LAG Hessen, 10.06.2015 – 6 Sa 552/14

April 28, 2019

LAG Hessen, 10.06.2015 – 6 Sa 552/14
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 29. Januar 2014 – 22 Ca 3278/13 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten über Lohnansprüche.

Der Kläger ist auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer vom 31. Mai 2001 seit dem 01. Juni 2001 bei der Firma “A” – bei der es sich nach Behauptung der Beklagten um die Beklagte zu 1) handelt – als Kraftfahrer zu einem Bruttomonatslohn von 2.500,00 EUR beschäftigt.

Die Beklagte zu 1) führt für die Firma B auf dem Gelände des Flughafens Frankfurt am Main Transporttätigkeiten durch. Der Kläger ist – wie mehrere seiner Kollegen – am Flughafen Frankfurt am Main im Rahmen dieser Transporttätigkeiten für die Beklagte zu 1) eingesetzt. Der Kläger arbeitet in 12-Stunden-Schichten, dies jeweils von montags bis freitags, auch an Wochenfeiertagen. Die Schichten gehen entweder von 06:00 Uhr morgens bis 18:00 Uhr oder von 18:00 Uhr bis 06:00 Uhr morgens des folgenden Tages. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass nur ein geringer Teil der 12-Stunden-Schichten auf reine Fahrtätigkeiten entfällt, da diese ausschließlich auf dem Gelände des Flughafens Frankfurt am Main ausgeführt werden. Es ist jedoch streitig, ob und in welchem Umfang der Kläger weitere Arbeiten für die Beklagte erbringt – z.B. Überwachung des Beladens des Fahrzeugs – oder ob insoweit Bereitschaftszeiten anfallen.

Die Beklagte zu 1) zahlt den Bruttomonatslohn von 2.500,00 EUR für eine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 240 Stunden. Im Arbeitsvertrag der Parteien heißt es insoweit:

“Die Arbeitszeit wird durch den jeweiligen gültigen Tarifvertrag geregelt und beträgt z.Z. 240 Stunden monatlich.”

Wegen der weiteren Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Parteien wird auf den in Kopie zur Akte gereichten Arbeitsvertrag vom 31. Mai 2001 (Anlage K1 zur Klageschrift, Bl. 32-34 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte zu 1) zahlte Zuschläge für Nachtarbeit in der Vergangenheit wie folgt:

