LAG Hessen, 15.07.2015 – 6 Sa 1076/14 Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht nach TV ÜV der Dt. Lufthansa AG keinen Anspruch auf Übergangsversorgung

April 22, 2019

LAG Hessen, 15.07.2015 – 6 Sa 1076/14
Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht nach TV ÜV der Dt. Lufthansa AG keinen Anspruch auf Übergangsversorgung
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 07. Mai 2014 – 14 Ca 9501/13 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten über Leistungen der sog. Übergangsversorgung nach Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter der Beklagten vom 01. Juli 2003 (im Folgenden: TV ÜV). Hinsichtlich des Inhalts des Tarifvertrages wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift (vgl. Anlage B 1 zur Klageerwiderung der Beklagten vom 12. März 2004, Bl. 52 – 62 d. A.) verwiesen. Vorliegend begehrt der Kläger Leistungen gemäß dem Teil III des TV ÜV, die sog. Zusatzleistungen der Versorgungskasse Kabine e. V. Der Kläger ist am xx. xx. 1953 geboren und hat mithin am xx. xx. 2013 das 60. Lebensjahr vollendet. Er steht seit dem 01. April 1976, zuletzt als Purser II, in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht gemäß der früher bei der Beklagten für das Kabinenpersonal tarifvertraglich geregelten vorgezogenen Altersgrenze mit Vollendung des 60. Lebensjahres geendet, nachdem diese Altersgrenze höchstrichterlich für unwirksam erklärt wurde. Aktuell besteht das Arbeitsverhältnis nach einer erneuten Verlängerung bis zum 31. Juli 2016.

Der TV ÜV lautet auszugsweise wie folgt:

Ҥ 1 Geltungsbereich und Gegenstand

1. …

2. Leistungen aus diesem Tarifvertrag werden gewährt, als:

a) Firmenrente (§§ 2 und 3)

b) Zusatzleistungen der Versorgungskasse Kabine (§§ 4 bis 15) und / oder aus beitragsfreier Versicherung gemäß Protokollnotiz IV

c) Leistungen aus der Berufsuntauglichkeitsversicherung (§ 16).

§ 4 Aufnahme in die Versorgung

Alle Flugbegleiter, die am 01.01.2004 in einem vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages (§ 1 Abs. 1) erfassten ungekündigten Arbeitsverhältnis mit Lufthansa stehen, werden ab 01.01.2004 als Begünstigte in der Versorgungskasse Kabine e. V. aufgenommen.

§ 5 Versorgungszweck

Durch die Versorgungskasse Kabine e. V. werden für Flugbegleiter zusätzliche Versorgungsleistungen während des Zeitraums nach dem Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis gemäß § 19 MTV Kabine bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres und danach in Form einer zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung erbracht.

§ 6 Versorgungsleistung

1. Übergangsversorgung

Scheidet der / die Flugbegleiter (in) wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze (§ 19 MTV Kabine) nach dem vollendeten 55. Lebensjahr oder im Verlängerungsfall nach jeweils einem weiteren Lebensjahr, spätestens aber nach Vollendung des 60. Lebensjahres aus einem fliegerischen Arbeitsverhältnis aus, erhält er neben der Firmenrente gemäß § 2 Abs. 2 eine monatliche Zusatzrente. Die Zahlung der Zusatzrente beginnt am Ersten des Kalendermonats nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und endet nach Vollendung des 30. Lebensjahres.

2. Altersversorgung

Im unmittelbaren Anschluss an die Leistungen nach Abs. 1 erhält der / die Flugbegleiter (in) eine lebenslänglich zu leistende betriebliche Altersversorgung. Die Höhe der zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung ergibt sich auf der Grundlage einer lebenslänglichen betrieblichen Verrentung von 40 % der gemäß § 10 aus der Rückdeckungsversicherung zur Verfügung stehenden Ablaufleistung.

