LAG Hessen, 13.03.2018 – 4 TaBVGa 32/18

März 23, 2019

LAG Hessen, 13.03.2018 – 4 TaBVGa 32/18
Orientierungssatz:

Erfolglose einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer Betriebsänderung.
Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 14. Februar 2018 – 5 BVGa 3/18 – wird zurückgewiesen.
Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des antragstellenden Betriebsrats auf die Unterlassung der Einstellung bestimmter Tätigkeiten durch die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Logistikunternehmen. Sie wurde von der A GmbH zur Erbringung von Dienstleistungen, sogenannten Modulen, verpflichtet. In einer Präsentation vom 12. Januar 2018 erläuterte die Arbeitgeberin, dass auf Grund des Entzugs von Aufträgen die Zahl der Module von 172 auf 28 reduziert werden solle. Entsprechend solle die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern verringert werden. Die Module 48_1, 48_2 und 89_2 entfielen zum 12. bzw. 14. Februar 2018. Die übrigen Maßnahmen sollen zum 01. August 2018 umgesetzt werden. Das Arbeitsgericht wies die Anträge des Betriebsrats mit der Begründung zurück, der Abbau von Leiharbeitnehmern unterfalle nicht der Mitbestimmung gemäß § 111 BetrVG. Der Betriebsrat hat gegen den am 16. Februar 2018 zugestellten Beschluss am 19. Februar 2018 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Er hält an seiner Auffassung fest, dass die Entlassung von Leiharbeitnehmern nach § 111 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein könne, und behauptet, es drohe der Abbau weiterer Module bereits vor dem 01. August 2018.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 14. Februar 2018 – 5 BVGa 3/18 –

1.

der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen die Module MD 048_1 Abdeckung Einstieg innen – links, MD 48_2 Abdeckung Einstieg innen – rechts und MD 089_2 Verkleidung Rückwandklappe oben abzugeben und Leiharbeitnehmer zu entlassen, wenn sich der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für diese aus der Abgabe der vorgenannten Module ergibt, solange noch kein Interessenausgleich über die mit Powerpointpräsentation vom 12. Januar 2018 zum 01. August 2018 angekündigte Betriebsänderung zwischen den Betriebsparteien abgeschlossen worden ist oder die Verhandlungen hierüber in der Einigungsstelle endgültig gescheitert sind;
2.

der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, auch die übrigen Module, die gemäß Powerpointpräsentation vom 12. Januar 2018 zum 01. August 2018 nicht mehr weiterlaufen sollen, abzugeben und Leiharbeitnehmer zu entlassen, wenn sich der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für diese aus der Abgabe dieser Module ergibt, solange noch kein Interessenausgleich über die mit Powerpointpräsentation vom 12. Januar 2018 zum 01. August 2018 angekündigte Betriebsänderung zwischen den Betriebsparteien abgeschlossen worden ist oder die Verhandlungen hierüber in der Einigungsstelle endgültig gescheitert sind;
3.

der Beteiligten zu 2) für jeden Fall des Verstoßes gegen ihre Unterlassungsverpflichtungen aus den Ziffern 1. und 2. ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer Herrn B, anzudrohen.

Die Arbeitgeberin verteidigt zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags die Würdigung des Arbeitsgerichts wie im Schriftsatz vom 26. Februar 2018 ersichtlich.

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Für den Antrag zu 1) fehlt – zumindest inzwischen – der Verfügungsanspruch. Die den Gegenstand dieses Antrags bildenden Maßnahmen sind inzwischen umgesetzt worden und können dementsprechend von der Arbeitgeberin nicht mehr unterlassen werden.

Für den Antrag zu 2) fehlt jedenfalls ein Verfügungsgrund. Auch die Geltendmachung einer auf die Unterlassung einer Betriebsänderung gerichteten einstweiligen Verfügung bedarf gemäß § 940 ZPO eines Verfügungsgrundes. Ein solcher besteht regelmäßig nur zeitweilig, da der Betriebsrat die Möglichkeit hat, die Bestellung einer Einigungsstelle gemäß § 112 Abs. 2 S. 2 BetrVG zu betreiben und dadurch sein Beteiligungsrecht zu wahren. Die maßgebliche Frist beträgt gemäß der ständigen Rechtsprechung der erkennenden Kammer regelmäßig nicht mehr als drei Monate, da innerhalb einer solchen Zeitdauer die Bestellung einer Einigungsstelle und das Verfahren vor der Einigungsstelle abgeschlossen werden kann (Hess. LAG 27. Juni 2007 – 4 TaBVGa 137/07 – AuR 2008/267, zu III 3 c).

Der Betriebsrat hat einen Verfügungsgrund in diesem Sinne nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Nach seiner Antragsbegründung sollen die weiteren Module erst zum 01. August 2018 beendet werden. Bis zu diesem Zweitpunkt kann ein Einigungsstellenverfahren problemlos abgeschlossen werden. Seine im Anhörungstermin vom 13. März 2018 aufgestellte Behauptung, es drohe eine frühere Beendigung weiterer Module vor diesem Zeitpunkt, hat der Betriebsrat nicht näher erläutert. Aus seinem Vortrag wurde nicht deutlich, aus welchen Gründen wann mit der Beendigung welcher Module zu rechnen sei. Zudem fehlt insoweit die nach §§ 920 Abs. 2, 936 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

a very tall building with a moon in the sky

Ist Mobbing strafbar?

März 13, 2024
Von RA und Notar Krau:Mobbing kann je nach den Umständen strafbar sein, aber nicht immer.Es gibt kein spezifisches Gesetz, das Mobbing al…
filling cans with freshly brewed beers

Tarifliche Nachtarbeitszuschläge – Gleichheitssatz – BAG 10 AZR 473/21

Februar 4, 2024
Tarifliche Nachtarbeitszuschläge – Gleichheitssatz – BAG 10 AZR 473/21 – Urteil vom 15.11.2023 – Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit…
man holding orange electric grass cutter on lawn

Annahmeverzug – Anderweitiger Verdienst aus einer Geschäftsführertätigkeit – BAG 5 AZR 331/22

Februar 4, 2024
Annahmeverzug – Anderweitiger Verdienst aus einer Geschäftsführertätigkeit – BAG 5 AZR 331/22 – Böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes …