LAG Hessen, 12.12.2014 – 1 Ta 531/14 Wird im Rahmen eines Vergleichs in einem Verfahren über eine unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung im Vergleichswege die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, erhöht sich der Vergleichswert unter Beachtung von § 42 Abs. 2 GKG um 3 Gehälter.

April 30, 2019

LAG Hessen, 12.12.2014 – 1 Ta 531/14
Wird im Rahmen eines Vergleichs in einem Verfahren über eine unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung im Vergleichswege die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, erhöht sich der Vergleichswert unter Beachtung von § 42 Abs. 2 GKG um 3 Gehälter.

Bei Streitigkeiten um eine unter Vorbehalt akzeptierten Änderungskündigung handelt es sich es sich ausdrücklich nicht um einen Streit über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Damit kommt der Beendigungsregelung im Vergleich ein eigenständiger Inhalt in Bezug auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu, der nicht – auch nicht anteilig – im Gegenstandswert der Klage enthalten ist.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägervertreter wird Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. August 2014 – 26 Ca 3984/14 – teilweise aufgehoben.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 33 RVG wird für den Vergleich auf € 27.627,20 festgesetzt.
Gründe
1

I.

Die Beschwerde der Klägervertreter hat Erfolg.
2

Der Kläger, der bisher in Frankfurt für die Beklagte tätig war, erhielt von der Beklagten eine Änderungskündigung, die er unter Vorbehalt angenommen und gegen die er im Übrigen Kündigungsschutzklage verbunden mit einem allgemeinen Feststellungsantrag erhoben hat. Nach dem Änderungsangebot hatte der Kläger zu den bisherigen vertraglichen Bezügen (= € 4.456,00 brutto) in Berlin zu arbeiten.
3

Mit Beschluss vom 24. Juli 2014 stellte das Gericht das Zustandekommen eines Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO fest, wobei für den Inhalt des Vergleichs auf Bl. 44 d.A. Bezug genommen wird. Das Arbeitsgericht hat nach vorheriger Anhörung des Klägers und seines Prozessvertreter durch Beschluss vom 28. August 2014 den Gegenstandswert für die Klage auf € 13.368,00 und für den Vergleich auf € 17.824,00 festgesetzt, wobei im Hinblick auf die Höhe und Begründung der Gegenstandswertfestsetzung auf die Ausführungen im Anhörungsschreiben (Bl. 55 d.A.) Bezug genommen wird. Gegen diesen, ihnen am 1. September 2014 zugestellten Beschluss haben die Klägervertreter mit einem am 15. September 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 62 d.A.) Beschwerde eingelegt und begründet, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 22. September 2014 nicht abgeholfen hat.
4

II.

Die zulässige Beschwerde der Klägervertreter hat Erfolg.
5

Den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für den Vergleich, der allein Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, ist auf € 27.627,20 festzusetzen.
6

In diesem Betrag ist die Beendigungsregelung in Ziffer 1 des Vergleichs unter Beachtung von § 42 Abs. 2 GKG in Höhe der dreifachen Bezüge der Klägerin in Ansatz gebracht worden. Dies rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass die Parteien im Rahmen des Klageverfahrens nicht um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gestritten haben. Gegenstand der Klage war insoweit lediglich die Änderungskündigung der Beklagten vom 22. Mai 2014, die der Kläger unter Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommen hat.
7

Bei Streitigkeiten um eine unter Vorbehalt akzeptierten Änderungskündigung handelt es sich ausdrücklich nicht um einen Streit über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Damit kommt der Regelung in Ziffer 1 des Vergleichs ein eigenständiger Inhalt in Bezug auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu, der nicht – auch nicht anteilig – in den Gegenstandswerten der Klage enthalten ist.
8

Hinzu kommt der Betrag in Höhe von € 891,20 für die Regelung zum Arbeitszeugnis im Vergleich. Diese ist mit 20% eines Bruttomonatsgehalts zu bemessen.
9

Infolge der Verpflichtung der Beklagten aus Ziffer 7 des Vergleichs, dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer im Vergleich festgelegten Ausgestaltung zu erteilen, erhöht sich der Vergleichswert um 20% eines Gehalts des Klägers.
10

Nach der von der Beschwerdekammer vertretenen Auffassung, gestützt auf den von der Streitwertkommission der Arbeitsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalog 2014 (Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit in der überarbeiteten Fassung vom 9. Juli 2014, veröffentlicht auf der Internetseite des Hessischen Landesarbeitsgerichts unter Service/Wertfestsetzung, abgedruckt in NZA 2014, 745 ff.), wird ein Vergleichsmehrwert bei unstreitigen und gewissen Ansprüchen, deren Durchsetzung jedoch ungewiss ist, für das Titulierungsinteresse mit 20% des Wertes des Anspruchs angenommen (siehe Streitwertkatalog 2014 I. Nr. 22.2). Anderes gilt, wenn durch den Vergleichsschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder außergerichtlicher Streit erledigt und/oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Dann ist der Vergleichsmehrwert mit dem Wert des Hauptsacheanspruchs zu bewerten (vgl. Streitwertkatalog I. Nr. 22.1). Dies wird beispielshaft angenommen, wenn im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung eine Regelung zum Arbeitszeugnis mit inhaltlichen Festlegungen in dem Vergleich aufgenommen wird.
11

Die Beschwerdekammer orientiert sich im Interesse einer möglichst einheitlichen Wertrechtsprechung in arbeitsgerichtlichen Verfahren nunmehr an dem von der Streitwertkommission der Arbeitsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalog. Dabei verkennt sie nicht, dass der von der Streitwertkommission erarbeitete Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte nicht bindend ist. Sie orientiert ihre Rechtsprechung jedoch im Interesse einer möglichst einheitlichen Gestaltung der Streitwertbemessung für bestimmte, typische Fallkonstellationen an diesem Katalog (vgl. auch LAG Nürnberg vom 12. Dezember 2013 – 4 Ta 133/13, BeckRS 2014, 03679 und vom 21. Juni 2013 – 7 Ta 41/13, BeckRS 2013, 7121; LAG Sachsen vom 28. Oktober 2013 – 4 Ta 172/13, BeckRS 2014, 67070).
12

Das Vorliegen der Voraussetzung für die Bemessung der Zeugnisregelung im Vergleich nach dem Wert des Hauptanspruchs ist im Streitfall nicht erkennbar. Es geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass es sich um eine verhaltensbedingte Kündigung gehandelt hat. Streitgegenstand war zunächst eine betriebsbedingte Änderungskündigung und dann aufgrund der Regelung im Vergleich eine betriebsbedingte Beendigungskündigung. Deshalb kann vorliegend allenfalls von einem Titulierungsinteresse für einen an sich unstreitigen Anspruch, dessen Durchsetzung jedoch ungewiss ist, ausgegangen werden, den die Parteien in ihrem Vergleich jedoch vollstreckungsfähig geregelt haben.
13

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da Kosten nicht erstattet werden (§ 33 Abs. 9 Satz 2 RVG) und eine Beschwerdegebühr aufgrund des Erfolgs der Beschwerde nicht erhoben wird.
14

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht möglich.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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