LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.10.2021 – 6 Sa 337/20

Januar 17, 2022

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.10.2021 – 6 Sa 337/20

Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 01.10.2020 – 1 Ca 572/20 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die die Nebenintervenienten je zur Hälfte tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand
Die Parteien streiten nach ordentlicher Arbeitgeberkündigung im Zusammenhang mit einer Betriebsübernahme aus der Insolvenz über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses, Weiterbeschäftigung und nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage.

Die zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Klägerin trat vor über 20 Jahren in die Dienste der (vormaligen) Beklagten zu 1. Dort arbeitete sie zuletzt in leitender Funktion im Support Departement Finanzen & Controlling und erzielte ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt in Höhe von 9.032,05 EUR.

Die (vormalige) Beklagte zu 1, die weit mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigte, stellte Golfmodeartikel her und vertrieb diese. Mit Beschluss des Amtsgerichts R. vom 1.2.2020 (Az. 8 IN 168/19) wurde das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet und der Beklagte zu 2 zum Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Schreiben vom 26.2.2020 (Anl. K3), der Klägerin am selben Tag persönlich übergeben, kündigte der Beklagte zu 2 unter Verwendung des Briefbogens der Beklagten zu 1 das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum 31.5.2020.

Durch “Purchase and Takeover Agreement” vom 10.3.2020 (Kauf- und Übernahmevertrag, Anl. B2) übernahm die Beklagte zu 3 zum 10.3.2020 die Bereiche E-Commerce und Großhandel sowie die Support Departements “Lager & Logistik”, “IT”, “Finanzen & Controlling” und “HR & Legal” von dem Beklagten zu 2.

Am 17.3.2020 war der Versand und Empfang über die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (beA) mindestens zeitweise technisch gestört. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin und nunmehrige Nebenintervenient zu 2 erhob an diesem Tag per Telefax Kündigungsschutzklage (Eingang bei Gericht um 18.33 Uhr). Das mit der Post versandte Original dieser Klagschrift ging drei Tage später bei Gericht ein.

Mit Verfügung vom 18.3.2020 (dort Ziffer 3) wies das Arbeitsgericht darauf hin, dass die per Fax eingegangene Klage unzulässig sein könnte, und zwar wegen Verstoßes gegen die gemäß § 46g ArbGG i.V.m. der Landesverordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 13.12.2019 (Gesetz- und Verordnungsblatt S.-H. 23.12.2019 S. 782) seit dem 1.1.2020 vor allen schleswig-holsteinischen Arbeitsgerichten für professionelle Einreicher geltende Pflicht zur elektronischen Einreichung. Das Gericht wies auch auf die Ausnahmeregelung des § 46g Satz 3 und 4 ArbGG hin und führte hierzu wie folgt aus:

“Nur noch bei zeitweisen Problemen der technischen Einrichtungen und in anderen Sonderfällen gelten gesetzlich vorgesehene Ausnahmen. Auf die Notwendigkeit der unverzüglichen Glaubhaftmachung wird hingewiesen.”

Zudem war der Gesetzeswortlaut des § 46g ArbGG im Volltext in der Verfügung wiedergegeben.

Weiter enthielt die Verfügung einen Hinweis auf die technischen Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß §46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERRV) wie folgt:

“Eine kurzfristige ordnungsgemäße erneute Einreichung wird anheimgestellt. Auf die technischen Zulässigkeitsvoraussetzungen gem. § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) wird hingewiesen. Insbesondere sind elektronische Dokumente texterkannt/durchsuchbar einzureichen. Im Dokument enthaltene Schriftarten und Grafiken müssen mit diesem verbunden, d.h. “eingebettet” sein (§ 46c Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 5 Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) i.V.m Nr. 1 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2019 (ERVB 2019)).”

Wegen der Einzelheiten wird auf die Verfügung vom 18.3.2020 Bezug genommen (Anlage K 4 g).

Am 18.3.2020 reichte der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine weitere Klagschrift mit Datum 18.3.2020 als elektronisches Dokument ein. Diese ging um 16.51 Uhr als Datei mit dem Dateiformat .docx (Word-Dokument) beim Arbeitsgericht ein. Dieser Schriftsatz wurde dem zuständigen Vorsitzenden durch die Geschäftsstelle zunächst nicht vorgelegt.

