LAG Hessen, 10.06.2015 – 6 Sa 524/14

April 28, 2019

LAG Hessen, 10.06.2015 – 6 Sa 524/14

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 12. März 2014 – 7 Ca 3277/13 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten über Lohnansprüche. Der Kläger ist auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer vom 07. November 2009 seit dem 16. November 2009 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatslohn von 2.000,00 € beschäftigt.

Die Beklagte führt für die Firma A auf dem Gelände des Flughafens Frankfurt am Main Transporttätigkeiten durch. Der Kläger ist – wie mehrere seiner Kollegen -am Flughafen Frankfurt am Main im Rahmen dieser Transporttätigkeiten für die Beklagte eingesetzt. Der Kläger arbeitet in 12-Stunden-Schichten, dies jeweils von montags bis freitags, auch an Wochenfeiertagen. Die Schichten gehen entweder von 06:00 Uhr morgens bis 18:00 Uhr oder von 18:00 Uhr bis 06:00 Uhr morgens des folgenden Tages.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass nur ein geringer Teil der 12-Stunden-Schichten auf reine Fahrtätigkeiten entfällt, da diese ausschließlich auf dem Gelände des Flughafens Frankfurt am Main ausgeführt werden. Es ist jedoch streitig, ob und in welchem Umfang der Kläger weitere Arbeiten für die Beklagte erbringt – z. B. überwachen des Beladens des Fahrzeugs – oder ob insoweit Bereitschaftszeiten anfallen.

Die Beklagte zahlt den Bruttomonatslohn von 2.000,00 € für eine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 240 Stunden. Im Arbeitsvertrag der Parteien heißt es insoweit:

“Die Arbeitszeit beträgt z. Z. 240 Stunden monatlich.”

Wegen der weiteren Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Parteien wird auf den in Kopie zur Akte gereichten Arbeitsvertrag vom 07. November 2009 (Anlage K1 zur Klageschrift Bl. 30 – 35 d. A.) verwiesen. Die Beklagte zahlte Zuschläge für Nachtarbeit in der Vergangenheit wie folgt:

– für Arbeitszeiten von 20:00 Uhr bis 24:00 Uhr 25 %

– für Arbeitszeiten von 24:00 Uhr bis 04:00 Uhr 40 %

– für Arbeitszeiten von 04:00 Uhr bis 06:00 Uhr 25 %

Ferner zahlte die Beklagte Feiertagszuschläge in Höhe von 125 % und vergütete Überstunden für Arbeitszeiten über 240 Stunden monatlich. Die Berechnung der Zuschläge sowie der Überstundenvergütung nahm die Beklagte mit einem Stundenlohn von 12,00 € brutto vor.

