LAG Hessen, 20.09.2016 – 3 Ta 259/15

März 25, 2019

LAG Hessen, 20.09.2016 – 3 Ta 259/15

Leitsatz:

Zustellungen im Nachprüfungsverfahren des § 120 ZPO a.F. haben gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, sofern dieser die Partei bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat (im Anschluss an BGH 11.05.2016, XII ZB 582/15, und BAG 19.07.2006, 3 AZB 18/06).

Die im Nachprüfungsverfahren versäumte Zustellung der Aufforderung zur Mitwirkung an den Prozessbevollmächtigten der Partei ist im Beschwerdeverfahren nicht nachholbar, weil Gegenstand der Überprüfung im Beschwerdeverfahren die Rechtmäßigkeit des Beschlusses ist, mit dem die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß §§ 120, 124 ZPO a.F. aufgehoben/abgeändert wurde.

Für die Durchführung des PKH-Prüfungsverfahrens ist das Gericht zuständig (§ 120 Abs. 4 ZPO a.F., § 120a Abs. 1 ZPO), dies ist dem Rechtspfleger gemäß §§ 3 Nr. 3, 20 Abs. 1 Nr. 4 c RPflG übertragen. Eine weitere Übertragung durch den Rechtspfleger ist nicht vorgesehen.

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2015 – 13 Ca 1134/13 – aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Im Beschwerdeverfahren wendet sich der frühere Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) gegen die Abänderung der zunächst bewilligten Prozesskostenhilfe.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten hat der Kläger am 18. Februar 2013 vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben, Prozesskostenhilfe beantragt und die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu den Akten gereicht. Mit Beschluss vom 28. März 2013 (Bl. 17 d. A.) wurde dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten bewilligt. Nach der Niederlegung des Mandats durch seine Prozessbevollmächtigte wurde dem Kläger mit Beschluss vom 24. Juli 2013 (Bl. 47 d. A.) mit Wirkung vom 08. Juli 2013 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A beantragt.

Am 03. Dezember 2013 haben die Parteien einen das Verfahren beendenden Vergleich geschlossen. Mit Beschluss vom 24. März 2015 wurde die Prozesskostenhilfe auf den Abschluss des Mehrvergleiches erstreckt. Auf Veranlassung der Rechtspflegerin wurde der Kläger mit formlos übersendetem Schreiben vom 19. Dezember 2014 gebeten, den beigefügten Vordruck “Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse” bis zum 19. Januar 2015 ausgefüllt zurück zu senden. Eine Durchschrift davon wurde an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gesendet (vgl. Bl. 16 und 17 des Beihefts). Auf Veranlassung der Rechtspflegerin wurde der Kläger mit formlos übersendetem Schreiben vom 21. Januar 2015 letztmalig aufgefordert, die gewünschte Erklärung bis zum 23. Februar 2015 abzugeben und darauf hingewiesen, dass er mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe rechnen müsse, wenn er der Erklärungspflicht nicht nachkomme. Eine Durchschrift davon wurde an den Prozessbevollmächtigte des Klägers gesendet (vgl. Bl. 16 und 18 des Beihefts). Am 24. Februar 2015 hat der Kläger eine aktuelle Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nebst Belegen bei Gericht eingereicht. Hierauf hat der Rechtspfleger dem Kläger mit formlos übersendetem Schreiben vom 25. Februar 2015 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, gemäß § 120 Abs. 4 ZPO eine Ratenzahlung in Höhe von monatlich 60,00 Euro anzuordnen und der Kläger erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 13. März 2015 (vgl. Bl. 26 des Beihefts).

Mit Beschluss vom 25. März 2015 hat der Rechtspfleger den Beschluss über die bewilligte Prozesskostenhilfe geändert und die zukünftig zu zahlenden monatlichen Raten auf 60,00 Euro festgesetzt (Bl. 30 des Beihefts). Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 31. März 2015 förmlich zugestellt (Bl. 31 des Beihefts).

Mit Schriftsatz, der am 07. April 2015 bei dem Arbeitsgericht eingegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Nach weiterer Korrespondenz hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 27. Mai 2015 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 35 des Beihefts) und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht vorgelegt.

II.

Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO, zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Der Abänderungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 25. März 2015 ist unwirksam, weil vor seinem Erlass eine ordnungsgemäße Beteiligung des Klägers im Nachprüfungsverfahren gemäß § 120 Abs. 4 ZPO a. F. (=§ 120a Abs. 1 ZPO) nicht stattgefunden hat. Eine Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 ZPO a. F., ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht zugestellt. Dies kann im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden, weil die formal ordnungsgemäße Beteiligung vor Erlass des Abänderungs- bzw. Aufhebungsbeschlusses Voraussetzung für seinen rechtmäßigen Bestand ist.

