LAG Hessen, 16.01.2015 – 14 Sa 522/14 Ein “entsprechender” freier Arbeitsplatz iSd. § 9 TzBfG liegt nicht vor, wenn der in Rede stehende Arbeitsplatz mit EG 5 TV-L ausgeschrieben ist, während die teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin, die Erhöhung ihrer Arbeitszeit begehrt, mit ihrer aktuellen Tätigkeit in die EG 8 TV-L eingruppiert ist.

April 28, 2019

LAG Hessen, 16.01.2015 – 14 Sa 522/14
Ein “entsprechender” freier Arbeitsplatz iSd. § 9 TzBfG liegt nicht vor, wenn der in Rede stehende Arbeitsplatz mit EG 5 TV-L ausgeschrieben ist, während die teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin, die Erhöhung ihrer Arbeitszeit begehrt, mit ihrer aktuellen Tätigkeit in die EG 8 TV-L eingruppiert ist.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 5. Februar 2014 – 8 Ca 169/13 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche der Klägerin wegen nicht erfolgter Zustimmung des Beklagten zur Erhöhung ihrer Arbeitszeit auf Vollzeit.

Der Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Die Klägerin absolvierte von 1984 bis 1987 ihre Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten bei ihm, war von 1987 bis 1991 als solche in Vollzeit in der zentralen Gehaltsabrechnungsstelle des Landeskirchenamts tätig und arbeitete von 1991 bis Dezember 1992 in der Personalsachbearbeitung, ebenfalls in Vollzeit. Nachdem sie am 1. Februar 1996 aus ihrer ersten Elternzeit zurückkehrte, arbeitete sie bis Januar 1999 erneut in der Personalsachbearbeitung, jedoch in Teilzeit mit einer halben Stelle. Nach der Rückkehr aus der zweiten Elternzeit im Februar 2002 setzte sie ihre Tätigkeit als Verwaltungsfachangestellte bei dem Beklagten in Teilzeit mit einer halben Stelle fort und ist seit dem unter anderem in den Bereichen Haushalts- Kassen- Rechnungswesen und Kindergartenbeitragswesen tätig. Sie absolvierte während ihres gesamten Beschäftigungszeitraums zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen, wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Seiten 3 und 4 der Klageschrift (Bl. 3 und 4 d.A.) Bezug genommen.

In § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrags der Parteien vom 11. April 1991 (Bl. 9, 10 d.A.) ist geregelt, dass das Arbeitsverhältnis sich nach dem BAT für das Land Hessen richtet und die Klägerin in die Vergütungsgruppe VI b BAT eingruppiert ist. Zum 1. Juli 2008 wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin in den TV-L übergeleitet. § 2 ihres Arbeitsvertrags lautet ab 1. Juli 2008:

“Gemäß § 3 des Kirchengesetzes über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen und diakonischen Dienst vom 25. April 1979 (ARRG) gelten für das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 und ergänzende Regelungen nach Maßgabe des Beschlusses der arbeitsrechtlichen Kommission vom 15. Mai 2008 sowie die weiteren nach dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz verbindlichen arbeitsrechtlichen Regelungen.”

§ 3 des Arbeitsvertrags der Klägerin lautet ab dem 1. Juli 2008:

“Sie ist in der Entgeltgruppe … TV-L eingruppiert (gemäß §§ 4 ff TVÜ-L, § 12 TV-L).”

Wegen der Einzelheiten wird auf das Überleitungsschreiben des Landeskirchenamts vom 12. Juni 2008 (Bl. 14 d.A.) Bezug genommen.

Aktuell ist die Klägerin entsprechend der Entgelttabelle TV-L in die Entgeltgruppe 8 Stufe 6 eingestuft. Ihr Bruttogehalt mit einer halben Stelle beläuft sich auf 1.415,42 EUR.

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2010 (Bl. 15 d.A.) beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Aufstockung ihrer Arbeitszeit von 19,5 Stunden auf eine Ganztagsstelle mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden. Nachdem mehrere persönliche Gespräche in der Folgezeit ergebnislos geführt worden waren, begehrte die Klägerin unter Berufung auf § 9 TzBfG mit einem weiteren Schreiben vom 18. Januar 2012 (Bl. 16 d.A.) eine Aufstockung ihrer halben Stelle auf 39 Stunden wöchentlich. Mit Schreiben vom 9. Februar 2012 (Bl. 17 d.A.) teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass in seinem Amt noch verschiedene Stellen zur unbefristeten Besetzung anstünden und Bewerbungen noch möglich seien. Es handele sich um die Vollzeitstellen “Sachbearbeiter Kasse und Kirchensteueramt, HKR, Druckerei (Entgeltgruppe 5), allgemeine Verwaltung (Entgeltgruppe 5) und Mitarbeiter HKR (Entgeltgruppe 5), wobei eine Entscheidung über die Besetzung am 16. Februar 2012 anstehe.

Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 14. Februar 2012 auf alle von dem Beklagten im Schreiben vom 9. Februar 2009 benannten Vollzeitstellen. Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 24. Februar 2012 (Bl. 18 d.A.) mit, sie sei bei der Besetzung nicht berücksichtigt worden.

Tatsächlich wurde die Stelle “Sachbearbeiter Kasse und Kirchensteueramt, HKR, Druckerei” zum 1. April 2012 mit Frau A besetzt, die im Zeitpunkt der Stellenbesetzung bei dem Beklagten mit einer befristeten Stelle als Sachbearbeiterin in Vollzeit im Kassenwesen tätig war. Die Stelle “allgemeine Verwaltung” wurde mit Frau B besetzt, die ebenfalls zu diesem Zeitpunkt in einem befristeten Arbeitsverhältnis in Vollzeit bei dem Beklagten beschäftigt war. Schließlich wurde die Stelle “Mitarbeit HKR” zum 1. April 2012 mit Herrn C besetzt; auch dieser war zu diesem Zeitpunkt beidem Beklagten im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnissesbeschäftigt.

Die Klägerin hat mit ihrer am 4. Juni 2013 beim Arbeitsgericht Gießen eingegangenen, dem Beklagten am 6. Juni 2013 zugestellten Klage die Zahlung der Gehaltsdifferenzen zwischen einer vollen und einer halben Stelle für die Zeit vom 1. April 2012 bis einschließlich 1. Mai 2013 gefordert. Sie hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei zur Aufstockung ihrer Arbeitszeit auf eine volle Stelle ab dem 1. April 2012 verpflichtet gewesen und habe sich durch die Besetzung der Vollzeitstellen mit anderen Arbeitnehmern gemäß §§ 280 Abs. 1, 283, 275 Abs. 1 und 4, 249, 251 Abs. 1, 252 BGB schadensersatzpflichtig gemacht. Der Beklagte habe sie gegenüber den befristet beschäftigten Arbeitnehmerinnen A und B und dem Arbeitnehmer C bevorzugt behandeln müssen. Sie sei für jede der drei ausgeschriebenen Stellen auf Grund ihrer guten beruflichen Vorbildung und ihrer einschlägigen Berufspraxis geeignet gewesen. Wegen des Vortrags der Klägerin im Hinblick auf ihre Eignung betreffend die ausgeschriebenen Vollzeitstellen im Einzelnen wird insbesondere auf den Schriftsatz vom 2. Oktober 2013 (Bl. 128 ff d.A.) verwiesen.

Betriebliche Gründe für die Bevorzugung der anderen Bewerber hätten nicht vorgelegen. Die monatliche Gehaltsdifferenz zwischen der von ihr eingenommenen halben Stelle und der auf den Arbeitsplätzen Entgeltgruppe 5 Stufe 6 in Vollzeit zu erzielenden Vergütung hat die Klägerin mit 1.073,75 EUR brutto angegeben.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen an sie für die Zeit vom 1. April 2012 bis zum 31. Mai 2013 15.032,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 1.073,75 EUR seit dem 1. Mai 2012, dem 1. Juni 2012, dem 1. Juli 2012, dem 1. August 2012, dem 1. September 2012, dem 1. Oktober 2012, dem 1. November 2012, dem 1. Dezember 2012, dem 1. Januar 2013, dem 1. Februar 2013, dem 1. März 2013, dem 1. April 2013, dem 1. Mai 2013 und dem 1. Juni 2013 zu zahlen;

den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 1.016,90 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Dezember 2012 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen ihn nicht zu, da er nicht gegen § 9 TzBfG verstoßen habe. Die Mitbewerber, mit denen die freien Stellen besetzt worden seien, seien für diese jeweils besser geeignet gewesen, als die Klägerin. Bei dieser lägen nämlich Mängel in der Arbeitsausführung und der Leistungsbereitschaft vor. Wegen des Vortrags des Beklagten hierzu im Einzelnen wird auf Seite 2 bis 6 der Klageerwiderung (Bl. 89-93 d.A.) Bezug genommen. Hinsichtlich des Vortrags zur besseren Eignung von Frau A für die Stelle Sachbearbeiter Kasse/ Kirchensteueramt, HKR, Druckerei wird auf Seite 7 bis 9 der Klageerwiderung (Bl. 94-96 d.A.) Bezug genommen. Hinsichtlich des Vortrags des Beklagten zur besseren Eignung von Frau B für die Stelle “allgemeine Verwaltung” wird auf Seite 10, 11 der Klageerwiderung (Bl. 94, 98 d.A.) Bezug genommen. Schließlich wird hinsichtlich des Vortrags des Beklagten zur besseren Eignung von Herrn C für die Stelle “Mitarbeit HKR” auf Seite 12 bis 14 der Klageerwiderung (Bl. 99-101 d.A.) Bezug genommen. Weiterhin hat der Beklagte die Auffassung vertreten, ein möglicher Anspruch der Klägerin sei wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung auf Grund tariflicher Ausschlussfristen verfallen.

Das Arbeitsgericht Gießen hat mit seinem Urteil vom 5. Februar 2014 (Bl. 248-255 d.A.) die Klage abgewiesen und dies ausschließlich damit begründet, der Anspruch sei außerhalb einer tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht worden und damit verfallen. Wegen der Urteilsbegründung im Einzelnen wird auf Bl. 153, 154 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 14. März 2014 zugestellte Urteil am 14. April 2014 beim Hessischen Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt, soweit hierdurch die Klage auch betreffend Differenzlohnansprüche für die Zeit nach dem 1. Dezember 2012 abgewiesen wurde und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30. Mai 2014 am 30. Mai 2014 begründet.

Die Klägerin rügt, das Arbeitsgericht habe nicht von einem Verfall der Forderungen ausgehen dürfen, dies betreffe jedenfalls ihre Schadensersatzansprüche für die Zeit ab dem 1. Dezember 2012. Insoweit habe das Arbeitsgericht übersehen, dass das monatliche Entgelt von dem Beklagten jeweils am Monatsende für den vorangegangenen Monat gezahlt werde, so dass der geltend gemachte Differenzlohn für den Monat Dezember 2012 am 31. Dezember 2012 fällig gewesen sei. Da die Klage Anfang Juni 2013 zugestellt worden sei, seien jedenfalls ihre Schadensersatzansprüche für die Zeit ab Dezember 2012 nicht erloschen.

Die Klägerin hat beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 5. Februar 2014 – 8 Ca 169/13 – teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.442,50 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.073,75 EUR seit dem 1. Januar 2013, aus weiteren 1.073,75 EUR seit dem 1. Februar 2013, aus weiteren 1.073,75 EUR seit dem 1. März 2013, aus weiteren 1.073,75 EUR seit dem 1. April 2013, aus weiteren 1.073,75 EUR seit dem 1. Mai 2013 und aus weiteren 1.073,75 EUR seit dem 1. Juni 2013.

Der Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung und vertritt die Auffassung, das Arbeitsgericht habe den Verfall der Forderung auf Grund tariflicher Ausschlussfristen zu Recht bejaht. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung verfallen gewesen, da die Fälligkeit des gesamten von ihr behaupteten Schadensersatzanspruchs am 6. März 2012 eingetreten sei.

Das Gericht hat mit richterlichem Hinweis vom 12. Januar 2015 darauf hingewiesen, dass der Anspruch nach § 9 TzBfG voraussetze, dass ein “vergleichbarer” freier Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden hat. Es hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin auf ihrem derzeitigen Arbeitsplatz unstreitig der Entgeltgruppe 8 zugeordnet ist, während die zu besetzenden Stellen ausnahmslos mit Entgeltgruppe 5 vergütet werden und dass dies der Annahme entgegen steht, es handele sich bei diesen um “entsprechende” Arbeitsplätze im Sinne des § 9 TzBfG.

Vortrag zu diesem richterlichen Hinweis ist durch die Klägerin nicht mehr erfolgt.

Wegen des weiteren beiderseitigen Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2015 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Klägerin ist statthaft gemäß §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 2 b ArbGG, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 517, 519, 520 ZPO und damit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufung hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg. Die Klage ist zwar zulässig, sie ist jedoch unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Zwar macht die Klägerin mit ihrer Berufung zutreffend geltend, dass ihre Schadensersatzforderung jedenfalls ab Dezember 2012 nicht gemäß § 37 TV-L verfallen ist. Insoweit verkennt das Arbeitsgericht, dass ein Schaden wegen Verletzung des § 9 TzBfG im Hinblick auf den Gehaltsunterschied zwischen eingenommener und begehrter Stelle erst mit Fälligkeit der jeweiligen Vergütungsforderung eintritt und der Schadensersatzanspruch mithin auch erst dann fällig werden kann.

2. Der Klägerin steht gegen den Beklagten jedoch kein Schadensersatz zu, weil dieser § 9 TzBfG nicht verletzt hat. Zwar hat die Klägerin ihren Wunsch auf Erhöhung ihrer Arbeitszeit mit Schreiben vom 18. Januar 2012 ordnungsgemäß angezeigt. Sie hat jedoch nicht vorgetragen, dass bei dem Beklagten in der Folgezeit ein “entsprechender freier Arbeitsplatz” im Sinne des § 9 TzBfG vorhanden war. Insbesondere handelt es sich bei den unstreitig zu besetzenden Vollzeitstellen “Sachbearbeiter Kasse und Kirchensteueramt, HKR, Druckerei”, der Stelle “allgemeine Verwaltung” und der Stelle “Mitarbeit HKR” nicht um “entsprechende freie Arbeitsplätze” im Sinne des § 9 TzBfG. Insofern hat sich der Beklagte mit deren anderweitiger Besetzung nicht schadensersatzpflichtig gemacht.

a) Das Erfordernis des “entsprechenden freien Arbeitsplatzes” ist regelmäßig nur dann gewahrt, wenn die zu besetzende Stelle inhaltlich dem Arbeitsplatz entspricht, auf dem der Arbeitnehmer, der den Verlängerungswunsch angezeigt hat, seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ausübt. Die angestrebte Stelle muss vergleichbar sein. Dies ist zu bejahen, wenn es sich um gleiche oder zumindest ähnliche Tätigkeiten handelt. Beide Tätigkeiten müssen dieselben Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung des Arbeitnehmers stellen. Ein entsprechender Arbeitsplatz liegt im Regelfall vor, wenn der zu besetzende Arbeitsplatz dem vertraglichen Tätigkeitsbereich und der dafür nötigen Eignung und Qualifikation entspricht (BAG, 16. September 2008 – 9 AZR 781/07 – BAGE 127, 353; BAG, 8. Mai 2007 – 9 AZR 874/06 – AP TzBfG § 9 Nr. 3). Die Gesetzesmaterialien erwähnen die tätigkeits- und arbeitsplatzbezogene Vergleichbarkeit und die Gleichwertigkeit der Arbeitsplätze zwar nicht. Gleichwohl spricht der Gesetzeswortlaut für das Erfordernis eines vergleichbaren und damit regelmäßig gleichwertigen Arbeitsplatzes. Die Voraussetzungen des entsprechenden Arbeitsplatzes stehen in § 9 TzBfG gleichrangig neben dem Erfordernis gleicher Eignung (BAG, 16. September 2008 – 9 AZR 781/07 – a. a. 0.; BAG, 8. Mai 2007 -9 AZR 874/06 – a. a. 0.). Der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer muss daher die Zuweisung einer gleichwertigen Tätigkeit anstreben, wobei zur Konkretisierung dieses Begriffs die Grundsätze entsprechend herangezogen werden können, welche die Rechtsprechung im Rahmen der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG zur Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern herausgebildet hat (Beck OK ArbR – Beyreuther § 9 TzBfG Rn. 7). Für die Vergleichbarkeit des eingenommenen und des begehrten Arbeitsplatzes besteht ein hinreichender Anhaltspunkt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die angestrebte Tätigkeit mit Ausnahme des veränderten Arbeitsumfangs durch Ausübung seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO zuweisen könnte (BAG, 16. September 2008 – 9 AZR 781/07 – a. a. O.). Damit scheidet bei einer unterschiedlichen Einstufung der Arbeitsplätze in eine betriebliche bzw. tarifliche Vergütungsordnung die Vergleichbarkeit aus (MüKO – Müller – Glöge § 9 TzBfG Rn. 7).

b) Die insoweit darlegungspflichtige Klägerin leistet vorliegend keinerlei Vortrag zur Vergleichbarkeit der von ihr eingenommenen Stelle mit den drei ausgeschriebenen und anderweitig besetzten Vollzeitstellen. Sie trägt nur vor, für die von ihr begehrten Stellen geeignet zu sein. Eignung im tatsächlichen Sinne ist aber auch dann zu bejahen, wenn ein Arbeitnehmer begehrt, auf einer Stelle in Vollzeit eingesetzt zu werden, für die eine geringere Qualifikation nötig ist, als für die von ihm besetzte Stelle. Von der fehlenden Vergleichbarkeit des Arbeitsplatzes der Klägerin mit den ausgeschriebenen Stellen im oben dargestellten Sinne ist hier bereits deshalb auszugehen, weil die Klägerin auf ihrer bisherigen Stelle unstreitig in die Entgeltgruppe 8 TV-L eingruppiert ist, während die auf den ausgeschriebenen Vollzeitstellen zu verrichtenden Tätigkeiten unstreitig der Entgeltgruppe 5 TV-L zuzuordnen sind. Auf entsprechenden richterlichen Hinweis ist weder neuer Vortrag erfolgt noch hat die Klägerin geltend gemacht, hier noch vortragen zu können. Sie hat sich vielmehr darauf berufen, die unterschiedliche Vergütung beider Stellen sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht erheblich.

Dies ist unzutreffend. Zwar kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur auf die arbeitsplatzbezogene Vergleichbarkeit, nicht aber auf die vom Arbeitgeber beabsichtigte Abweichung der Vergütung an (BAG, 8. Mai 2007 – 9 AZR 874/06 – NZA 2007, 1349). Dies begründet das Bundesarbeitsgericht zutreffend damit, dass das Rückkehrrecht zur Vollzeitarbeitsstelle nach § 9 TzBfG dem Arbeitnehmer die Entscheidung zur vorübergehenden Teilzeitarbeit erleichtern soll, da er nicht befürchten muss, dauerhaft auf Verdienstmöglichkeiten zu verzichten. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn der Arbeitgeber durch Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die neu zu besetzende Stelle den Anspruch aus § 9 TzBfG für änderungswillige Teilzeitarbeitnehmer einseitig unattraktiv gestalten könnte. Schließlich spreche hierfür auch, dass der Inhalt des Arbeitsvertrags erst mit Vertragsschluss feststehe; würden für die Prüfung eines “entsprechenden” freien Arbeitsplatzes die Inhalte des Arbeitsvertrags maßgebend sein, könnte auch erst zu diesem Zeitpunkt festgestellt werden, ob ein “entsprechender” Arbeitsplatz zu besetzen ist. Diese zutreffende Rechtsprechung betrifft jedoch nicht den Fall, dass sich gerade auf Grund arbeitsplatzbezogener Merkmale zwingend eine tarifliche Vergütung ergibt, die durch einen Arbeitsvertragsschluss nicht unterschritten werden könnte. Insoweit kann offen bleiben, ob ein freier Arbeitsplatz auch dann “entsprechend” im Sinne des § 9 TzBfG sein kann, wenn der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer auf seinem bisherigen Arbeitsplatz nur auf Grund Bewährungsaufstiegs oder wegen individualvertraglicher Vereinbarungen höher vergütet wird, als dies auf dem freien Arbeitsplatz der Fall wäre. Dies behauptet die Klägerin hier nämlich nicht und es ist auch ersichtlich nicht der Fall. Gemäß Anlage 2 TVÜ-L wurden in die Entgeltgruppe 8 TV-L von der Anlage 1a BAT übergeleitet Arbeitnehmer mit der Vergütungsgruppe Vc mit ausstehendem Aufstieg nach Vb, mit Vergütungsgruppe Vc ohne Aufstieg nach Vb sowie Arbeitnehmer, die in die Vergütungsgruppe Vc nach Aufstieg aus VIb eingruppiert waren. Dagegen wurden in die Entgeltgruppe 5 TV-L Arbeitnehmer übergeleitet, die nach der Anlage 1a BAT in die Vergütungsgruppe VII mit ausstehenden Aufstieg nach VIb, in die Vergütungsgruppe VII ohne Aufstieg nach VIb oder in die Vergütungsgruppe VII nach Aufstieg aus Vergütungsgruppe VIII eingruppiert waren. Aus der Vergütungsgruppe VII Anlage 1a BAT war jedoch ein Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe Vc Anlage 1a BAT nicht möglich. Vielmehr bildete die Vergütungsgruppe Vc Anlage 1a BAT eine erhöhte Wertigkeit des Aufgabenbereiches ab, die auf dem jeweiligen Arbeitsplatz zu bewältigen war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Zulassung der Revision war durch keinen der in § 72 Abs. 2 geregelten Gründen veranlasst.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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