– für Arbeitszeiten von 20:00 Uhr bis 24:00 Uhr 25%

– für Arbeitszeiten von 24:00 Uhr bis 04:00 Uhr 40%

– für Arbeitszeiten von 04:00 Uhr bis 06:00 Uhr 25%

Ferner zahlte die Beklagte zu 1) Feiertagszuschläge in Höhe von 125% und vergütete Überstunden für Arbeitszeiten über 240 Stunden monatlich. Die Berechnung der Zuschläge sowie der Überstundenvergütung nahm die Beklagte zu 1) mit einem Stundenlohn von 12,00 EUR brutto vor.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2013 (vgl. Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 37 d.A.) teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger mit, dass ab Januar 2013 keine Überstunden mehr zur Auszahlung kämen, sondern ein Stundenkonto eingerichtet werde und der Ausgleich in Form von Freizeit erfolgen werde. Ferner teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger mit, dass ebenfalls ab Januar 2013 sämtliche Zuschläge pauschal mit 25% vergütet würden. Die Ankündigung gemäß Schreiben vom 23. Januar 2013 setzte die Beklagte zu 1) jedoch in der Folge lediglich bezogen auf die Höhe der Nachtzuschläge um, das heißt, sie zahlte weiterhin Feiertagszuschläge in Höhe von 125% und vergütete Überstunden für die über 240 Stunden monatlich hinaus geleisteten Stunden auf der Basis eines Stundenlohns in Höhe von 12,00 EUR brutto. Die Vergütung der Überstunden erfolgte dabei im Folgemonat. Dies ergeben die vorgelegten Aufstellungen der Arbeitszeiten des Klägers einerseits und die vorgelegten Lohnabrechnungen andererseits. So waren im April 2013 22 Arbeitstage mit 12 Stunden mithin 264 Stunden zu vergüten. Davon sind nach der Handhabung der Beklagten zu 1) 24 Stunden mit 12,00 EUR brutto = 288,00 EUR brutto Überstundenvergütung. Die Abrechnung für Mai 2013 (vgl. Anlage K2, Bl. 122 d.A.) weist eine Überstundenvergütung von 288,00 EUR brutto aus. Im Mai 2013 waren 23 Arbeitstage mit 12 Stunden mithin 276 Stunden zu vergüten. Davon sind nach der Handhabung der Beklagten zu 1) 36 Stunden mit 12,00 EUR brutto = 432,00 EUR brutto Überstundenvergütung. Die Abrechnung für Juni 2013 (vgl. Anlage K2, Bl. 126 d.A.) weist eine Überstundenvergütung von 432,00 EUR brutto aus. Im Juni 2013 waren 20 Arbeitstage mit 12 Stunden mithin 240 Stunden zu vergüten. Hier sind nach der Handhabung der Beklagten zu 1) keine Überstunden angefallen. Die Abrechnung für Juli 2013 (vgl. Anlage K2, Bl. 130 d.A.) weist keine Überstundenvergütung aus. Im Juli 2013 waren wieder 23 Arbeitstage á 12 Stunden mithin 276 Stunden zu vergüten. Davon sind nach der Handhabung der Beklagten zu 1) 36 Stunden mit 12,00 EUR brutto = 432,00 EUR brutto Überstundenvergütung. Die Abrechnung für August 2013 (vgl. Anlage K2, Bl. 133 d.A.) weist eine Überstundenvergütung von 432,00 EUR brutto aus. Weiter wurden mit der Abrechnung für April 2013 (vgl. Anlage K2, Bl. 119 d.A.) Überstunden in Höhe von 144,00 EUR vergütet. Da im März 2013 nur 19 Arbeitstage á 12 Stunden mithin 228 Stunden zu vergüten waren und nach der Handhabung der Beklagten zu 1) keine Überstunden angefallen sind, ist davon auszugehen, dass mit der April-Abrechnung 2013 die im Februar 2013 angefallenen Überstunden vergütet wurden. Im Februar 2013 waren nämlich 21 Arbeitstage mit 12 Stunden mithin 252 Stunden zu vergüten. Nach der Handhabung der Beklagten zu 1) waren damit 12 Überstunden mit 12,00 EUR brutto = 144,00 EUR brutto als Überstundenvergütung zu zahlen. Im August 2013 waren 22 Arbeitstage mit 12 Stunden mithin 264 Stunden zu vergüten. Davon sind nach der Handhabung der Beklagten zu 1) 24 Stunden mit 12,00 EUR brutto = 288,00 EUR brutto Überstundenvergütung. Die Abrechnung für September 2013 (Bl. 166 d.A.) weist eine Überstundenvergütung von 288,00 EUR brutto aus. Gleiches gilt für die Nachtzuschläge. Die Vergütung der Nachtzuschläge erfolgte im Folgemonat. Dies ergeben die vorgelegten Aufstellungen der Arbeitszeiten des Klägers einerseits und die vorgelegten Lohnabrechnungen andererseits. So sind im Januar 2013 14 Nachtschichten mit einer zuschlagspflichtigen Arbeitszeit von 10 Stunden pro Schicht angefallen. Ausweislich der Abrechnung für Februar 2013 wurden 140 Stunden zuschlagspflichtige Nachtarbeit vergütet. So sind dann beispielsweise im Juni 2013 15 Nachtschichten angefallen, die ausweislich der Abrechnung für Juli 2013 mit 150 Stunden zu 25 % Zuschlag vergütet wurden.

Der Kläger hält die arbeitsvertragliche Vereinbarung der Parteien, wonach eine monatliche Arbeitszeit von 240 Stunden geschuldet sei, für rechtsunwirksam. Er meint daher, dass die tarifliche Arbeitszeit gemäß dem Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes in Hessen vom 03. Mai 2007 zugrunde zu legen sei. Auf der Grundlage einer arbeitstäglichen Arbeitszeit von 7,6 Stunden, die mit dem Bruttomonatslohn von 2.500,00 EUR abgegolten seien, berechnet der Kläger 4,4 Stunden arbeitstäglich als vergütungspflichtige Mehrarbeit. Den zugrunde zu legenden Stundenlohn berechnet der Kläger mit 15,18 EUR brutto. Auf dieser Basis berechnet der Kläger Überstundenvergütung und die Vergütung der zuschlagspflichtigen Arbeitszeit, wobei er Nachtzuschläge entsprechend der Handhabung der Beklagten zu 1) bis Januar 2013 geltend macht. Dabei berechnet der Kläger die Klageforderung bezogen auf die Überstundenvergütung so, dass er die Vergütung der Überstunden in dem Monat, in dem die Mehrarbeit entstanden ist, in Ansatz bringt und die von der Beklagten zu 1) für diesen Monat tatsächlich gezahlte Vergütung in Abzug bringt. Wegen der Berechnung der Klageforderungen im Einzelnen wird auf die Klageschrift vom 06. Mai 2013 und die Klageerweiterung vom 14. November 2013 verwiesen.

