LAG Hessen, 22.06.2015 – 7 Sa 381/14

April 28, 2019

LAG Hessen, 22.06.2015 – 7 Sa 381/14
Leitsatz:

1.

Der Anspruch auf eine – aus Urlaubsgeld und Sonderzuwendung zusammengesetzte – Sonderzahlung gemäß dem Tarifvertrag über Sonderzahlung für den Hessischen Einzelhandel vom 4. August 2008 in der Fassung vom 21. Juni 2011 setzt das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus. Er entfällt weder im Falle eines ruhenden noch im Falle eines – aufgrund einer fortgesetzten Erkrankung des Arbeitnehmers – dauerhaft leistungsgestörten Arbeitsverhältnisses.
2.

Der Anspruch entfällt auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer sich im bestehenden Arbeitsverhältnis nach Aussteuerung durch die Krankenkasse arbeitslos meldet und der Arbeitgeber ihm zu diesem Zweck eine Arbeitsbescheinigung erteilt. Dafür, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien in einem solchen Fall (mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einem bloß formalen Arbeitsverhältnis) kein Arbeitsverhältnis mehr im tarifvertraglichen Sinne mehr besteht, lassen sich dem Tarifvertrag über Sonderzahlung für den Hessischen Einzelhandel keine Anhaltspunkte entnehmen.
3.

Auf einen nur hypothetischen Willen der Tarifvertragsparteien, einen Arbeitnehmer, der Arbeitslosengeld beantragt, nicht mehr als dem Betrieb oder Unternehmen zugehörig anzusehen, kann nicht abgestellt werden.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main von 08. Januar 2014 – 10 Ca 233/13 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten über tarifliche Sonderzahlungen.

Die Beklagte ist ein Warenhandelsunternehmen. Die Klägerin wurde von ihr bzw. ihrer Rechtsvorgängerin mit schriftlichem Arbeitsvertrag (Kopie Bl. 4 f. d.A.) zum 26. Januar 1993 als kommissarische Filialleiterin der Filiale A angestellt. Im Arbeitsvertrag ist in Ziff. 1 Abs. 2 u. a. geregelt, dass

“für das Arbeitsverhältnis – soweit im Rahmen dieses Vertrages nichts anderes vereinbart wird – die Bestimmungen des maßgeblichen Tarifvertrages für den Einzelhandel einschließlich der entsprechenden Zusatzabkommen”

gelten. Zuletzt bezog die Klägerin für ihre Tätigkeit als Filialleiterin ein Bruttogehalt von monatlich € 2.846,00. Seit dem 23. November 2009 ist sie durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 5. Januar 2010 erhält sie von der Beklagten kein Entgelt mehr. Die Klägerin beantragte im Jahr 2011 Arbeitslosengeld. Zu diesem Zweck erteilte ihr die Beklagte unter dem 8. April 2011 eine Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB Ill (BI. 41 – 45 d.A.). Seit dem 1. Mai 2011 bezieht die Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, die zunächst bis zum 30. November 2013 befristet war (vgl. den Rentenbescheid BI. 63 – 73 d. A.) und zwischenzeitlich bis zum 30. November 2015 verlängert worden ist.

Für das Jahr 2010 zahlte die Beklagte auf eine Aufforderung der Gewerkschaft ver.di vom 20. Januar 2011 (BI. 6 und 7 d. A.) die tariflichen Sonderzahlungen für das Jahr 2010, bestehend aus Urlaubsgeld und der Sonderzuwendung, nach.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte ihr die tariflichen Sonderzahlungen auch für die Jahre 2011, 2012 und 2013 schulde.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 8.498,25 brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, sie müsse die begehrten Sonderzuwendungen nicht zahlen, da das Arbeitsverhältnis nur noch formaler Natur sei. Es ruhe spätestens seit dem 1. Mai 2011. Der Tarifvertrag bezwecke die Vergütung geleisteter Tätigkeit.

