LAG Hessen, 19.12.2014 – 14 Sa 479/14

April 30, 2019

LAG Hessen, 19.12.2014 – 14 Sa 479/14
Leitsatz:

Hat sich das von der Beklagten behauptete Datum des Einwurfs des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten des Klägers in der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht bestätigt und konnten die Zeugen das Datum gar nicht erinnern oder widersprachen sich die Zeugen dies betreffend, liegt in der im Berufungstermin abgegebenen Erklärung des Arbeitgebers, er mache sich “die Aussage der Zeugen” betreffend des Zeitpunkts des Kündigungszugangs zu eigen, kein substantiierter Vortrag des Kündigungszugangs. Ohne den nachvollziehbaren Vortrag, wann die Kündigung dem Arbeitnehmer, der den Zugang bestreitet, zugegangen sein soll, ist der allgemeinen Feststellungsklage des Arbeitnehmers auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses stattzugeben.
Tenor:

Das Versäumnisurteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. Oktober 2014 -14 Sa 479/14 – wird aufrechterhalten.

Die Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses über den 31. Dezember 2013 hinaus.

Der 42 Jahre alte Kläger war bei der Beklagten aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 14. August 2012 (Bl. 5 ff d.A.) zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2012 als Grünpfleger beschäftigt. § 3 des Arbeitsvertrags lautet:

“Kündigung

Für dessen Kündigung gelten die gesetzlichen Bestimmungen und Fristen. Eine fristlose Kündigung gilt vorsorglich als fristgemäße Kündigung zum nächstliegenden Zeitpunkt. (…)”

Am 2. Januar 2013 vereinbarten die Parteien eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 2013 und eine Erhöhung des Bruttomonatsgehalts auf 1.740,00 EUR.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, das sich mit Gebäudemanagement befasst, in der Rechtsform der GmbH. Unter dem 22. Juli 2013 unterzeichnete die Personalleiterin der Beklagten A eine Kündigung mit folgendem Wortlaut:

“Sehr geehrter Herr B,

wir kündigen hiermit das mit Ihnen am 14.08.2012 geschlossenen Arbeitsvertrag fristgemäß zum 31.08.2013.

Ihren Resturlaub von 30 Tagen können Sie ab dem 22.07.2013 in Anspruch nehmen. (…)”

Die Beklagte versendete die Kündigung per Einschreiben mit Rückschein an die Wohnanschrift des Klägers. Das Schreiben wurde von der C AG in einer Postfiliale hinterlegt. In den Briefkasten des Klägers wurde eine Benachrichtigung über die Niederlegung eingelegt. Der Kläger holte das Einschreiben nicht ab.

Ab dem 26. August 2013 war der Kläger für mehrere Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Anfang September 2013 erhielt er von der Beklagten seine Lohn- und Gehaltsabrechnung, in der als Austrittsdatum der 31. August 2013 vermerkt war. Weiterhin wurde ihm die Meldebescheinigung zur Sozialversicherung übersandt, die ebenfalls das Ende der Beschäftigungszeit mit Ablauf des 31. August 2013 ausweist. Schließlich erhielt er ein vom 11. September 2013 datierendes Schreiben seiner Krankenversicherung, wonach sein Versicherungsverhältnis nach dem 31. August 2013 ungeklärt sei.

Das Kündigungsschreiben vom 22. Juli 2013 ist ausweislich des Poststempels und des Benachrichtigungslabels auf dem Briefumschlag (Bl. 31, 32 d.A.) am 25. Juli 2013 versendet und am 27. Juli 2013 in der Postfiliale niedergelegt worden.

Der Kläger hat behauptet, er habe sich zu dem Zeitpunkt, als die Zustellung des Kündigungsschreibens vom 22. Juli 2013 als Einschreiben versucht worden sei, gemeinsam mit seiner Ehefrau im Ausland aufgehalten. Bei seiner Rückkehr am 20. August 2013 habe eine Nachbarin, die seinen Hausbriefkasten während seiner Abwesenheit regelmäßig und sorgfältig geleert habe, seiner Ehefrau die gesamte während der Abwesenheit eingegangene Post übergeben. In dieser Post habe seine Ehefrau die Benachrichtigung über die Hinterlegung eines Einschreibens in der Postfiliale, aber kein Kündigungsschreiben der Beklagten vorgefunden. Eine Abholung des hinterlegten Einschreibens sei nicht möglich gewesen, da mittlerweile die Einlagerungsfrist von sieben Werktagen abgelaufen gewesen sei und die Beklagte das Schreiben zurückerhalten habe.

