LAG Hessen, 11.09.2015 – 14 Sa 1247/14

April 21, 2019

LAG Hessen, 11.09.2015 – 14 Sa 1247/14
Leitsatz:

1.

Die bei der Beklagten bestehende “Betriebsvereinbarung Ziff. 6.160/01 Zukunftsvertrag 2018” verstößt nicht gegen § 77 III BetrVG, gegen § 75 BetrVG, gegen die Hessische Verfassung oder gegen Diskriminierungsverbote. Durch sie wurden verschiedene, zuvor in einzelnen Betriebsvereinbarungen geregelte Leistungen wirksam in eine mit Tariflohnerhöhungen verrechenbare Besitzstandszulage umgewandelt.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juli 2014 – 23 Ca 796/14 – wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrags zu 2) richtet. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juli 2014 – 23 Ca 796/14 – zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten auch in der Berufungsinstanz noch im Rahmen von Feststellungs- und Zahlungsanträgen über eine dem Kläger ursprünglich gezahlte Besitzstandszulage und die Gestaltung von Dienstplänen.

Der Kläger war bei der Beklagten aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 27. Oktober 1989 (Bl. 18 d.A.) seit dem 1. Januar 1990 ursprünglich als Postabfertigungsangestellter beschäftigt. Er ist nicht tarifgebunden.

Der Arbeitsvertrag lautete auszugsweise:

“Ihr Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) einschließlich der für die Flughafen Frankfurt/Main AG geltenden Zusatzbestimmungen, den betriebsüblichen Regeln und den Dienstvorschriften.”

Die Beklagte ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband (künftig: KAV-Hessen), der wiederum Mitglied in der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist.

Mit Schreiben vom 17. November 2005 (Bl. 365 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, wie sie ihn ab dem 1. Oktober 2005 vom BAT in den TVöD überleiten werde. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die zur Akte gereichte Abschrift (Bl. 365 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger ist aktuell im Bereich der Bodenverkehrsdienste (BVD) als Vorfeldtransporteur beschäftigt und wird nach der Tarifgruppe E 6 Stufe 6 + TVÖD vergütet.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Übrigen, ihrer Anträge, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage mit Urteil vom 23. Juli 2014 – 23 Ca 796/14 – vollumfänglich abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 25. August 2014 zugestellte Urteil am 22. September 2014 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. November 2014 am 24. November 2014 begründet.

Der Kläger rügt, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass sehr wohl eine Absenkung des Entgelts stattgefunden habe, in dem die Besitzstandszulage gegen Tariflohnerhöhungen abgeschmolzen wurde. Er vertritt die Ansicht, die Beklagte verletze mit der von ihr vorgenommenen Vergütungsabsenkung für die operativen Mitarbeiter das Sozialstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 38 Hessische Verfassung (künftig: HV).

Er ist der Meinung, die Zahlung der Treueprämie, der Pauschale für das Mitarbeiteraktienprogramm (künftig: MAP) und der Prämie leistungsbezogene Bezahlung (künftig: LBB) sei arbeitsvertraglich vereinbart, was sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf “betriebsübliche Regeln” ergebe. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung dieser “Stammbezüge” folge auch aus dem Überleitungsschreiben der Beklagten vom 17. November 2005. Als arbeitsvertraglich vereinbarte Leistung könnten diese Entgeltbestandteile nicht durch Betriebsvereinbarung abgesenkt werden. Wegen der diesbezüglichen Argumentation des Klägers im Einzelnen wird auf Ziffer 9 und 10 der Berufungsbegründung (Bl. 310-314 d.A.) Bezug genommen. Der Kläger ist zudem der Auffassung, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht statt des Günstigkeitsprinzips, das im Konkurrenzverhältnis zwischen Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarung gelte, die Zeitkollisionsregel angewendet. Insoweit wird auf Ziffer 11 und 12 der Berufungsbegründung (Bl. 314-315 d.A.) verwiesen. Außerdem habe die Beklagte eine Gesamtzusage auf den Erhalt des Besitzstands der Arbeitnehmer abgegeben. Eine solche folge ua. aus dem Interessenausgleich vom 9. März 2009, aber auch aus Äußerungen des Vorstands bei verschiedenen Anlässen, die er erstinstanzlich ausreichend dargestellt habe. Wegen der Einzelheiten seines Vortrags wird auf Ziffer 17, 18 der Berufungsbegründung (Bl. 318, 319 d.A.) Bezug genommen.

Die Betriebsvereinbarung 6.1.60/1 Zukunftsvertrag 2018 (zukünftig: BV Zukunft) hält der Kläger für unwirksam. Sie verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil sie von den außertariflichen Mitarbeitern einen geringeren Beitrag zur Kostenkonsolidierung verlange, der Maßnahmenkatalog die Beschäftigten des operativen Bereichs härter treffe und leitende Angestellte und Vorstandsmitglieder gar nicht an der Kostenkonsolidierung beteiligt würden. Zwar gelte die BV Zukunft für alle Mitarbeiter, das Arbeitsgericht habe jedoch verkannt, dass dies unterschiedliche finanzielle Auswirkungen zeitige. Der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte in der Präambel der BV Zukunft selbst davon ausgegangen sei, dass alle Beschäftigten in die Vergütungsabsenkungen gleichermaßen einzubeziehen seien. Dass dies nicht geschehen sei, sei im Übrigen auch europarechtswidrig. Die BV Zukunft verstoße gegen Art. 21 GRC. Das Arbeitsgericht sei im Hinblick auf das europäische Sozialstaatsgebot und die GRC verpflichtet gewesen, den Fall dem EuGH vorzulegen.

Die BV Zukunft sei aber auch deshalb unwirksam, weil der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf den Besitzstand betreffend den Dauerzuschlag § 77 Abs. 3 BetrVG entgegenstehe. Die Tarifvertragsparteien hätten den Betriebsparteien nicht die Bewertung des Vorliegens einer zuschlagspflichtigen Arbeit übertragen. Betreffend der diesbezüglichen Argumentation des Klägers wird auf Ziffer 12 der Berufungsbegründung (Bl. 315 d.A.) und auf Ziffer III des Schriftsatzes vom 21. Juli 2015 (Bl. 447 ff. d.A.) verwiesen. Zudem meint der Kläger, die Betriebsparteien hätten mit Abschluss der BV Zukunft gegen Arbeitsschutzgesetze verstoßen, weil die Arbeit gesundheitsgefährdend sei und deshalb Erschwerniszuschläge zugestanden werden müssten. Außerdem verstoße die BV Zukunft auch gegen das Kündigungsschutzgesetz, nämlich gegen § 2 KSchG, der vor Entgeltabsenkungen schütze.

Schließlich habe er auch einen Anspruch auf die Feststellung, dass der von der Beklagten erstellte Dienstplan keine negative Arbeitszeit ausweisen dürfe. Den eingereichten Schichtplänen sei die jeweilige Länge der Schicht zu entnehmen. Wenn hierzu noch Verfügungsschichten kämen, so sei klar erkennbar, dass die Voraussetzung der Verletzung des 48-Stundenzeitraums nachvollziehbar sei. Es sei Aufgabe der Beklagten, nach Aufforderung durch das Arbeitsgericht, die entsprechenden Unterlagen der betroffenen Arbeitnehmer vorzulegen, damit dann in einem zweiten Schritt geprüft werden könne, ob eine Verletzung der Arbeitszeitrichtlinie vorliege. Daraus folge dann weiter, dass wegen der vorzunehmenden Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG unter Hinzufügung der Verfügungsschichten die 48-Stunden-Regelung nochmals verlängert werde. Wegen des diesbezüglichen Vortrags des Klägers im Einzelnen wird auf Ziffer 20 der Berufungsbegründung (Bl. 319, 320 d.A.) Bezug genommen.

Nach Verkündung des Urteils hat der Kläger unter dem 14. September 2015 einen weiteren Schriftsatz eingereicht, wegen dessen Inhalts auf Bl. 623 ff. d.A. Bezug genommen wird.

Der Kläger beantragt zuletzt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juli 2014 – 23 Ca 796/14 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

1.

an ihn 2.926, 25 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2.

festzustellen, dass der durch die Beklagte erstellte Dienstplan bei Aushändigung desselben an ihn keine negative Arbeitszeit bzw. Zeitschuld für ihn ausweisen darf und dass er nicht verpflichtet ist, negative Arbeitszeiten bzw. Zeitschulden, die zu Beginn der Erstellung seines jährlichen Dienstplans derselbe ausweist, durch Unterstützungstage oder Verfügungsschichten abzuleisten, sondern vielmehr berechtigt ist, diese Zeitschuld im Rahmen der regelmäßigen Schichttage ohne Verlust seiner bisherigen freien Arbeitstage abzuarbeiten;
3.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm 95,52 EUR brutto monatlich fortlaufend an Besitzstand ab August 2013 für Treueprämie, Pauschale für Mitarbeiteraktienprogramm (MAP) und ungekürzte leistungsbezogene Bezahlung (LBB) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags das angefochtene arbeitsgerichtliche Urteil. Das Arbeitsgericht habe zu Recht einen individualrechtlichen Anspruch des Klägers auf die in die Besitzstandszulage eingeflossenen Einzelleistungen verneint. Ein solcher ergebe sich weder aus dem Arbeitsvertrag der Parteien noch aus der Mitteilung der Überleitung in den TVöD vom 17. November 2005 noch aus dem die Besitzstandszulage betreffenden Schreiben vom 19. Januar 2010. Auch eine Gesamtzusage existiere nicht. Aus dem vorgelegten Interessenausgleich vom 9. März 2009 könne der Kläger schon deshalb keine Rechte herleiten, weil dieser – insoweit unstreitig – mangels Unterzeichnung durch den Betriebsrat nie in Kraft getreten sei. Aber auch aus der gemeinsamen Erklärung von Aufsichtsrat und Vorstand vom 20. September 1996, von Dezember 1999 und von April 2003 ergebe sich keine Gesamtzusage. Eine solche enthalte auch das vom Kläger vorgelegte Zeitungsinterview nicht, dass zudem nicht der Arbeitsdirektor A, sondern Herrn B gegeben habe.