Mit Schreiben vom 03. Dezember 2012 (vgl. Anlage K4 zur Klageschrift Bl. 36 d. A.) machte die Beklagte dem Kläger ein Angebot auf Vertragsänderung dahingehend, dass ab Januar 2013 keine Überstunden mehr zur Auszahlung kommen sollen, diese sollten als mit dem vertraglich vereinbarten Festgehalt abgegolten gelten. Ferner sollte die Arbeitszeit zwischen 20:00 Uhr und 06:00 Uhr mit einem einheitlichen Nachtzuschlag von 25 % pro Stunde vergütet werden. Der Kläger nahm die Vertragsänderung nicht an. Die angekündigte Vertragsänderung vollzog die Beklagte in der Folge lediglich bezogen auf die Höhe der Nachtzuschläge. Sie zahlte weiterhin Feiertagszuschläge in Höhe von 125 % und vergütete Überstunden für die über 240 Stunden monatlich hinaus geleisteten Stunden auf der Basis eines Stundenlohns in Höhe von 12,00 € brutto. Die Vergütung der Überstunden erfolgte dabei im Folgemonat. Dies ergeben die vorgelegten Aufstellungen der Arbeitszeiten des Klägers einerseits und die vorgelegten Lohnabrechnungen andererseits. So waren im März 2013 21 Arbeitstage mit 12 Stunden mithin 252 Stunden zu vergüten. Davon sind nach der Handhabung der Beklagten 12 Stunden mit 12,00 € gleich 144,00 € brutto Überstundenvergütung. Die Abrechnung für den April 2013 (vgl. Anlage K2 Bl. 106 d. A.) weist eine Überstundenvergütung von 144,00 € brutto aus. Im April 2013 waren 22 Arbeitstage mit 12 Stunden mithin 264 Stunden zu vergüten. Davon sind nach der Handhabung der Beklagten 24 Stunden mit 12,00 € brutto gleich 288,00 € brutto Überstundenvergütung. Die Abrechnung für Mai 2013 (vgl. Anlage K2 Bl. 109 d. A.) weist eine Überstundenvergütung von 288,00 € brutto aus. Im Mai 2013 waren 23 Arbeitstage á 12 Stunden mithin 276 Stunden zu vergüten. Davon sind nach der Handhabung der Beklagten 36 Stunden mit 12,00 € brutto gleich 432,00 € brutto Überstundenvergütung. Die Abrechnung Juni 2013 (vgl. Anlage K2 Bl. 42 d. A.) weist eine Überstundenvergütung von 432,00 € brutto aus. Im Juni 2013 waren 20 Arbeitstage mit 12 Stunden mithin 240 Stunden zu vergüten. Hier sind nach der Handhabung der Beklagten keine Überstunden angefallen. Die Abrechnung für Juli 2013 (vgl. Anlage K2 Bl. 45 d. A.) weist keine Überstundenvergütung aus. Im Juli 2013 waren wieder 23 Arbeitstage á 12 Stunden mithin 276 Stunden zu vergüten. Davon sind nach der Handhabung der Beklagten 36 Stunden mit 12,00 € brutto gleich 432,00 € brutto Überstundenvergütung. Die Abrechnung für August 2013 (vgl. Anlage K2 Bl. 148 d. A.) weist eine Überstundenvergütung von 432,00 € brutto aus. Gleiches gilt für die Nachtzuschläge. Die Vergütung der Nachtzuschläge erfolgte im Folgemonat. Dies ergeben die vorgelegten Aufstellungen der Arbeitszeiten des Klägers einerseits und die vorgelegten Lohnabrechnungen andererseits. So sind im Januar 2013 12 Nachtschichten mit einer zuschlagspflichtigen Arbeitszeit von 10 Stunden pro Schicht angefallen. Ausweislich der Abrechnung für Februar 2013 wurden 120 Stunden zuschlagspflichtige Nachtarbeit vergütet. So sind im Februar 2013 9 Nachtschichten angefallen. Ausweislich der Abrechnung für März 2013 wurden 90 Arbeitsstunden mit einem Zuschlag für Nachtarbeit von 25 % vergütet. So sind dann weiter im Juli 2013 13 Nachtschichten angefallen. Ausweislich der Abrechnung für August 2013 wurden 130 Stunden mit einem Nachtzuschlag von 25 % vergütet. Im August 2013 sind 12 Nachtschichten angefallen. Ausweislich der Abrechnung für September 2013 (Bl. 171 d. A.) wurden 120 Stunden zuschlagspflichtige Nachtarbeit mit einem Zuschlag von 25 % vergütet.

Der Kläger hält die arbeitsvertragliche Vereinbarung der Parteien, wonach eine monatliche Arbeitszeit von 240 Stunden geschuldet sei, für rechtsunwirksam. Er meint daher, dass die tarifliche Arbeitszeit gemäß des Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes in Hessen vom 03. Mai 2007 zugrunde zu legen sei. Auf der Grundlage einer arbeitsvertraglichen Arbeitszeit von 7,6 Stunden, die mit dem Bruttomonatslohn von 2.000,00 € abgegolten sei, berechnet der Kläger 4,4 Stunden arbeitstäglich als vergütungspflichtige Mehrarbeit. Auf der Basis eines Stundenlohns von 12,00 € begehrt der Kläger auf dieser Basis Überstundenvergütung und die Vergütung der zuschlagspflichtigen Arbeitszeiten, wobei er Nachtzuschläge entsprechend der Handhabung der Beklagten bis Januar 2013 geltend macht. Dabei berechnet der Kläger die Klageforderung so, dass er die Vergütung der Überstunden in dem Monat, in dem die Mehrarbeit entstanden ist, in Ansatz bringt und die von der Beklagten in diesem Monat tatsächliche gezahlte Vergütung in Abzug bringt. Ebenso berechnet der Kläger die Klageforderung hinsichtlich der Nachtzuschläge. Wegen der Berechnung der Klageforderung im Einzelnen wird auf die Klageschrift vom 06. Mai 2013 und die Klageerweiterungen vom 07. und 11. November 2013 verwiesen.

Der Kläger bestreitet, dass in den von ihm abzuleistenden 12-Stunden-Schichten zu einem Großteil Bereitschaftszeiten anfielen. Er behauptet, dass es während dieser Schichten überhaupt keine Bereitschafts- sondern vielmehr nur Arbeitszeiten gebe, in denen er neben der jeweils nur kurz andauernden Fahrtätigkeit Kontroll- Überwachungs- und auch Entladetätigkeiten auszuführen habe. Wegen der Einzelheiten des Vortrags des Klägers zu den von ihm in den Schichten zu erbringenden Tätigkeiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 13. Februar 2014 nebst der dazugehörigen Anlage “Arbeitsanweisung” der Beklagten (Bl. 188 d. A.) verwiesen. Der Kläger meint auch, dass er aufgrund betrieblicher Übung weiter den erhöhten Nachtzuschlag von 40 % für Nachtarbeit von 24:00 Uhr bis 04:00 Uhr beanspruchen könne.

Nach Auffassung der Beklagten begegnet die Vereinbarung einer monatlichen Arbeitszeit von 240 Stunden kein Bedenken. Die Beklagte behauptet, dass in den 12-Stunden-Schichten des Klägers ganz überwiegend Bereitschaftszeiten anfielen. Wegen der behaupteten Gestaltung der Tätigkeit des Klägers im Einzelnen wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 06. September 2013 nebst Tourenplan für den 02. Januar 2013 (Bl. 68 d. A.) und vom 21. Februar 2014 (Bl. 197 – 201 d. A). verwiesen. Weiterhin ist die Beklagte der Ansicht, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Nachtzuschlägen in Höhe von 40 % habe. Eine betriebliche Übung sei nicht anzunehmen, da die Nachtzuschläge in der genannten Höhe erst seit September 2009 gezahlt würden. Die Beklagte meint daher, dass sie lediglich gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG verpflichtet sei, einen angemessenen Nachtzuschlag zu leisten und dieser Verpflichtung mit der Zahlung eines Nachtzuschlags in Höhe von 25 % nachkomme, zumal der tarifvertragliche Anspruch auf Nachtzuschläge noch geringer sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

a.)

für den Monat Dezember 2012 4.190,00 € brutto abzüglich gezahlter 3.063,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Januar 2013 zu zahlen;
b.)

für den Monat Januar 2013 3.968,00 € brutto abzüglich gezahlter 3.746,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Februar 2013 zu zahlen;
c.)

für den Monat Februar 2013 3.705,20 € brutto abzüglich gezahlter 2.786,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. März 2013 zu zahlen;
d.)

für den Monat März 2013 3.900,80 € brutto abzüglich gezahlter 2.690,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. April 2013 zu zahlen;
e.)

für den Monat April 2013 4.145,60 € brutto abzüglich gezahlter 3.032,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Mai 2013 zu zahlen;
f.)

für den Monat Mai 2013 4.738,40 € brutto abzüglich gezahlter 3.176,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Juni 2013 zu zahlen;
g.)

für den Monat Juni 2013 4.316,00 € brutto abzüglich gezahlter 3.782,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Juli 2013 zu zahlen;
h.)

für den Monat Juli 2013 4.118,00 € brutto abzüglich gezahlter 2.726,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. August 2013 zu zahlen;
i.)

für den Monat August 2013 4.290,50 € brutto abzüglich gezahlter 3.510,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. September 2013 zu zahlen;