1. Das Überprüfungsverfahren richtet sich im vorliegenden Verfahren aufgrund § 40 Satz 1 EGZPO nach §§ 120, 124 ZPO i.d.F. vom 05. Dezember 2005 (ZPO a. F.). Der Kläger hat vor dem 01. Januar 2014 für einen Rechtszug Prozesskostenhilfe beantragt, so dass für diesen Rechtszug die §§ 114 – 127 in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden sind.

2. Die Abänderungsentscheidung beruht schon auf einem fehlerhaften Verfahren, sie ist deshalb rechtswidrig und aufzuheben. Für eine Aufhebung oder Abänderung der Prozesskostenhilfebewilligung nach §§ 120 Abs. 4 Satz 2, 124 ZPO a. F. ist erforderlich, dass der entsprechenden Entscheidung des Arbeitsgerichts ein von ihm formal ordnungsgemäß durchgeführtes Verfahren vorausgegangen ist, andernfalls ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufzuheben.

Hierzu haben bereits das LAG Hamm, das LAG Köln und das LAG Berlin-Brandenburg (vgl. z.B. LAG Hamm 28. November 2014 -11 Ta 291/14/15-; 23. Juni 2014 -14 Ta 330/14-; 20. September 2013 -14 Ta 160/13-; LAG Köln 23. September 2015 -12 Ta 220/15-; 28. November 2014 -11 Ta 291/14-; LAG Berlin-Brandenburg 20. Juli 2015 -21 Ta 1066/15- jeweils mit weiteren Nachweisen und zitiert nach juris) ausgeführt, dass im Überprüfungsverfahren, jedenfalls die letzte Aufforderung an die Partei, sich über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, an den Prozessbevollmächtigten der Partei zuzustellen ist, soweit dieser sie schon im Bewilligungsverfahren vertreten hat. Die nunmehr für die Entscheidungen über sofortige Beschwerden im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren auch zuständige Kammer 3 des Hessischen Landesarbeitsgerichts schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Sinngemäß heißt es in den genannten Entscheidungen u.a.:

3. Die nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. vorgesehene gerichtliche Aufforderung an die Partei, sich darüber zu erklären, ob eine Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, muss gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO analog zugestellt werden (LAG Hamm -28. November 201- -11 Ta 291/14/15- Rn. 4; 23. Juni 2014 -14 Ta 330/14- Rn 14; 20. September 2013 -14 Ta 160/13- Rn. 5ff; LAG Köln 23. September 2015 -12 Ta 220/15- Rn. 22; 28. November 2014 -11Ta 291/14- Rn. 4 ; LAG Berlin-Brandenburg 20. Juli 2015 -21 Ta 1066/15- Rn. 10, jeweils mit weiteren Nachweisen und zitiert nach juris). Wird die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, zur Abgabe einer Erklärung über eine Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufgefordert, handelt es sich, soweit eine ausdrückliche Fristsetzung erfolgt, um die Bestimmung einer Handlungsfrist. In diesem Fall droht nach Ablauf die Aufhebung oder Abänderung der Bewilligungsentscheidung. Sowohl die Bestimmung einer Handlungsfrist als auch die Inlaufsetzung einer gesetzlichen Frist erfordert die Zustellung der Aufforderung gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 analog (vgl. LAG Hamm 20. September 2013, a. a. O.).

Die Anwendung dieser Bestimmung auf Fristsetzungen im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren ist im Wege der Analogie unabhängig davon geboten, dass dieses Verfahren nicht Teil des Erkenntnisverfahrens ist, für das die Norm grundsätzlich vorgesehen ist. Das Nachprüfungsverfahren ist Teil des gesamten Prozesskostenhilfeverfahrens (vgl. BGH 11. Mai 2016 -XII ZB 582/15- Rn. 5ff, zitiert nach juris; BGH 8. Dezember 2010 -XII ZB 38/09- Rn. 18ff, MDR 2011, 183 [BGH 08.12.2010 – XII ZB 38/09] unter Bezugnahme auf: BAG 19. Juli 2006 -3 AZB 18/06- NZA 2006, 1128). Es handelt sich nach der Zivilprozessordnung um ein Verfahren, für dessen Durchführung und Entscheidung das Gericht zuständig ist. Fristen im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO sind wie richterliche Fristen zu behandeln, selbst wenn sie vom Rechtspfleger gesetzt werden, denn auch nach deren Ablauf droht ein Rechtsverlust mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für eine möglicherweise weiterhin bedürftige Partei (vgl. LAG Hamm 26. Januar 2016 – 14 Ta 646/15- Rn 9ff, zitiert nach juris).