Mit Schriftsatz vom 20. September 2013 bei Gericht eingegangen am 24. September 2013, erhob der Kläger Klage auf die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht zum 31. August 2013 aufgelöst worden ist, sondern weiterhin fortbesteht.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht vor dem 31. Dezember 2013 aufgelöst worden ist, sondern bis zu diesem Zeitpunkt fortbestanden hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, ihre Personalleiterin A habe unmittelbar nach Erhalt der Rücksendung des Kündigungsschreibens vom 22. Juli 2013 das im PC abgespeicherte Kündigungsschreiben erneut ausgedruckt und im Auftrag der Geschäftsführung unterzeichnet. Dieses weitere Kündigungsschreiben habe die Personalleiterin den Zeugen D und E als Boten übergeben, die es sodann am 27. Juli 2013 in den Hausbriefkasten des Klägers an seiner Wohnanschrift im F 27 in G eingeworfen hätten. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, da der Kläger diese Kündigung nicht rechtzeitig angegriffen habe, sei das Arbeitsverhältnis durch sie aufgelöst worden.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, die Personalleiterin A habe am 27. Juli 2013 ein erneut ausgedrucktes Exemplar des Kündigungsschreibens vom 22. Juli 2013 unterschrieben und den Zeugen D und E übergeben (Beweisbeschluss Bl. 36 d.A.) sowie über die Behauptung der Beklagten, die Zeugen D und E hätten am 27. Juli 2013 das ihnen übergebene Kündigungsschreiben vom 22. Juli 2013 am selben Tag in den Briefkasten des Klägers eingeworfen (Beweisbeschluss Bl. 38 d.A.) durch Vernehmung der Zeugen A, D und E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der unmittelbar aufgezeichneten Zeugenaussagen Bl. 73-86 d.A. Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt hat der Klage mit Urteil vom 27. Februar 2014 insoweit stattgegeben, als es festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 15. September 2013 fortbestanden hat und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Diese Entscheidung hat es damit begründet, dass nach der Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass die zweite Kündigung vom 22. Juli 2013 dem Kläger zwar nicht am 27. Juli 2013 aber etwa am 9. oder 10. August 2013 zugegangen sei. Die Zeugin A habe nämlich ausgesagt, am Tag der Retour des Einschreibens ein erneutes Kündigungsschreiben ausgedruckt und unterzeichnet zu haben und die Zeugen D und E hätten ausgesagt, ein Kündigungsschreiben in den Briefkasten des Klägers an dessen Wohnanschrift eingeworfen zu haben. Die Aussagen der Zeugin und der Zeugen sei glaubhaft und die Zeugin und die Zeugen selbst glaubwürdig gewesen. Da die ursprüngliche Kündigung am 6. August 2013 von der C AG an die Beklagte zurückgesandt worden sei, könne der Rücklauf nach Überzeugung der Kammer nicht später als am 9. August 2013 erfolgt sein. Die Zeugen hätten aber übereinstimmend und glaubhaft geschildert, dass die Kündigung am Tag des Rücklaufs nachmittags erneut auf den Weg gebracht und in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen worden sei. Spätestens am Folgetag sei mit der Leerung des Briefkastens zu rechnen gewesen, sodass spätestens dann der Kündigungszugang eingetreten sei.

Wegen der Begründung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung im Übrigen wird auf Bl. 42-47 d.A. Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 20. März 2014 zugestellte Urteil am 8. April 2014 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese am 19. Mai 2014 begründet.