Das Arbeitsgericht Offenbach am Main hat der auf Zahlung tariflichen Urlaubsgeldes und der tariflichen Sonderzuwendung für die Jahre 2011, 2012 und 2013 gerichteten Klage mit Urteil vom 8. Januar 2014 – 10 Ca 233/13 – stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Anspruch auf Urlaubsgeld gemäß § 3 des Tarifvertrages über Sonderzahlung (Urlaubsgeld und Sonderzuwendung) für die Arbeitnehmer/innen im Hessischen Einzelhandel vom 4. August 2008 in der Fassung vom 21. Juni 2011 (im Folgenden: TV Sonderzahlung) nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzte und daher auch dann bestehe, wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt keine tatsächliche Arbeitsleistung erbringe und ihm deshalb kein Urlaub gewährt werden könne. Des Weiteren stehe weder die durchgehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin noch der Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit ihrem Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung in den Jahren 2011 bis 2013 entgegen, da auch § 4 Ziff. 2 TV Sonderzahlung lediglich auf die Betriebszugehörigkeit, nicht jedoch darauf abstelle, ob der Arbeitnehmer während dieser Zeit eine Arbeitsleistung erbracht habe. Die Beklagte habe daher an die Klägerin die in der Höhe nicht streitigen Beträge in Höhe von jährlich € 1.054,00 brutto als Urlaubsgeld und von jährlich € 1.778,75 als Sonderzuwendung zu zahlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand und wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Beklagten am 19. Februar 2014 zugestellt worden. Ihre Berufungsschrift ist am 18. März 2014 und ihre Berufungsbegründung – nach bis dahin verlängerter Frist – am 19. Mai 2014 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Beklagte meint, § 3 TV Sonderzahlung sei bereits tatbestandlich nicht erfüllt, da für einen Anspruch auf Urlaubsgeld nach dieser Vorschrift nicht genüge, dass ein Arbeitsverhältnis lediglich rein formal noch bestanden habe. Anspruchsvoraussetzung sei vielmehr, dass der Arbeitnehmer tatsächlich tätig sei und Urlaub nehmen könne. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht ferner auf einen Anspruch auf eine Sonderzuwendung für die Jahre 2011 bis 2013 entschieden, da auch § 4 TV Sonderzahlung voraussetze, dass eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht werde. Ein Anspruch scheide jedenfalls aus, da das Arbeitsverhältnis der Parteien nach der Aussteuerung der Klägerin durch die Krankenkasse, ihrer Arbeitslosmeldung und der hierzu erteilten Arbeitsbescheinigung und dem Bezug einer Erwerbsminderungsrente nur noch formaler Natur sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 8. Januar 2014 – 10 Ca 233/13 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung ihrer Rechtsauffassungen. Ein tatsächliches Tätigwerden des Arbeitnehmers werde weder für den Anspruch auf Urlaubsgeld noch für den Anspruch auf die Sonderzuwendung vorausgesetzt. Auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Arbeitsverhältnis nur noch formaler Natur könne sich die Beklagte nicht berufen, da es ihr über die vergangenen Jahre unbenommen gewesen sei, das Arbeitsverhältnis aus personenbedingten Gründen zu kündigen und sie vielmehr ausdrücklich an diesem festgehalten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze vom 19. Mai 2014 (Bl. 128-138 d.A.), vom 2. Juli 2014 (Bl. 152 – 154 d.A.) und vom 12. Juni 2015 (Bl. 167 – 168 d.A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Offenbach am Main vom 8. Januar 2014 – 10 Ca 233/13 – ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. b ArbGG nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG; §§ 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO.

II.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung tariflichen Urlaubsgeldes und der tariflichen Sonderzuwendung für die Jahre 2011, 2012 und 2013 von insgesamt € 8.498,25 brutto gemäß § 2 i.V.m. §§ 3, 4 TV Sonderzahlung zu.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Urlaubsgeld gemäß §§ 2, 3 TV Sonderzahlung in Höhe von jeweils € 1.054,00 brutto, mithin von insgesamt € 3.162,00 brutto, für die Jahre 2011 bis 2013.

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TV Sonderzahlung jedenfalls aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme Anwendung. Gemäß Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages ist die Geltung der Bestimmungen des maßgeblichen Tarifvertrages für den Einzelhandel einschließlich der entsprechenden Zusatzabkommen vereinbart. Da die Klägerin in einer Filiale der Beklagten im Lande Hessen tätig war, ist hiernach der TV Sonderzahlung auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.

b) Arbeitnehmer haben nach § 2 Anspruch auf eine tarifliche Sonderzahlung, die sich aus zwei Teilbeträgen (Urlaubsgeld und Sonderzuwendung) zusammensetzt. Voraussetzung für den Teilbetrag “Urlaubsgeld” ist hiernach allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Diese Voraussetzung ist erfüllt, da das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten in den Jahren 2011 bis 2013 bestand und im Übrigen auch weiterhin fortbesteht. Es ist weder durch die Erkrankung der Klägerin noch durch den Bezug von Arbeitslosengeld nach Auslaufen des Krankengeldanspruchs noch durch den Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit beendet worden.

c) Den Regelungen zum Urlaubsgeld in § 3 TV Sonderzahlung sind keine weiteren Anspruchsvoraussetzungen zu entnehmen.