Nachdem der zuständige Vorsitzende die Klagschrift vom 18.3.2020 gelegentlich des Eingangs der Vertretungsanzeige der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 26.3.2020 am 27.3.2020 zur Kenntnis genommen hatte, wies er mit Verfügung vom 27.3.2020 darauf hin, dass die als Word-Dokument eingereichte Klagschrift vom 18.3.2020 gemäß § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV (falsches Dateiformat) unzulässig sein dürfte. Das elektronische Dokument sei im Format PDF (ausnahmsweise TIFF) zu übermitteln. In der Verfügung wies der Vorsitzenden – jeweils durch Fettdruck hervorgehoben – auf die Heilungsmöglichkeiten gemäß § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG und erneut auf die technischen Zulässigkeitsvoraussetzungen hin. Hierzu führte er aus:

“Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt. Dabei wird auf die weiteren technischen Zulässigkeitsvoraussetzungen hingewiesen: Insbesondere sind elektronische Dokumente texterkannt/durchsuchbar einzureichen. Im PDF-Dokument enthaltene Schriftarten und Grafiken müssen mit diesem verbunden, d.h. “eingebettet ” sein (§ 46c Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 5 Elektronischer – Rechtsverkehr -Verordnung (ERVV) i.V.m Nr. 1 der Elektronischer – Rechtsverkehr -Bekanntmachung 2019 (ERVB 2019)).”

Noch am selben Tag, also am 27.3.2020, reichte die Klägerin über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten per elektronischem Rechtsverkehr eine weitere Klagschrift mit Datum 27.3.2020 bei Gericht ein (Eingang um 17.37 Uhr), diesmal im Dateiformat .pdf (PDF-Datei). Die Datei enthielt nicht eingebettete Schriftarten (Helvetica).

Mit Verfügung vom 30.3.2020 wies das Gericht darauf hin, dass auch die Klage vom 27.3.2020 unzulässig sein dürfte, da die übermittelte PDF-Datei entgegen den rechtlichen Vorgaben aus § 46c Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 5 ERVV i.V.m. Nr. 1 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2019 (ERVB 2019) nicht eingebettete Schriftarten enthalte. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass eine fehlende Einbettung durch Öffnen der Datei, z.B. in Adobe Reader unter “Eigenschaften” und dort unter “Schriften” erkennbar sei. Das Arbeitsgericht wies zudem wie folgt auf die Heilungsmöglichkeiten des § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG hin:

“Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.”

Mit per elektronischem Rechtsverkehr übermittelten Schriftsatz vom 31.3.2020 reichte die Klägerin vertreten durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten eine weitere Klagschrift beim Arbeitsgericht ein. Diese Klagschrift ging bei Gericht am 31.3.2020 um 12:29 Uhr im Dateiformat .pdf (PDF-Datei) ein. Auch sie enthielt nicht eingebettete Schriftarten (Helvetica).

Mit Verfügung vom selben Tag wies das Arbeitsgericht darauf hin, dass auch die elektronisch eingegangene Klage vom 31.3.2020 unzulässig sein dürfte, da sie nicht eingebettete Schriftarten enthalte. Auf die Heilungsmöglichkeit des § 46c Abs. 6 S. 2 ArbGG wurde abermals hingewiesen.

Mit per elektronischem Rechtsverkehr übermittelten Schriftsatz, versehen mit dem Datum 31.3.2020, reichte die Klägerin – vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten – eine weitere Klagschrift beim Arbeitsgericht ein. Die Klagschrift ging am 1.4.2020 um 13:38 Uhr bei Gericht im Dateiformat .pdf (PDF-Datei) ein. Die übermittelte PDF-Datei ist textdurchsuchbar und alle in ihr enthaltenen Schriftarten sind eingebettet.

Am 31.3.2020 reichte die Klägerin über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten per Fax und per elektronischem Rechtsverkehr neben der erwähnten Klage einen weiteren Schriftsatz mit Datum 31.3.2020 beim Arbeitsgericht ein. Das elektronische Dokument ging um 12:53 Uhr im Dateiformat .pdf (PDF-Datei) ein; es enthielt nicht eingebettete Schriftarten, wie bereits die Klage vom selben Tag. In diesem Schriftsatz führte die Klägerin aus, dass am Tag der Klageinreichung, dem 17.3.2020, der Nachrichtenversand über beA durch technische Mängel, die nicht in der Sphäre der Klägerseite gelegen hätten, defekt gewesen sei. Zur Glaubhaftmachung bezog sie

sich auf einen beigefügten Screenshot der Webseite der Bundesrechtsanwaltskammer (“Aktuelle Meldungen”), in dem es ganz unten heißt:

“beA: Nachrichtenversand in und aus Justiz nicht möglich 17. März 2020

Leider bestehen weiterhin Anmeldeprobleme am beA. Derzeit ist kein Nachrichtenversand an die und aus der Justiz möglich. Das Bundesweite […]”

Die Klägerin bot zudem Zeugenbeweis für ihre Behauptung an, dass am fraglichen Tag immer wieder versucht worden sei, die Kündigungsschutzklage über beA zu versenden, was aber technisch nicht möglich gewesen sei.

