LAG Niedersachsen, Urteil vom 05.11.2013 – 1 Sa 489/13

Januar 3, 2021

LAG Niedersachsen, Urteil vom 05.11.2013 – 1 Sa 489/13

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 17. April 2013 – 8 Ca 20/13 Ö – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand

Zwischen den Parteien steht im Streit, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund einer Befristung zum 31.12.2012 endete. Von Bedeutung ist dabei, ob sich die Befristung auf einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag gründete oder nicht.

Die 1952 geborene Klägerin war bei der beklagten Agentur für Arbeit seit dem 09.08.1993 wiederholt mit einzelnen Unterbrechungen mehrfach befristet eingestellt. Gegen die mit Vertrag vom 01.04.2009 vereinbarte (vorletzte) Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.2010 erhob sie beim Arbeitsgericht Hannover im Verfahren 7 Ca 192/10 Ö Entfristungsklage. Eine hierzu am 05.05.2010 durchgeführte Güteverhandlung endete ohne Einigung; allerdings regte der Vorsitzende Richter in der Sitzung an, den Rechtsstreit im Wege einer einvernehmlichen Verlängerung der Befristung zu beenden. Im Einvernehmen mit den Parteien wurde ein Termin zur Fortsetzung der Güteverhandlung anberaumt. Im Schriftsatz vom 08.06.2010 an das Arbeitsgericht schrieb der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin:

„…teile ich mit, dass die Parteien sich außergerichtlich geeinigt haben. Ich bitte folgendes gemäß § 278 Absatz 6 ZPO durch Beschluss festzustellen:

1. Der befristete Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.04.2009 endet mit Ablauf des 31.12.2010.

2. Die Beklagte wird die Klägerin erneut befristet beschäftigen in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2012. Die Befristung beruht auf § 14 I Nr. 8 TzBfG.

3. Die Beklagte verpflichtet sich, die Klägerin bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen, sofern sie die sachlichen persönlichen Voraussetzungen für den zu besetzenden Arbeitsplatz erfüllt.

4. Die Beklagte verpflichtet sich, auch nach dem 31.12.2012 zu prüfen, ob sich – unter Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Voraussetzungen – für die Kläger Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dadurch für die Klägerin kein Rechtsanspruch auf ein weiteres befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis erwächst.

5. Der Rechtsstreit ist damit erledigt.“

Daraufhin erging entsprechend der Verfügung des Vorsitzenden Richters vom 10.06.2010 (Blatt 57 der Akte 7 Ca 192/10 Ö) unter dem gleichen Datum der folgende Beschluss:

„… schlägt das Gericht den Parteien folgenden V e r g l e i c h vor:

1. Der befristete Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.04.2009 endet mit Ablauf des 31.12.2010.

2. Die Beklage wird die Klägerin erneut befristet beschäftigen in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2012. Die Befristung beruht auf § 14 I Nr. 8 TzBfG.

3. Die Beklagte verpflichtet sich, die Klägerin bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen, sofern sie die sachlichen persönlichen Voraussetzungen für den zu besetzenden Arbeitsplatz erfüllt.

4. Die Beklagte verpflichtet sich, auch nach dem 31.12.2012 zu prüfen, ob sich – unter Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Voraussetzungen – für die Klägerin Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dadurch für die Klägerin kein Rechtsanspruch auf ein weiteres befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis erwächst.

5. Der Rechtsstreit ist damit erledigt.

Die Beklagte wird gebeten, zu diesem Vergleichsvorschlag binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen (Annahme?).

Im Fall der Annahme wird das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO durch Beschluss feststellen…“

Mit Schreiben der beklagten Agentur für Arbeit vom 15. Juni 2010 (Blatt 59 der Akte 7 Ca 192/10 Ö) teilte diese mit:

„… wird der mit Beschluss vom 10.06.2010 unterbreitete Vergleichsvorschlag des Gerichts, hier eingegangen am 15.06.2010, inhaltlich angenommen.