Der Kläger rügt, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Beklagte den Zugang des zweiten Kündigungsschreibens vom 22. Juli 2013 nicht substantiiert vorgetragen habe. Sie habe weder konkrete Angaben darüber machen können, wann dieses erstellt sei noch darüber, wann es ihm zugestellt worden sei. Dies habe sich auch nicht aus der Beweisaufnahme ergeben. Die Zeugen hätten lediglich die vage Angabe machen können, der Einwurf des Kündigungsschreibens sei Anfang August erfolgt. Davon abweichend sei die Kammer jedoch davon ausgegangen, dass der Rücklauf des ersten Kündigungsschreibens an die Beklagte etwa am 9. August 2013 erfolgt sei und etwa zu diesem Zeitpunkt der Zugang des erneuten Kündigungsschreibens erfolgt sei. Es bestünden jedoch erhebliche Bedenken gegen die Existenz des zweiten Kündigungsschreibens. Weder sei von diesem eine Kopie gefertigt worden noch ein Vermerk darüber, wann dieses Kündigungsschreiben den Zeugen übergeben worden sein soll. Zudem sei der Zeuge D zum maßgeblichen Zeitpunkt im Urlaub in der H gewesen, was sich daraus ergebe, dass nach Auskunft der H Botschaft mit seinem Reisepass Ende Juli 2013 eine Einreise in die H erfolgt sei und erst Ende August 2013 die Ausreise. Treffe dies aber zu, seien die Aussagen aller Zeugen unzutreffend gewesen.

Zum Berufungstermin am 17. Oktober 2014 ist der Kläger unter gleichzeitiger Zustellung der Berufungsbegründungsschrift am 23. Mai 2014 (EB Bl. 65 d.A.) ordnungsgemäß geladen worden, jedoch nicht erschienen. Die Kammer hat daraufhin der Berufung mit Versäumnisurteil vom 17. Oktober 2014 stattgegeben und das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. Februar 2014 – 19 Ca 6891/13 – teilweise abgeändert und antragsgemäß festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht vor dem 31. Dezember 2013 aufgelöst worden ist, sondern bis zu diesem Zeitpunkt fortbestanden hat. Das Versäumnisurteil ist dem Kläger am 17. November 2014 zugestellt worden und er hat hiergegen unter dem 6. November 2014 beim Hessischen Landesarbeitsgericht Einspruch eingelegt.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. Oktober 2014 – 14 Sa 479/14 – aufzuheben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger hat beantragt,

das Versäumnisurteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. Oktober 2014 – 14 Sa 479/14 – aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Nach der Zeugenaussage der Zeugin A stehe fest, dass eine weitere Kündigung schriftlich ausgefertigt worden sei und nach den Zeugenaussagen der Zeugen D und E, dass diese Kündigungserklärung in den Machtbereich des Klägers gelangt sei. Damit seien die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigungserklärung bereits erfüllt worden. Die Behauptung, der Zeuge D sei im Jahr 2013 im Urlaub in der H gewesen, sei unzutreffend.

Im Einspruchstermin am 19. Dezember 2014 hat der Beklagtenvertreter erklärt, er mache sich zum Zugangszeitpunkt der Kündigungserklärung den Vortrag der Zeugen zu Eigen. Er hat zudem den Reisepass des Zeugen D zur Einsicht gereicht, der keine Stempel bezüglich einer Einreise in die H und einer Ausreise zurück nach Deutschland für das Jahr 2013 aufweist. Der Beklagtenvertreter hat weiterhin einen in einer Verhandlungspause gefertigten Schriftsatz zur Akte gereicht, der das Datum 18. Dezember 2014 trägt, und in dem er bestreitet, dass die Nachbarin des Klägers während seines Urlaubs dessen Post öffnete und die Post vollumfänglich an den Kläger übergab. Der Klägervertreter hat hierzu erklärt, es sei nie behauptet worden, dass die Nachbarin die Post geöffnet habe und rügte im Übrigen das Bestreiten als verspätet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 17. Oktober 2014 und vom 19. Dezember 2014 verwiesen.
Entscheidungsgründe

I.

Der zulässige Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 17. Oktober 2014 ist unbegründet.

Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Das Versäumnisurteil war daher aufrecht zu erhalten.

1.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft. Der Kläger hat sie auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

2.