Nach § 3 Ziff. 1 lit. a TV Sonderzahlung beträgt das Urlaubsgeld 50 % des Endgehaltes der Gehaltsgruppe B 1 (Verkäufer/in) des Gehaltstarifvertrages des Einzelhandels in Hessen, der am 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres gilt. Dieser Teil des § 3 Ziff. 1 TV Sonderzahlung ist durch den Ergänzungstarifvertrag vom 21. Juni 2011 insoweit inhaltlich nicht verändert worden. Hinsichtlich der Berechnung und Fälligkeit bestimmen die Ziffern 2 und 3 des § 3 TV Sonderzahlung Folgendes:

“2. Berechnung und Rückzahlung des Urlaubsgeldes

a) Im Urlaubsjahr eintretende und ausscheidende Anspruchsberechtigte haben Anspruch auf soviel Zwölftel des Urlaubsgeldes, wie sie im laufenden Urlaubsjahr volle Kalendermonate im Betrieb bzw. Unternehmen tätig sind. Zuviel gezahltes Urlaubsgeld ist als Gehalts-, Lohn- bzw. Vergütungsvorschuss zurückzuzahlen. Bei Aufrechnung gegen Gehalts-, Lohn- oder Vergütungsansprüche sind die Lohnpfändungsvorschriften zu beachten.

b) Eine Verpflichtung der Rückzahlung entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis wegen Erreichung der Altersgrenze, Krankheit oder Tod des Anspruchsberechtigten oder durch Kündigung seitens des Arbeitgebers wegen innerbetrieblicher Rationalisierung endet. Von der Rückzahlungspflicht sind ferner Anspruchsberechtigte befreit, deren Betriebszugehörigkeit zum Zeitpunkt der Auszahlung des Urlaubsgeldes mehr als fünf Jahre gedauert hat oder Arbeitnehmerinnen, die von § 10 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes Gebrauch machen.

c) …

d) Wird das Arbeitsverhältnis aufgrund treuwidrigen Verhaltens (Diebstahl oder Unterschlagung, Untreue oder sonstiges strafbares Verhalten im Arbeitsverhältnis) beendet, so entfällt der Anspruch auf Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes. Gegebenenfalls für das laufende Kalenderjahr bereits erhaltenes Urlaubsgeld ist als Vorschuss zurückzuzahlen.

3. Fälligkeit

a) Das Urlaubsgeld ist auf Verlangen des Anspruchsberechtigten vor Antritt des Urlaubs, spätestens jedoch zum 30. Juni auszuzahlen.

b) Durch Betriebsvereinbarung kann ein anderer Fälligkeitstermin bestimmt werden.”

Der Anspruch auf den Teilbetrag “Urlaubsgeld” setzt nach diesen Regelungen, nicht voraus, dass dem Arbeitnehmer tatsächlich Urlaub gewährt worden ist oder gewährt werden konnte (BAG Urteil v. 19. Januar 1999 – 9 AZR 158/98 – zu I. 1. und 2. der Gründe, AP Nr 67 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel).

aa) Kürzungsregelungen sind lediglich geregelt für die Fälle der im laufenden Urlaubsjahr ein- und austretenden Arbeitnehmer, § 3 Ziff. 2 lit. a TV Sonderzahlung. Des Weiteren verknüpft auch die Fälligkeitsregelung des § 3 Ziff. 3 lit. a TV Sonderzahlung den Anspruch auf Urlaubsgeld nicht mit einer tatsächlichen Urlaubsgewährung. Danach ist zwar das Urlaubsgeld auf Wunsch des Arbeitnehmers vor Urlaubsantritt zu zahlen. Die Tarifvertragsparteien haben den Urlaubsgeldanspruch jedoch vom Urlaubsantritt gelöst und den 30. Juni als spätesten Auszahlungstermin festgelegt. Damit schuldet der Arbeitgeber das Urlaubsgeld unabhängig davon, ob ein Arbeitnehmer bis zu diesem Zeitpunkt seinen Urlaub angetreten hat oder nicht. Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer sind hiervon nicht ausgenommen. Der Tarifvertrag enthält auch keine Bestimmung dahingehend, dass der Anspruch nicht erfüllt zu werden brauche, wenn ungewiss ist, ob der Arbeitnehmer im verbleibenden Urlaubsjahr oder im Übertragungszeitraum arbeitsfähig wird und der Urlaubsanspruch dann durch Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllt werden kann (BAG Urteil v. 19. Januar 1999 – 9 AZR 158/98 – a.a.O.).