Dieser auch per Fax übermittelte Schriftsatz vom 31.3.2020 ging am 2.4.2020 im Original per Post bei Gericht ein. Das Arbeitsgericht wies mit Verfügung vom 2.4.2020 unter Bezugnahme auf § 46g ArbGG darauf hin, dass der per Post übermittelte Schriftsatz vom 31.3.2020 nicht zu berücksichtigen sein dürfte.

Per elektronischem Rechtsverkehr übersandet die Klägerin vertreten durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten am 3.4.2020 ihren Schriftsatz vom 31.3.2020, nun datiert auf den 3.4.2020. Die übermittelte PDF-Datei ist textdurchsuchbar und alle in ihr enthaltenen Schriftarten sind eingebettet.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Kündigung vom 26.2.2020 sei unwirksam. Sie habe die Kündigungsschutzklage formal ordnungsgemäß und innerhalb der Frist des § 4 KSchG erhoben. Die Kündigung gelte nicht gem. § 7 KSchG als wirksam. Bereits die am 17.3.2020 per Fax eingereichte Klage wahre die gesetzlich vorgeschriebene Form und sei daher zulässig. Die Klägerin habe aufgrund der technischen Störung des Versandes per beA am 17.3.2020 gemäß § 46g Satz 3 ArbGG von der Möglichkeit der Ersatzeinreichung per Fax und Post Gebrauch machen dürfen. Einer Glaubhaftmachung der technischen Störung gem. § 46g S. 4 ArbGG habe es nicht bedurft. Der Anwendungsbereich des § 46g Satz 4 ArbGG sei teleologisch auf die Fälle zu beschränken, in denen die technischen Gründe i.S.d. § 46g Satz 3 ArbGG in der Sphäre des das beA nutzenden Rechtsanwalts liegen. Dagegen ergebe eine Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung per beA keinen Sinn, wenn die technischen Gründe außerhalb der Sphäre des Nutzers liegen, da jeder Rechtsanwalt nur Kunde des beA-Dienstleisters sei und keinen Einfluss auf etwaige Defekte des Systems habe. Ein Rechtsanwalt könne nicht wissen, aus welchen Gründen und wann das beA defekt sei und könne all dies auch nicht glaubhaft machen. Zudem sei dem Gericht die Störung bekannt gewesen. Einer Mitarbeiterin der Kanzlei des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei am 17.3.2020 telefonisch von einem Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Gerichts bestätigt worden, dass das beA defekt sei. Wisse das Gericht von der aktuellen Störung, sei die Glaubhaftmachung der bekannten Störung überflüssige Förmelei.

Die vorsorgliche Glaubhaftmachung mit Schriftsatz vom 31.3.2020 sei unverzüglich im Sinne von § 46g Satz 4 ArbGG erfolgt. Dies gelte insbesondere, da der Sachverhalt sich während der Corona-Krise abgespielt und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sich durchgehend im Home-Office befunden habe.

Die jeweiligen Prüfprotokolle zu den elektronisch eingereichten Schriftsätzen der Klägerin wiesen den Übermittlungsstatus “erfolgreich” und das Gesamtprüfungsergebnis des Prüfprotokolls mit “Sämtliche durchgeführten Prüfungen liefern ein positives Ergebnis” aus. Hinsichtlich der elektronisch eingereichten Schriftsätze sei auf telefonische Nachfrage von der Geschäftsstelle jeweils bestätigt worden, dass alles korrekt eingereicht sei, “alles auf grün” sei und man sich keine Sorgen zu machen brauche. Hierauf habe man vertraut.

Die Verfügungen des Gerichts seien völlig verblüffend und überraschend gewesen. In allen anderen Verfahren seit Mitte 2019 sei das beA von der Kanzlei des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin genau wie in dem vorliegenden Rechtsstreit genutzt worden. Beanstandungen der Gerichte habe es nicht gegeben. So habe auch eine andere Kammer des Arbeitsgerichts bezüglich einer anderen am 18.3.2020 – ebenfalls per Fax und per Post – eingereichten Klage der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin keinerlei Bedenken an der Zulässigkeit der Klage geäußert.