Die Berufung ist auch begründet.

a) Die erhobene allgemeine Feststellungsklage ist zulässig. Das Rechtsschutzinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ist nicht deswegen entfallen, weil der Kläger eine ausschließlich vergangenheitsbezogene Feststellung begehrt. Grundsätzlich kann eine Partei aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit die ursprünglich auf die Feststellung eines gegenseitigen Rechtsverhältnisses aufgewendeten Mühen für die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses verwerten, soweit eine für künftige Verfahren erhebliche Frage rechtskräftig geklärt wird (BAG 21. September 1993 – 9 AZR 580/90 – ; 28. November 1966 -3AZR203, 66-AP Nr. 1 zu § 268 ZPO). Dies ist hier im Hinblick auf Vergütungsansprüche des Klägers bis zum 31. Dezember 2013 der Fall. Die insoweit zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main hat die Beklagte auch nicht angegriffen.

b) Die Klage ist auch begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat erst durch die unstreitige Befristung zum 31. Dezember 2013 geendet. Es ist nicht durch eine zuvor zugegangene Kündigungserklärung der Beklagten aufgelöst worden.

aa) Die erste Kündigung der Beklagten vom 22. Juli 2013 ist dem Kläger nicht zugegangen. Insoweit ist unstreitig, dass der Kläger das ihm per Einschreiben zugestellte Kündigungsschreiben nicht nach dessen Niederlegung bei der Postfiliale abgeholt hat. Ob dies seinen Grund darin hatte, dass der Kläger sich zum fraglichen Zeitpunkt im Urlaub befand, wie er behauptet, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass lediglich die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung des Einschreibenbriefs in den Machtbereich des Klägers gelangt ist. Der Benachrichtigungszettel ersetzt jedoch nicht den Zugang eines Einschreibebriefs (BAG 15. November 1962 – 2 AZR 301/62 – AP Nr. 4 zu § 130 BGB; BAG 22. September 1983 – 2 AZR 23/82 – ).

bb) Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch ein zweites Kündigungsschreiben der Beklagten vom 22. Juli 2013 aufgelöst worden. Die Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen, wann dieses Kündigungsschreiben gefertigt worden sein soll und wann es dem Kläger zugegangen sein soll. Ursprünglich hat die Beklagte insoweit vorgetragen, das Kündigungsschreiben sei am 27. Juli 2013 erneut ausgedruckt und noch am gleichen Tag den Zeugen D und E übergeben und von diesen in den Hausbriefkasten des Klägers eingelegt worden. Dieser Vortrag ist im Hinblick darauf, dass die Beklagte gleichzeitig behauptet, das Kündigungsschreiben sei erst nach der Retour des ersten Kündigungsschreibens erneut gefertigt und dem Kläger zugestellt worden, widersprüchlich. Am 27. Juli 2013 kann eine Retour des ersten Kündigungsschreibens – dies ist auch zwischen den Parteien unstreitig – nicht erfolgt sein.

Die Beklagte hat jedoch auch nach der Beweisaufnahme, aus der sich jedenfalls nicht ergeben hat, dass am 27. Juli 2013 ein erneutes Kündigungsschreiben ausgefertigt und dem Kläger zugestellt wurde, nicht substantiiert dargelegt, wann dem Kläger ein zweites Kündigungsschreiben zugestellt worden sein soll. Ihr Vortrag entspricht insoweit nicht den Vorgaben des § 138 Abs. 1, 2 ZPO. Der Beklagtenvertreter hat im Einspruchstermin vor der Berufungskammer erklärt, er mache sich zum Zugangszeitpunkt die Aussagen der Zeugen zu Eigen. Eine einheitliche Zeugenaussage zum Zugangszeitpunkt, die sich die Beklagte zu Eigen machen könnte, ist jedoch gar nicht erfolgt.

