LAG Hessen, 17.07.2015 – 14 Sa 769/14 Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis von dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) in den Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe Hessen (TV-N) übergeleitet wurde, und der am Überleitungsstichtag, dem 1. Juli 2010 befristet teilzeitbeschäftigt war, hat keinen Anspruch auf Erhöhung der ihm nach § 23 TV-N gezahlten Besitzstandszulage, wenn sich seine Arbeitszeit später wieder erhöht. Dies folgt auf § 23 Abs. 5 TV-N. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt hierin nicht, auch nicht im Hinblick auf § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N. Auch liegt kein Verstoß gegen § 4 TzBfG vor.

April 22, 2019

LAG Hessen, 17.07.2015 – 14 Sa 769/14
Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis von dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) in den Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe Hessen (TV-N) übergeleitet wurde, und der am Überleitungsstichtag, dem 1. Juli 2010 befristet teilzeitbeschäftigt war, hat keinen Anspruch auf Erhöhung der ihm nach § 23 TV-N gezahlten Besitzstandszulage, wenn sich seine Arbeitszeit später wieder erhöht. Dies folgt auf § 23 Abs. 5 TV-N. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt hierin nicht, auch nicht im Hinblick auf § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N. Auch liegt kein Verstoß gegen § 4 TzBfG vor.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 12. Februar 2014 – 3 Ca 1593/13 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten auch zweitinstanzlich über die Höhe einer tariflichen Besitzstandszulage. Der Kläger ist seit dem 1. April 1988 bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Ursprünglich fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) sowie der dazugehörige Hessische Lohntarif (HLT) Anwendung. Zum 1. Juli 2010 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers auf den Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe Hessen (künftig: TV-N) übergeleitet.

Die Überleitung auf den TV-N hat eine Verringerung der Grundvergütung des Klägers und seiner Kollegen zur Folge. Zum Ausgleich dieser Verringerung regelt der TV-N die Zahlung einer Besitzstandszulage. Die insoweit maßgebliche Vorschrift lautet auszugsweise wie folgt:

§ 23 Überleitungsregelungen

Für Arbeitnehmer, die am 30. Juni 2010 in einem Arbeitsverhältnis stehen, dass am 1. Juli 2010 zu demselben Arbeitgeber fortbesteht, gilt folgendes:

(1) Die Arbeitnehmer werden am 1. Juli 2010 in diesen Tarifvertrag übergeleitet (…)

(2) (…)

(3) (…)

(4) Durch die Überleitung entstehende finanzielle Nachteile werden nach Maßgabe der folgenden Absätze ausgeglichen.

(5) Auf Basis der im Juni 2010 tatsächlich erhaltenen Bezüge ist ein Vergleichsentgelt zu ermitteln.

Bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem BAT richtet, sind Grundvergütung, die allgemeine Zulage und der Ortszuschlag der Stufe 1 bzw. das HGTAV5 Monatsgehalt und eine eventuelle Gehaltsgruppenzulage, bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem BMT5G richtet, der Monatstabellenlohn zugrunde zu legen. Die Arbeitnehmer, bei denen das für den Monat Juli 2010 zustehende Tabellenentgelt (§ 6 Abs. 1) – ggf. einschließlich der Ballungsraumzulage nach § 6 Abs. 8 – des Vergleichsentgelt nach den unter Absätzen 1 und 2 unterschreitet, erhalten neben ihrem Entgelt eine persönliche Zulage in Höhe des Differenzbetrags. (…)

Steht im Juni 2010 und/ oder im Monat Juli 2010 kein Entgelt zu (z. B. wegen der Gewährung einer Rente auf Zeit, wegen Elternzeit, unbezahlten Urlaubs, Grundwehrdienst, Zivildienst, wegen Ablaufs der Krankenbezugsfristen), ist für die Berechnung der persönlichen Zulage das Entgelt zugrunde zu legen, dass ohne die zu dessen Wegfall führenden Tatbestände zugestanden hätte.