Bereits am 15.8.2019 seien sämtliche Mitarbeiter der Kanzlei des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin von einer Fachfirma über die Nutzung des beA geschult worden. Organisationsverschulden liege daher nicht vor. Die Klägerin hat gemeint, die vom Arbeitsgericht errichteten rechtlichen und technischen Zugangshürden sowie die Anwendungspraxis beschränke den Zugang zur Justiz und sei mit dem durch die Verfassung garantierten Justizgewährleistungsanspruch unvereinbar. Zu bedenken sei, dass dem Gericht seit dem 17.3.2020 alle Dokumente sowohl körperlich als auch digital – ob mit technischen Mängeln behaftet oder nicht – zur Bearbeitung vorgelegen hätten. Die Gerichte dürften die Anforderungen an die Prozessbevollmächtigten bei der Verwendung des in der derzeitigen Form oft fehlerbehafteten beA nicht überspannen. Das habe der BGH in seiner Entscheidung vom 28.4.2020 (Az. X ZR 60/19) zutreffend erkannt.

Letztlich sei zweifelhaft, ob die vom Gericht beanstandeten technischen Mängel überhaupt vorliegen. Es sei nicht plausibel, dass ausgerechnet nur bei zwei Kammern des Gerichts, nicht aber bundesweit bei anderen Gerichten oder bei anderen Kammern des Gerichts, diese Mängel aufgetreten sein sollen. Es sei auch zu prüfen, ob nicht möglicherweise im Laufe des Verfahrens Schriftsätze der Beklagtenseite unbeanstandet “durchgelaufen” seien, die bei der Klägerseite beanstandet wurden. Es sei auffällig, dass es zu technischen Beanstandungen bei den Beklagten erst im Laufe des Verfahrens gekommen sei. Es sei nicht lebensnah, dass die Beklagtenseite beA im Laufe des Verfahrens unterschiedlich bediene. Es müsse auf dem Niveau eines “IT-Seminars” genau überprüft werden, ob und worin denn angeblich die beA-Übermittlungsfehler der Klägerseite gelegen haben sollen. Es bedürfe eines Sachverständigengutachtens und es seien die genauen technischen Hintergründe zu prüfen.

Hilfsweise sei ihr, der Klägerin, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, höchst hilfsweise sei die Klage gemäß § 5 KSchG nachträglich zuzulassen.

Die Kündigung vom 26.3.2020 sei bereits aus formalen Gründen unwirksam, da der Insolvenzverwalter für das Kündigungsschreiben den Briefbogen der Insolvenzschuldnerin verwendet habe. Daher sei nicht klar, ob er selbst als Insolvenzverwalter oder in Vertretung für die Insolvenzschuldnerin gekündigt habe. Die Kündigung sei zudem wegen des Betriebsübergangs erfolgt und daher gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche ordentliche Kündigung des Beklagten zu 2 vom 26.2.2020 nicht aufgelöst worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass das zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 3 bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche ordentliche Kündigung des Beklagten zu 2 vom 26.2.2020 nicht aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte zu 3 wird verurteilt, die Klägerin (bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreites) als Leiterin Finanzen der Beklagten zu 3 oder in zumutbarer gleichwertiger Stellung zu im Übrigen unveränderten Vertragsbedingungen weiterhin zu beschäftigen.

Die Beklagten zu 2 und 3 haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Ansicht vertreten, die Kündigungsschutzklage sei innerhalb der gesetzlichen Frist des § 4 KSchG nicht zulässig erhoben worden, da entweder die Vorgaben des § 46g ArbGG oder die technischen Zulässigkeitsvoraussetzungen gem. § 46c Abs. 2 ArbGG i.V.m. ERVV und ERVB 2019 nicht gewahrt seien. Die erst nach Ablauf der Frist des § 4 KSchG formal wirksam erhobene Klage sei bereits aufgrund der gem. § 7 KSchG eingetretenen Fiktionswirkung unbegründet. Unabhängig vom Eintritt der Fiktionswirkung sei die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse sozial gerechtfertigt i.S.d. § 1 KSchG, nicht i.S.d. § 613a Abs. 4 BGB “wegen” des Betriebsübergangs erfolgt und auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Zugleich hat es die Anträge der Klägerin auf Wiedereinsetzung gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 233 ZPO sowie auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG zurückgewiesen.

Die Kündigung gelte kraft gesetzlicher Fiktion nach § 7 KSchG als wirksam. Denn die Klägerin habe die Rechtswirksamkeit der ihr am 26.2.2020 zugegangenen Kündigung erstmals mit der am 1.4.2020 und damit nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG am 18.3.2020 eingegangenen Klage (mit Datum 31.3.2020) geltend gemacht. Die erste, per Fax/Post am 17.3.2020/20.3.2020 eingereichte Klage sei unzulässig, da sie entgegen § 46g ArbGG nicht elektronisch eingereicht worden sei. Die am 18.3., 27.3. und 31.3.2020 elektronisch nachgereichten Klageschriften erfüllten die technischen Anforderungen nicht, seien folglich unzulässig und nicht geeignet, die Klagefrist zu wahren. Es fehle an einer wirksamen Ersatzeinreichung der per Telefax eingereichten Klage. Die behauptete Störung des beA müsse nach § 46g Sätze 3 und 4 ArbGG bereits mit der Ersatzeinreichung, zumindest aber unverzüglich danach, glaubhaft gemacht werden. Die Glaubhaftmachung sei trotz gerichtlicher Kenntnis von der Störung am 17.3.2020 nicht entbehrlich gewesen und keinesfalls unverzüglich erfolgt. Auch die Mängel der am 18.3.2020 eingereichten Klage seien nicht geheilt.