Die Zeugin A hat gar keine Angaben zum Kündigungszeitpunkt machen können. Sie hat zunächst ausgesagt, sie gehe davon aus, dass das zweite Kündigungsschreiben am 27. Juli 2013 ausgedruckt und den Boten übergeben worden sei. Sie hat dann dargelegt, dass sie auf Grund des Rücksendelabels auf den 27. Juli 2013 komme, dass es jedoch auch ein paar Tage später gewesen sein könne. Sie hat damit keinen Kündigungszugang vorgetragen, den die Beklagte sich zu Eigen machen könnte.

Der Zeuge D hat ausgesagt, er wisse nicht, an welchem Tag der Brief eingeworfen worden sei. Er hat erklärt, es sei nachmittags gewesen um 14/ 15Uhr, das Datum des Einwurfs wisse er nicht. Der Zeuge D hat somit ebenfalls keinen Zugangszeitpunkt vorgetragen, den sich die Beklagte zu Eigen machen könnte.

Der Zeuge E hat ausgesagt, der Einwurf des Schreibens sei nicht am 27. Juli 2013 erfolgt, sondern Anfang August. Nähere Angaben zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung konnte der Zeuge E nicht machen.

Nachdem in keiner der Zeugenaussagen ein Datum für den Zugang der Kündigung genannt worden ist und soweit überhaupt Angaben erfolgt sind, diese sich widersprechen, stellt es keinen ordnungsgemäßen Vortrag der Beklagten dar, sich “den Vortrag der Zeugen” zu eigen zu machen. Der Vortrag eines genauen Kündigungszugangs wäre jedoch erforderlich gewesen. Es reicht nicht aus, wenn der kündigende Arbeitgeber einen Zeitkorridor von mehreren Tagen, hier zwischen dem 27. Juli 2013 und etwa dem 10. August 2013 – für den Kündigungszugang angibt. Eine Kündigungserklärung wird als Willenserklärung unter Anwesenden gemäß §130 BGB mit ihrem Zugang wirksam. Dieser Zugangszeitpunkt muss feststehen, weil sämtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Kündigung eben zum Zeitpunkt von deren Zugang vorliegen müssen. Die Angabe eines bloßen Zeitkorridors ist zudem auch für den Kläger nicht einlassungsfähig. So könnte dieser etwa einen behaupteten Kündigungszeitpunkt nicht im Hinblick darauf widerlegen, dass der Zeuge, der die Kündigung eingeworfen haben will, zum fraglichen Zeitpunkt im Ausland weilte. Zwar war dies vorliegend wie sich aus dem vorgelegten Reisepass ergab, hinsichtlich des Zeugen D nicht der Fall. Darauf kann es hier jedoch nicht ankommen.

Es ist auch vorliegend nicht davon auszugehen, dass die Kündigung, wie vom Arbeitsgericht Frankfurt am Main angenommen, jedenfalls am 9. August 2013 beim Kläger eingeworfen wurde und damit am 10. August 2013 zugegangen ist. Insofern kann dahinstehen, ob es zulässig ist, bei einem ungenauen Beklagtenvortrag aus unstreitigen Umständen zu ermitteln, wann der Kündigungszeitpunkt gewesen sein muss. Jedenfalls hat sich die Beklagte hier das vom Arbeitsgericht Frankfurt am Main angenommene Zugangsdatum ausdrücklich nicht zu eigen gemacht.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

III.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG begründeter Anlass.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

a very tall building with a moon in the sky

Ist Mobbing strafbar?

März 13, 2024
Von RA und Notar Krau:Mobbing kann je nach den Umständen strafbar sein, aber nicht immer.Es gibt kein spezifisches Gesetz, das Mobbing al…
filling cans with freshly brewed beers

Tarifliche Nachtarbeitszuschläge – Gleichheitssatz – BAG 10 AZR 473/21

Februar 4, 2024
Tarifliche Nachtarbeitszuschläge – Gleichheitssatz – BAG 10 AZR 473/21 – Urteil vom 15.11.2023 – Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit…
man holding orange electric grass cutter on lawn

Annahmeverzug – Anderweitiger Verdienst aus einer Geschäftsführertätigkeit – BAG 5 AZR 331/22

Februar 4, 2024
Annahmeverzug – Anderweitiger Verdienst aus einer Geschäftsführertätigkeit – BAG 5 AZR 331/22 – Böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes …