LAG Hessen, 30.11.2015 – 10 Ta 328/15

April 14, 2019

LAG Hessen, 30.11.2015 – 10 Ta 328/15
Leitsatz:

1.

Bei dem Anspruch auf Erteilung von Auskünften über die verdienten Provisionen handelt es sich um eine unvertretbare Handlung, die nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist.
2.

In den Antrag sind nicht bereits sämtliche Faktoren und Umstände mit aufzunehmen, die für den Provisionsanspruch von Bedeutung sind. Der Titel ist notfalls auszulegen, wobei auf das gesetzliche Leitbild in § 87c Abs. 3 HGB abgestellt werden kann (Anschluss an Hess. LAG 21. Oktober 2014 – 12 Ta 6/14 – Juris).
3.

Ist zweifelhaft, ob die Vollstreckungsklausel an einen Dritten (hier an die Nebenintervenientin), der nicht klägerische Partei ist, erteilt werden durfte, ist dies im Beschwerdeverfahren unbeachtlich. Die fehlerhafte Klauselerteilung ist mit den in der ZPO vorgesehenen Rechtsbehelfen, hier insbesondere § 732 ZPO, geltend zu machen.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Gießen vom 30. Juli 2015 – 5 Ca 296/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Zwangsvollstreckungshandlung.

Der Gläubiger ist seit dem 10. Mai 2013 bei der Schuldnerin, einem Immobilienbüro, angestellt. Zu seinen Aufgaben gehören der Verkauf und die Akquisition von Verkaufs- und Vermietungsobjekten.

In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 30. April 2013 heißt es auszugsweise wie folgt:

§ 3 Vergütung

Die monatliche Bruttovergütung beträgt EUR 600.

Zusätzlich wird eine Provision vereinbart in Höhe von 40 % der uns verbleibenden Nettoprovision, welche nach Geldeingang des Kunden bei uns mit dem nächsten Gehalt ausgezahlt wird. (Siehe ausführliche Erläuterung in Anlage 1).

Die Anlage zum Arbeitsvertrag lautet wie folgt:

“1. Provision

Der Arbeitnehmer A erhält zuzüglich zu seinem Bruttogehalt eine Provision in Höhe von 40 Prozent aus seinen Verkäufen und Vermietungen nach Abzug folgender Positionen:

– RE/MAX Gebühr 9 Prozent [zzgl. 19 % MwSt handschriftlich eingefügt], Europa, International

– angefallene Werbekosten pro Kauf-/Mietobjekte

– monatliche Lohnkosten

– Geschäfte mit Maklerkollegen 50/50″.

Der Gläubiger sollte einen von der Schuldnerin vorformulierten Nachtrag zum Arbeitsvertrag datierend auf den 24. Juli 2013 unterzeichnen, was er aber ablehnte (vgl. Bl. 8 der Akte).

Mit Beschluss des Amtsgerichts D vom 21. Juni 2013 – 10 IN xx/xx – ist über das Vermögen des Gläubigers das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Bl. 57 der Akte). Zur Insolvenzverwalterin wurde Frau Rechtsanwältin B bestellt, die im Prozess als Nebenintervenientin auftrat.

Mit Schriftsatz vom 12. November 2014 hat die Schuldnerin über die ab Mai 2014 vom Gläubiger erwirtschafteten Provisionen Auskunft erteilt. Bezüglich der Einzelheiten dieser Aufstellung wird verwiesen auf Bl. 39 – 42 der Akte.

Im Prozess hat die Schuldnerin die Auffassung vertreten, der Gläubiger sei mit der unter dem 24. Juli 2013 angebotenen Vertragsänderung einverstanden gewesen. Die Parteien hätten lediglich vergessen, die Unterzeichnung vorzunehmen.

Der Gläubiger hat bestritten, dass sich die Parteien auf eine Änderung der Provisionsabrede geeinigt hätten.

Mit Teilurteil vom 9. Dezember 2014 – 5 Ca 296/14 – hat das Arbeitsgericht Gießen dem Antrag des Gläubigers und der Nebenintervenientin in der ersten Stufe im Wesentlichen stattgegeben. Der Tenor lautet diesbezüglich:

“…Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die in der Zeit vom 15. Mai 2013 bis 30. April 2014 verdienten Provisionen zu erteilen…”

Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2015 hat die Nebenintervenientin einen Antrag gestellt, wegen Nichtvornahme der Auskunft gemäß dem arbeitsgerichtlichen Urteil ein Zwangsgeld festzusetzen. Ihr ist zuvor am 5. Juni 2015 eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erteilt worden.

Die Nebenintervenientin hat gemeint, jeder der Beteiligten wisse, welche Auskunft erteilt werden solle. Die Auskunft solle für den Zeitraum vom 15. Mai 2013 bis 30. April 2014 so erteilt werden, wie sie mit Schriftsatz vom 12. November 2014 bereits ab dem Zeitpunkt Mai 2014 erteilt worden sei. Aufgrund des Franchisevertrages sei die Schuldnerin verpflichtet, alle fortlaufenden Geschäfte und Provisionen zu melden. Die geschuldeten Auskünfte könnten mithilfe der EDV innerhalb von 5 bis 10 Minuten ausgedruckt werden.

Die Schuldnerin hat die Auffassung vertreten, der arbeitsgerichtliche Titel stelle keine hinreichend bestimmte Grundlage für eine Zwangsvollstreckung dar. Es müsse sich aus dem Inhalt des Titels für jeden Dritten eindeutig ergeben, welche Handlungsverpflichtung auferlegt worden sei. Unklar sei hier, ob es um die vom Gläubiger letztlich verdienten Provisionen gehen solle, also nach Abzug all dessen, was gemäß der Anlage zum Arbeitsvertrag abzugsfähig sein solle. Unklar sei auch, ob über alle seitens der Schuldnerin eingenommenen Provisionen Auskunft erteilt werden solle. Mit Provision könnte auch gemeint sein, was die Schuldnerin aufgrund der Maklertätigkeit des Gläubigers beim Kunden eingenommen habe. Ferner sei unklar, ob die Auskunft nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren erteilt werden müsse. Ihr sei es nicht ohne weiteres möglich, die erbetenen Auskünfte zu erteilen. Es sei im Juli 2013 eine Änderung der Vergütungsabsprache dahingehend erfolgt, dass der Gläubiger nur noch ein Festgehalt in Höhe von 1.350 Euro erhalten sollte, als klar gewesen sei, dass er nur noch zuarbeiten sollte, da er eigenverantwortlich als Makler nicht mehr habe tätig sein dürfen. Die Provisionen seien für ihn ab August 2013 nicht mehr separat erfasst worden.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 30. Juli 2015 dem Zwangsgeldantrag entsprochen (Bl. 252 – 253 der Akte). Dieser Beschluss ist der Schuldnerin am 3. August 2015 zugestellt worden. Mit bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht am 10. August 2015 eingegangenen Schriftsatz hat sie Beschwerde eingelegt.

Sie macht im Wesentlichen geltend, dass der Vollstreckungstitel nicht ausreichend bestimmt sei. Es sei auch unrichtig, dass die Auskunft mithilfe der Firma C binnen weniger Minuten erteilt werden könne.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 4. Oktober 2014 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem Beschwerdegericht vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Sie ist gemäß §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO an sich statthaft und wurde innerhalb der in § 569 Abs. 1 ZPO normierten Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Zwangsmittelbeschlusses eingelegt.

Die sofortige Beschwerde bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Insbesondere ist der titulierte Auskunftsanspruch nicht zu unbestimmt. Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung nämlich Titel, Klausel (§ 724 ZPO) und Zustellung (§ 750 Abs. 1 ZPO) liegen vor.