Die Beklagte hält die BV Zukunft für wirksam. Entgegen der Auffassung des Klägers verstoße sie nicht gegen § 75 BetrVG. Soweit durch sie die Treueprämie aus der BV Nr. 22/4 entfalle, treffe dies alle Mitarbeiter und nicht nur die im operativen Dienst Beschäftigten. Das gleiche gelte im Hinblick auf die Leistungen aus dem MAP und die leistungsbezogene Bezahlung nach BV Nr. 48 (LBB). Dafür, dass die Managementbeschäftigten weder einen Dauerzuschlag noch eine Wechselschichtzulage erhielten, sei ein Ausgleich dadurch geschaffen worden, dass deren nächste Gehaltsanpassung durch § 5 Abs. 3 BV Zukunft solange verzögert werde, bis ein Wert von 4.000,00 EUR erreicht sei.

Es liege auch kein Verstoß gegen Art. 38 HV vor. Dieser richte sich erkennbar an den Landesgesetzgeber und nicht an die Beklagte. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass das Land Hessen 31,35% der Aktien der Beklagten halte. Soweit der Kläger einen Verstoß der BV Zukunft gegen § 77 Abs. 3 BetrVG annehme, übersehe er, dass der TV Nr. 185 die Regelung, ob tatsächlich Zuschläge gezahlt werden sollen, den Betriebsvertragsparteien überlasse. Insofern liege die Wegnahme des Dauerzuschlags nicht in den Händen der Tarifvertragsparteien, sondern in denen der Betriebspartner. Dass die Tarifpartner Zuschlagsgruppen mit Entgelten festgelegt hätten, ändere hieran nichts.

Auch ein Eingriff der BV Zukunft in § 2 KSchG liege nicht vor, da es nicht um eine Reduzierung des aktuellen Lohns, sondern um die Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf Zulagen gehe. Dies habe mit einer Änderungskündigung zur Absenkung der Vergütung nichts zu tun.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 11. September 2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2b ArbGG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt. Sie ist jedoch nur im Hinblick auf die Abweisung der Klage betreffend den erstinstanzlichen Antrag zu 1) und hinsichtlich der Klageerweiterung im Rahmen der Berufung (zweitinstanzlicher Antrag zu 3) auch im Übrigen zulässig. Hinsichtlich der angegriffenen Abweisung des erstinstanzlichen Klageantrags zu 2) ist sie gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO unzulässig.

1.

Hinsichtlich der Anträge zu 1) und 3) ist die Berufung form- und fristgerecht eingelegt und, soweit sie sich gegen das erstinstanzliche Urteil wendet, begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 517, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.

2.

Die mit der Berufung vorgenommenen Klageerweiterung im Rahmen des Antrags zu 3) ist zulässig. Sie genügt den Anforderungen des § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 533 ZPO. Die Beklagte hat in die Klageerweiterung eingewilligt und sie wird auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Der Kläger fordert insoweit lediglich die Feststellung, dass die Beklagte (auch zukünftig) verpflichtet ist, die mit dem Zahlungsantrag zu 1) geltend gemachte Besitzstandszulage zu zahlen.

3.

Hinsichtlich des Antrags zu 2) ist die Berufung unzulässig, da sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend begründet wurde.

a) Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Begründung der Berufung auch im Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen anwendbar.

Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt werden. Die Berufungsbegründung muss auf den Streitfall zugeschnitten sein. Sie muss zwar nicht schlüssig sein, sie muss sich aber mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen (BAG 19. Februar 2013 – 9 AZR 543/11 – AP Nr. 48 zu § 64 ArbGG 1979; BAG 16. Mai 2012 – 4 AZR 254/10 – AP Nr. 47 zu § 64 ArbGG 1979; BAG 18. Mai 2011 – 4 AZR 552/09 – AP Nr. 45 zu § 64 ArbGG 1979).

b) Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung betreffend den abgewiesen Antrags zu 2) nicht. Sie befasst sich insoweit nicht ausreichend mit den rechtlichen und tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils.

aa) Die Abweisung des Antrags zu 2) ist in dem arbeitsgerichtlichen Urteil damit begründet, dass nicht ersichtlich sei, dass die Ausweisung negativer Dienstzeit in Schichtplänen gegen die betrieblichen Regelungen der Beklagten, insbesondere gegen die Betriebsvereinbarung 64 vom 19. Dezember 2005 verstoße. Im Gegenteil sei in deren Ergänzung Nr. 2 vom 10. Juni 2010 sogar ausdrücklich festgehalten, dass bis zu sieben zusätzliche Arbeitstage bzw. Verfügungsschichten eingeplant werden dürften. Einen Verstoß gegen die Richtlinie EG 2003/88 durch die Ausweisung negativer Dienstzeiten habe der Kläger nicht konkret vorgetragen.

bb) Damit hat sich der Kläger nicht auseinandergesetzt. Er hat weder dargelegt, warum seiner Ansicht nach die Einstellung negativer Dienstzeiten in die Dienstpläne der Beklagten entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts gegen die betrieblichen Regelungen der Beklagten verstößt noch, dass und warum die bei der Beklagten geltenden betrieblichen Regelungen gegen die Richtlinie EG 2003/88 verstoßen oder dass und warum diese aus anderen Gründen unwirksam sind. Sein Vortrag verhält sich gar nicht zu der nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts maßgeblichen Frage, ob negative Dienstzeiten aufgrund wirksamer betrieblicher Regelungen in den Dienstplänen der Beklagten vorgesehen sein dürfen.

(1) Soweit der Kläger vorträgt, der Betriebsrat habe im Frühjahr 2014 vor dem Arbeitsgericht gegen den “Dienstplan mit dem Kurzzeitraster” gewonnen, liegt hierin keinerlei Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Begründung für die Abweisung des Antrags. Es erschließt sich auch nicht, in welchen Zusammenhang dieser Vortrag mit dem Antrag zu 2) stehen soll, der sich nicht gegen einen bestimmten Dienstplan richtet, sondern mit dem die Feststellung begehrt wird, dass Dienstpläne der Beklagten generell keine negative Arbeitszeit ausweisen dürfen. Streitgegenstand dieses Antrags ist nicht, welcher Dienstplan bei der Beklagten ggf. aufgrund einer arbeitsgerichtlichen Entscheidung aktuell (?) gilt, sondern zu welcher Dienstplangestaltung die Beklagte generell und abstrakt (nicht) berechtigt ist.

(2) Ebenso liegt in der pauschal geäußerten Rechtsansicht des Klägers, die Verlängerung oder Verkürzung der täglichen durchschnittlichen Arbeitszeit der Mitarbeiter bedürfe deren Zustimmung, keine Auseinandersetzung mit dem Argument des Arbeitsgerichts, dass die Dienstpläne der Beklagten negative Arbeitszeiten ausweisen dürfen, weil wirksame bei ihr geschlossene Betriebsvereinbarungen eben dies vorsehen. Was aus dieser nicht nachvollziehbar begründeten Rechtsansicht gegen die Annahme einer Berechtigung der Beklagten folgen soll, in Anwendung der Betriebsvereinbarung im Dienstplan negative Arbeitszeiten auszuweisen, hat der Kläger nicht dargelegt.

(3) Schließlich steht auch der Verweis des Klägers darauf, er habe erstinstanzlich vorgetragen, dass die durchschnittliche Arbeitszeit im Zeitraum von sieben Tagen 48 Stunden nicht überschreiten dürfe, in keinem Zusammenhang mit den Ausführungen des Arbeitsgerichts. Der Kläger hat nicht einmal abstrakt behauptet, jede Ausweisung negativer Dienstzeiten in den Schichtplänen der Beklagten haben zwingend zur Folge, dass die Vorgaben der Richtlinie EG 2003/88 verletzt würden und deshalb sei eine Betriebsvereinbarung, die negative Dienstzeiten in Schichtplänen vorsehe, unwirksam. Erst recht hat er dies nicht, wie vom Arbeitsgericht gefordert, konkret dargelegt.

(4) Keine Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen liegt schließlich in der Rechtsansicht des Klägers, es sei Aufgabe des Arbeitgebers, der zuständigen Behörde und dem Gericht Listen (welche?) vorzulegen, aus denen sich ergebe, ob es bei den betroffenen Arbeitnehmern zur Nachteilen führe, wenn sie innerhalb einer Sieben-Tage Woche über 48 Stunden hinaus tätig werden. Das Arbeitsgericht hat gefordert, der Kläger müsse darlegen, dass sich aus der Ausweisung negativer Arbeitszeiten konkret ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften ergibt. Warum es hierfür der Vorlage welcher Listen bedürfen soll, erschließt sich nicht. Maßgeblich für den Erfolg des Antrags zu 2) ist nicht der Verstoß eines Dienstplans der Vergangenheit gegen zulässige Höchstarbeitszeiten, sondern die Zulässigkeit von Dienstplänen, die eine Zeitschuld beinhalten, also nicht die gesamte Arbeitszeit des Klägers verplanen.

(5) Schließlich setzt sich der Kläger auch nicht mit den Entscheidungsgründen des arbeitsgerichtlichen Urteils betreffend den Antrag zu 2) auseinander, wenn er ausführt, die Beklagte habe im Betrieb das Arbeitszeitgesetz nicht ausgehängt.

II.

Die Berufung hat, soweit sie zulässig ist, in der Sache keinen Erfolg.

1.

Der Antrag zu 1) ist zulässig, aber unbegründet.

a) Der Antrag ist insgesamt zulässig, insbesondere ausreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat im Rahmen des Berufungstermins ausdrücklich klargestellt, dass es sich insoweit nicht um eine Postenklage handelt, mit der er für bestimmte Zeiträume eine Treueprämie, eine ungekürzte leistungsbezogene Bezahlung und eine Leistung aus dem MAP fordert – ohne jedoch die jeweiligen Posten zu beziffern – sondern, dass er für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 die Besitzstandszulage in Höhe von insgesamt 95,52 EUR brutto monatlich fordert, die ihm mit Schreiben vom 19. Januar 2010 zugesagt worden ist, soweit die Beklagte diese nicht gezahlt hat.

b) Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Kammer kann dies entscheiden, eine Vorlagepflicht gem. Art. 267 AEUV besteht nicht. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist keine Frage des Unionsrechts entscheidungserheblich, was Voraussetzung für eine Vorlagepflicht wäre.

aa) Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine monatliche Besitzstandszulage in Höhe von 95,52 EUR brutto für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013.