Darüber hinaus wird nur durch eine Zustellung mit der notwendigen Sicherheit nachgewiesen, dass die Aufforderung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. der Partei wirklich zugegangen ist. Bei formloser Übersendung gerichtlicher Mitteilungen oder Dokumente besteht keine Vermutung für den Zugang. Der Bürger trägt weder das Risiko des Verlustes im Übermittlungswege noch eine Beweislast für den Nichtzugang (vgl. BVerfG 30. Juni 1976 -2 BvR 164/76- NJW 1976, 1837; 19. Juni 2013 -2 BvR 1960/12- NJW 2013, 2658).

4. Zustellungen im Nachprüfungsverfahren des § 120 ZPO a. F. haben gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, wenn dieser die Partei bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat (vgl. BGH 11. Mai 2016 -XII ZB 582/15- Rn. 5ff, zitiert nach juris; BGH 8. Dezember 2010 -XII ZB 38/09- MDR 2011, 183; 8. September 2011 -VII ZB 63/10- MDR 2011, 1314). Das gilt nicht nur für die Entscheidung betreffend die Aufhebung oder Abänderung der Bewilligungsentscheidung (vgl. BAG 19. Juli 2006 -3 AZB 18/06- NZA 2006, 1128; BGH 8. Dezember 2010 -XII ZB 39/09- zitiert nach juris), sondern auch für die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. (LAG Hamm -28. November 2014 -11 Ta 291/14/15- Rn. 4; 23. Juni 2014 -14 Ta 330/14- Rn 14; 20. September 2013 – 14 Ta 160/13- Rn. 5ff; LAG Köln 23. September 2015 -12 Ta 220/15- Rn. 22; 28. November 2014 -11Ta 291/14- Rn. 4 ; LAG Berlin-Brandenburg 20. Juli 2015 -21 Ta 1066/15- Rn. 10, jeweils mit weiteren Nachweisen und zitiert nach juris).

Das Prozesskostenhilfeverfahren gehört zum Rechtszug im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO. Es ist unabhängig von der formellen Beendigung des Hauptsacheverfahrens ein damit eng zusammenhängendes gerichtliches Verfahren, zu dem auch das Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 ZPO a. F. gehört. Entsprechend ist Letzteres in das Zustellerfordernis des § 172 Abs. 1 ZPO einzubeziehen, um dem Interesse der Partei, das gesamte Verfahren in den Händen ihres Prozessbevollmächtigten zusammenzuführen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, sie über den Stand des Verfahrens auf dem Laufenden zu halten und die notwendigen Schritte zu unternehmen, gerecht zu werden. Sie geht berechtigterweise davon aus, dass ihre Beauftragung eines Bevollmächtigten auch das gesamte Prozesskostenhilfeverfahren erfasst (vgl. im Einzelnen z. B.: BGH 8. Dezember 2010 -XII ZB 38/09- MDR 2011, 183).

5. Bei Übertragung der dargestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist festzustellen, dass keine der Aufforderungen zur Abgabe einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 120 Abs. 4 Satz 2 a. F ZPO dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt worden ist. Das Nachprüfungsverfahren wurde nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Dies hat die ersatzlose Aufhebung des Beschlusses, mit dem die bewilligte Prozesskostenhilfe abgeändert wurde, und die Aufrechterhaltung der bewilligten Prozesskostenhilfe zur Folge.

a) Die im Nachprüfungsverfahren versäumte Zustellung der Aufforderungen an den Prozessbevollmächtigten des Klägers kann im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden.

Denn Gegenstand der Überprüfung im Beschwerdeverfahren ist die Rechtmäßigkeit des Beschlusses, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß §§ 120, 124 ZPO a.F. aufgehoben/abgeändert wurde. Dieser Beschluss kann nur dann wirksam sein, wenn das Verfahren der Aufforderung zur Abgabe der Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. formal ordnungsgemäß ist. Fehlt es wie hier an einer Zustellung der Aufforderung, ist die Abänderung der Bewilligung zu Unrecht erfolgt. Nicht zuletzt im Hinblick auf die nach §§ 120 Abs. 4 Satz 3, 124 Ziffer 3 ZPO a. F. nur zeitlich begrenzt für vier Jahre nach rechtskräftiger Entscheidung oder sonstiger Beendigung des Verfahrens bestehende Möglichkeit einer Änderung der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung zum Nachteil der Partei, die als solche zum Nachteil der Partei nur der Rechtspfleger treffen kann, ist es erforderlich, dass der Aufhebungsentscheidung des Arbeitsgericht ein von ihm formal ordnungsgemäß durchgeführtes Verfahren zugrunde liegt. Ist das nicht der Fall, verbleibt es bei der ursprünglichen Bewilligung.

