LAG Hessen, 11.08.2014 – 16 Sa 142/14

April 30, 2019

LAG Hessen, 11.08.2014 – 16 Sa 142/14
Leitsatz

Verlangt der Arbeitnehmer gem. § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er darzulegen und -im Bestreitensfall- zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 04. Dezember 2013 – 2 Ca 143/13 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:
1

Die Parteien streiten über einen Vergütungsanspruch des Klägers.
2

Die Parteien sind Rechtsanwälte. Der Kläger war auf der Grundlage des freien-Mitarbeiter-Vertrages vom 19. Juli 2010 (Bl. 5-8 der Akten) als freier Mitarbeiter bei dem Beklagten gegen „eine monatliche Nettovergütung von Euro 1050 zuzüglich 19 % Umsatzsteuer” beschäftigt. Er hat die Auffassung vertreten, diese Vertragsbeziehung sei rechtlich als Arbeitsverhältnis zu bewerten.
3

Wegen der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der Entscheidung des Arbeitsgerichts (Bl. 430-431 der Akten) Bezug genommen.
4

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe lediglich pauschal behauptet, er habe im September 2011 für den Beklagten gearbeitet, was dieser bestritten habe. Zu dem Vortrag des Beklagten, der Kläger habe um Freistellung gebeten, damit er sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern könne, habe dieser keine Stellung genommen.
5

Dieses Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29. Januar 2014 zugestellt. Er hat dagegen mit einem am 7. Februar 2014 eingelegten Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 10. April 2014 am 8. April 2014 begründet.
6

Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte weigere sich ohne Grund den vom Kläger ihm in Rechnung gestellten Betrag zu zahlen. Der Beklagte verkenne auch, dass er darlegungs- und beweisbelastet dafür sei, weshalb dem Kläger der Anspruch nicht zustehen soll. Der Kläger behauptet, er habe im September 2011 im Wesentlichen die gleichen Tätigkeiten entfaltet wie zuvor. Lediglich neue Mandate seien nicht auf seinen Namen angelegt worden. Er habe unter anderem Beiträge für diverse Internetseiten des Beklagten und seines Kollegen verfasst. Hierbei habe es sich um Artikel zum Markenrecht gehandelt.
7

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 4. Dezember 2013 -2 Ca 143/13- abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1050 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10. Oktober 2011 zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

9

Der Vortrag des Klägers sei nach wie vor unsubstantiiert. Vorsorglich werde bestritten, dass der Kläger im September 2011 Artikel zum Marken- oder Urheberrecht verfasst habe.
10

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
11

I.

Die Berufung ist statthaft, § 8 Abs. 2 ArbGG, § 511 Abs. 1 ZPO, § 64 Abs. 2a ArbGG. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 46 Abs. 1 ArbGG, § 519, § 520 ZPO.
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II.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass dem Kläger der geltend gemachte Entgeltanspruch für den Monat September 2011 nicht zusteht, da er diesen nicht im Einzelnen dargelegt hat. Dies gilt unabhängig davon, ob man das Vertragsverhältnis der Parteien rechtlich als freien-Mitarbeiter-Vertrag oder als Arbeitsverhältnis bewertet.
13

Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts i.V.m. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis ebenso wie im freien Dienstverhältnis der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn”. Verlangt der Arbeitnehmer gem. § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und -im Bestreitensfall- zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt (Bundesarbeitsgericht 15. Mai 2013 -10 AZR 325/12- Rn. 3; 18. April 2012 -5 AZR 248/11- Rn. 14).
14

Diesen Anforderungen wird der klägerische Vortrag nicht gerecht. Sein Vortrag, er habe „im September 2011 im Wesentlichen die gleichen Tätigkeiten für den Beklagten entfaltet wie in der Zeit zuvor” reicht nicht aus. Der Kläger trägt noch nicht einmal vor, ob und zu welchen Zeiten er sich täglich im Büro des Beklagten aufgehalten hat, geschweige denn wann er für welche Mandate Tätigkeiten erbrachte. Er legt auch nicht dar, ob bzw. zu welchen Zeiten er Mandantengespräche geführt oder Gerichtstermine wahrgenommen hat. Sein Vortrag zu den von ihm verfassten Artikeln zum Markenrecht lässt nicht erkennen, welchen zeitlichen Umfang diese Tätigkeit in Anspruch genommen hat und zu welchen Zeiten sie erfolgte. Der Kläger legt diese Artikel auch nicht vor. Allein aus der von ihm vorgelegten Gliederung (Bl. 472, 473 der Akten) lässt sich nicht erkennen, wie lange er hieran gearbeitet hat und wann dies erfolgte.
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Der Kläger hat auch keinen der Tatbestände, die eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regeln (Urlaub, Krankheit, Annahmeverzug) im Einzelnen dargelegt, insbesondere dass er seine Arbeitsleistung tatsächlich im Betrieb der Beklagten angeboten habe. Der Vortrag, ihm seien keine neuen Mandate zugewiesen worden, reicht insoweit nicht aus. Der Kläger hätte den Beklagten auffordern müssen, ihn vertragsgemäß zu beschäftigen, das heißt ihm Arbeit zuzuweisen.
16

III.

Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.
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Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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