3. Optionsmöglichkeit

Der / die Flugbegleiter (in) kann statt dem gemäß Abs. 1 und 2 bestimmten Regelauszahlungsverhältnis zwischen zusätzlichen Übergangs- und Altersversorgungsleistungen (60 % : 40 %) für eine Aufteilung im Verhältnis 50 % : 50 %, 40 % : 60 % oder 30 % : 70 % optieren. Hierzu wird eine Beratung angeboten.

Flugbegleiter, die am 31.12.2003 das 40. Lebensjahr bereits vollendet haben, können darüber hinaus auch für ein Aufteilungsverhältnis 0 % : 100 % optieren.

Die Option kann einmalig innerhalb von sechs Monaten vor Vollendung des 55. Lebensjahres bzw. bei Verlängern sechs Monate vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ausgeübt werden.

4. Kapitalabfindung und Kapitalwahlrecht

Zusatzrenten und zusätzliche betriebliche Altersrenten nach dem Absatz 1 und 2 mit einer jährlichen Rentenhöhe von jeweils nur € 150,00 werden bei erstmaliger Fälligkeit abgefunden.

An Stelle laufender Rentenleistungen kann der Flugbegleiter fristgebunden jeweils so eine einmalige Kapitalabfindung der Zusatzrente bzw. der zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung optieren. Die Option kann frühestens 12 Monate und muss spätestens sechs Monate vor erstmaliger Fälligkeit der Versorgungsleistung ausgeübt werden. Mit der Abfindung erlöschen die entsprechenden Anwartschaften.”

Ausweislich eines Leistungsausweises Stand: 31. Dezember 2011 (Bl. 17 d. A.) beträgt das Versorgungskapital hinsichtlich der Zusatzrente gemäß TV ÜV zum vollendeten 60. Lebensjahr des Klägers € 61.938,46 und erhöht sich um die Überschussbeteiligung aus der bestehenden Rückdeckungsversicherung.

Der Kläger hat gemeint, in Folge des Umstandes, dass die vorgezogene Altersrente gemäß § 19 MTV (mit Vollendung des 60. Lebensjahres) unwirksam ist, sei eine Regelungslücke des TV ÜV entstanden. Bei der Schließung dieser Regelungslücke sei nicht ersichtlich, warum es “unbillig” oder “unzumutbar” für die Beklagte sein soll, wenn das Versorgungskapital jetzt ausgezahlt wird. Es sei auch eher schikanös, wenn die Beklagte den vormals von ihr festgelegten spätesten Zeitpunkt (Vollendung des 60. Lebensjahrs) nun nicht mehr gelten lasse. Aufgrund des erworbenen Vertrauensschutzes sei daher die Auslegung vorzunehmen, dass dieser ehemals maßgebliche späteste Zeitpunkt maßgeblich bleibt. Der Kläger hat weiter gemeint, die Beklagte schulde die Auszahlung des Versorgungskapitals nach Vollendung seines 60. Lebensjahres auch als Schadenersatz nach § 280 Abs. 1 BGB. Sie hätte Maßnahmen treffen müssen, darüber aufzuklären, dass sie nicht mehr mit Vollendung des 60. Lebensjahres auch zahlen wird.

Der Kläger hat beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 61.938,56 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. November 2013 zu zahlen;
2.