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat angenommen, dass der Kläger für die über 40 Stunden in der Woche hinausgehende Arbeitszeit eine Überstundenvergütung in Höhe von 12,00 € pro Stunde verlangen könne. Die im Arbeitsvertrag getroffene Regelung zur monatlichen Arbeitszeit sei wegen eines Verstoßes gegen § 21 a Abs. 4 ArbZG unwirksam. Dem Vergütungsanspruch des Klägers für den erhöhten Nachtzuschlag hat das Arbeitsgericht ebenfalls stattgegeben. Es hat insoweit eine konkludente Vertragsänderung zu Gunsten des Klägers angenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Übrigen wird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zu Protokoll der Berufungsverhandlung vom 06. Mai 2015 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt. Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht gehe ohne die erforderliche weitere Aufklärung zu betreiben ausschließlich von der im schriftlichen Arbeitsvertrag verwendeten Formulierung, dass die Arbeitszeit zurzeit 240 Stunden betrage aus. Es sei darauf abzustellen, wie das Arbeitsverhältnis hinsichtlich der Arbeitszeiten tatsächlich ausgestaltet gewesen sei. Ausgehend von dem bei der Beklagten praktizierten 12-Stunden-Schicht-Rhthymus ergebe sich die Zahl “240” aus 20 12-Stunden-Schichten. Das Arbeitsgericht verkenne zunächst die Argumentation der Beklagten hinsichtlich der Bereitschaftszeit. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt, dass auch Bereitschaftszeiten jedenfalls wie Arbeitszeit zu vergüten sind. Die entsprechende Vergütung sei in der Vergangenheit auch erfolgt. Die Beklagte sei jedoch nach wie vor der Auffassung, dass Bereitschaftszeit rechnerisch nicht der Arbeitszeit zuzuschlagen sei, völlig unabhängig davon, dass diese wie Arbeitszeit zu vergüten sei. Konkret sei daher nicht die Fragestellung, ob die Bereitschaftszeiten, welcher der Kläger ableistet zu vergüten seien, dies tue die Beklagte nämlich ohnehin, sondern ob diese Bereitschaftszeiten auch Arbeitszeiten sind und somit in die Berechnung der zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit mit einzubeziehen sind. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass diese Zeiten nicht miteinzubeziehen sind. Sie bemängelt, das Arbeitsgericht habe sich mit dieser ihrer schon erstinstanzlich vorgebrachten Argumentation nicht auseinandergesetzt. Die Beklagte bemängelt im weiteren, dass das Arbeitsgericht ausgehend von seinem Standpunkt, dass die Regelung der monatlichen Arbeitszeit im Arbeitsvertrag der Parteien unwirksam sei, den vom Kläger geschuldeten Beschäftigungsumfang unter Rückgriff auf den Manteltarifvertrag des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes Hessen bestimmt habe und im weiteren eine Vergütung der Überstunden mit 12,00 € angenommen habe. Wenn überhaupt, so sei allenfalls von einer Vergütung in Höhe von 8,33 € pro Überstunde auszugehen. Die Beklagte bemängelt auch die Berechnung im Urteil des Arbeitsgerichtes. Das Arbeitsgericht sei lediglich von der Aufstellung der vom Kläger behaupteten Überstunden ausgegangen. Das Urteil enthalte keinerlei Ausführungen dazu, wie sich letztlich der Anspruch des Klägers berechne. Es sei seitens der Beklagten erstinstanzlich vorgetragen, dass angesichts der konkreten Abrechnungsweise, und dies – ohne jeglichen Einwand des Klägers – über Jahres hinweg, sämtliche Berechnungen des Klägers schon deshalb falsch sind, weil in der jeweiligen vom Kläger vorgenommenen Berechnung nicht die konkreten, von der Beklagten zugrunde gelegten Werte berücksichtigt wurden, nämlich die, welche sich in der Abrechnung des Folgemonats auffinden. Wenn denn das Arbeitsgericht sich bereits die Mühe mache und für den Kläger dessen Ansprüche ausrechne, so wäre hierbei jedenfalls auch der Vortrag der Beklagten zu den abgerechneten Überstunden und Zuschlägen zu berücksichtigen gewesen. Die Beklagte verweist darauf, dass sie bereits erstinstanzlich unter Beweisantritt vorgetragen hat, dass Überstunden und Zuschläge jeweils im Folgemonat abgerechnet wurden. Wenn dieser Vortrag streitig sei, hätte das Gericht den entsprechenden Beweisangeboten nachgehen müssen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 12. März 2014 – 7 Ca 3277/13 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Er meint, entgegen der Auffassung der Beklagten sei nicht zu beanstanden, dass das erstinstanzliche Gericht auf die zwischen den Parteien getroffene vertragliche Regelung im Arbeitsvertrag und nicht auf die “Handhabung des Arbeitsverhältnisses” – durch die Beklagte abgestellt habe. Der Kläger meint weiter, soweit die Beklagte vortrage, dass die Arbeitszeit von 240 Stunden auch nicht der Realität entspreche, träfe dies, neben dem Umstand, dass dies für die Wirksamkeit der vertraglichen Regelung irrelevant sei, gleichfalls nicht zu. Der Kläger trägt vor, er dürfe sein Fahrzeug nicht abschließen und in eine Kantine gehen, da der LKW entweder an einer Rampe zum be- oder entladen steht oder auf dem Weg zu einer Be- oder Entladestelle sei. Parkplätze, an denen der Kläger für eine Pause unentgeltlich parken könne, gebe es nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten gebe es auch keine Bereitschaftszeiten, da der Kläger – wie alle Fahrer – entweder das Be- oder Entladen beaufsichtige, selber den LKW be- oder entlade oder mit dem LKW auf dem Weg zu einer Be- oder Entladestelle sei. Der Kläger meint im Weiteren, dass entgegen der Auffassung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil auch keine Mängel bezüglich der Berechnung der Überstundenvergütung, der Berücksichtigung der Zuschläge, sowie der von Seiten der Beklagten erfolgten Zahlungen, insbesondere, wie diese zu berücksichtigen seien, aufweise.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlage und dem übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 12. März 2014 – 7 Ca 3277/13 – ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 u. 2 lit b ArbGG), außerdem form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