Gegen das ihr am 9.11.2020 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin am 7.12.2020 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.2.2020 am 11.2.2021 begründet.

Sie meint, ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten hätten die Kündigungsschutzklage form- und fristgerecht eingelegt. Das Arbeitsgericht überspanne die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klagerhebung. Bereits ihre am 17.3.2020 per Fax und drei Tage später per Post eingegangene Klage habe die Klagefrist gewahrt. Wegen vorübergehende Ausfälle des beA-Systems am 17.3.2020 sei nämlich eine Ersatzeinreichung zulässig gewesen. Sie habe die Störung nicht glaubhaft machen müssen, weil sie unstreitig vorgelegen habe und gerichtsbekannt gewesensei. Das habe die Mitarbeiterin des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin von der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts erfahren. In einem solchen Fall müsse § 46g ArbGG zwingend einschränkend ausgelegt werden. Das Vertrauen darauf, dass ein Gericht seine tatsächlich vorhandene Kenntnis eines technischen Problems nicht ausblendet, sei schützenswert. Mit der grundsätzlich erforderlichen Glaubhaftmachung solle einer Missbrauchsgefahr begegnet werden. Die Gefahr der Umgehung des elektronischen Rechtsverkehrs bestehe aber bei einer gerichtsbekannten Störung des beA nicht. Die Forderung nach einer Glaubhaftmachung sei hier bloße Förmelei und damit überflüssig. Dass es sich im vorliegenden Fall um eine zulässige Ersatzeinreichung wegen der aufgetretenen Störung des beA gehandelt habe, zeige der Umstand, dass ihr Prozessbevollmächtigter am Folgetag die Klage als elektronisches Dokument eingereicht hat.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass jedenfalls diese Klageschrift vom 18.3.2020 die Frist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt habe. Der der Klagschrift vom 18.3.2020 anhaftende Formatfehler – Übermittlung als word-Datei – sei spätestens mit der am 1.4.2020 per beA übermittelten Klageschrift vom 31.3.2020 geheilt worden. Einer Glaubhaftmachung der inhaltlichen Übereinstimmung mit der Klageschrift vom 18.3.2020 habe es nicht bedurft. Das ergebe die Auslegung von § 46c Abs. 6 ArbGG angesichts der besonderen Umstände des Falls. Die Glaubhaftmachung solle verhindern, dass Schriftsatzfristen umgangen werden, indem nach fehlerhafter Einreichung eines Schriftsatzes im nachgereichten Schriftsatz der Vortrag ergänzt wird. Für das Arbeitsgericht sei es aber offenkundig gewesen, dass es sich bei den nachgereichten Schriftsätzen stets um dieselbe Klage gehandelt habe. Denn die Schriftsätze seien abrufbar und lesbar gewesen.

Die Klägerin meint, sie habe auf die Möglichkeit der Heilung vertrauen dürfen, weil das Arbeitsgericht auch noch in seinen Verfügungen vom 31.3. und 2.4.2020 auf Heilungsmöglichkeiten hingewiesen habe. Angesichts der Ausführungen in der Verfügung vom 6.4.2020, in der das Arbeitsgericht erklärt hat, die Kündigungsschutzklage dürfte zulässig sein, handele es sich bei dem angegriffenen Urteil um eine Überraschungsentscheidung.

Die Klägerin hat ihrem vormaligen Prozessbevollmächtigten und dessen Kanzlei den Streit verkündet. Die Streitverkündeten (Nebenintervenienten zu 1 und 2), die dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten sind, vertreten ebenfalls die Auffassung, dass die Klägerin die technische Störung des beA vom 17.3.2020 nicht habe glaubhaft machen müssen, weil die Störung allgemein und auch dem Arbeitsgericht bekannt gewesen sei. Werde eine Glaubhaftmachung verlangt, verstoße das gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Übermaßverbot. Zu berücksichtigen sei ferner, dass § 46g ArbGG bundesweit erst zum 1.1.2022 in Kraft trete, die Verordnung des Landes Schleswig-Holstein über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 13.12.2019 das Inkrafttreten äußerst kurzfristig vorgezogen habe und den Anwälten daher wenig Zeit geblieben sei, sich auf die aktive Nutzung des beA und die geänderte Rechtslage einzustellen. Die Nebenintervenienten hätten im Übrigen die Glaubhaftmachung mit Schriftsatz vom 31.3.2020 formwirksam nachgeholt.

