LAG Hessen, 08.04.2015 – 6 Sa 2/14 Streit um Erfüllung des Anspruchs auf vertragsgemäße Beschäftigung

April 28, 2019

LAG Hessen, 08.04.2015 – 6 Sa 2/14
Streit um Erfüllung des Anspruchs auf vertragsgemäße Beschäftigung
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 25. November 2013 – 5 Ca 190/13 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten über die vertragsgemäße Beschäftigung des Klägers.

Der am xx. xx 19xx geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist als Diplom-Ingenieur mit der Fachrichtung Maschinenbau seit 1991 in unterschiedlichen Positionen für die Beklagte zuletzt zu einem monatlichen Bruttogehalt von 7.530,00 € tätig.

Mit Änderungsvertrag zum Anstellungsvertrag vom 20. April 2004 (Bl. 26, 27 d. A.) übernahm der Kläger die Position eines Managers PIM Implementation & Process Documentation Europe. Ausweislich des Änderungsvertrages gehört diese Position der Führungsebene 2 an, mit dem GM Level 8 B.

Im Dezember 2009 übernahm der Kläger die Position eines VAA (Value Added Assembly) Integration Manager, die der Führungsebene 2 angehört, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob mit einem GM Level von 8 A (so der Kläger) oder mit einem GM Level von 8 B (so die Beklagte).

Der Kläger befand sich in der Zeit vom 02. April 2011 bis zum 01. Juni 2012 in Elternzeit. Die Parteien hatten sich zuvor darauf geeinigt, dass der Kläger in dieser Zeit vom 02. November 2011 bis zum 01. Januar 2012 für die Beklagte in einem Projekt als Projektleiter “Manager Special Assignment Lean Tooling” tätig werden sollte und dafür die Elternzeit unterbricht. Seit seiner Rückkehr aus der Elternzeit wird der Kläger auf der Position “Manufacturing System Integration Engineer” beschäftigt. Diese Position gehört der Führungsebene 3 an und hat den GM Level 7 B.

Der Kläger hat gemeint, er habe einen Anspruch auf Beschäftigung als Manager der Führungsebene 2 GM Level 8 A, hilfsweise als Manager der Führungsebene 2 GM Level 8 B. Der Kläger hat behauptet, die Stelle des VAA Integration Managers sei eine solche der Führungsebene 2 GM Level 8 A. Seine Vorgänger (A und B) seien in die Führungsebene 2 GM Level 8 A eingruppiert gewesen und hätten – wie auch der Kläger – direkt an den Direktor des Bereiches MEAC berichtet. Der Kläger hat gemeint, alle direkt berichtenden seien Manager der Führungsebene 2 GM Level 8 A.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihn als VAA Integration Manager oder auf einer anderen Position, bei der ihm andere zumutbare Tätigkeiten auf der Führungsebene 2 im Level 8 A,

hilfsweise

im Level 8 B übertragen werden, zu im Übrigen unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, aus dem Änderungsvertrag vom 20. April 2004 ergäbe sich, dass die Beschäftigung des Klägers lediglich dem Level 8 B zugeordnet werden könne. Die im Übrigen nicht mehr existente Position des VAA Managers sei ebenfalls dem Level 8 B zuzuordnen. Die Arbeitnehmer A und B seien ursprünglich in Hierarchieebenen beschäftigt gewesen, die eine höhere Eingruppierung mit sich gebracht hätten. Nach dem Verlassen dieser Position habe man sie aus personalpolitischen Gründen weiter als Mitarbeiter der Führungsebene 2 mit dem GM Level 8 A geführt, ohne diesbezügliche Anpassungen vorzunehmen.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, den Kläger als VAA Integration Manager oder auf einer anderen Position, bei der ihm andere zumutbare Tätigkeiten auf der Führungsebene 2 im Level 8 B übertragen werden, zu im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen, zu beschäftigen. Es hat angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Beschäftigung auf einer Position der Führungsebene 2 im Level 8 A habe. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus dem Änderungsvertrag vom 20. April 2004 noch aus der Beschäftigung des Klägers vor der Elternzeit auf der Position des VAA Integration Managers. Laut der dem Kläger gegenüber getätigten Gehaltsmitteilung sei auch die Position des VAA Integration Managers eine der Führungsebene 2 mit dem GM Level 8 B. Soweit der Kläger behaupte, seine Vorgänger seien in die Führungsebene 2 Level 8 A eingruppiert worden und dies sei bei allen an den Direktor MEAC Berichtenden der Fall, reiche dies nicht aus, um einen Anspruch auf eine entsprechende Eingruppierung zu begründen. Es sei erforderlich, dass der Kläger konkret darlegt, dass die Tätigkeitsmerkmale der konkreten Eingruppierung erfüllt sind. Dies setze einen Vortrag zu den Merkmalen nach dem Vergütungssystem der Beklagten und den jeweils ausgeführten, konkreten Tätigkeiten voraus, woran es hier fehle. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Übrigen wird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zu Protokoll der Berufungsverhandlung vom 08. Oktober 2014 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt. Der Kläger hält an seiner Rechtsmeinung fest, dass er aufgrund der Beschäftigung als VAA Integration Manager ab Dezember 2009 bis zum Beginn seiner Elternzeit einen Anspruch auf Beschäftigung in einer Position der Führungsebene 2 mit dem GM Level 8 A habe, weil die Position des VAA Integration Managers eine Position der Führungsebene 2 mit dem Level 8 A gewesen sei. Hierzu wiederholt der Kläger die bereits erstinstanzlich vorgetragenen Argumente. Der Kläger meint, wenn das Arbeitsgericht ausführe, dass es streitig sei, ob die Vorgänger des Klägers in der Position des VAA Integration Managers A und B nur deshalb in der Führungsebene 2 im Level 8 A beschäftigt wurden, weil sie bereits vorher auf einer höheren Eingruppierungsebene beschäftigt wurden, so hätte das Arbeitsgericht über diese Fragen Beweis erheben müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Darmstadt vom 25. November 2013 – 5 Ca 190/13 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn auf einer Position der Führungsebene 2 im Level 8 A, zu den dort üblichen Vertragsbedingungen zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, der Kläger habe keine Anspruchsgrundlage für einen Anspruch auf Beschäftigung mit Tätigkeiten der Führungsebene 2 GM Level 8 A dargelegt. Zu Recht habe das Arbeitsgericht bei der Beurteilung der Rechtslage auf den Änderungsvertrag abgestellt. Daraus ergebe sich, dass die vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien nur einen Anspruch auf Beschäftigung auf der Führungsebene 2 im GM Level 8 B begründe. Um einen Anspruch auf Beschäftigung auf der Führungsebene 2 im GM Level 8 A zu begründen, müsste der Kläger Tatsachen vortragen, die auf eine Vertragsänderung schließen lassen. Hieran fehle es. Die Übertragung der Tätigkeit als VAA Integration Manager bilde keine Anhaltspunkte für den Willen der Beklagten auf Vertragsänderung, da die Gehaltsmitteilung der Beklagten den Hinweis auf die Führungsebene 2 GM Level 8 B aufweise. Es sei auch unzutreffend, dass die Tätigkeit des Klägers als VAA Integration Manager eine solche war, die der Führungsebene 2 und dem GM Level 8 A zuzuordnen gewesen wäre. Deshalb erfahre der Kläger auch keine Schlechterstellung wegen der Elternzeit, wenn er nunmehr gemäß dem Urteil des Arbeitsgerichtes beschäftigt werde. Die Beklagte verweist im Übrigen darauf, dass es die Position des VAA Integration Manager im Unternehmen nicht mehr gibt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Darmstadt vom 25. November 2013 – 5 Ca 190/13 – ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b ArbGG), außerdem form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519, 520 ZPO und damit insgesamt zulässig.

Das Arbeitsgericht hat die Klage teilweise zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschäftigung auf einer Position der Führungsebene 2 mit dem Level 8 A. Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich zunächst nicht aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Eine andere Anspruchsgrundlage außerhalb der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ist zudem nicht ersichtlich.

Die ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien sind geregelt im Anstellungsvertrag vom 10. Mai 1991 und im Änderungsvertrag vom 20. April 2004 (Bl. 26, 27 d. A.). Danach hat der Kläger gemäß diesen Vertragsurkunden, insbesondere gemäß dem Änderungsvertrag, einen Anspruch auf Beschäftigung auf einer Position der Führungsebene 2 (GM Level 8 B). Weitere schriftliche oder sonst ausdrücklich getroffene Vereinbarungen der Parteien sind nicht dargelegt, noch sonst ersichtlich. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien konkludent eine Vereinbarung dahingehend geschlossen haben, dass der Kläger einen vertraglichen Anspruch auf Beschäftigung in einer Position der Führungsebene 2 GM Level 8 A haben soll. Für eine konkludente Vereinbarung könnte allein die tatsächliche Beschäftigung des Klägers sprechen. Der Kläger war ab Ende 2009 bis zum Beginn der Elternzeit am 02. April 2011 auf der hinsichtlich ihrer Wertigkeit zwischen den Parteien streitigen Position “VAA Integration Manager” beschäftigt. Selbst unterstellt, diese Position wäre nach dem Reglement der Beklagten als eine Position der Führungsebene 2 Level MG 8 A zu bewerten, begründet dies nicht die Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses auf Begründung eines Rechtsanspruchs des Klägers auf Beschäftigung in einer Position der Führungsebene 2 GM Level 8 A. Aus der Gehaltsmitteilung im Zusammenhang mit der Übertragung der Tätigkeit des “VAA Integration Managers”, die den Hinweis auf die Führungsebene 2 GM Level 8 B aufweist, ergibt sich eindeutig, dass die Beklagte nicht den Willen hatte, dem Kläger eine Position der Führungsebene 2 GM Level 8 B zu übertragen. Auch der Kläger führt in seinem Schriftsatz vom 23.September 2014 auf der Seite 3 aus, dass vor Übergang in die Elternzeit besprochen worden sei, den Schritt in den Level 8 A nach außen hin zu dokumentieren und eine solche Eingruppierung vorzunehmen. Dies spricht dafür, dass eben erst nach einer Dokumentation nach außen, ggf. durch Abschluss eines weiteren Änderungsvertrages, der Kläger einen Anspruch auf Beschäftigung in der Führungsebene 2 GM Level 8 A erhalten sollte.

Der Kläger kann auch nicht aufgrund des Umstandes, dass andere Arbeitnehmer, die zuvor die Position VAA Integration Manager innehatten und der Führungsebene 2 Level 8 A angehörten, Rechte herleiten. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die Arbeitnehmer einen vertraglichen Anspruch auf eine Beschäftigung auf einer Position der Führungsebene 2 GM Level 8 A haben. Der Kläger hat nichts Gegenteiliges dargelegt. Ebenso wenig hat der Kläger dargelegt, dass grundsätzlich bei der Beklagten bereits ab dem ersten Tag der Übertragung einer Position, die einer entsprechenden Führungsebene angehört, auch eine Vertragsänderung vorgenommen wird bzw. jedenfalls nach knapp eineinhalb Jahren der Beschäftigung auf einer Position. Ein Anspruch aus Gleichbehandlung scheidet deshalb auch aus.

Die Nichtbeschäftigung des Klägers auf einer Position der Führungsebene 2 GM Level 8 A stellt auch keine Benachteiligung des Klägers wegen der Inanspruchnahme der Elternzeit dar, da der Kläger nach Dafürhalten des Berufungsgerichts eben keinen Anspruch auf die Beschäftigung in einer solchen Position hat. Die Nichtbeschäftigung des Klägers auf der Position VAA Integration Manager beruhte darauf, dass, insoweit unstreitig, diese Position bei der Beklagten nicht mehr existiert.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision besteht nicht.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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