Auch in der Sache ist die Berufung der Beklagte begründet.

Die Klage ist unschlüssig.

Die Beklagte rechnet Überstundenvergütung und Nachtzuschläge jeweils im Folgemonat ab. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Aufstellungen der Arbeitszeiten seitens des Klägers einerseits und aus den vorgelegten Lohnabrechnungen andererseits. Auf die Ausführungen im Tatbestand wird verwiesen. Dieser Abrechnungspraxis hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt widersprochen. Auch wenn diese – im Übrigen im Arbeitsleben ganz übliche Praxis – von § 614 BGB abweicht, ist sie deshalb nicht unwirksam. § 614 BGB ist dispositives Recht. Die Parteien haben sich auch konkludent auf diese abweichende Fälligkeit der Vergütung für Überstunden und Nachtzuschläge geeinigt. Grundsätzlich kommen Verträge durch Antrag und Annahme im Sinne von §§ 145 ff. BGB zustande. Gemäß § 151 S. 1 BGB kommt ein Vertrag alleine durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass dem Antragenden die Annahme gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Nach der Rechtsprechung kann eine Willenserklärung auch in konkludentem Verhalten liegen.

Diese gilt selbst dann, wenn der Handelnde an die Möglichkeit einer solchen Wertung nicht gedacht hat. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass er bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen konnte, sein Verhalten könne als Willenserklärung aufgefasst werden und der andere Teil es auch tatsächlich so verstanden hat (BAG Urteil vom 09. März 2005 – 5 AZR 231/04 – AP-Nr.: 70 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Vorliegend ist von einer solchen konkludenten Vereinbarung der Parteien auszugehen. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum der Kläger mit dieser Abrechnungspraxis der Beklagten nicht einverstanden gewesen sein sollte. Nur für den ersten Monat des Beginns des Arbeitsverhältnisses ergeben sich insoweit Nachteile für den Kläger, als er im ersten Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses “nur” sein Festgehalt erhält. In den Folgemonaten erhält er jedoch jeweils unter Berücksichtigung von Überstundenvergütungen und Zuschlägen insbesondere Nachtzuschlägen dann die Vergütung fortlaufend.

Der Kläger hat bei der Berechnung der Klageforderung diese Fälligkeitsregelung nicht beachtet. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet, nun selbst eine Neuberechnung vorzunehmen. Der Kläger war durch Vortrag der Beklagten – und erst Recht durch das Urteil des Arbeitsgerichtes vom 29. Januar 2014 im Parallelrechtsstreit – 22 Ca 3278/13 – auf diese Fälligkeitsregelung hingewiesen worden. Beide Verfahren werden für die Kläger vom selben Prozessbevollmächtigten geführt. Es hätte also zumindest ein Hilfsantrag gegebenenfalls in der Berufungsinstanz gestellt werden können. Es kann auch nicht einfach von dem geltend gemachten Anspruch für einen Monat z. B. März 2013 in Höhe von 3.980,00 € statt der vom Kläger in Abzug gebrachten Zahlung für März 2013 (2690,00 €) die Zahlung für April 2013 (3.032,00 €) in Abzug gebracht werden. Die Zahlung beinhaltet von Monat zu Monat unterschiedlich hohe Verpflegungszuschüsse. Die Klageforderung müsste vielmehr so berechnet werden, dass von der für z. B. März 2013 begehrten Überstundenvergütung und den für März 2013 begehrten Nachtzuschlägen die auf diese Vergütungsbestandteile im April geleisteten Zahlungen der Beklagten abgezogen werden. Richtig ist, dass eine Berechnung auf dieser Grundlage dem Berufungsgericht möglich ist. Es ist aber nicht Aufgabe des Gerichtes, eine komplette neue Berechnung der Klageforderung vorzunehmen.

Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu zahlen.

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision besteht nicht.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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