Wird mit einem Arbeitnehmer nach dem 1. Juli 2010 eine geringere individuelle wöchentliche Arbeitszeit als die Arbeitszeit vereinbart, die der Arbeitnehmer vor dem 1. Juli 2010 zu leisten hatte, ist die persönliche Zulage in demselben Verhältnis zu kürzen, wie die Arbeitszeit herabgesetzt worden ist.”

Für die Vergütung von Teilzeitbeschäftigten regelt § 7:

“§ 7 Teilzeitbeschäftigung

Soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, erhalten teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer alle Entgeltbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entspricht (…).

Der Kläger war bei der Beklagten ursprünglich in Vollzeit beschäftigt. Vom 1. September 2006 bis zum 23. Februar 2008 befand er sich in Elternzeit, wobei er bereits ab Oktober 2006 eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hat. Im Januar 2008 beantragte der Kläger die Reduzierung seiner wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden vor der Elternzeit auf 19,25 Stunden für die Zeit vom 24. Februar 2008 bis 31. Dezember 2008. Ab dem 1. Juli 2008 betrug seine Arbeitszeit 19,5 Stunden. In der Folgezeit beantragte der Kläger die Verlängerung der befristeten Arbeitszeitreduzierung jeweils bis zum 31. Dezember 2009, bis zum 31. Dezember 2010 und bis zum 31. Dezember 2011. Diesen Anträgen wurde seitens des Arbeitgebers stets entsprochen.

Zum Zeitpunkt der Überleitung auf den TV-N am 1. Juli 2010 war der Kläger mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,5 Stunden beschäftigt. Seine Besitzstandszulage nach § 23 Abs. 5 TV-N wurde auf dieser Grundlage berechnet und betrug zum Zeitpunkt der Überleitung 203,69 EUR (vgl. Bl. 48 d.A.). Wegen der Teilnahme der Besitzstandszulage an linearen Entgelterhöhungen nach den Regelungen des § 23 Abs. 5 Unterabsatz 9 und 10 TV-N erhöhte sich diese zum 1. Januar 2011 auf 204,89 EUR, ab dem 1. August 2011 auf 205,71 EUR, ab dem 1. März 2012 auf 207,75 EUR und ab dem 1. Januar 2013 auf 212,52 EUR.

Seit dem 1. Januar 2012 arbeitet der Kläger wieder Vollzeit. Während ihm seit diesem Zeitpunkt wieder das volle Tabellenentgelt gezahlt wird, fand eine Erhöhung der gezahlten Besitzstandszulage im Hinblick auf die Erhöhung seiner wöchentlichen Arbeitszeit nicht statt. Mit Schreiben vom 30. Juli 2012 (Bl. 6 d.A.) forderte der Kläger von der Beklagten die Differenz zwischen der vollen Besitzstandszulage berechnet auf der Grundlage einer Arbeitszeit von 39 Stunden pro Woche und der von der Beklagten gezahlten Besitzstandszulage berechnet auf der Grundlage einer Arbeitszeit von 19,5 Stunden pro Woche.

Nachdem die Beklagte daraufhin keine Zahlung leistete, hat der Kläger mit seiner am 24. Mai 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 13. Juni 2013 zugestellten Klage die Nachzahlung der Differenz zwischen der von der Beklagten berechnenden Besitzstandszulage auf Grundlage seiner Teilzeitbeschäftigung und der sich auf der Basis einer Vollzeitbeschäftigung ergebenden Besitzstandszulage für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Mai 2013 geltend gemacht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, im Hinblick darauf, dass Zweck der Besitzstandszulage nach § 23 Abs. 5 gewesen sei, den zum Zeitpunkt der Überleitung vom BMT-G/ HLT in den TV-N beschäftigten Personen die Arbeitsbedingungen zu sichern, die sie ohne den Wechsel des Tarifvertrags gehabt hätten, sei § 23 Abs. 5 Unterabsatz 8 TV-N dahingehend auszulegen, dass die Besitzstandszulage nur bei dauerhaft angelegten Verkürzungen der wöchentlichen Arbeitszeit entsprechend gekürzt werde. Dies unterscheide den vorliegenden Fall von dem, den das Hessische Landesarbeitsgericht mit seinem (rechtskräftigen) Urteil vom 29. Januar 2013 (19 Sa 149/12 – ) entschieden habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.581,52 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Wortlaut des § 23 Abs. 5 Unterabsatz 8 TV-N sei eindeutig und erfasse sämtliche Fälle einer zum Überleitungszeitpunkt bestehenden Arbeitszeitreduzierung, unabhängig davon, ob diese befristet oder unbefristet erfolgt sei. Den Tarifvertragsparteien sei bei Schaffung der Regelung durchaus bewusst gewesen, dass befristete Arbeitszeitreduzierungen keine Seltenheit seien. Sinn der Regelung sei gewesen, dass übergeleitete Arbeitnehmer genau das Entgelt gesichert habe werde sollen, dass sie am Überleitungsstichtag nach dem alten Tarifrecht verdienten. Dagegen habe nicht das Entgelt gesichert werden sollen, dass sie ein, zwei oder noch mehr Monate oder Jahre vor der Überleitung verdient hatten, und auch nicht dasjenige, dass sie irgendwann einmal bei Fortbestehen des alten Tarifrechts hätten verdienen können. Für die Auslegung der tariflichen Besitzstandsregelung dahingehend, dass nur bei dauerhaft angelegten Arbeitszeitreduzierungen die Besitzstandszulage entsprechend zu kürzen sei, fänden sich im Tarifvertrag keinerlei Anhaltspunkte. Sowohl die rechtskräftuge Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgericht vom 29. Januar 2013 (- 19 Sa 149/12 – ) als auch das rechtskräftige Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 15. September 2010 (- 12 Sa 56/09 – ) bestätigten ihre Rechtsauffassung.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtliche Verfahrens wird ergänzend auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat die Klage durch Urteil vom 12. Februar 2014 abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass der Wortlaut der tariflichen Regelung keine Anhaltspunkte dafür enthalte, dass bei einer Arbeitszeiterhöhung nach dem 1. Juli 2010 die Besitzstandszulage zu erhöhen wäre. Auch die Systematik des Tarifvertrags spreche dafür, dass die Besitzstandszulage nach dem Willen der Tarifvertragsparteien unberührt bleiben solle, wenn mit einem Arbeitnehmer nach dem 1. Juli 2010 eine höhere als die bis zu diesem Zeitpunkt zu leistende wöchentliche Arbeitszeit vereinbart werde. Für diese Auslegung spreche auch der Sinn und Zweck der Regelung, die gewährleisten solle, dass der betroffene Arbeitnehmer durch die Überleitung keine Entgelteinbußen erfahre. Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG. Der Zweck der Einkommenssicherung rechtfertige es, Erhöhungen der Arbeitszeit nach dem Stichtag 1. Juli 2010 für die Berechnung der Zulage nicht zu berücksichtigen. Nichts anderes folge auch daraus, dass die Arbeitszeitreduzierung des Klägers zunächst bis zum 31. Dezember 2010 und danach bis zum 31. Dezember 2011 befristet gewesen sei. Insoweit sei davon auszugehen, dass den Tarifvertragsparteien die Existenz befristeter Arbeitszeitverringerungen bekannt sei. Eine auslegungsfähige Tariflücke liege nicht vor.

Gegen das ihm am 5. Mai 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Juni 2014 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 8. August 2014 mit am 4. August 2014 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangener Berufungsbegründungsschrift begründet. Er rügt, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N den allgemeinen Grundsatz enthalte, das jedenfalls in den dort genannten Fallgestaltungen eine vorübergehende Änderung der Arbeitsbedingungen nicht zu Nachteilen des Arbeitnehmers führen dürfe. Zwar regle die Vorschrift vom Wortlaut her nur den Fall des vollständigen Wegfalls der Vergütung zum Zeitpunkt der Ermittlung des Vergleichsentgelts. Der Sinn und Zweck der Vorschrift bestehe jedoch darin, dass vorübergehende Änderungen des Arbeitsvertragsinhaltes, die dazu führen, dass sich die bisherige Höhe des Gehalts zum Überleitungsstichtag aufgrund der dort genannten sozialen oder staatsbürgerlichen Aspekte geändert hat, keine Rolle spielen sollen, wenn danach wieder zu der vor der Änderung des Arbeitsvertragsinhaltes vereinbarten Regelung zurückgekehrt wird. Diese Situation sei hier gegeben, da er bis zum 23. Februar 2008 in Elternzeit war – insoweit unstreitig – und im Anschluss daran eine weitere befristete Teilzeitbeschäftigung vereinbart habe, um das mit seiner Ehefrau gezeugte gemeinsame Kind betreuen zu können. Es stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar, wenn in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer, die gar keine Arbeit leisteten, so gestellt würden, als hätten sie im Juni/ Juli 2010 wie vor Beginn der Elternzeit gearbeitet während der Kläger, der ebenfalls wegen der Erziehung seines Kindes den bisherigen Arbeitsvertragsinhalt vorübergehend abgeändert habe, auf Dauer nur die auf seine Teilzeittätigkeit bezogene Besitzstandszulage erhalte. Dementsprechend müsse § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N verfassungskonform so ausgelegt werden, dass er auch für Fälle gelte, bei denen der Arbeitnehmer – wie der Kläger – die Arbeitszeit zum Stichtag wegen einem der in dem Absatz genannten Fälle vorübergehend reduziert habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 12. Februar 2014 – 3 Ca 1593/13 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.581,52 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und vertritt im Übrigen die Ansicht, entgegen der Auffassung des Klägers ergebe sich aus § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N nicht, dass in den dort genannten Fallgestaltungen eine vorübergehende Änderung der Arbeitsbedingungen nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers führen dürfe. Der Wortlaut des § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N sei eindeutig, eine Auslegung im vom Kläger begehrten Sinne komme nicht in Betracht. Die Tarifvertragsparteien hätten bei der Gestaltung der Überleitungsregelungen an die Fälle der befristeten Teilzeitbeschäftigung gedacht, diese aber gleichwohl nicht in die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N aufgenommen. Die tariflichen Überleitungsregelungen seien auch verfassungskonform. Bei der Berechnung des Vergleichsentgelts auf Basis der im Juni 2010 tatsächlich erhaltenen Bezüge handele es sich um eine sachgerechte Stichtagsregelung, ohne die Umstellungen von Vergütungssystem nicht durchführbar seien. Die Zulässigkeit solcher Stichtagsregelungen folge aus auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, etwa dem Urteil vom 13. August 2009 (- 6 AZR 177/08 – AP-Nr. 2 zu § 5 TVöD). Für die vorliegenden differenzierenden Stichtagsregelungen im § 23 Abs. 5 TV-N bestünden sachliche Gründe, die Differenzierung orientiere sich am gegebenen Sachverhalt. Vorliegende befristete Arbeitszeitreduzierungen zum Überleitungsstichtag hätten die Tarifvertragsparteien pauschalierend vernachlässigen dürfen. Eine willkürliche Gruppenbildung liege insoweit nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 17. Juli 2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung des Klägers ist statthaft, §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 2 b ArbGG und auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 517, 519, 520 ZPO und damit insgesamt zulässig. Zwar greift die Berufungsbegründung das arbeitsgerichtliche Urteil in seiner Argumentation nicht an. Der Kläger macht aber geltend, das Arbeitsgericht habe bei seiner Auslegung des Tarifvertrags einen rechtlich relevanten Gesichtspunkt, nämlich § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N zu Unrecht außer Acht gelassen.

II.

Die Berufung des Klägers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Antrag ist zwar zulässig, er ist jedoch nicht begründet. Dies hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung, die sich die Kammer nach § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich zu Eigen macht, richtig entschieden. Die Angriffe des Klägers gegen das angefochtene Urteil führen zu keiner anderen Beurteilung und bedingen lediglich folgender Ausführungen:

1.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung nicht gegen die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, wonach sein Anspruch nicht aus § 23 Abs. 5 Unterabsatz 8 in Verbindung mit § 7 TV-N folgt, weil der Wortlaut des TV-N die ratierliche Erhöhung der Besitzstandszulage für den Fall, dass ein Arbeitnehmer, der am 1. Juli 2010 teilzeitbeschäftigt war und später die Arbeitszeit erhöht, nicht vorsieht und eine lückenhafte Regelung insoweit nicht gegeben ist (ebenso Hess. LAG 29. Januar 2013 -19 Sa 149/12 – ). Er wendet sich auch nicht gegen die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, dass insofern ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG nicht vorliegt, weil der Zweck des § 23 Abs. 5 TV-N, das zum Überleitungszeitpunkt bestehende Entgelt der betroffenen Arbeitnehmer zu sichern, es rechtfertigt, Erhöhungen der Arbeitszeit nach dem Stichtag 1. Juli 2010 für die Berechnung der Zulage nicht zu berücksichtigen (ebenso Hess. LAG 29. Januar 2013 – 9 Sa 148/12 -). Er macht vielmehr ausschließlich geltend, aus § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N ergebe sich, dass die dort aufgezählten Tatbestände bei der Festsetzung der Besitzstandszulage hinweg gedacht werden müssten und zwar auch dann, wenn sie nicht zu einem Wegfall des Entgeltanspruchs des Arbeitnehmers in den Monaten Juni/ Juli 2010 führten, sondern zu dessen bloßer Verringerung, weil die genannte Regelung ansonsten gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße.

2.

Dem ist nicht zu folgen. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Besitzstandszulage und der sich auf der Grundlage einer vollen Stelle zum Zeitpunkt der Überleitung berechnenden Besitzstandszulage aus § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz zu. Dabei kann offen bleiben, ob ein solcher anzunehmen wäre, wenn der Kläger sich zum Überleitungszeitpunkt in Elternzeit befunden hätte und in deren Rahmen für die Beklagte eine Teilzeittätigkeit ausgeübt hätte. Selbst wenn man annähme, dass nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N zwei vergleichbare Fallgestaltungen – Elternzeit ohne Teilzeittätigkeit und Elternzeit mit Teilzeittätigkeit – ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden, wenn für die Berechnung der Besitzstandszulage im einen Fall an den Verdienst vor der Elternzeit angeknüpft wird, für den anderen Fall aber an den Verdienst zum Überleitungszeitpunkt, führte dies nicht zum Erfolg der Klage. Der Kläger befand sich zum Überleitungszeitpunkt gerade nicht in Elternzeit, diese endete vielmehr unstreitig bereits am 23. Februar 2008. Der Kläger hatte auch nicht auf Grund eines anderen der in § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N genannten Gründe zum Überleitungszeitpunkt einen reduzierten Verdienst. Dieser beruhte vielmehr darauf, dass er zum fraglichen Zeitpunkt – und zwar ohne dass einer der in § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N geregelten Sachverhalte vorlag – eine Teilzeittätigkeit ausgeübt hat. Warum § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N im Hinblick auf einen wegen Teilzeittätigkeit außerhalb der Elternzeit reduzierten Verdienst gleichheitswidrig sein soll, ist für die Kammer nicht erkennbar. Eine ungleiche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte liegt insoweit nicht vor. Während es in den nach § 23 Abs. 5 Unterabsatz 7 TV-N geregelten Fällen gerade an einem Anknüpfungspunkt für die Berechnung der Besitzstandszulage fehlt, weil zum Überleitungszeitpunkt kein Einkommen erzielt wird, ist eine solche bei einer Teilzeittätigkeit zum Überleitungszeitpunkt gegeben. Ein Bedürfnis, einen anderen Stichtag als den des Überleitungszeitpunkts zu wählen besteht insofern, anders in den Fällen, in denen am 1. Juli 2010 kein Einkommen erzielt wird, nicht.

III.

Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

IV.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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