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, nach Aufforderung spätestens sechs Monate vor seinem Ausscheiden nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mindestens das Kapital (ausgewiesen in seiner Mindesthöhe nach durch Leistungsausweis vom 31.12.2001 gemäß Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter vom 01.07.2003) mit mindestens € 61.938,46, (sei es als Übergangsversorgung nach Wahl und Prozentsatz, sei es nach Wahl und Prozentsatz als lebenslänglich zu leistende zusätzliche Altersrente berechnet nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter ab 01.07.2003) zu verrenten oder als Kapitalabfindung an ihn zu leisten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass es dem Kläger offen gestanden hätte, sein Arbeitsverhältnis mit Erreichen der früher maßgeblichen tariflichen Altersgrenze (Vollendung 60. Lebensjahr) zu beenden. Dies hätte dann auch zur Fälligkeit der von ihm begehrten Zusatzleistung der Versorgungskasse Kabine e. V. nach Maßgabe des TV ÜV geführt. Die Beklagte hat weiter gemeint, da der Kläger jedoch das Arbeitsverhältnis noch nicht beendet habe, stünden ihm die Zusatzleistungen der Übergangsversorgung nicht zu. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses würden entsprechende Leistungen nach Maßgabe des TV ÜV gewährt. Hierbei könne der Kläger entscheiden, ob er eine Kapitalabfindung gemäß § 6 Ziff. 4 TV ÜV in Anspruch nehme bzw. ob und wie er von der Optionsmöglichkeit gemäß § 6 Ziff. 3 TV ÜV Gebrauch mache. Da der Kläger das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch fortführe, bestehe derzeit keine Versorgungsnotwendigkeit. Der TV ÜV habe nicht den Zweck, ab einem bestimmten Lebensalter eine bestimmte Versicherungsleistung auszuzahlen. Er solle vielmehr sicherstellen, dass der Mitarbeiter nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sozial abgesichert sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 07. Mai 2014 abgewiesen. Der Kläger meint, der Anspruch auf Auszahlung von Zusatzversorgung zu 100 % ergebe sich aus dem TV ÜV. Der Kläger bestätigt zunächst, dass die Tarifvertragsparteien bei Abschluss des TV ÜV am 01. Juli 2003 davon ausgegangen sind, dass das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiter in der Kabine spätestens mit Vollendung des 60. Lebensjahres endet. Er meint allerdings, die Zusatzversorgung könne unabhängig vom Renteneintritt ausgezahlt werden. Die Tarifvertragsparteien hätten die Vollendung des 60. Lebensjahres unabhängig vom Erreichen des Rentenalters als verbindliche Terminstellung bestimmt.

Solange das Arbeitsverhältnis fortbestehe sei es zwar logisch, dass die Übergangsversorgung in Form der Firmenrente gemäß § 2 TV ÜV nicht gezahlt werde und verfalle. Dies gelte aber nicht für Ansprüche auf Zusatzversorgung aus der Versorgungskasse. Der Kläger meint, er habe darauf vertrauen können, mit Vollendung des 60. Lebensjahres gemäß seiner Option und als Mitarbeiter, der am 31. Dezember 2003 das 40. Lebensjahr vollendet hatte, die Zusatzversorgung als Kapitalleistung zu 100 % in Anspruch nehmen zu können. Er benötigte dieses Geld zur Tilgung eines Darlehens. Er habe seine finanziellen Dispositionen darauf ausgerichtet. Das Arbeitsgericht habe auch verkannt, dass es bezüglich der Zusatzversorgung nicht um Übergangsversorgung, sondern um Altersversorgung gehe. Der Kläger meint weiter, das Arbeitsgericht habe nicht geprüft, dass die Beklagte nicht darauf hingewiesen habe, dass sie die Rechtsprechung von europäischem Gerichtshof und Bundesarbeitsgericht zur Unwirksamkeit der Altersgrenze Vollendung 60. Lebensjahr zum Anlass nehmen werde, die Auszahlung der Zusatzversorgung zu verweigern. Er habe daher einen Schadenersatzanspruch. Der Kläger greift schließlich auch die Abweisung seines Hilfsantrages an.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 07. Mai 2014 – 14 Ca 9501/13 – abzuändern und nach den Schlussanträgen der ersten Instanz zu erkennen, mit der Maßgabe, dass der Antrag zu 2) wie folgt lautet:

Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit Antrag zu 1. festzustellen, dass die Beklagte nach der derzeitigen Rechtslage verpflichtet ist, nach Anforderung spätestens 6 Monate vor seinem Ausscheiden nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mindestens das Kapital (ausgewiesen einer Mindesthöhe nach durch Leistungsausweis vom 31. Dezember 2011 gemäß Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter vom 01. Juli 2003) mit mindestens 61.938,46 Euro (sei es als Übergangsversorgung nach Wahl und Prozentsatz, sei es nach Wahl und Prozentsatz als lebenslänglich zu leistende zusätzliche Altersrente berechnet der Höhe nach, nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter vom 01. Juli 2003) zu verrenten oder als Kapitalabfindung an ihn zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, der Kläger verkenne, dass nach dem klaren Wortlaut von § 6 Abs. 1 TV ÜV die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch im Hinblick auf die Leistungen der Versorgungskasse Anspruchsvoraussetzungen seien. Die dort vorgesehenen Leistungen – Zusatzrente oder Altersversorgung – werden neben der Firmenrente gemäß § 2 Abs. 2 TV ÜV geleistet. Soweit in § 6 Abs. 1 TV ÜV das 60. Lebensjahr erwähnt wird, sei dies erkennbar allein von deklaratorischer Bedeutung. Die Tarifvertragsparteien haben insoweit betont, dass nach ihrer Auffassung das Arbeitsverhältnis spätestens mit Vollendung des 60. Lebensjahres enden wird. Durch den TV ÜV sei keine abweichende Altersgrenzenregelung zum Manteltarifvertrag vereinbart worden. Die dortige Regelung werde lediglich deklaratorisch in Bezug genommen.

Die Beklagte meint weiter, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes oder auch des Klägers sei durch die Änderung der Rechtsprechung zu den Altersgrenzen auch keine Regelungslücke entstanden. Im Gegenteil. Die Regelung bleibe abschließend. Leistungen der Übergangsversorgung – sei es Firmenrente oder Zusatzrente – würden eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraussetzen. Nach Sinn und Zweck der tariflichen Leistung komme eine andere Auslegung gar nicht in Betracht. Die Leistungen gemäß § 6 TV ÜV würden nicht dazu dienen, den Mitarbeitern zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrem Arbeitsleben einen Kapitalbetrag zur freien Verfügung bereit zu stellen. Es solle vielmehr ein sozialer Sicherungszweck erfüllt werden. Die tarifvertragliche Regelung kann und konnte auch nicht anders verstanden werden. Ein gleichzeitiger Bezug von Leistungen der Übergangsversorgung und der vollen Arbeitsvertretung sei schlicht nicht vorgesehen.

Die Beklagte weist darauf hin, dass dem Kläger unstreitig die Möglichkeit offen stehe, gemäß § 6 Abs. 3 TV ÜV die für ihn bei der Versorgungskasse angesammelten Beträge im Rahmen der späteren Altersversorgung zu erhalten.

Aber auch die Leistungen der tarifvertraglichen betrieblichen Altersversorgung setze eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus. Es gebe keine betriebliche Altersversorgung neben einer aktiven Vergütung. Die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung seien noch strenger nach Maßgabe des BetrAVG geschützt und können schon nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung nicht vorzeitig ausgezahlt werden. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Klägers sei unzutreffend. Die Beklagte weist weiter darauf hin, dass dem Kläger durch die tarifvertragliche Gestaltung auch keinerlei Nachteil entstehe, auch nicht dadurch, dass er nun das Arbeitsverhältnis fortlaufend verlängert habe. Gemäß § 6 Abs. 3 TV ÜV bestehe uneingeschränkt die Möglichkeit, die für ihn angesparten Leistungen später im Rahmen der Altersversorgung zu erhalten. Im Weiteren betont die Beklagte nochmals, dass nach ihrer Ansicht eine Fehlberatung Seitens der Beklagten zu keinem Zeitpunkt erfolgt sei. Insoweit seien auch keine Schadenersatzansprüche erkennbar. Die Beklagte meint schließlich, es habe zu keinem Zeitpunkt Anlass bestanden, einen Feststellungsantrag zu stellen. Die Beklagte habe zu jedem Zeitpunkt dargelegt, dass sie die Leistungen nach Maßgabe der tarifvertraglichen Regelungen gewährt. Sie habe dies auch nie in Zweifel gezogen. Sie habe lediglich – durchgehend -darauf hingewiesen, dass Leistungen der Übergangsversorgung oder Altersversorgung nicht im laufenden Arbeitsverhältnis bezogen werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 07. Mai 2014 – 14 Ca 9501/13 – ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b ArbGG). Sie ist außerdem form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§66Abs. 1 ArbGG und § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache ist die Berufung des Klägers jedoch unbegründet. Ein Anspruch nach § 6 Ziff. 3 und Ziff. 4 TV ÜV auf Auszahlung des ausgewiesenen Versorgungskapitals Stand: 31.Dezember 2011 in Höhe von € 61.938,46 besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