Der Kläger bestreitet, dass in den von ihm abzuleistenden 12-Stunden-Schichten zu einem Großteil Bereitschaftszeiten anfielen. Er behauptet, dass es während dieser Schichten überhaupt keine Bereitschafts- sondern vielmehr nur Arbeitszeiten gäbe, in denen er neben der jeweils nur kurz andauernden Fahrtätigkeit Kontroll-, Überwachungs- und auch Entladetätigkeiten auszuführen habe. Wegen der Einzelheiten des Vortrags des Klägers zu den von ihm in den Schichten zu erbringenden Tätigkeiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 02. Dezember 2013 und vom 20. Januar 2014 nebst der dazugehörigen Anlage Arbeitsanweisung der Beklagten zu 1) (Bl. 176 d.A.) verwiesen.

Der Kläger meint auch, dass er aufgrund betrieblicher Übung weiter den erhöhten Nachtzuschlag von 40% für Nachtarbeit von 24:00 bis 04:00 Uhr beanspruchen könne.

Nach Auffassung der Beklagten begegnet die Vereinbarung einer monatlichen Arbeitszeit von 240 Stunden keinen Bedenken. Die Beklagte behauptet, dass in den 12-Stunden-Schichten des Klägers ganz überwiegend Bereitschaftszeiten anfielen. Wegen der behaupteten Gestaltung der Tätigkeit des Klägers im Einzelnen wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 09. September 2013, dort Seite 2, 3 (Bl. 64, 65 d.A.) nebst Tourenplan des Klägers für den 01. Februar 2013 (Bl. 68 d.A.), vom 10. Januar 2014, dort Seite 3, 4 (Bl. 60, 61 d.A.) und vom 28. Januar 2014 (Bl. 185-187 d.A.) verwiesen. Weiterhin sind die Beklagten der Ansicht, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Nachtzuschlägen in Höhe von 40% habe. Eine betriebliche Übung sei nicht anzunehmen, da die Nachtzuschläge in der genannten Höhe durch die Beklagte zu 1) erst seit September 2009 gezahlt würden. Die Beklagte meint daher, dass sie lediglich gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG verpflichtet sei, einen angemessenen Nachtzuschlag zu leisten und dieser Verpflichtung mit der Zahlung eines Nachtzuschlags in Höhe von 25% nachkomme, zumal der tarifvertragliche Anspruch auf Nachtarbeitszuschläge geringer sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat im Hinblick auf die Beklagte zu 2) zunächst bereits angenommen, dass die Beklagte zu 2) nicht passivlegitimiert ist. Es bestünden keine Zweifel an der Arbeitgeberstellung der Beklagten zu 1). Im Weiteren hat das Arbeitsgericht die Klage gegen die Beklagte zu 2) allerdings für unbegründet erachtet, da der Kläger für den jeweils streitgegenständlichen Monat als anspruchsmindernd den Lohn in Abzug gebracht hat, den die Beklagte zu 1) dem Kläger in dem Forderungsmonat abgerechnet und gezahlt habe. Unter Zugrundelegung der Einlassung der Beklagten, dass Überstunden, Zuschläge und Spesen im Folgemonat abgerechnet wurden (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 09. September 2013, Seite 2 1. Satz), sei die Klageforderung damit unschlüssig. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, der dort gestellten Anträge sowie der Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Weiteren wird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zu Protokoll der Berufungsverhandlung vom 06. Mai 2015 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt. Der Kläger meint, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes sei sein Vortrag zum Einen schlüssig, zum Anderen könne der Nachzahlungsanspruch des Klägers von Seiten des Gerichts berechnet werden. Er habe aufgezeigt, in welcher Höhe mit welchen Zuschlägen Arbeitsstunden zu vergüten seien. Damit sei er sämtlichen ihm obliegenden Darlegungslasten nachgekommen. Das Arbeitsgericht verkenne, dass es aufgrund des nunmehr vorliegenden Sachverhaltes in der Lage, als auch dazu verpflichtet ist, die Höhe der dem Kläger geltend gemachten Vergütungsansprüche selber zu berechnen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes sei es für die Berechnung der Höhe bzw. der im jeweiligen Monat zu berücksichtigenden Zahlungen der Beklagten auch nicht relevant, wie die Beklagten zu den von ihnen ermittelnden Monatsbetrag kamen bzw. ob eine Monatsabrechnung der Beklagten die jeweiligen Zuschläge des Vormonats enthielt. Insoweit verkenne das Arbeitsgericht, dass selbst wenn der Vortrag der Beklagten zutreffen würde, diese Art der Berechnung durch keine Vereinbarung gedeckt war. Im Übrigen nimmt der Kläger Bezug auf die klagestattgebende Entscheidung der Kammer 7 des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main in einem Parallelrechtsstreit (7 Ca 3277/13). Der Kläger meint, letztlich gehe das Arbeitsgericht auch fehl in der Annahme, dass die Beklagte zu 2) nicht passivlegitimiert sei. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes ergebe sich aus dem Umstand, dass die Vergütungsabrechnungen des Klägers sowie Arbeitsanweisungen von Seiten der Beklagten zu 1) erfolgten, nicht, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) kein Arbeitsverhältnis bestehe. Entsprechendes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 1) in den letzten Jahren bereits mehrfach Kündigungen ausgesprochen habe. Hieraus ergebe sich nur, dass die Beklagte zu 1) sich zu ihrer Arbeitgeberstellung bekannt habe und in jedem Fall Arbeitgeber des Klägers sei. Daraus könne jedoch nicht geschlossen werden, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) kein weiteres Arbeitsverhältnis bestehen kann. Leider würden weder die Beklagte zu 1) noch die Beklagte zu 2) aufzeigen, aufgrund welchen Ereignisses sie Arbeitgeber geworden sind bzw. nicht geworden sind.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. April 2014 – 22 Ca 3278/13 – abzuändern und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen an den Kläger