1. Bei der Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft handelt es sich nach allgemeiner Ansicht im Regelfall um eine unvertretbare Handlung im Sinne des § 888 ZPO(vgl. OLG Frankfurt 31. Februar 2002 – 1 W 20/01 – Juris; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB 3. Aufl. § 87c Rn. 91; zur Vollstreckung eines Buchauszugs nach § 887 ZPO vgl. LAG Schleswig-Holstein 19. Juli 2001 – 4 Ta98/01 – Juris; vgl. zur Vollstreckung eines Anspruchs auf Abrechnung BAG 7. September 2009 – 3 AZB 19/09 – Rn. 16 ff., NZA 2010, 61 [BAG 07.09.2009 – 3 AZB 19/09]).

2. Der Titel leidet nicht an dem Mangel, dass er zu unbestimmt sei.

Der arbeitsgerichtliche Titel ist zur Vollstreckung geeignet; denn die Leistungspflicht der Schuldnerin ist darin – auch in dem vom Gläubiger angestrebten Umfang – hinreichend bestimmt.

a) Zu Unrecht rügt die Vollstreckungsschuldnerin, dass der Entscheidungsausspruch zu unbestimmt für eine Zwangsvollstreckung sei.

aa) § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangt, dass die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthält. Damit wird zum einen der Streitgegenstand abgegrenzt, zum anderen wird eine Voraussetzung für die etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Gemessen an diesen Zielen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt und das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streites im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen deshalb nicht aus dem Erkenntnisverfahren ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden (vgl. BAG 15. April 2009 – 3 AZB 93/08 – Rn. 16, NZA 2009, 917 [BAG 15.04.2009 – 3 AZB 93/08]; Hess. LAG 21. Oktober 2014 – 12 Ta 6/14 – Rn. 15, Juris; Hess. LAG 21. Januar 2014 – 12 Ta 191/13 – Rn. 9, Juris). Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber worin diese besteht.

Zudem ist das Rechtsstaatsprinzip zu beachten. Der Schuldner muss wissen, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat. Andererseits erfordert es aber gerade auch das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv, auch in der Zwangsvollstreckung, durchgesetzt werden können. Das kann es rechtfertigen, auch das Vollstreckungsgericht nicht der Notwendigkeit zu entheben, eine möglicherweise schwierige Klärung der Frage herbeizuführen, ob gegen die aus einem Titel folgende Verpflichtung verstoßen wurde (vgl. BAG 15. April 2009 – 3 AZB 93/08 – Rn. 17, NZA 2009, 917 [BAG 15.04.2009 – 3 AZB 93/08]).

Bei der Prüfung, welche Verpflichtungen durch den Vollstreckungstitel festgelegt werden, kann grundsätzlich nur auf diesen selbst, nicht dagegen auf andere Schriftstücke zurückgegriffen werden. Handelt es sich bei dem Titel um ein Urteil, können nach dessen vollständiger Zustellung Tatbestand und Entscheidungsgründe zur Auslegung des Titels herangezogen werden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass § 313 Abs. 2 ZPO die Verweisung auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ausdrücklich vorsieht. Soweit das Gericht davon Gebrauch gemacht hat, sind diese Unterlagen deshalb als Teil des vollstreckbaren Titels zu betrachten und können zur Auslegung herangezogen werden (vgl. BAG 15. April 2009 – 3 AZB 93/08 – Rn. 18, NZA 2009, 917 [BAG 15.04.2009 – 3 AZB 93/08]; Hess. LAG 21. Oktober 2014 – 12 Ta 6/14 – Rn. 16, Juris). Im Ergebnis muss die Prüfung und Auslegung des Titels die Art der vorzunehmenden Handlung ergeben.

bb) Für den Auskunftsanspruch, der eine Zahlungsklage gerichtet auf Leistung von Provisionen vorbereiten soll, gelten Besonderheiten.