bb) Da die Regelung zum Urlaubsgeld im TV Sonderzahlung in Kenntnis der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei den seitdem erfolgten Änderungen des Tarifvertrages im Wesentlichen unverändert gelassen bzw. nicht mit Einschränkungen versehen wurde, kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Anspruch nicht nur nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung, sondern auch nach dem eindeutigen Willen der Tarifvertragsparteien und dem von ihnen mit dem Urlaubsgeld beabsichtigten Zweck lediglich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung kann nicht schon aufgrund der Bezeichnung des Anspruchs als Urlaubsgeld auf einen zwingenden Zusammenhang zum Urlaubsanspruch geschlossen werden. Auch mit diesem Einwand hat sich das Bundesarbeitsgericht in der genannten Entscheidung befasst und festgestellt, dass es den Tarifvertragsparteien frei steht, ohne Rücksicht auf den Bestand von Arbeitspflichten oder von Urlaubsansprüchen eine als “Urlaubsgeld” bezeichnete Sonderzahlung zu vereinbaren und dass ein abweichender Zweck nur berücksichtigt werden kann, wenn er sich aus den im Tarifvertrag festgelegten Anspruchsvoraussetzungen und den Ausschluss- oder Kürzungstatbeständen herleiten lässt. Da dem TV Sonderzahlung kein derartiger Anhaltspunkt zu entnehmen ist, kann nicht aufgrund eines vermeintlichen Regel-/Ausnahmeverhältnisses angenommen werden, der Anspruch auf Urlaubsgeld entfalle immer dann, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit kein Urlaub gewährt werden kann (BAG Urteil vom 19. Januar 1999 – 9 AZR 158/98 – zu I. 3. der Gründe a.a.O. m.w.N.). Aufgrund des insoweit unveränderten Wortlauts der tariflichen Regelung besteht keine Veranlassung zu einer abweichenden Auslegung.

d) Der Anspruch der Klägerin auf das tarifliche Urlaubsgeld ist schließlich nicht ausgeschlossen, weil ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten seit ihrer Arbeitslosmeldung im Jahr 2011 nur noch formaler Natur ist. Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg auf Urteile des Bundesarbeitsgerichts, die zu anderen Tarifverträgen ergangen sind und in denen die Anspruchsvoraussetzungen eines tariflichen Anspruchs unter Rückgriff auf das Konstrukt eines nur noch formal bestehenden Arbeitsverhältnisses als nicht gegeben erachtet wurden. Der TV Sonderzahlung schließt Ansprüche im fortbestehenden Arbeitsverhältnis weder bei einem Ruhen noch in einem anderen Zustand weiter gehender Lockerung aus. Vielmehr differenziert dieser Tarifvertrag nicht nach der der Intensität des Arbeitsverhältnisses. Maßgeblich ist daher für den Anspruch allein der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses.

aa) Das Bundesarbeitsgericht hat wiederholt zu verschiedenen Tarifverträgen ausgeführt, dass bei langer Arbeitsunfähigkeit, Aussteuerung durch die Krankenkasse, Bezug von Arbeitslosengeld, damit einhergehendem Verzicht des Arbeitgebers auf das Direktionsrecht und späterer Beantragung einer Rente das Arbeitsverhältnis nur noch formal bestehe und die Bindungen der Parteien in einer Weise gelockert seien, dass kein Arbeitsverhältnis im Sinne des jeweiligen Tarifvertrages mehr gegeben sei. Bei diesen Arbeitsverhältnissen sei mit einer Reaktivierung nicht mehr zu rechnen (Urteile v. 28. September 1994 – 10 AZR 805/93 – AP Nr. 168 zu § 611 BGB Gratifikation; v. 11. Oktober 1995 – 10 AZR 364/94 -, ; v. 6. Dezember 1995 – 10 AZR 334/94 -; v. 10. April 1996-10 AZR 600/95 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge Bergbau; v. 12. November 1997 – 10 AZR 74/97 – ; v. 11. Februar 1998 – 10 AZR 264/97 – BB 1998, 2367; v. 27. Januar 1999 – 10 AZR 3/98 – […]; v. 15. März 2000 – 10 AZR 115/99 – ; v. 24. Januar 2001 – 10 AZR 672/99 -, ). In einer weiteren Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 14. März 2006 unter Hinweis auf die vorgenannte Rechtsprechung des 10. Senats ausgeführt, es sei zu vermuten, dass die Parteien zumindest stillschweigend das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbaren, wenn ein Arbeitnehmer bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit auf seinen Antrag hin nach Ablauf der Krankengeldzahlungen Arbeitslosengeld beziehe. Mit der Beantragung des Arbeitslosengeldes und Vorlage der Arbeitsbescheinigung gebe der Arbeitnehmer in einem solchen Fall zu erkennen, dass er seine Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, die Erbringung der Arbeitsleistung, wegen seiner krankheitsbedingten und nicht nur vorübergehenden Leistungsunfähigkeit zumindest vorläufig als beendet ansehe. Mit der Erteilung der Arbeitsbescheinigung verzichte der Arbeitgeber auf sein Direktionsrecht und damit auf seine Verfügungsmacht über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Dadurch würden die Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers und gleichzeitig die Vergütungspflicht des Arbeitgebers suspendiert und das Arbeitsverhältnis zum Ruhen gebracht (BAG Urteil v. 14. März 2006 – 9 AZR 312/05 – Rn. 27, AP Nr. 90 zu § 7 BUrlG Abgeltung; so auch BAG, Urteil v. 27. Januar 1999 – 10 AZR 3/98 – a.a.O.).

bb) Der hier maßgebliche TV Sonderzahlung setzt für den Anspruch auf das Urlaubsgeld als Teil der Sonderzahlung lediglich ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus. Die Vereinbarung eines ruhenden Arbeitsverhältnisses lässt den Anspruch nicht entfallen, so dass dahingestellt bleiben kann, ob aufgrund der Arbeitslosmeldung der Klägerin und der von ihr hierfür von der Beklagten begehrten und von dieser erteilten Arbeitsbescheinigung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf eine stillschweigende Ruhensvereinbarung geschlossen werden kann.

Die Auslegung der Regelungen zum Urlaubsgeld gemäß TV Sonderzahlung ergibt, dass der Anspruch nicht nur unabhängig von der Möglichkeit der Urlaubsgewährung und damit auch im Falle der Leistungsstörung infolge einer Dauererkrankung, sondern auch in einem ruhenden Arbeitsverhältnis entsteht. Dies hat das Bundesarbeitsgericht für diese Regelungen bereits wiederholt entschieden (BAG Urteil v. 6. September 1994 – 9 AZR 92/93 – zu I. 2. b) bb) (2) der Gründe, AP Nr. 50 zu § 1 TVG Tarifverträge Einzelhandel; BAG Urteil v. 19. Januar 1999 – 9 AZR 204/98 – zu 3. b) der Gründe, AP Nr. 68 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). Weder der Tarifwortlaut noch der tarifliche Gesamtzusammenhang geben einen Hinweis auf den Willen der Tarifvertragsparteien, das tarifliche Urlaubsgeld in einem ruhenden Arbeitsverhältnis nicht entstehen zu lassen. Diesen waren die mit dem Ruhen von Arbeitsverhältnissen verbundenen Fragestellungen wie etwa der Kürzung des Urlaubsanspruchs im Falle des Erziehungsurlaubs bei Abschluss des Tarifvertrages bekannt. Wenn es gewollt gewesen wäre, hätte es daher nahegelegen, entsprechende weitergehende Kürzungsregelungen in § 3 TV Sonderzahlung aufzunehmen (BAG Urteil v. 6. September 1994 – 9 AZR 92/93 – a.a.O.).

cc) Schließlich entfällt der Anspruch auf das tarifliche Urlaubsgeld nicht deshalb, weil anzunehmen wäre, dass seit der von der Beklagten erteilten Arbeitsbescheinigung im Zusammenhang mit der Arbeitslosmeldung der Klägerin nur noch ein formales Arbeitsverhältnis bestünde. Soweit das Bundesarbeitsgericht in den genannten Entscheidungen unabhängig von einer Ruhensvereinbarung auf ein solches formales Arbeitsverhältnis abgestellt und festgestellt hat, dass es sich dabei nicht um ein Arbeitsverhältnis im Sinne des jeweils maßgeblichen Tarifvertrages handele, trifft dies für den TV Sonderzahlung nicht zu. Dieser Tarifvertrag enthält keine Hinweise darauf, dass die Ansprüche auf eine Sonderzahlung trotz bestehendem Arbeitsverhältnis ab einem wie auch immer zu bestimmenden Grad der Lockerung der Rechtsbeziehungen ausgeschlossen sein sollen.

(1) Nach dem Wortlaut der Tarifnorm, von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., vgl. z. B. BAG, Urteil vom 27. Juli 2011 – 10 AZR 484/10 – Rn. 14, ), ist ein Entfall des Anspruchs auf eine Sonderzahlung gemäß § 3 Ziff. 2 lit. b) und § 4 Ziff.3 TV Sonderzahlung nur bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines treuwidrigen Verhaltens vorgesehen. Ein Arbeitsverhältnis endet durch Kündigung, Aufhebungsvertrag, Ablauf der Befristung, Eintritt einer Bedingung oder den Tod des Arbeitnehmers, nicht aber allein dadurch, dass es aufgrund einer dauernden Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers als sinnentleert oder nach der Arbeitslosmeldung des Arbeitnehmers als nur noch formal bestehend zu bezeichnen ist. Soweit der Rechtsprechung zum nur noch formalen Arbeitsverhältnis zu entnehmen ist, dass das Rechtsverhältnis bloß noch eine leere Hülle ohne weitergehende Bindungen sei, weil der Bezug von Arbeitslosengeld voraussetze, dass der Arbeitnehmer nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis stehe (vgl. BAG Urteil v. 14. März 2006 – 9 AZR 312/05 – Rn. 27, a.a.O.), ist dem Tarifvertrag schon nicht zu entnehmen, dass nicht auf den arbeitsrechtlich maßgeblichen Begriff des Arbeitsverhältnisses, sondern auf den weitergehenden sozialrechtlichen Begriff des Beschäftigungsverhältnisses abzustellen sein soll. Der Tarifvertrag verwendet durchgehend den Begriff des Arbeitsverhältnisses und nicht den des Beschäftigungsverhältnisses. Im Übrigen können sozialversicherungsrechtliche Überlegungen nicht maßgeblich sein, da der Bezug von Arbeitslosengeld wegen Minderung der Leistungsfähigkeit nicht voraussetzt, dass der Arbeitnehmer arbeitslos ist. Die sog. Nahtlosigkeitsregelung des § 145 Abs. 1 SGB III verzichtet vielmehr zu Gunsten leistungsgeminderter Personen auf das Vorliegen von Arbeitslosigkeit.

(2) Aufgrund des tariflichen Gesamtzusammenhangs kann nicht auf den Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen werden, dass der Anspruch nach langandauernder Erkrankung, Aussteuerung durch die Krankenkasse und der hiernach erfolgten Arbeitslosmeldung, zu der der Arbeitgeber eine Arbeitsbescheinigung beiträgt, ausgeschlossen sein sollte. Der Tarifvertrag regelt in § 3 Ziff. 2 und in § 4 Ziff. 2 lit b) und Ziff. 3, in welchen Fällen der Anspruch zu kürzen ist oder ganz entfällt. Dazu gehören weder die Arbeitslosmeldung noch der Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung bei einem rechtlich fortbestehenden Arbeitsverhältnis. Nach § 3 Ziff. 2 lit. a) TV Sonderzahlung scheidet die im Falle des unterjährigen Ausscheidens vorgesehene Kürzung des Anspruchs aus, wenn das Arbeitsverhältnis u. a. wegen Krankheit des Arbeitnehmers endet. Da eine krankheitsbedingte Kündigung insbesondere im Falle einer langandauernden Erkrankung des Arbeitnehmers in Betracht kommt, verdeutlicht die Regelung, dass der Anspruch auf die Sonderzahlung nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch in einem solchen Fall uneingeschränkt bestehen soll.