für den Monat 01.2013 4.781,50 EUR (brutto) abzüglich gezahlter 2.560,00 EUR (brutto) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01. Februar 2013,

für den Monat 02.2013 4.472,87 EUR (brutto) abzüglich gezahlter 3.046,00 EUR (brutto) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01. März 2013,

für den Monat 03.2013 4.485,96 EUR (brutto) abzüglich gezahlter 2.848,00 EUR (brutto) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01. April 2013,

für den Monat 04.2013 4.739,42 EUR (brutto) abzüglich gezahlter 3.214,00 EUR (brutto) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01. Mai 2013,

für den Monat 05.2013 5.268,53 EUR (brutto) abzüglich gezahlter 3.394,00 EUR (brutto) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01. Juni 2013,

für den Monat 06.2013 4.717,57 EUR (brutto) abzüglich gezahlter 4.030,00 EUR (brutto) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01. Juli 2013,

für den Monat 07.2013 4.808,37 EUR (brutto) abzüglich gezahlter 3.016,00 EUR (brutto) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01. August 2013,

für den Monat 08.2013 5.240,88 EUR (brutto) abzüglich gezahlter 3.410,50 EUR (brutto) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01. September 2013 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angegriffene Urteil. Sie meinen, das Arbeitsgericht sei nicht dazu verpflichtet, die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Vergütungsansprüche selbst zu berechnen. Vielmehr sei es allein Sache des Klägers, die von ihm geltend gemachten Ansprüche auch der Höhe nach substantiiert und unter Beweisantritt darzulegen. Dies habe der Kläger nicht getan. Die Beklagtenseite sei den Berechnungen des Klägers substantiiert entgegengetreten. Hierzu werde verwiesen auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 10. Januar 2014. Soweit der Kläger die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main zum Az. 7 Ca 3277/13 aufgreife, sei anzumerken, dass im Arbeitsvertrag des dortigen Klägers auf tarifliche Regelungen nicht Bezug genommen sei. Außerdem habe das Arbeitsgericht in der zitierten Entscheidung ohne die erforderliche weitere Aufklärung zu betreiben, ausschließlich auf die im schriftlichen Arbeitsvertrag verwendete Formulierung, dass die Arbeitszeit zur Zeit 240 Stunden betrage, abgestellt und jegliche Einwendungen der Beklagten dahingehend, dass die tatsächliche Praxis im laufenden Arbeitsverhältnis vollständig anders gehandhabt wurde, außen vor gelassen. Ausgehend von den bei der Beklagten zitierten 12-Stunden-Schicht-Rhythmus ergebe sich die Zahl “240” aus 20 12-Stunden-Schichten. Die Pausenzeit von Minimum einer Stunde pro Schicht habe praktisch also bereits eine Verkürzung von 20 Stunden zur Folge, sodass nur noch die Wirksamkeit einer monatlichen Arbeitszeit von 220 Stunden in Frage stünde. Zutreffend sei, dass es für die gesetzliche Vergütungspflicht unerheblich sei, ob der Kläger während seiner Schichten tatsächlich gefahren ist oder nicht. Auch dem wartenden, sich in Bereitschaft befindlichen Fahrer, ist diese Zeit zu vergüten. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte jedoch auch nachgekommen. Es sei nochmals vorzutragen, dass in den 12-Stunden-Schichten, welche der Kläger arbeitstäglich absolviere, in erheblichen Umfang Bereitschaftszeit enthalten ist, mindestens 50% der monatlichen Stunden der bei der Beklagten beschäftigten Fahrer, so auch des Klägers, seien Stand- und Wartezeiten, in denen sich die Fahrer lediglich bereit halten müssen und hier Beschäftigungen nachgehen können wie lesen, Fernsehen schauen, Computer, Kaffee trinken, etc.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers gegen das Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 29. Januar 2014 – 22 Ca 3278/13 – ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 u. 2 lit b ArbGG), außerdem form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache ist die Berufung des Klägers jedoch unbegründet. Das Berufungsgericht folgt dem Arbeitsgericht in Ergebnis und in der Begründung voll und ganz. Die Klage ist bereits unschlüssig.