Über die Reglung in § 65 HGB gilt auch die Norm des § 87c HGB. Die Vorschrift regelt die Abrechnung der Provision sowie mehrere Hilfsansprüche zur Vorbereitung und Durchsetzung des Provisionsanspruchs. Die Pflicht zur Auskunftserteilung ist dort in § 87c Abs. 3 HGB ausdrücklich geregelt. Danach kann der Arbeitnehmer grundsätzlich Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

Das Hess. LAG hat bereits entschieden, dass bei der Auslegung eines Titels gerichtet auf Erteilung eines Buchauszugs ergänzend die Bestimmung in § 87c Abs. 2 HGB heranzuziehen ist (vgl. Hess. LAG 21. Oktober 2014 – 12 Ta 6/14 -Rn. 17, Juris). Demnach war der Schuldner in dem zu entscheidenden Fall auch verpflichtet, Angaben zu allen provisionsbildenden Faktoren, die in der Provisionsvereinbarung enthalten sind, zu machen. Wegen der gesetzlichen Regelung in § 87c Abs. 2 HGB und der höchstrichterlichen, diese Norm konkretisierenden Rechtsprechung ist es nach zutreffender und wohl überwiegender Auffassung auch nicht erforderlich, jede Einzelheit der in dem Buchauszug anzugebenden Umstände in den Antrag mit aufzunehmen (vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern 15. November 2005 – 5 Sa 4/05 – Juris; Hamacher Antragslexikon S. 150; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB 3. Aufl. § 87c Rn. 85; BeckOK HGB/Hagen Stand: 01.09.2015 § 87c Rn. 11a; Straube in Schaub Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrensbuch 10. Aufl. S. 644; a.A. Busche in Oetker HGB 3. Aufl. § 87c Rn. 22). Der Buchauszug dient dem Zweck, dem Handelsvertreter die Möglichkeit zu verschaffen, Klarheit über seine Provisionsansprüche zu gewinnen und die vom Unternehmer erteilte Abrechnung zu überprüfen. Aus diesem Grund muss der Buchauszug eine vollständige, geordnete und übersichtliche Darstellung aller Angaben enthalten, die für die Provision von Bedeutung sind, die der Handelsvertreter mithin zur Überprüfung der Provisionsansprüche benötigt (vgl. BGH 20. September 2006 – VIII ZR 100/05 – Rn. 17, NJW-RR 2007, 246 [BGH 20.09.2006 – VIII ZR 100/05]). Diese Angaben sind mithin auch dann zur Erfüllung eines Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs zu verlangen, wenn sie nicht bereits im Antrag bzw. im Titel aufgeführt wurden.

Ähnliche Grundsätze gelten für den Anspruch auf Erteilung von Auskunft zur Vorbereitung eines Provisionsanspruchs. Nach einer Auffassung kann der Auskunftsanspruch nach § 87c Abs. 3 HGB allerdings erst dann geltend gemacht werden, wenn der Handelsvertreter bzw. Arbeitnehmer zuvor erfolglos die Rechte aus § 87c Abs. 1 und 2 HGB geltend gemacht hat. In einem solchen Fall sei der Anspruchssteller auch verpflichtet, diejenigen Angaben und Faktoren im Antrag genau zu bezeichnen, die nach der erteilten Abrechnung und dem Buchauszug noch unklar geblieben sind. Nach wohl überwiegender Auffassung besteht zwischen den in § 87c Abs. 2 und 3 HGB vorgesehenen Hilfsansprüchen zur Durchsetzung des Provisionsanspruchs aber keine zwingend vorgegebene Reihenfolge (so Baumbach/Hopt HGB 36. Aufl. § 87c Rn. 24; a.A. Busche in Oetker HGB 3. Aufl. § 87c Rn. 22). Jedenfalls im Arbeitsrecht kann ein Vorrang eines Buchauszugs nicht allgemein anerkannt werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann auch außerhalb der §§ 65, 87c HGB ein Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers über verdiente Provisionen in Betracht kommen (vgl. BAG 21. November 2000 – 9 AZR 665/99 – zu I 2 a der Gründe, NZA 2001, 1093 [BAG 21.11.2000 – 9 AZR 665/99]). Dies gilt gemäß § 242 BGB zumindest dann, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Angaben unschwer machen kann (vgl. BAG 21. November 2000 – 9 AZR 665/99 – zu I 2 a der Gründe, NZA 2001, 1093 [BAG 21.11.2000 – 9 AZR 665/99]).