Die Nebenintervenienten teilen die Ansicht der Klägerin, dass jedenfalls die am 18.3.2020 per beA eingereichte Kündigungsschutzklage die Klagefrist gewahrt habe. Unschädlich sei, dass die Klage versehentlich als word-Dokument eingereicht worden sei. Das Arbeitsgericht habe auf diesen Mangel erst mit Verfügung vom 27.3.2020 und damit nicht unverzüglich hingewiesen. Dagegen habe die Klägerin unverzüglich, nämlich mit am 1.4.2020 eingegangenen Schriftsatz vom 31.3.2020 die Klage im richtigen Format (PDF) übersandt. Damit sei ein möglicher Formfehler geheilt. Zudem hätte das Arbeitsgericht die am 18.3.2020 übersandte word-Datei unproblematisch in eine Datei im PDF/A Format umwandeln können.

Beachtlich sei weiter, dass die Klägerin nach dem 18.3.2020 ihre Klage mehrfach im PDF-Format übersandt habe. Zweifelhaft sei, ob das Arbeitsgericht überhaupt wirksam auf nicht eingebettete Schriftarten hingewiesen habe, denn die Hinweise enthielten selbst nicht eingebettete Schriftarten. Auch im angegriffenen Urteil fänden sich nicht eingebundene Grafiken.

Die Nebenintervenienten rügen, die Bekanntmachung zu § 5 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung von 20.12.2019 (ERVB 2019) sei nicht von der zuständigen Ministerin unterzeichnet worden. Vielmehr habe Frau M. ..S. “im Auftrag” unterzeichnet. Daher sei die Bekanntmachung nicht wirksam erfolgt. Eine ordnungsgemäße Ausfertigung der Bekanntmachung stellen die Streitverkündeten in Abrede. Selbst wenn man das anders sähe, habe die ERVB 2019 die Einbettung sämtlicher verwendeter Schriftarten nicht wirksam zum Formerfordernis erhoben. Dazu zitieren die Streitverkündeten aus dem Hinweisbeschluss des OLG Koblenz vom 9.11.2020 (3 U 8454/20). Mit dem OLG Koblenz sind sie der Ansicht, dass es ausreiche, wenn die per beA eingereichten Schriftsätze für eine Bearbeitung durch das Gericht geeignet sind. Diese Voraussetzung erfüllten die von der Klägerin per beA eingereichten Klagen. Die Nebenintervenienten behaupten, nicht eingebettete Schriften fänden sich ausschließlich im Briefkopf der vom Nebenintervenienten zu 2 eingereichten Klagen.

Schließlich meinen die Nebenintervenienten, dass das Arbeitsgericht den hilfsweise gestellten Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und auf nachträgliche Zulassung hätte entsprechen müssen. Der Zugang zu den Gerichten dürfe nicht in unverhältnismäßiger Weise erschwert werden. Außerdem habe die Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts der Klägerin mitgeteilt, dass ihre Klage die formalen Voraussetzungen erfülle. Darauf habe sich die Klägerin verlassen dürfen. Hinzu komme, dass der Nebenintervenient zu 2 seinerzeit wegen der Pandemie im Home-Office gearbeitet habe.

Die Klägerin und die Nebenintervenienten beantragen:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 1.10.2020 (Az. 1 Ca 572/20), der Klägerin am 9.11.2020 zugestellt, wird abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das zwischen der Klägerin und der Berufungsbeklagten zu 2 bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die schriftliche ordentliche Kündigung vom 26.2.2020, ausgesprochen durch den Berufungsbeklagten zu 1 aufgelöst worden ist.

3. Die Berufungsbeklagte zu 2 wird verurteilt, die Klägerin als Leiterin Finanzen der Berufungsbeklagten zu 2 oder in zumutbarer gleichwertiger Stellung zu im Übrigen unveränderten Vertragsbedingungen zu beschäftigen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Es handele sich keineswegs um eine Überraschungsentscheidung, denn das Gericht habe in seiner Verfügung vom 6.4.2020 nur eine “vorläufige Einschätzung der Rechts- und Sachlage” mitgeteilt und klargemacht, dass eine abschließende Entscheidung durch die Kammer erfolgt.