Die Beklagte rechnet Überstundenvergütung und Nachtzuschläge jeweils im Folgemonat ab. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Aufstellungen der Arbeitszeiten seitens des Klägers einerseits und aus den vorgelegten Lohnabrechnungen andererseits. Auf die Ausführungen im Tatbestand wird verwiesen. Dieser Abrechnungspraxis hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt widersprochen, auch wenn diese – im Übrigen im Arbeitsleben ganz übliche Praxis – von § 614 BGB abweicht, ist sie deshalb nicht unwirksam. § 614 BGB ist dispositives Recht. Die Parteien haben sich auch konkludent auf diese abweichende Fälligkeit der Vergütung für Überstunden und Nachtzuschläge geeinigt. Grundsätzlich kommen Verträge durch Antrag und Annahme im Sinne von §§ 145 ff. BGB zustande. Gemäß § 151 S. 1 BGB kommt ein Vertrag allein durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass dem Antragenden die Annahme gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist, oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Nach der Rechtsprechung kann eine Willenserklärung auch in konkludentem Verhalten liegen. Dies gilt selbst dann, wenn der Handelnde an die Möglichkeit einer solchen Wertung nicht gedacht hat. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass er bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen konnte, sein Verhalten könne als Willenserklärung aufgefasst werden und der andere Teil es auch tatsächlich auch so verstanden hat (BAG Urteil vom 09. März 2005 – 5 AZR 231/04 – AP-Nr.: 70 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Vorliegend ist von einer solchen konkludenten Vereinbarung der Parteien auszugehen. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum der Kläger mit dieser Abrechnungspraxis der Beklagten nicht einverstanden gewesen sein sollte. Nur für den ersten Monat des Beginns des Arbeitsverhältnisses ergeben sich insoweit Nachteile für den Kläger, als er im ersten Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses “nur” sein Festgehalt erhält. In den Folgemonaten erhält er jedoch jeweils unter Berücksichtigung von Überstundenvergütungen und Zuschlägen, insbesondere Nachtzuschläge, dann die Vergütung fortlaufend.

Der Kläger hat bei der Berechnung der Klageforderung diese Fälligkeitsregelung nicht beachtet. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet nun selbst eine Neuberechnung vorzunehmen. Der Kläger war durch Vortrag der Beklagten und erst Recht durch das Urteil des Arbeitsgerichtes auf diese Fälligkeitsregelung hingewiesen worden. Er hätte also zumindest einen Hilfsantrag in der Berufungsinstanz stellen können. Es kann auch nicht einfach von dem geltend gemachten Anspruch für einen Monat, statt der vom Kläger in Abzug gebrachten Zahlung, die Zahlung der Beklagten im Folgemonat in Abzug gebracht werden. Die Zahlungen beinhalten von Monat zu Monat unterschiedlich hohe Verpflegungszuschüsse. Die Klageforderung müsste vielmehr so berechnet werden, dass von der für z. B. März 2013 begehrten Überstundenvergütung und den für März 2013 begehrten Nachtzuschlägen die auf diese Vergütungsbestandteile im April geleisteten Zahlungen der Beklagten abgezogen werden. Richtig ist, dass eine Berechnung auf dieser Grundlage dem Berufungsgericht möglich ist. Es ist aber nicht Aufgabe des Gerichtes, eine komplette neue Berechnung der Klageforderung vorzunehmen.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision besteht nicht.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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