Es wird jedoch um folgende redaktionelle Änderung gebeten:

Entsprechend der außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen mit der Gegenseite ist unter Punkt 3 des gerichtlichen Vergleichsvorschlags vom 10.06.2010 zwischen „sachlichen persönlichen“ das Wort „und“ einzufügen. Diese Formulierung entspricht zudem der Wortwahl unter Punkt 4. Eine erneute Vorlage nach Vornahme dieser redaktionellen Ergänzung ist nicht nötig.“

Mit Schreiben vom 18.06.2010 übermittelte das Gericht den Schriftsatz vom 15.06.2010 mit der Bitte um Stellungnahme an den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, ob Einverständnis mit den Änderungen bestehe. Dieser teilte mit Schriftsatz vom 22.06.2010 sein Einverständnis mit, worauf das Arbeitsgericht unter dem 24.06.2010 (Blatt 63 der Akte 7 Ca 192/10 Ö) den folgenden Beschluss fasste:

„… wird gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, dass die Parteien einen V e r g l e i c h mit folgendem Inhalt geschlossen haben:

1. Der befristete Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.04.2009 endet mit Ablauf des 31.12.2010.

2. Die Beklagte wird die Klägerin erneut befristet beschäftigen in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2012. Die Befristung beruht auf § 14 I Nr. 8 TzBfG.

3. Die Beklagte verpflichtet sich, die Klägerin bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen, sofern sie die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für den zu besetzenden Arbeitsplatz erfüllt.

4. Die Beklagte verpflichtet sich, auch nach dem 31.12.2012 zu prüfen, ob sich – unter Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Voraussetzungen – für die Klägerin Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dadurch für die Klägerin kein Rechtsanspruch auf ein weiteres befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis erwächst.

5. Der Rechtsstreit ist damit erledigt.

Das Verfahren ist damit beendet.“

Die Parteien hielten in einem unter dem 30.11.2010 unterzeichneten Arbeitsvertrag die Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.2012 schriftlich fest (Blatt 73-75 der Akten). Zuletzt belief sich das monatliche Arbeitsentgelt der Klägerin auf 2.453,07 Euro brutto.

Mit ihrer am 18.01.2013 beim Arbeitsgericht Hannover eingegangenen Klage hat die Klägerin nunmehr die Unwirksamkeit der mit Beschluss vom 24.06.2010 festgestellten Vergleichsbefristung geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Befristung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei, insbesondere nicht auf einem gerichtlichen Vergleich im Sinne von § 14 Abs.1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG beruhe.

Die Klägerin hat beantragt,

dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO vom 24.06.2010 noch durch Arbeitsvertrag vom 30.11.2010 vereinbarte Frist zum 31.12.2012 endete.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, bei dem Vergleich vom 24.06.2010 habe es sich um einen gerichtlichen Vergleich im Sinne von § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG gehandelt, so dass ein Sachgrund für die Befristung bestanden habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17. April 2013 in Anlehnung an die Entscheidung des BAG vom 15.02.2012 – 7 AZR 734/10 – der Entfristungsklage der Klägerin stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch den gerichtlichen Vergleich noch durch die im Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung zum 31.12.2012 geendet habe. Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Arbeitsgericht obliegende Mitwirkungspflicht bei dem Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG nur durch einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag erfüllt werden könne. Nur so bestehe bei einem offenen Streit über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses die Gewähr, dass dem Arbeitnehmer über die Befristung nicht grundlos der gesetzliche Bestandsschutz entzogen werde. Ein nur von beiden Parteien vorgelegter Einigungsentwurf, den das Gericht nach § 278 Abs. 6 Satz 1 1. Alt. ZPO feststelle, sei insoweit kein gerichtlicher Vergleich im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG. Hier beschränke sich das Gericht der Mitwirkung nach auf eine reine Feststellungsfunktion; eine hinreichende Einflussnahme auf den Vergleichsinhalt, um die Schutzinteressen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, sei seitens des Gerichts dann nicht möglich. Auf diesen strukturellen Unterschied sei hier abzustellen. Im Falle einer reinen Feststellungsfunktion könne das Gericht nur bei Verstößen gegen gesetzliche Verbote und in Fällen der Sittenwidrigkeit (§§ 134, 138 BGB) die Protokollierung verweigern. Dies genüge nicht einer „Mitwirkung“ im Sinne einer inhaltlichen Verantwortung des Gerichts, wie es die Intension des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG sei. In dem zu beurteilenden Sachverhalt sei es nur zu einem Vergleich im Sinne der 1. Alt. in § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO gekommen, da sich der Vorsitzende den von einer der beiden Parteien vorgelegten Einigungsentwurf nicht zu Eigen gemacht habe, um diesen den Parteien zu unterbreiten. Dies ergebe sich aus einer Auslegung des gerichtlichen Beschlusses vom 10.06.2010. So sei in dem genannten Beschluss allein der Beklagten aufgegeben worden sei, zu dem Vergleichsvorschlag Stellung zu nehmen. In dem Klammerzusatz der gerichtlichen Verfügung vom gleichen Tage („Annahme?“) werde deutlich, dass das Zustandekommen des Vergleichs nur von der Erklärung der beklagten Agentur abhängig sein sollte. Andernfalls hätte der Vergleichsvorschlag beiden Parteien zur Annahme unterbreitet werden müssen. Es sei daher bereits vorher eine außergerichtliche Einigung der Parteien erfolgt. Die Übernahme des Textes in den gerichtlichen Beschluss vom 10.06.2010 verdeutliche, dass es – ohne weitere Mitwirkung des Gerichts – im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG allein um die gerichtliche Protokollierung einer außergerichtlichen Einigung gehen sollte. Entsprechend habe auch das Gericht bei der Einarbeitung der von der Beklagten geforderten redaktionellen Änderung verfahren und das modifizierte Angebot der Beklagten vom 15.06.2010 allein an den damaligen Klägervertreter zur Annahme weitergeleitet. Der am 30.11.2010 geschlossene Arbeitsvertrag mit Befristung habe lediglich die durch Vergleich vereinbarte Befristung vollzogen und begründe keine eigenständige Befristungsabrede.

Gegen das ihr am 06.05.2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts (Blatt 99a d. A.) hat die beklagte Bundesagentur für Arbeit Berufung zum Landesarbeitsgericht am 14.05.2013 eingelegt (Blatt 107 d. A.), die nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.08.2013 (Blatt 136 d. A.), mit Schriftsatzeingang beim Landesarbeitsgericht am 03. Juli 2013 (Blatt 137/146 d. A.) begründet worden ist.

Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht für fehlerhaft. Auf Anregung des Vorsitzenden Richters im Gütetermin hätten die Parteien Verhandlungen über eine Vergleichslösung mit dem Ziel einer Verlängerung der Befristung – insoweit unstreitig – aufgenommen. Der damalige Kläger-Prozessbevollmächtigte habe den Vergleichstext dem Gericht übersandt, welches sich diesen zu Eigen gemacht und die Beklagte zur Annahme binnen 2 Wochen aufgefordert habe. Die Beklagte habe dann ausdrücklich den Vergleichsvorschlag des Gerichts angenommen und auf eine aus Gründen tarifrechtlicher Regelungen gebotene redaktionelle Einfügung des Wörtchens „und“ hingewirkt. Mit der Einreichung des Schriftsatzes des damaligen Kläger-Prozessbevollmächtigten vom 08.06.2010 sei noch keine Einigung zustande gekommen wie das Arbeitsgericht angenommen habe. In der Übernahme des Textes durch das Gericht sei auch keine Protokollierung einer außergerichtlichen Einigung zu erkennen. Für eine Auslegung des Wortlauts bestünde hier kein Raum. Denn das Gericht habe mit Beschluss vom 10.06.2010 wortwörtlich ausgeführt: „Schlägt das Gericht … folgenden Vergleich vor“ und diesen Beschluss auch beiden Parteien zugestellt. Schließlich verdeutliche die gerichtliche Aufforderung an die Beklagte zur Annahme des Vergleichsvorschlags, dass noch keine Einigung zustande gekommen war. Dies entspreche auch der Regelung in § 151 BGB. Gehe man hingegen von einer Auslegungsbedürftigkeit des gerichtlichen Beschlusses vom 10.06.2010 aus, so müsse Berücksichtigung finden, dass die Mitteilung des damaligen Kläger-Prozessbevollmächtigten vom 08.06.2010 auf eine gerichtliche Anregung des Vorsitzenden im Gütetermin vom 05.05.2010 zurückzuführen sei. Außerdem habe die Beklagte erst mit Schriftsatz vom 15.06.2010 den gerichtlichen Vergleichsvorschlag angenommen und nicht erklärt, dass bereits eine Einigung erfolgt sei. Das zeige, dass erst unter Mitwirkung des Gerichts ein Vergleich zustande gekommen sei, nachdem das Gericht sich den Vorschlag der Klägerseite zu Eigen gemacht habe. Mache sich das Gericht den gerichtlichen Vergleichsvorschlag zu Eigen, so genüge dies auch den Anforderungen der Rechtsprechung in der Entscheidung vom 15.02.2012 (– 7 AZR 734/10 -). Ausschlaggebend sei allein die Möglichkeit einer inhaltlichen Mitwirkung des Gerichts; auf die tatsächliche Mitgestaltung des Inhalts des Vergleichs komme es nicht an. Das verkenne das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung. Die geringfügigen Änderungen zu Ziffer 3 und 4 des Vergleichs hätten lediglich deklaratorischen Charakter, da sie den Wortlaut zwingender Tarifnormen übernähmen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 17.04.2013, Az.: 8 Ca 20/13 Ö, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie tritt der Entscheidungsbegründung des Arbeitsgerichts bei. Die Klägerin hält die Ausführungen der Beklagten zur Zustellung des gerichtlichen Beschlusses vom 10.06.2010 sowie zur Einvernahme des Vorsitzenden Richters wegen seiner Vergleichsanregung im Gütetermin für verspätet. Gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1 2. Alt. ZPO sei nach dem Unterbreiten eines gerichtlichen Vergleichsvorschlags eine Erklärung beider Parteien gegenüber dem Gericht notwendig, was hier nicht erfolgt sei. Die Weiterleitung wechselseitiger Vergleichsvorschläge entspräche nicht einer gerichtlichen Mitwirkung und Einflussnahme auf den Inhalt des Vergleichs zur Berücksichtigung der Schutzinteressen des Arbeitnehmers. Im Übrigen sei die erste Annahmeerklärung der Beklagten unter Änderung als neues Angebot im Sinne von § 150 Abs. 2 BGB zu bewerten. Im Ergebnis habe es keinen eigenen Vergleichsvorschlag des Gerichts gegeben, dieses habe sich auch den Vorschlag der Klägerseite nicht zu Eigen gemacht, so dass sich der gerichtliche Beitrag zum Vergleichsschluss hier allein auf die Feststellungsfunktion beschränkt gewesen sei, was für eine Anwendung des § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG nicht ausreiche.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze vom 03. Juli und 16. September 2013, das gerichtliche Terminsprotokoll vom 05. November 2013 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Akte 7 Ca 192/10 Ö des Arbeitsgerichts Hannover verwiesen.
Gründe

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der beklagten Agentur ist begründet. Zur Überzeugung des Gerichts sind die Anforderungen an einen Sachgrund des gerichtlichen Vergleichs iSv § 14 Abs.1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG in Verbindung mit § 278 Abs. 6 ZPO hier erfüllt. Das Urteil des Arbeitsgerichts war deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen.

1) a) Das Arbeitsgericht ist mit seiner Entscheidung voll umfänglich dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.02.2012 – 7 AZR 734/10 – (BAGE 140, 368 = AP Nr. 95 zu § 14 TzBfG = EzA § 14 TzBfG Nr. 84) gefolgt. Danach ist ein nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO festgestellter Vergleich im Gegensatz zu einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO kein gerichtlicher Vergleich im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr.8 TzBfG, der geeignet ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zu rechtfertigen. Der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in der genannten Erkenntnis in Anknüpfung an die Entscheidung des 6. Senats vom 23. November 2006 (6 AZR 394/06 = BAGE 120, 251) entschieden, dass es sich nur um einen Sachgrund im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 TzBfG handeln kann, wenn die Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts, der eine Befristungsabrede beinhaltet, durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen und das Gericht durch Beschluss das Zustandekommen dieses Vergleichs feststellt. Dies begegne auch keinen unionsrechtlichen Bedenken, denn die verantwortliche Mitwirkung des Gerichts am Vergleichsschluss trage der gebotenen Missbrauchsverhinderung hinreichend Rechnung.

Den Meinungsstreit darüber, ob ein gerichtlicher Vergleich im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG auch dadurch geschlossen werden könne, dass die Parteien dem Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreiten, dessen Zustandekommen das Gericht dann feststellt, (dafür: noch ErfK/Müller-Glöge 12. Auflage § 14 TzBfG Rn. 77; ders.14.Auflage 2014 Rn 77,nunmehr offengelassen; HWK-Schmalenberg 5. Auflage 2012 § 14 TzBfG Rn 59; Sievers TzBfG 3. Auflage § 14 Rn. 336, MünchKomm ZPO/Prütting 3. Aufl. 2008 § 278 Rn 39, Stein-Jonas/D. Leipold ZPO, 22. Auflage, 2008 § 278 Rn 79 ff; dagegen: APS Backhaus 4. Auflage § 14 TzBfG Rn. 324; Münch. Kommentar BGB/Hesse, 5. Auflage § 14 TzBfG Rn. 71; ders. anders noch in 4. Auflage 2005 Rn 71; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Auflage 2011, Rn. 262 f; Schaub/Koch Arbeitsrechtshandbuch 14. und 15. Auflage jeweils § 40 Rn. 39; vgl. im Einzelnen Nachweise bei Serr, SAE 2013 ,44 Rn. 4 und 27). hatte der 6. Senat in seiner Entscheidung vom 23.November 2006 (6 AZR 394/06 aaO Rn. 56 a. E.) unentschieden gelassen. In der dort vom Sachverhalt her noch zu der alten Fassung des § 278 Abs. 6 ZPO getroffenen Entscheidung kam es nicht darauf an, ob ein gerichtlicher Vergleich auch dadurch geschlossen werden konnte, dass die Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen. Ob die gerichtliche Mitwirkung eines Richter auch gegeben sei, wenn der Vergleich allein durch Protokollierung eines übereinstimmenden Vorschlag der Parteien zustande kommt, wie es in der ab 01. September 2004 geltenden Fassung des § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO nunmehr erweiternd bestimmt, konnte daher offenbleiben.

Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.02.2012 (7 AZR 734/10 a. a. O., Rn. 25) hat der 7. Senat des BAG nunmehr auf Grund der von ihm erkannten strukturellen Unterschiede zwischen den beiden Alternativen des § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO differenziert. Im Wege der teleologischen Reduktion des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG hat er den allein in der Protokollierung von (nicht gesetzeswidrigen) Einigungsentwürfen liegenden gerichtlichen Beitrag nicht als ausreichende „Mitwirkung“ des Gerichts im Sinne einer inhaltlichen Verantwortung gewertet, die einer verlautbarten Intension des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG entspreche.

Dem hat sich das Arbeitsgericht voll und ganz angeschlossen und im zu entscheidenden Sachverhalt allein eine nicht ausreichende, formelle gerichtliche Mitwirkung beim Vergleichsschluss gesehen, die infolgedessen keinen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG für eine weitere Befristung liefern kann.

b) Dieser Rechtsprechung folgt die erkennende Kammer nicht, da sie mit dem Wortlaut der Gesetzesvorschriften sowie dem Sinn und Zweck der gesetzlich zum 01. September 2004 (1. JuMoG, BGBL. I S.2198) erweiterten Fassung des § 278 Abs. 6 ZPO nicht im Einklang steht.

aa) § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG schafft einen Sachgrund zur Befristung durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Außergerichtlich geschlossene Vergleiche können deshalb keinen Sachgrund schaffen, es sei denn der Arbeitgeber kann sich auf einen der Sachgründe Nr. 1 bis 7 in § 14 Abs. 1 TzBfG berufen. Eine weitere Einschränkung, unter welchen Voraussetzungen ein gerichtlicher Vergleich zustande kommen kann, bestimmt § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG nicht. Wie ein gerichtlicher Vergleich zustande kommt, ergibt sich aus § 278 Abs. 6 ZPO in seiner jeweils gültigen Fassung. Insoweit geht es hier um eine begriffliche Verweisung. Das heißt: Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 278 Abs. 6 ZPO erfüllt, so handelt es sich um einen gerichtlichen Vergleich auch im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG (vgl. auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6.Auflage 1991, S.251ff). Der innersystematische Aufbau des § 278 Abs. 6 ZPO in seiner neuen Fassung ab 1.09.2004 zeigt keine Differenzierung seiner Alternativen auf und verbietet deshalb eine unterschiedliche Behandlung (vgl. dazu Serr, SAE 2013, Seite 44 f.; Marschner Anmerkung EzTöD 100 § 30 Abs. 1 TVöD-AT Sachgrundbefristung Nr. 42). Die von der herrschenden Meinung anerkannte Doppelnatur des Prozessvergleichs bleibt auch bei einer Feststellung des Vergleiches durch Beschluss nach Abs. 6 erhalten (BAG 23.11.2006 – 6 AZR 394/06 aaO, Rn 15 mwN; D. Leipold aaO Rn 88 mwN). Der feststellende Beschluss entfaltet daher nicht nur prozessrechtliche Folgen, sondern ordnet das Rechtsverhältnis der Parteien auch materiell-rechtlich.

bb) Das Bundesarbeitsgericht führt in seiner Entscheidung selbst zutreffend aus, dass es dem Gesetzgeber mit der Neugestaltung des § 278 ZPO darum gegangen sei die Möglichkeit eines gerichtlichen Vergleichsabschlusses zu erweitern. Mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung und danach – so der 7.Senat des BAG -sei es nicht zu Modifizierungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG gekommen, obgleich es verschiedenen Änderungen und Überarbeitungen des TzBfG nach Inkrafttreten des ZPO-RG (vom 27. Juli 2001, BGBL.I S.1887 und des 1.JuMoG a. a. O.) gegeben habe (§ 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG, § 14 Abs. 2a TzBfG, § 14 Abs. 3 TzBfG).

cc) Der Gesetzeszweck in der Neufassung des § 278 Abs. 6 ZPO erweitert deshalb den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG eröffneten Sachgrund für eine Befristung.

In der Entwurfsbegründung zu § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO n.F. heißt es unter anderem:

„Die neue Regelung … ermöglicht nunmehr den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs auch dadurch, dass die Parteien einem ihnen unterbreiteten schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts schriftlich zustimmen können“ (BT Drucksache 14/4722, S. 82).

Damit konnte jetzt auch außerhalb der mündlichen Verhandlung ein gerichtlicher Vergleich geschlossen werden. Die in der Praxis häufig auftretende Fallgestaltung, dass die Parteien den Vergleich aushandeln, schriftlich fixieren und dem Gericht zur Feststellung übersenden, sollte ebenfalls im Interesse einer weiteren Vereinfachung des gerichtlichen Vergleichs zulässig sein. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung:

„ …dass auch der von den Parteien unterbreitete Vergleichsvorschlag zum Gegenstand des gerichtlichen Vergleichs werden kann“ (BT Drucksache 15/3482, S. 17).

Im Zusammenhang mit dieser Erweiterung des Zustandekommens eines gerichtlichen Vergleichs erfuhr das TzBfG selbst keine Änderung. Damit hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten eines gerichtlichen Vergleichsschlusses in der mündlichen und außerhalb der mündlichen Verhandlung, mit gerichtlichem Vergleichsvorschlag und auf übereinstimmenden Vorschlag der Parteien gleich behandeln wollen (vgl. Serr a. a. O., 46; Leuchten FA 2012, 324 f).

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.02.2012 (aaO) wendet sich gegen die Gleichbehandlung der in § 278 Abs. 6 ZPO aufgezeigten Varianten zu einem gerichtlichen Vergleichsschluss und schränkt damit die gesetzgeberisch gewollte Ausweitung gerichtlicher Vergleiche und die Vereinfachung zu deren Herbeiführung ein. Diese Unterscheidung nach dem Grad der gerichtlichen Mitwirkung am Vergleichsschluss widerspricht jedoch den gesetzgeberischen Absichten. Die vorgenommene Differenzierung hat bis zur Entscheidung vom 15.02.2012 in großen Teilen des Schrifttums keine Rolle gespielt (vgl. Serr a. a. O. 46 Nachweise in Fußnote 27). Sie hat ferner in der Entscheidung des 7. Senates vom 26.04.2006 (7 AZR 366/05 = AP Nr. 1 zu § 14 TzBfG Vergleich = EzA § 14 TzBfG Nr. 29) keinen Niederschlag gefunden. Dort ist ausgeführt, dass der gerichtliche Vergleich, mit dem die Parteien zur Beilegung einer Rechtsstreitigkeit ein befristetes oder auflösend bedingtes Arbeitsverhältnis vereinbaren, keiner weiteren Befristungskontrolle unterliege. Weiter heißt es dann wörtlich:

„Deren Funktion (sic.:Die Befristungskontrolle) erfüllt das Arbeitsgericht durch seine ordnungsgemäße Mitwirkung beim Zustandekommen des Vergleichs, der regelmäßig sogar auf seinem Vorschlag beruht. Dem Gericht als Grundrechtsverpflichteten im Sinne des Artikels 1 Absatz 3 GG obliegt im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle die Aufgabe, den Arbeitnehmer vor einem grundlosen Verlust seines Arbeitsplatzes zu bewahren und damit einen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen grundrechtsgeschützten Interessen der Arbeitsvertragsparteien zu finden. Diese aus Artikel 12 Absatz 1 GG abgeleitete Schutzpflicht erfüllt das Gericht nicht nur durch ein Urteil, sondern auch im Rahmen der gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits. Schlägt das Arbeitsgericht zur Beendigung des Verfahrens über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses einen Vergleich vor, der eine weitere, allerdings zeitlich begrenzte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ist es im Regelfall eine hinreichende Gewähr dafür, dass diese Befristung nicht deswegen gewählt worden ist, um dem Arbeitnehmer grundlos den gesetzlichen Bestandsschutz zu nehmen.“

Damit hat es das BAG bis zur Entscheidung vom 15.02.2012 ausreichen lassen, dass ein Vergleichsvorschlag des Gerichts, ungeachtet wie dieser zustande kommt, einer ordnungsgemäßen Mitwirkung beim Zustandekommen des Vergleichs genügt.

dd) Die Grenzziehung, wann eine ausreichende Mitwirkung des Gerichts anzunehmen ist oder nicht, erweist sich in der Praxis schwierig und erhöht ohne Not die Rechtsunsicherheit. So lässt es, worauf die Berufung zu Recht hinweist, das BAG in der Entscheidung vom 15.02.2012 (a. a. O. Rn. 25) für die Annahme eines gerichtlichen Vergleichs im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG genügen, wenn sich das Gericht einen von den Parteien vorgelegten Einigungsentwurf als seinen Vorschlag zu Eigen macht. Damit wäre im vorliegenden Sachverhalt offen, ob das Gericht den von Klägerseite als Einigungsentwurf nach Prüfung sich zu Eigen gemacht hat oder den Vorschlag ohne Prüfung nur an die Gegenseite weitergeleitet hat. Das erkennende Gericht zweifelt, warum nicht bereits in der Protokollierung nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO eine ausreichende gerichtliche Mitwirkung im Sinne einer inhaltlichen Verantwortung darin liegt, den Vergleichsentwurf einer Kontrolle nach Verstößen gegen Strafgesetze oder nach §§ 134, 138 BGB zu unterziehen. Ist das Gericht gehalten, eine derartige Prüfung vorzunehmen und im Fall eines Verstoßes gegen Strafgesetze, gegen gesetzliche Verbote oder gegen die guten Sitten vor Vergleichsschluss zu unterbinden, so liegt zur Überzeugung des erkennenden Gerichts bereits darin eine Mitwirkung im Sinne einer inhaltlichen Verantwortung, die Schutzinteressen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Die vom BAG in seiner Entscheidung vom 15.02.2012 vorgenommene Differenzierung erscheint überdies künstlich. Sie unterstellt, dass Vergleichsvorschläge der Parteien vom Gericht unbesehen festgestellt und ohne Rücksicht auf deren Inhalt bestätigt werden. Das ist praxisfern und lebensfremd. Die neue Rechtsprechung des BAG hätte nur zur Folge, dass die Parteien mit einem „Eckpunktepapier“ an das Gericht herantreten und es bitten von sich aus einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten. Damit ist die Einflussnahme des Gerichts zwar dokumentiert, aber inhaltlich letztlich nichts gewonnen (vgl. KR Lipke 10. Auflage 2013 § 14 TzBfG Rn. 341a).

Schließlich ist bei Übernahme einer von den Parteien abgestimmten Einigung zur Feststellung eines gerichtlichen Vergleichs das Gericht gehalten, vor seiner Beurkundung, mit der bedeutsame Pflichten übernommen oder auch Rechte aufgegeben werden, die darin festgelegten Pflichten zu prüfen und die Parteien entsprechend § 17 Abs. 2 Beurkundungsgesetz zu belehren (vgl. Zöller/Greger 29. Auflage 2012 § 278 ZPO Rn. 32, Leuchten FA 2012, 324, 326; Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2859 m. w. N.).

Ob eine solche Prüfung durch das Gericht vorgenommen worden ist, bevor es sich eine vorgeschlagene Einigung zu Eigen gemacht hat, lässt sich im Regelfall allerdings nur schwer ermitteln. Bemerkenswert ist, dass der Einigungsentwurf zur Befristung von der zu schützenden Arbeitnehmerseite dem Gericht unterbreitet worden ist.