b) Im vorliegenden Fall ist der Zeitraum, über den Auskunft erteilt werden soll, genau bezeichnet (vom 15. Mai 2013 bis 31. August 2014). Nähere Vorgaben dazu, welche Angaben und Tatsachen die Schuldnerin zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs vortragen muss, lassen sich dem Urteilstenor aber nicht entnehmen. Dies schadet entgegen der Ansicht der Schuldnerin nicht. Nach dem gesetzlichen Leitbild in § 87c Abs. 3 HGB ist es klar, dass sich die Auskunft auf alle Umstände bezieht, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind. Die Schuldnerin hat deshalb zunächst von der vertraglichen Vereinbarung in § 3 des Arbeitsvertrags in Verbindung mit der Anlage zum Arbeitsvertrag auszugehen. Danach sollte der Gläubiger 40 % aus seinen Verkäufen und Vermietungen erhalten. In Abzug zu bringen sind jeweils die Faktoren C Gebühr 9 % zzgl. Mehrwertsteuer, angefallene Werbekosten pro Kauf-/Mietobjekt, monatliche Lohnkosten sowie Gemeinschaftsgeschäfte mit Maklerkollegen 50/50.

Diese Provisionsvereinbarung ist auch nicht abgeändert worden. Die Schuldnerin kann sich im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht auf den Nachtrag datierend vom 24. Juli 2013 stützen. Das Arbeitsgericht hat im Erkenntnisverfahren festgestellt, dass eine Abänderung der Provisionsregelung nicht erfolgt sei und dass dem anderweitigen Vortrag der Schuldnerin mangels eines ordnungsgemäßen Beweisantritts nicht nachzugehen sei. Die Schuldnerin mag diesen Einwand im Berufungsverfahren weiterverfolgen, in dem Zwangsvollstreckungsverfahren ist er unbeachtlich. Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens ist nicht die materiell-rechtliche Richtigkeit des Urteils.

Die Schuldnerin meint zu Unrecht, der Titel sei deshalb unbestimmt, weil nicht klar sei, ob es um die von ihr oder dem Gläubiger verdienten Provisionen gehen soll. Eine Auslegung des Titels ergibt indes zweifelsfrei, dass Auskunft bzgl. der vom Gläubiger verdienten Provisionen erteilt werden soll. Die Annahme einer allgemeinen Auskunftspflicht über die im Betrieb der Schuldnerin erwirtschafteten Provisionen ohne einen Bezug zum Gläubiger würde im Widerspruch zu der Klageschrift stehen und wäre lebensfremd sowie fernliegend.

Ob die Auskunft nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren zu erteilen ist, lässt die Tenorierung des Urteils offen. Insoweit gilt lediglich der Grundsatz, dass die Auskunft über die in dem vorgegebenen Zeitraum 15. Mai 2013 bis 30. April 2014 verdienten Provisionen nachvollziehbar und vollständig sein muss. Der Schuldnerin steht insoweit ein gewisser Spielraum zu.

2. Es liegt auch kein Fall der Unmöglichkeit vor.

Soweit die Schuldnerin einwendet, ihr sei die Erteilung von Auskünften nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, da sie bei Notaren etc. Rückfrage nehmen müsse, kann dies dahingestellt bleiben. Denn sie trägt selbst nicht vor, dass die Auskunftserteilung unmöglich sei. Im Übrigen ist der Einwand auch sachlich kaum verständlich. Denn sie hat für den Zeitraum beginnend mit Mai 2014 im Schriftsatz vom 12. November 2014 Auskünfte erteilt, und zwar obwohl sie angeblich seit Juli 2013 die vom Gläubiger erwirtschafteten Provisionen nicht mehr separat erfasst habe.

3. Der Nebenintervenientin ist auch eine Vollstreckungsklausel erteilt worden, §§ 724, 725 ZPO. § 750 Abs. 1 ZPO lässt es genügen, dass dem die Zwangsvollstreckung Betreibenden die Vollstreckungsklausel erteilt worden ist. An sich ist der Kläger der Gläubiger des Auskunftsanspruchs; nur er war Partei des Erkenntnisverfahrens. Gleichwohl kann die formale Stellung als Kläger und als die die Vollstreckung betreibende Person, wie schon die §§ 727 – 729 ZPO zeigen, auseinander fallen. Ob man insoweit von Dritter spricht oder ebenfalls von Gläubiger, ist dabei eine nachrangige Frage.

a) Es bestehen hier Bedenken, ob die Klausel an die Nebenintervenientin von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu Recht erteilt worden ist. Diese können im Rahmen des hier vorliegenden Beschwerdeverfahrens allerdings letztlich dahinstehen.

Eine Klauselerteilung an die Nebenintervenientin als Rechtsnachfolgerin des Gläubigers nach § 727 Abs. 1 ZPO kam nicht in Betracht. Denn die Rechtsnachfolge ist nicht während des Prozesses eingetreten. Auch der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle ist offenbar nicht von einem Fall der Rechtsnachfolge ausgegangen.

Die Nebenintervenientin meint, sie sei zur Zwangsvollstreckung berechtigt, weil sie hinsichtlich des pfändbaren Teils des Einkommens des Klägers allein aktivlegitimiert sei. Dies ist zutreffend, doch kommt es für die Zwangsvollstreckung hierauf nicht an. Zum Betreiben der Zwangsvollstreckung ist grundsätzlich nur der aus dem Rubrum des Titels ersichtliche Kläger berechtigt (vgl. Münzberg in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. Vor § 704 Rn. 35; Müko-ZPO/Wolfsteiner 4. Aufl. § 724 Rn. 22). Nach h.M. gibt es wegen der im Vollstreckungsrecht herrschenden Formstrenge auch keine Vollstreckungsstandschaft, also das Betreiben der Zwangsvollstreckung durch einen Dritten, der vom Titelgläubiger ermächtigt wurde (vgl. BGH 26. Oktober 1984 – V ZR 218/83 – NJW 809, 810; Müko-ZPO/Wolfsteiner 4. Aufl. § 724 Rn. 24).

b) Allerdings ist nach Erteilung der Klausel, solange gegen diese nicht die nach den Vorschriften der ZPO vorgesehenen Rechtsbehelfe ergriffen werden, für das weitere Verfahren von der Wirksamkeit der Klausel auszugehen. Das bedeutet, dass auch vom Beschwerdegericht in einem späteren Verfahren nicht mehr sachlich inzidenter zu überprüfen ist, ob die Klausel zu Recht erteilt worden ist (vgl. Zöller/Stöber ZPO 31. Aufl. § 725 Rn. 14 m.w.N.).§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO lässt es für den Beginn der Zwangsvollstreckung ausdrücklich genügen, dass sich die Person, zu deren Gunsten die Vollstreckung betrieben wird, aus der Vollstreckungsklausel ergibt. Etwas anders gilt nur, wenn die Vollstreckungsklausel unwirksam ist, weil sie offensichtlich an einem schweren Fehler leidet (vgl. OLG Hamm 8. August 1980 – 14 W 78/80 – Juris). So liegt der Fall hier aber nicht. Die Nebenintervenientin ist zwar nicht Partei des Rechtstreits gewesen, sie taucht aber als Nebenintervenientin im Rubrum auf. Sie ist teilweise auch materiell-berechtigt, soweit Provisionen im Raum stehen, die zu einem pfändbaren Anteil am Einkommen führen.

4. Soweit die Schuldnerin geltend macht, es sei in dem Zwangsgeldbeschluss nicht festgesetzt, für welchen Betrag je ein Tag Zwangshaft vorgesehen sei, ist dies zutreffend. Dies hätte aber allenfalls die Unwirksamkeit der Festsetzung einer ersatzweisen Zwangshaft zur Folge, um die es hier derzeit nicht geht. Hier geht es um die Festsetzung des Zwangsgelds.

Die Schuldnerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

Ein Grund, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegt nicht vor (§§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG). Damit ist diese Entscheidung unanfechtbar.

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