Eine Abänderung der Bewilligungsentscheidung wegen veränderter persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse kann nur nach einem erneuten Verfahren erfolgen, soweit dieses gemäß § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO a.F. noch zulässig ist. Eine Korrektur der fehlerhaften Verfahrensweise des Arbeitsgerichts vor einer Aufhebungs- /Abänderungsentscheidung nach §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO a. F. in der Beschwerdeinstanz ist danach nicht mehr möglich (vgl. LAG Hamm, 23. Juni 2014 -14 Ta 330/14- Rn. 17; 20. September 2013 -14 Ta 160/13- Rn. 15, jeweils zitiert nach juris;)

b) Der Zustellungsmangel ist auch nicht nach § 189 ZPO geheilt worden.

Denn für eine Heilung nach § 189 ZPO wäre erforderlich gewesen, dass der Beschluss mit Zustellungswillen des Rechtspfleger in die Hände des Prozessbevollmächtigten des Klägers gelangt ist, denn nur eine fehlgeschlagene Zustellung soll geheilt werden (BGH 26. November 2002 -VI ZB 41/02- NJW 2003, 1193; BVerwG 23. April 2010 -7 C 20/09- DVBl. 2010, 1508 f.; BAG 28. Februar 2008 – 3 AZB 56/07 – zitiert nach juris; Stöber in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl., § 189 Rn. 2 mit weiteren Nachweisen). Dies ist jedoch vorliegend bis heute nicht geschehen. Die Verfügungen der Rechtspflegerin mit den Aufforderungsschreiben enthalten keinen Hinweis auf eine beabsichtigte Zustellung an den Kläger oder seinen Prozessbevollmächtigten.

Darüber hinaus sind die Aufforderungen des Rechtspflegers weder dem Kläger noch seinem Prozessbevollmächtigten zu einem späteren, nachweisbaren Zeitpunkt tatsächlich zugegangen.

c) Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass für die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens das Gericht zuständig ist (§ 120 Abs. 4 ZPO a.F., § 120a Abs. 1 ZPO), sie ist dem Rechtspfleger gemäß § 3 Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c) RPflG übertragen. Dagegen ist eine weitergehende Übertragung insbesondere auf den mittleren Dienst nicht vorgesehen. Denn der in § 36b RPflG enthaltene Katalog von Rechtspflegeraufgaben, welche auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragen werden können, enthält keine Aufgaben aus dem Bereich des Prozesskostenhilfeverfahrens. Entsprechend haben insbesondere die Fristsetzungen im Nachprüfungsverfahren gegenüber der Partei durch den Rechtspfleger selbst zu erfolgen. Diese sind entsprechend § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen und ausschließlich für die Ausführung der Zustellung ist gemäß § 168 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 153 GVG die Geschäftsstelle und zwar in der Person des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zuständig (vgl. Zöller/Greger, ZPO 31. Auflage, 2016, § 168 ZPO Rn. 1). Entsprechend hat der zuständige Rechtspfleger im Überprüfungsverfahren jedenfalls die Zustellung der letzten mit einer Fristsetzung verbundenen Aufforderung zur Mitwirkung im Nachprüfungsverfahren selbst zu verfügen, bevor der Aufhebungsbeschluss ergehen kann (so bereits LAG Hamm 10. Mai 2016 -5 Ta 169/16- Rn. 8, zitiert nach juris, mit weiteren Nachweisen).

6. Die insgesamt unzureichende Mitwirkung des Klägers geht lediglich ausnahmsweise deshalb nicht zu seinen Lasten, weil er im Nachprüfungsverfahren nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde, insbesondere wurde die Aufforderung nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht seinem Prozessbevollmächtigten zugestellt. Ob im Nachprüfungsverfahren Änderungen eingetreten sind, wird das zuständige Gericht nach Zustellung der Aufforderung nach § 120 Abs. 4 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin erneut zu prüfen haben.

7. Eine Kostenentscheidung hat nicht zu ergehen. Eine Kostenerstattung der am Beschwerdeverfahren Beteiligten erfolgt nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht. Für eine erfolgreiche sofortige Beschwerde im Prozesskostenüberprüfungsverfahren fallen keine Gerichtsgebühren an (vgl. §§ 22 Abs. 1, 1 Abs. 1 GKG, KV 8614).

Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht. Der Kläger ist mit seinem Rechtsmittel erfolgreich und durch die Entscheidung nicht beschwert. Ein Beschwerderecht der Staatskasse nach § 127 ZPO besteht nicht. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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