In dem hier zu entscheidenden Rechtsstreit kann der Akte 7 Ca 192/10 Ö jedenfalls mit Sicherheit nicht entnommen werden, ob eine Prüfung erfolgt oder unterblieben ist. Festzustellen ist jedenfalls, dass das Gericht auf der Grundlage der vom Kläger-Prozessbevollmächtigten außergerichtlichen Einigungsanzeige einen „so bezeichneten“ gerichtlichen Vergleichsvorschlag unterbreitet hat. Dieser gerichtliche Vergleichsvorschlag ist nicht nur der Beklagten, sondern beiden Seiten zugestellt worden (Blatt 57 der Akte 7 Ca 192/10 Ö). Die spätere gerichtliche Feststellung des Vergleichs mit einer kleineren, tarifrechtlich geschuldeten redaktionellen Änderung, ( … und) beeinflusst nicht die Qualifizierung als „gerichtlicher Vergleichsvorschlag“.

ee) Das Gericht gibt zu bedenken, dass auf der Grundlage der Rechtsprechung des 7. Senats des BAG vom 15.02.2012 ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO zukünftig auch an anderer Stelle im Arbeitsrecht entfallen müsste. Der grundlose Verlust des Arbeitsverhältnisses „droht“ etwa ebenso dann, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer in einem Kündigungsstreit „billig“ den Bestandsschutz abkauft oder ihn sonst dazu bewegt, zusammen mit ihm dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag nach der 1. Alternative in Absatz 6 zu unterbreiten. Dann würde sich die Funktion des Gerichts auf die kritisierte Protokollierung beschränken und das Gericht könnte seiner Schutzpflicht aus Artikel 12 Abs. 1 GG in diesen Fällen nicht nachkommen. Hier fehlt es aber an einer arbeitsrechtlich materiellen Norm, die einen „gerichtlichen Vergleich“ voraussetzt und die man mit dem Schutzgesichtspunkten des BAG teleologisch einengen könnte (zutreffend Serr a. a. O., 47). Im Ergebnis würde dies darauf hinauslaufen, dass man höhere Anforderungen an einen gerichtlichen Vergleich stellt, der dem Arbeitnehmer eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses eröffnet, als bei einem endgültigen Verlust des Arbeitsplatzes gegen Abfindungszahlung.

Das Gericht ist deshalb der Auffassung, dass das BAG im Zusammenhang mit § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG die Anforderungen an eine Mitwirkung des Gerichts bei Vergleichsschluss überspannt hat. Es muss genügen, wenn das Gericht die Rechtmäßigkeit des Vergleichs kontrollieren kann und sich den vorgeschlagenen Vergleichstext durch Übernahme zu Eigen gemacht hat. Hierin liegt eine ausreichende Möglichkeit der gerichtlichen Einflussnahme, um eine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmerseite bei einer Sachgrundbefristung zu unterbinden.

ff) Die erkennende Kammer hat die Parteien durch Beschluss vom 22.10.2013 (Blatt 187 d. A.) rechtzeitig auf seine Bedenken gegen die Entscheidung des BAG vom 15.02.2012 – 7 AZR 734/10 – aufmerksam gemacht. Damit wurde ihnen hinreichend rechtliches Gehör gewährt. Die Verspätungsrügen der Klägerin greifen nicht durch, da das beanstandete Vorbringen der Berufung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert hat (§ 67 Abs. 3 ArbGG).

3) Das Gericht lässt offen, ob selbst unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BAG vom 15.02.2012 hier nicht bereits davon auszugehen ist, dass sich das Gericht mit dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 10.06.2010 den Einigungsentwurf der Parteien zu Eigen gemacht hat. Dafür spricht vieles (z. B. handschriftliche Ausfüllung des Musters Vergleichsvorschlag in drei Zeilen, Kreuzsetzung im dritten Kästchen im Verfügungsmuster vorgegeben, Beschluss-Ausfertigung an Kläger wie Beklagte; Blatt 57 der Akte 7 Ca 192/10 Ö). Dies kann aber mit Blick auf die Ausführungen zu 2 dahinstehen.

4) Die Klägerin hat als die unterlegene Partei nach § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5) Die Revision war für die unterlegene Klägerin zuzulassen, da die Kammer mit ihrer Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abweicht.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

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