungs- oder Einstellungsgespräch zwischen der Beklagten und der Klägerin stattgefunden. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass ihr etwa im Einstellungsgespräch persönlich eine Zusage auf eine entsprechende Bonuszahlung gemacht worden wäre.
bb) Auch nach dem Inhalt des Schreibens vom 07.12.2007 kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Zusage einer Bonuszahlung auch auf die Tätigkeit der Klägerin, die diese ab dem 01.01.2008 für die Beklagte erbracht hat, bezogen hat.
Auch wenn im Schreiben vom 07.12.2007 die Zusage einer Bonuszahlung sich nicht ausdrücklich auf die Fertigstellung der deutschsprachigen Version des Katalogs “Technik & Anwendung” bezieht, so ist doch im Schreiben vom 07.12.2007 von der “derzeitig laufenden” Katalogproduktion die Rede. Die “derzeit laufende Katalogproduktion” bezog sich aber ausschließlich auf die Fertigstellung der deutschsprachigen Version des Katalogs, die vom Auftraggeber für den 30.12.2007 vorgesehen war. Mindestens aufgrund der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme ergibt sich, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Zusage der Bonuszahlung am 07.12.2007 mit der Erstellung der fremdsprachigen Versionen noch gar nicht begonnen hatte, auch wenn sie seinerzeit schon vorgesehen waren. Der Zeuge I1 hat hierzu nachvollziehbar bekundet, dass im Januar 2008 nur noch wenige Seiten von insgesamt 1700 Seiten offen gewesen sind, die noch fertiggestellt werden mussten. Er hat auch ausdrücklich bekundet, dass die Mitarbeiter der Beklagten zum Zeitpunkt der Zusage der Bonuszahlung am 07.12.2007 nur und ausschließlich an der deutschen Fassung gearbeitet haben. Darüber hinaus hat der Zeuge auch ausgesagt, dass die Klägerin – ebenso wie die Mitarbeiterin M5 – gezielt bei den fremdsprachigen Ausfertigungen des Katalogs eingesetzt worden sind. Hieraus ergibt sich, dass sich die Zusage einer Bonuszahlung, wie sie mit Schreiben vom 07.12.2007 gemacht worden ist, ausschließlich auf die Erstellung der deutschsprachigen Fassung des Katalogprojekts bezogen hat.
2. Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auf Bonuszahlung auch nicht aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.
a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Trotz des Vorrangs des Grundsatzes der Vertragsfreiheit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Vergütung anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt. Sachfremd ist eine Differenzierung dann, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Liegt ein solcher Grund nicht vor, kann der übergangene Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung behandelt zu werden (st. Rechtspr. des BAG; vgl. BAG 15.11.1994 – 5 AZR 682/93 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 121; BAG 10.03.1998 – 1 AZR 509/97 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 207; BAG 14.03.2007 – 5 AZR 420/06 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 204; BAG 03.12.2008 – 5 AZR 74/08 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 206; BAG 15.07.2009 – 5 AZR 486/08 – NZA 2009, 1203 m.w.N.).
b) Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht ausgeführt, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch die Beklagte nicht vorliegt, als sie den bereits seit Sommer 2007 mit der Katalogproduktion befassten Mitarbeitern im Hinblick auf die fristgerechte Erstellung der deutschsprachigen Version des Katalogs am 07.12.2007 eine Bonuszahlung in Aussicht gestellt hat. Die Klägerin ist mit diesen Mitarbeitern schon deshalb nicht vergleichbar, weil sie nicht von Anbeginn an an der Erstellung der deutschsprachigen Version des Katalogs, die bereits im Sommer 2007 begonnen hat, mitgearbeitet hat. Die Klägerin ist vielmehr erst zum 01.01.2008 eingestellt worden, als die deutschsprachige Version des Katalogs kurz vor ihrer Vollendung stand. Die durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, dass sie lediglich noch an einzelnen Arbeiten für die Erstellung der deutschsprachigen Version teilgenommen hat; alsdann ist sie vorrangig für die Erstellung der fremdsprachigen Versionen des Katalogs eingestellt und eingesetzt worden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.
Der Streitwert war für die Berufungsinstanz neu festzulegen, da die Klägerin die erstrebte Bonuszahlung auf 1.000,00 Eurobeschränkt hat. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt demgemäß 1.000,00 euro
Für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht bestand nach § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Schlagworte

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