(3) Auch Sinn und Zweck der tariflichen Regelung führen nicht zu einer anderen Auslegung. Die Abkoppelung der Sonderzahlung vom Urlaubsanspruch und der tatsächlichen Arbeitsleistung verdeutlicht zwar, dass mit der Zahlung die Betriebstreue des Arbeitnehmers honoriert werden soll. Unter diesem Gesichtspunkt ist ein Ausschluss des Anspruchs bei einem Arbeitnehmer, der sich nach langandauernder Erkrankung und nach Aussteuerung durch die Krankenkasse arbeitslos meldet, jedoch nicht zu rechtfertigen. In dem Tarifvertrag ist ausdrücklich geregelt, bei welchem treuwidrigen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auslösendem Verhalten der Anspruch entfallen soll. Weitere Einschränkungen unter dem Aspekt der Vertrags- bzw. Betriebstreue enthält der Tarifvertrag nicht. Im Übrigen kann dem Arbeitnehmer unter diesem Aspekt nicht entgegengehalten werden, dass sein Festhalten am Arbeitsverhältnis nur als “pro forma” gewertet werden müsse, da er mit der Arbeitslosmeldung und der Vorlage der Arbeitsbescheinigung an den Arbeitgeber zu verstehen gebe, dass das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich nicht mehr ausgeübt werden solle, sondern beendet sei (so etwa: LAG Schleswig-Holstein Urteil v. 21. Juni 2012 – 5 Sa 80/12 – Rn. 38, ). Ein derartiger Erklärungsinhalt kann der Arbeitslosmeldung und den in diesem Zusammenhang gegenüber der Beklagten abgegebenen Erklärungen der Klägerin nicht beigemessen werden, da es dieser erkennbar um die finanzielle Absicherung in einer persönlich schwierigen Situation, nicht aber darum ging, ihr Arbeitsverhältnis aufzugeben. Vor dem Hintergrund der ihr nur befristet gewährten Erwerbsminderungsrente sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie den Willen hatte, ihr Arbeitsverhältnis faktisch zumindest vorläufig zu beenden. Für das von ihr beantragte Arbeitslosengeld waren weder ein solcher Wille der Klägerin noch der Verzicht der Beklagten auf die Verfügungsmacht über ihre Arbeitsleistung erforderlich. Beides sind keine Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 145 SGB III. Auch der Erteilung der Arbeitsbescheinigung durch den Arbeitgeber, zu der er nach § 312 SGB III verpflichtet ist, kann daher kein weitergehender Erklärungsinhalt, geschweige denn die konkludente Annahme eines Angebots zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, beigemessen werden.

c) Hinsichtlich der Höhe des Urlaubsgeldes hat die Beklagte keine Einwendungen gegen die Klageforderung erhoben, so dass der Klägerin für die Jahre 2011, 2012 und 2013 jeweils € 1.045,00 brutto zustehen.

2.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte ferner einen Anspruch auf Zahlung der jährlichen Sonderzuwendung für die Jahre 2011, 2012 und 2013 in Höhe von jeweils € 1.778,75 brutto gemäß §§ 2, 4 TV Sonderzahlung.

a) Anspruchsberechtigt auf die tarifliche Sonderzuwendung als weiteren Teilbetrag der Sonderzahlung nach § 2 TV sind nach § 4 Ziff. 2 TV Sonderzahlung Arbeitnehmer, die am 1. Dezember des Kalenderjahres dem Betrieb mindestens zwölf Monate ununterbrochen angehört haben. Die Sonderzuwendung ist damit, anders als der Anspruch auf Urlaubsgeld, nicht allein vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses abhängig. Mit der Wartezeit haben die Tarifvertragsparteien eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung festgelegt, die über § 2 TV Sonderzahlung hinausgeht (BAG Urteil v. 19. Januar 1999 – 9 AZR 158/98 – zu I. 3. A) der Gründe, a.a.O.). Die Klägerin gehörte aufgrund ihres fortbestehenden Arbeitsverhältnisses dem Betrieb jeweils am 1. Dezember der Jahre 2011 bis 2013 ununterbrochen an, so dass ihr die Sonderzuwendungen für diese Jahre zustehen.

b) Weitere Voraussetzungen enthält Tarifvertrag für den Anspruch auf den Teilbetrag Sonderzuwendung nicht. Der Anspruch ist nicht von einer Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in dem Kalenderjahr abhängig.

§ 4 TV Sonderzahlung lautet auszugsweise:

“1. Höhe

a) Die jährliche Sonderzuwendung beträgt 62,5 % des dem/der Arbeitnehmer/in, Auszubildenden oder diesen Gleichzustellende individuell zustehenden monatlichen tariflichen Entgeltes.

b) Maßgebend für die Berechnung der Sonderzuwendung ist der 30. November des jeweiligen Kalenderjahres bzw. der Monat des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis

2. Anspruchsberechtigung

a) Anspruchsberechtigt auf die tarifliche Sonderzuwendung sind Arbeitnehmer/innen, Auszubildende oder diese Gleichzustellende, die am 1. Dezember des Kalenderjahres dem Betrieb/Unternehmen mindesten 12 Monate ununterbrochen angehört haben.

b) In dem Kalenderjahr, in dem das Arbeitsverhältnis endet, steht dem/der Anspruchsberechtigten, sofern er/sie die Voraussetzungen gemäß Ziffer 2a) erfüllt, für jeden vollen Monat 1/12 der Sonderzuwendung zu.