Der Anspruch folgt zunächst nicht aus dem Tarifvertrag. Anspruchsvoraussetzung für die Übergangsversorgung ist gemäß § 6 Ziff. 1 TV ÜV, dass der Flugbegleiter / die Flugbegleiterin wegen Erreichens der tariflichen Altersgrenze aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis ausscheidet. Diese Anspruchsvoraussetzung erfüllt der Kläger unstreitig nicht. Zu Recht weist die Beklagte auch darauf hin, dass durch die Entscheidungen des europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichtes zu den tariflichen Altersgrenzen in § 19 des Manteltarifvertrages der Beklagten im Hinblick auf die Übergangs- und Altersversorgung gemäß TV ÜV keine Regelungslücke entstanden ist. Auch wenn das Arbeitsverhältnis nach dieser Rechtsprechung nicht mehr zwingend spätestens mit Vollendung des 60. Lebensjahres endet, bleibt es dabei, dass Übergangsversorgung in Form der Firmenrente, aber auch in Form der Zusatzrente, die gemäß den im Tarifvertrag vorgesehenen Optionsmöglichkeiten auch als Kapitalabfindung auf Wunsch des Mitarbeiters geleistet werden kann, eine Beendigung des fliegerischen Arbeitsverhältnisses voraussetzt. Etwas anderes kann dem Tarifvertrag nicht entnommen werden. Insbesondere kann dem Tarifvertrag nicht entnommen werden, dass hinsichtlich der auf Wunsch des Mitarbeiters als Kapitalabfindung zu leistenden monatlichen Zusatzrente nicht der Eintritt des Versorgungsfalles entscheidend sein soll, sondern lediglich die Vollendung des 60. Lebensjahres. Aufgrund dieser klaren tariflichen Regelung hat der Kläger auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass er bei Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses über das 60. Lebensjahr hinaus gleichwohl die Zusatzversorgung als Kapitalleistung in Anspruch nehmen kann. Der Kläger hat nur darauf vertrauen dürfen, dass er bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 60. Lebensjahres – eine Option, die ihm offen stand – die Zusatzversorgung gemäß TV ÜV in Anspruch nehmen zu können. Er hat sich aber gegen ein Ausscheiden mit Vollendung des 60. Lebensjahres entschieden. Die Beklagte hat auch keine Beratungs- und Hinweispflichten verletzt und dadurch kausal einen Schaden beim Kläger verursacht. Der Kläger hat die Möglichkeit gehabt, mit Vollendung des 60. Lebensjahres auszuscheiden und die Zusatzversorgung in Anspruch zu nehmen. Eines besonderen Hinweises, dass bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über das 60. Lebensjahr hinaus kein Anspruch auf Zusatzversorgung besteht, bedurfte es nicht, weil dies aus dem Tarifvertrag TV ÜV klar folgt. Auch der Hilfsantrag des Klägers auf Feststellung ist vom Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden. Anders als das Arbeitsgericht ist das Berufungsgericht jedoch der Ansicht, dass dieser Antrag bereits unzulässig ist. Es fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass sie Leistungen nach Maßgabe der tarifvertraglichen Regelung gewähren wird, sobald das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist. Bereits in der Klageerwiderung der Beklagten vom 12. März 2014 und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger seine Klage noch nicht um den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag erweitert hatte, schrieb die Beklagte:

Sobald die jeweilige Anspruchsvoraussetzung eintreten wird – Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Eintritt in die Übergangsversorgung bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Eintritt in die betriebliche Altersversorgung – werden entsprechende Leistungen gewährt werden. Dies nach Maßgabe des TV ÜV.”

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision besteht nicht.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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