Der ursprünglich gemäß § 4 Abs. 1 BV Zukunft in Verbindung mit dem Schreiben vom 19. Januar 2010 begründete Anspruch auf Zahlung einer Besitzstandszulage in Höhe von 95,52 EUR ist, soweit er nicht unstreitig durch die Beklagte erfüllt wurde, durch die Anrechnung von Tariflohnerhöhungen gemäß § 4 Abs. 2 BV Zukunft untergegangen. Die Anrechnungsklausel gemäß § 4 Abs. 2 BV Zukunft ist wirksam. Die Besitzstandszulage wurde durch Anrechnung von Tariflohnerhöhungen reduziert und schließlich aufgezehrt. Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine Regelung, die den Arbeitgeber berechtigt, eine Besitzstandszulage um künftige Tariflohnerhöhungen zu reduzieren, grundsätzlich wirksam ist. Etwas anderes folgt hier weder aus §§ 77 Abs. 3 BetrVG, 4 Abs. 4 TVG noch aus dem Günstigkeitsprinzip, aus § 75 BetrVG, aus § 315 BGB oder aus einer Gesamtzusage betreffend das Unterlassen von Änderungen des Vergütungssystems. Es liegt auch kein Verstoß gegen die Hessische Verfassung oder gegen Art. 21 GRC vor.

(1) Die Abschmelzung der Besitzstandszulage verstößt nicht gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, da in § 2 Abs. 1 BV Zukunft kein Verstoß gegen die Regelungssperre liegt. Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Bedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies ist hier jedoch auch nicht der Fall, auch nicht im Hinblick auf den Dauerzuschlag, der beim Kläger nicht in die gezahlten Besitzstandszulage eingeflossen ist, weil er ihn nie beanspruchen konnte, der bei den ursprünglich diesbezüglich berechtigten Arbeitnehmern aber ebenfalls in diese umgewandelt wurde. Es handelte sich insoweit nicht um einen tariflichen Anspruch. Weder § 23 Abs. 1 BMT-G II noch § 23 Abs. 3 BMT-G II in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 4 des Landesbezirkstarifvertrags Nr. 184 begründen einen Anspruch auf einen Dauerzuschlag (vgl. Hess. LAG 13. Mai 2011 – 3Sa 1177/10 – Juris; Hess. LAG 25. Juli 2014 – 14 Sa 167/13 – Juris). § 23 BMT-G II sieht vor, dass die zuschlagspflichtigen Arbeiten durch landesbezirkliche Tarifregelungen festgelegt werden. Dies ist vorliegend geschehen. § 1 des Landesbezirkstarifvertrags Nr. 184 sieht insoweit vor, dass die zuschlagspflichtigen Arbeiten und die Zuordnung zu den Zuschlagsgruppen nach Maßgabe der nachstehenden Vorschriften betrieblich vereinbart werden, soweit Lohnzuschläge nicht durch Tarifvertrag vereinbart sind oder werden. Eine solche Öffnungsklausel ist unproblematisch zulässig. Absatz 4 regelt sodann, dass die betriebliche Vereinbarung Zuschläge als Dauerzuschläge festlegen kann. Die nachfolgend aufgeführten “Richtlinien für die Zuweisung zu den einzelnen Zuschlagsgruppen” machen deutlich, dass – im Rahmen dieser Richtlinien – ein weiter Spielraum der Betriebspartner für die Zuweisung der einzelnen Zuschlagsgruppen besteht (ebenso Hess. LAG 25. Juli 2014 – 14 Sa 167/13 – a.a.O; Hess. LAG 13. Mai 2011 – 3 Sa 1167/10 – a.a.O.). Unzulässig ist hiernach lediglich, dass die Betriebspartner eine Arbeit als nicht zuschlagspflichtig ansehen, die in den Richtlinien als Beispiel für zuschlagspflichtige Arbeit aufgezählt ist oder die einem der dort aufgeführten Beispiele hinsichtlich der vorhandenen Erschwernis gleich steht. Soweit sich die Betriebspartner im Rahmen der im Landesbezirkstarifvertrag Nr. 184 vorgegebenen Richtlinien halten, besteht gegen die Feststellung, dass zuschlagspflichtige Arbeiten im Betrieb der Beklagten nicht vorliegen, keine Bedenken (ebenso Hess. LAG 13. Mai 2011 – 3 Sa 1167/10 – a. a. O.; Hess. LAG 25. Juli 2014 – 14 Sa 167/13 – a.a.O; vergl. zur Festsetzung einer Jahresleistung auf null durch Betriebsvereinbarung aufgrund einer Öffnungsklausel im Tarifvertrag, wonach Arbeitgeber und Betriebsrat die Höhe und den Auszahlungsgrund der Jahresleistungen bestimmen können: LAG Köln 6. September 2002 – 4 Sa 503/02 – Juris). Dass dies hier nicht der Fall ist, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht behauptet.

Aus der Zulässigkeit der Regelung in § 2 Abs. 1 BV Zukunft folgt, dass auch die Abschmelzung einer Besitzstandszulage, in die bei insofern ursprünglich berechtigten Arbeitnehmern auch der frühere Dauerzuschlag einfließt, keinen Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG begründet.

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers führt das Günstigkeitsprinzip weder zu einer Unanwendbarkeit noch zu einer Unwirksamkeit des § 4 Abs. 2 BV Zukunft. Der Kläger verkennt unverändert auch in der zweiten Instanz, dass das Günstigkeitsprinzip ausschließlich eine Konkurrenzregel für das Verhältnis von Rechtsquellen unterschiedlichen Ranges darstellt und dass eine solche Konkurrenz hier nicht vorliegt.

(a) Der Kläger hat keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die Zahlung einer Besitzstandszulage betreffend die einzelnen im Schreiben vom 19. Januar 2010 genannten Leistungen und Zuschläge. Die Zahlung einer individuellen Besitzstandszulage ist lediglich in § 4 Satz 1 BV Zukunft geregelt, sodass ihre Abschmelzung ebenfalls durch Betriebsvereinbarung geregelt werden kann. Das Schreiben vom 19. Januar 2010 setzt die in § 4 Satz 1 BV Zukunft getroffene Regelung lediglich um, indem es eine individuelle Besitzstandszulage beziffert und begründet keinen eigenen individualrechtlichen Anspruch, was sich bereits aus der Bezugnahme des Schreibens auf die BV Zukunft ergibt.

(b) Es besteht auch auf keinen der in die Ermittlung der individuellen Besitzstandszulage eingeflossenen Einzelposten ein arbeitsvertraglicher Anspruch des Klägers, sodass offen bleiben kann, ob dies schon deren Umwandlung in die Besitzstandszulage entgegengestanden hätte – dann wäre die Klage auf Besitzstandszulage schon deshalb unbegründet und der Kläger hätte auf die einzelnen Leistungen beziffert klagen müssen – oder lediglich der Anrechnung der Besitzstandszulage auf Tariflohnerhöhungen. Die diesbezüglichen zutreffenden und erschöpfenden Ausführungen des Arbeitsgerichts macht sich die Kammer ausdrücklich und vollumfänglich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu Eigen. Diese vermag die Argumentation der Berufung nicht zu erschüttern.

(aa) Keine der in die Besitzstandszulage eingeflossenen Einzelleistungen war Gegenstand des Arbeitsvertrags der Parteien. Die Treueprämie war in der Betriebsvereinbarung Nr. 22/4 vom 30. September 2005, die Pauschale zum MAP in der Betriebsvereinbarung Nr. 62 vom 30. September 2005 und die Prämie LBB in der Betriebsvereinbarung Nr. 48/3 vom 13. Februar 2009 geregelt. Selbst wenn auch die betriebliche Übung “betriebsübliche Regelung” im Sinne der Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag vom 27. Oktober 1989 wäre, wie der Kläger meint, bliebe es doch dabei, dass durch die arbeitsvertragliche Verweisung auf Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung hieraus keine arbeitsvertraglichen Ansprüche werden.

(bb) Soweit der Kläger offenbar geltend machen will, betreffend alle Leistungen, die in die Besitzstandszulage eingeflossen sind und die von der Beklagten aufgrund von Betriebsvereinbarungen erbracht wurden, bestehe aufgrund der mehrjährigen Leistung ein Anspruch aus betrieblicher Übung, verkennt er, dass ein Anspruch aus betrieblicher Übung dort nicht in Betracht kommt, wo der Arbeitgeber die Leistung erbringt, um einer bestehenden (oder angenommenen) Verpflichtung aus Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag nachzukommen. Der Kläger behauptet auch nicht, dass die Beklagte die später in Betriebsvereinbarungen geregelten Leistungen bereits vor Abschluss der jeweiligen Betriebsvereinbarung an die Arbeitnehmer erbracht hätte, sodass es sich tatsächlich ursprünglich um Ansprüche auf arbeitsvertraglicher Ebene gehandelt hätte. Die Frage, ob auf allgemeinen Arbeitsbedingungen beruhende Regelungen mit kollektivem Bezug ohnehin als betriebsvereinbarungsoffen eingestuft werden müssen (vergl. BAG 5. März 2013 – 1 AZR 417/12 – NZA 2013, 916) kann damit offen bleiben.

(cc) Auch eine Gesamtzusage der Beklagten hat der Kläger betreffend keinen der Bestandteile der Besitzstandszulage dargelegt. Er hat nicht vorgetragen, dass die Beklagte diese schon vor der Regelung durch die einzelnen Betriebsvereinbarungen den Arbeitnehmern gegenüber zugesagt hätte.

(dd) Ein von der Verweisung auf kollektive Vorschriften unabhängiger individualrechtlicher Anspruch des Klägers folgt schließlich nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 17. November 2005. Mit diesem Schreiben legt die Beklagte lediglich dar, wie der Kläger aus dem BAT in den TVöD übergeleitet wird. Sie führt auf, dass der Kläger sowohl bisher als auch künftig die in den verschiedenen Betriebsvereinbarungen geregelten Leistungen erhält, ohne jedoch die diesbezügliche Anspruchsgrundlage abzuändern. Ein Angebot auf Vertragsänderung dergestalt, dass der Anspruch künftig individualrechtlich unabhängig vom kollektivrechtlichen Ansprüchen bestehen soll, liegt in dem Schreiben erkennbar nicht (vergl. insgesamt zur Bedeutung eines solchen Überleitungsschreibens der Beklagten auch Hess. LAG 25. Juli 2014 – 14 Sa 167/13 – Juris). Etwas anderes kann der Kläger auch nicht aus dem Begriff des Stammbezugs ableiten.

(3) § 4 Abs. 2 BV Zukunft verstößt auch nicht gegen § 75 BetrVG. Die insoweit von den Betriebspartnern einzuhaltenden Grundsätze, insbesondere Vereinbarkeit mit nicht dispositivem höherrangigem Recht, Gleichbehandlungsgrundsatz, Diskriminierungsverbot und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – sind eingehalten.

(a) Die Betriebsparteien haben mit der Regelung des § 4 Abs. 4 BV Zukunft entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen Art. 20 GG oder gegen Art. 38 Abs. 1 HV verstoßen. Sie sind insofern nicht Normadressat. Auf die Frage, ob die Beklagte aufgrund Beteiligung des Landes Hessens grundrechtgebunden ist, kommt es insofern nicht an. Entscheidend ist, dass sie nicht Gesetzgeber ist.

(b) Auch ein Verstoß gegen § 2 KSchG liegt entgegen der Ansicht des Klägers nicht vor. Die fraglichen Gehaltsbestandteile sind wie dargestellt gerade nicht Bestandteile des Arbeitsvertrags und genießen mithin auch keinen Inhaltsschutz.

(c) Die Betriebsparteien haben mit § 4 Abs. 2 BV Zukunft auch den § 75 BetrVG zugrundeliegenden allgemeinen Gleichheitssatz nicht verletzt. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt eine Verletzung nicht daraus, dass durch die hier vorgesehene Abschmelzung der Besitzstandszulage die im operativen Bereich tätigen Arbeitnehmer stärker an der Konsolidierung beteiligt würden als leitende Angestellte oder AT-Angestellte. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Gruppenbildung ist nicht erkennbar.

(aa) Hinsichtlich der leitenden Angestellten folgt dies schon daraus, dass die Betriebsparteien rechtlich gehindert sind, diese betreffend in einer Betriebsvereinbarung Regelungen zu vereinbaren, weil der Betriebsrat insoweit nicht vertretungsbefugt ist.

(bb) Hinsichtlich AT-Angestellten und anderen Arbeitnehmern liegt insofern keine unsachgemäße Gruppenbildung vor, als für alle Arbeitnehmer unterschiedslos diejenigen Leistungen, die ihnen aufgrund der jeweiligen Betriebsvereinbarung gezahlt wurden, in eine Besitzstandszulage umgewandelt worden sind, die sich auch nach den gleichen Vorgaben errechnet. Soweit AT-Arbeitnehmern ein Dauerzuschlag und eine Schichtzulage nicht gewährt wurden, war auch eine Umwandlung in eine abbaubare Besitzstandszulage nicht möglich. Dies liegt in der Natur der Sache und stellt keine unzulässige Ungleichbehandlung dar. Gleiches gilt betreffend die Abschmelzung der Besitzstandszulage gegen Tariflohnerhöhungen. Da solche für AT-Mitarbeiter nicht erfolgen, ist auch ein Abbau der Zulage durch Anrechnung nicht möglich. Um hierfür einen Ausgleich zu schaffen, haben die Betriebspartner im § 5 Abs. 3 BV Zukunft geregelt, dass anstehende Entgelterhöhungen bis zum Erreichen eines Gesamtbetrags von 4.000,00 EUR ausgesetzt werden und dass die Besitzstandszulage für die Treueprämie und MAP entfällt, sobald die Entgelterhöhung wirksam wird. Dass hiermit die Besitzstandszulage für die Treueprämie und die MAP den AT-Mitarbeitern im Ergebnis länger gezahlt würde, als denjenigen Mitarbeitern, die nicht unter § 5 BV Zukunft fallen, behauptet der Kläger nicht einmal. Im Übrigen haben die Betriebsparteien ebenso wie andere Normgeber einen Beurteilungsspielraum und eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen und Folgen der von ihnen gesetzten Regeln.

(cc) Ein Verstoß gegen Diskriminierungsverbote wie vom Kläger geltend gemacht liegt offenbar nicht vor. Die BV Zukunft knüpft an keiner Stelle an ein verpöntes Merkmal im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 2 BetrVG an.

(d) Auch ein Verstoß gegen die Grundsätze der Billigkeit ist nicht erkennbar. Es ist der Beklagten unbenommen, mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, die den Abbau von bisher aufgrund von Betriebsvereinbarungen gezahlten Leistungen zum Gegenstand hat, obgleich sie Gewinne erwirtschaftet und/ oder Vorstandsgehälter erhöht. Es liegt in der freien Entscheidung des Betriebsrats als ihrem Vertragspartner, ob er mit der Beklagten eine entsprechende Betriebsvereinbarung angesichts der wirtschaftlichen Lage der Beklagten abschließt oder nicht.

(e) Die BV Zukunft ist nicht im Hinblick auf Art 21 GRC unwirksam. Es ist keinerlei Anknüpfung der BV an ein dort verpöntes Merkmal ersichtlich.

(f) Schließlich verstößt § 4 Abs. 2 BV Zukunft nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da die der Besitzstandszulage zugrundeliegenden Einzelposten gerade nicht sofort und ersatzlos entfallen, sondern sich ohne nominellen Lohnverlust nach und nach reduzieren.

(4) Die Anrechnung der Besitzstandszulage auf Tariflohnerhöhungen nach § 4 Abs. 2 BV Zukunft verstößt auch nicht gegen § 315 BGB, der die Ausübung eines einzelvertraglichen einseitigen Leistungsbestimmungsrechts regelt und vorliegend nicht einschlägig ist.

(5) Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagte eine Gesamtzusage in der Weise getätigt hätte, dass sie zugesagt hätte, die einzelnen Leistungen auf Dauer zu zahlen, also auf den Abschluss einer verschlechternden Betriebsvereinbarung zu verzichten. Die vom Kläger vorgetragene Erklärung des Vorstands von 1996 bezog sich allein auf die möglichen Folgen des Strategieprozesses. Mit der Konsolidierungsmaßnahme aus dem Jahr 2009 hatte dies nicht zu tun, ein Großteil der Betriebsvereinbarungen auf deren Grundlage die in die Besitzstandszulage eingeflossenen Leistungen gezahlt wurden, bestanden zu diesem Zeitpunkt gar nicht. Auch die gemeinsame Erklärung von Vorstand und Aufsichtsrat vom April 2003 enthält keine Aussagen über die hier in Rede stehenden Prämien und Zuschläge oder über die Besitzstandszulage. Das Interview in der Frankfurter Rundschau vom 4. September 2002 befasst sich mit Outsourcing, abgesehen davon, dass die Arbeitnehmerschaft der Beklagten nicht Adressat der dort abgegebenen Erklärung war. Aus dem Interessenausgleich vom 9. März 2009 kann eine Gesamtzusage schon deshalb nicht resultieren, weil dieser unstreitig vom Betriebsrat nie unterschrieben wurde und damit auch nie in Kraft getreten ist.

(6) Dass die gemäß § 4 Abs. 2 BV Zukunft zulässige Anrechnung von Tariflohnerhöhungen zu dem Zeitpunkt und in dem Umfang zur Reduzierung bzw. vollständigen Aufzehrung der Besitzstandszulage geführt hat, ab dem die Beklagte diese nicht mehr (vollständig) an den Kläger gezahlt hat, ist zwischen den Parteien unstreitig.

2.

Der Antrag zu 3) ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

a) Die Klage ist nur zulässig, soweit sie den Zeitraum ab dem 1. Januar 2014 betrifft.

aa) Betreffend den Zeitraum vom 1. August 2013 bis zum 31. Dezember 2013 ist die Klage unzulässig. Ein Feststellungsinteresse ist insoweit nicht erkennbar. Der Kläger hat die von ihm begehrte Besitzstandszulage für diesen Zeitraum bereits im Rahmen des Antrags zu 1) im Wege einer Leistungsklage geltend gemacht. Da nicht ersichtlich ist, welches über eine entsprechende Vergütungszahlung hinausgehende Interesse an der begehrten Feststellung bestehen könnte (vergl. dazu BAG 23. September 2009 – 4 AZR 347/08 – ZTR 2010, 201) fehlt es an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse für den Überschneidungszeitraum. Aus diesem Grund kommt auch eine Auslegung als Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) nicht in Betracht (vergl. BAG 18. April 2012 – 4 AZR 426/10 – Juris). Eine solche setzt gleichfalls voraus, dass die Frage nach dem Bestehen eines Rechtsverhältnisses für andere denkbare Folgestreitigkeiten Bedeutung haben kann (BAG 17. Oktober 2007 – 4 AZR 1005/06 – BAGE 124, 240). Es ist vorliegend jedoch nicht erkennbar, inwiefern der Feststellungsantrag hinsichtlich des Überschneidungszeitraums für andere Streitigkeiten Bedeutung erlangen könnte.

bb) Für die Zeit ab dem 1. Januar 2014 ist die Klage zulässig. Gegen die Zulässigkeit einer Feststellungklage gemäß § 256 ZPO spricht vorliegend nicht der Vorrang der Leistungsklage. Dieser gilt nicht, soweit zukünftige Ansprüche geltend gemacht werden und zwar auch dann nicht, wenn es sich zwar zum Zeitpunkt der Klageerhebung um zukünftige Ansprüche handelte, diese aber – wie hier – (teilweise) zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits entstanden und fällig sind. Der Kläger ist in diesem Fall nicht gehalten, die Feststellungsklage “teilweise” auf eine Leistungsklage umzustellen (BAG 12. August 2014 – 3 AZR 764/12 – BetrAV 2015, 75).

b) Soweit der Antrag zu 3) zulässig ist, ist er jedoch unbegründet. Wie bereits dargelegt, steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf die Zahlung der Besitzstandszulage nach deren vollständigen Aufzehrung durch Tariflohnerhöhungen nicht mehr zu.

III.

Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Berufung gemäß § 97 ZPO zu tragen.

IV.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da dies durch keinen der in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Gründe veranlasst ist.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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