3. Verfall des Anspruchs

Wird das Arbeitsverhältnis aufgrund treuwidrigen Verhaltens (Diebstahl, Unterschlagung, Untreue oder sonstiges strafbares Verhalten im Arbeitsverhältnis) beendet, so entfällt der Anspruch auf Zahlung der tariflichen Sonderzuwendung. Gegebenenfalls für das laufende Kalenderjahr bereits erhaltene Beträge sind als Vorschuss zurückzuzahlen.

4. Fälligkeit

…”

Eine Anknüpfung an eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers enthalten diese Regelungen für die Sonderzuwendung nicht. Soweit § 4 Ziff. 1 lit. a) TV Sonderzahlung auf das dem Arbeitnehmer individuell zustehende monatliche tarifliche Entgelt abstellt, kann daraus nicht entnommen werden, dass der Anspruch eine tatsächliche Arbeitsleistung voraussetzt. Es handelt sich dabei um eine bloße Berechnungsvorschrift zur Bestimmung der Höhe des Anspruchs (vgl. BAG Urteil vom 25. September 2013 – 10 AZR 850/12 – Rz. 18, .). Des Weiteren haben die Tarifvertragsparteien auch die Sonderzuwendung mit Regelungen über die Kürzung (§ 4 Ziff. 2 lit a) und den Entfall des Anspruchs (§ 4 Ziff. 3) versehen. Der tarifliche Gesamtzusammenhang spricht daher für den Willen der Tarifvertragsparteien, dass andere Sachverhalte wie eine fortgesetzte Erkrankung des Arbeitnehmers oder das Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht zu einer Kürzung oder zu einem Entfall führen sollen.

c) Schließlich ist der Anspruch der Klägerin auf die Sonderzuwendung nicht wegen ihrer Arbeitslosmeldung oder der von ihr bezogenen Rente wegen Erwerbsminderung ausgeschlossen. Entscheidend sind wiederum das ununterbrochene Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses in den Jahren 2011 bis 2013 und das Fehlen von Anhaltspunkten dafür, dass das “Arbeitsverhältnis” im Sinne des Tarifvertrages nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien einschränkend zu definieren wäre. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter I. 1. d) verwiesen. Etwas Anderes kann für die Sonderzuwendung auch nicht daraus gefolgert werden, dass es in der Regelung zur Wartezeit in § 4 Ziff. 2 lit a) heißt, dass der Arbeitnehmer “am 1. Dezember des Kalenderjahres dem Betrieb/Unternehmen mindestens 12 Monate angehört haben” muss. Ein Arbeitnehmer ist solange einem Unternehmen zugehörig, wie das Arbeitsverhältnis besteht. Für ein hiervon abweichendes Verständnis der Zugehörigkeit bietet der Tarifvertrag keine Anhaltspunkte. Auf einen hypothetischen Willen der Tarifvertragsparteien, einen Arbeitnehmer, der Arbeitslosengeld beantragt, nicht mehr als dem Betrieb oder Unternehmen zugehörig anzusehen, kann nicht abgestellt werden. Ein Arbeitnehmer, der – wie die Klägerin – nach dem Auslaufen des Krankengeldes Arbeitslosengeld beantragt, löst damit nicht das Band zum Arbeitgeber. Er stellt sich damit auch nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, sondern macht den ihm – trotz fortbestehendem Arbeitsverhältnis – zustehenden Anspruch auf Arbeitslosengeldbezug wegen Minderung der Leistungsfähigkeit gemäß § 145 SGB III geltend, ohne arbeitslos und vermittelbar zu sein.

d) Die Höhe des der Klägerin zustehenden Anspruchs wurde von der Beklagten dem Grunde, aber nicht der Höhe nach bestritten. Ihr Anspruch auf die Sonderzuwendung für die Jahre 2011, 2012 und 2013 beläuft sich daher auf jeweils € 1.778,75 brutto und damit auf insgesamt € 5.336,25 brutto.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG zuzulassen.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

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Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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