Die Kündigung vom 26.2.2020 sei bereits kraft gesetzlicher Fiktion gem. § 7 KSchG wirksam und überdies sozial gerechtfertigt.

Die per Fax/Post eingegangene Klage vom 17.3.2020 verstoße gegen § 46g Satz 1 ArbGG iVm. der Landesverordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 13.12.2019 (LVO). Die Vorschriften, die der Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs dienten, seinen keinesfalls überraschend in Kraft getreten und verstießen in ihrer Ausgestaltung nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz oder das Übermaßverbot. So sei eine Ersatzeinreichung in § 46g Sätze 3 und 4 ArbGG ausdrücklich vorgesehen, zu der es hier aber nicht gekommen sei. Denn die Klägerin habe trotz entsprechenden Hinweises die vorübergehende Unmöglichkeit der Übermittlung aus technischen Gründen nicht glaubhaft gemacht. Erstmals mit Schriftsatz vom 31.3.2020 habe die Klägerin auf die technische Störung hingewiesen, wobei zweifelhaft sei, ob es sich dabei um eine Glaubhaftmachung i.S.d. § 46g Satz 4 ArbGG handele. Den per Fax/Post eingegangenen Schriftsatz vom 31.3.2020 habe das Arbeitsgericht zu Recht nicht berücksichtigt, weil er den Anforderungen des § 46g Satz 1 ArbGG nicht genügt habe. Aber auch der als elektronisches Dokument eingereichte Schriftsatz vom selben Tag könne nicht berücksichtigt werden, da in ihm nicht alle Schriftarten eingebettet seien. Nicht entscheidend sei, ob sich die nicht eingebetteten Schriftarten ausschließlich im Briefkopf befunden haben, was die Beklagten bestreiten; denn alle notwendigen Inhalte (insbesondere Grafiken und Schriftarten) müssten in der Datei enthalten sein. Dieses Formerfordernis, das für Parteien und Dritte gelte, sei wirksam durch § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV iVm. Ziff. 1 ERVB 2019 begründet worden. Die ERVB 2019 sei formwirksam von der zuständigen Abteilungsleiterin “im Auftrag” unterzeichnet, wirksam ausgefertigt und bekannt gemacht worden. Die in dem von den Nebenintervenienten angeführten Hinweis des OLG Koblenz (9.11.2020 – 3 U 844/20) geäußerten Wirksamkeitsbedenken bezüglich der ERVB 2019 überzeugten nicht. Der Formverstoß (Verwendung nicht eingebetteter Schriftarten) führe stets zur Unzulässigkeit, auch wenn der Schriftsatz für die Bearbeitung durch das Gericht im Übrigen geeignet sei. Den Formmangel – Verwendung nicht eingebetteter Schriften – habe die Klägerin, obwohl das möglich gewesen wäre, nicht geheilt. Sie habe entgegen § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG nicht glaubhaft gemacht, dass ihr am 3.4.2020 nachgereichtes Dokument mit dem zuerst (am 31.3.2020) eingereichten inhaltlich übereinstimmt. Die Glaubhaftmachung der Übereinstimmung sei auch nicht ausnahmsweise entbehrlich gewesen, § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG sei nicht teleologisch zu reduzieren. Es sei unzumutbar, fehleranfällig und nicht Aufgabe des Gerichts, Schriftsätze auf ihre inhaltliche Übereinstimmung zu überprüfen. Dagegen sei dem Einreichenden die Glaubhaftmachung der Übereinstimmung durch eidesstattliche Versicherung unschwer möglich.

Falls der Schriftsatz vom 3.4.2020 überhaupt eine technische Störung des beA am 17.3.2020 glaubhaft mache, sei die Glaubhaftmachung nicht unverzüglich nach der Ersatzeinreichung erfolgt. Der Begriff “unverzüglich” i.S.d. § 46g Satz 4 ArbGG sei schon wegen der Gesetzessystematik und des Adressatenkreises der Norm eng auszulegen.

Anders als die Klägerin und die Nebenintervenienten meinen, sei eine Glaubhaftmachung der Störung i.S.d. § 46g Satz 4 ArbGG auch nicht ausnahmsweise entbehrlich gewesen, weil die Vorschriften für die Anwälte neu seien oder weil das Gericht von den Störungen des beA am 17.3.2020 gewusst habe. Der Gesetzeswortlaut, die Systematik aber auch Sinn und Zweck der Vorschrift ließen keine Ausnahmen von der Pflicht zur Glaubhaftmachung zu, zumal diese ohne nennenswerten Aufwand mit einer eidesstattlichen Versicherung möglich sei. Ob das Gericht von der Störung wisse, sei dagegen nicht maßgebend, da es zu entsprechenden Ermittlungen etwaiger Störungen nicht verpflichtet werden könne. Der von der Klägerin angeführte Fall des LAG Nürnberg (4.12.2006 – 7 Ta 207/06) und der von den Streitverkündeten genannte Fall des LG München (12.5.2021 – 37 O 32/21) beträfen nicht vergleichbare Fallgestaltungen. Aus der von der Klägerin behaupteten – und von den Beklagten mit Nichtwissen bestrittenen – Aussage der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts, dass mit dem Schriftsatz “alles in Ordnung” sei, könne kein Vertrauen hergeleitet werden. Denn nicht die Geschäftsstellenmitarbeiter, sondern die zuständigen Richter würden über Zulässigkeitsfragen entscheiden. Die auf die jeweiligen Einreichungsfehler bezogenen richterlichen Hinweise stünden dem von der Klägerin angenommenen Vertrauenstatbestand entgegen.

Die am 18.3.2020 per beA eingereichte Klage sei unzulässig und wahre die Klagefrist nicht. Sie sei in einem unzulässigen Dateiformat übermittelt worden. Anders als die Nebenintervenienten meinen, sei das Gericht nicht zu einer Umwandlung des Formats verpflichtet. Die allein verpflichtete Klägerin habe den Mangel nicht in der vom Gericht aufgezeigten Weise geheilt. Es fehle an einer zulässigen Ersatzeinreichung nebst Glaubhaftmachung der inhaltlichen Übereinstimmung des nachgereichten mit dem zuerst eingereichten Schriftsatz. Diese Glaubhaftmachung der Inhaltsübereinstimmung sei nicht entbehrlich gewesen.

Die Klagen vom 27. und 31.3.2020 wahrten die Klagefrist nicht. Außerdem erfüllten sie die Formerfordernisse des § 46c Abs. 2 ArbGG iVm. § 5 ERVV iVm. Nr. 1 ERVB 2019 nicht. Zu einer Heilung sei es schon deshalb nicht gekommen, weil es an einer Glaubhaftmachung der inhaltlichen Übereinstimmung des nachgereichten mit dem zuerst eingereichten Schriftsatz fehle.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass der Klägerin keine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren sei. Ihre Kündigungsschutzklage sei auch nicht nachträglich zuzulassen. Bei Anwendung der zumutbaren Sorgfalt hätte die Klage frist- und formgerecht beim Arbeitsgericht eingelegt werden können. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hätten von den vom Gericht aufgezeigten Heilungsmöglichkeiten Gebrauch machen müssen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in der Berufung, auch zur Wirksamkeit der Kündigung vom 26.2.2020, wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe
A. Die gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 519 ZPO.

B. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage der Klägerin zu Recht abgewiesen. Die streitgegenständliche ordentliche Kündigung vom 26.2.2020 gilt kraft gesetzlicher Fiktion gemäß § 7 Satz 1 KSchG als wirksam. Sie hat das zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 3 seit dem 10.3.2020 bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.5.2020 beendet. Die Klägerin hat innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG nicht formgerecht beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist.

I. Gemäß § 4 Satz 1 KSchG müssen die zur Rechtsunwirksamkeit bzw. zur mangelnden sozialen Rechtfertigung einer Arbeitgeberkündigung führenden Gründe innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung klageweise beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

Die streitgegenständliche Kündigung wurde der Klägerin persönlich am Mittwoch, den 26.2.2020 übergeben. Daher endete die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gemäß §§ 188 Abs. 2, 187 Abs. 1 BGB am Mittwoch, den 18.3.2020.

Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin keine den Anforderungen der §§ 46c, 46g ArbGG entsprechende Klageschrift bei dem Arbeitsgericht eingereicht (dazu II. – IV). Das Arbeitsgericht hat richtig erkannt, dass erstmals am 1.4.2020 um 13:38 Uhr, und damit nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist, eine formwirksame Kündigungsschutzklage bei Gericht einging. Diese mit Datum 31.3.2020 versehene Klageschrift wurde als PDF-Datei nach Maßgabe des § 46g ArbGG per elektronischem Rechtsverkehr übermittelt. Die Datei ist textdurchsuchbar und sämtliche in ihr enthaltenen Schriftarten sind eingebettet, § 46c Abs. 2 ArbGG iVm. § 5 Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung-ERVV vom 24.11.2017, BGBl. I Seite 3803, idF. der Verordnung zur Änderung der ERVV vom 9.2.2018, BGBl. I Seite 200 (ERVV)) iVm. Nr. 1 der Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zu § 5 der Elektronische-Rechtsverkehr-Verordnung (Elektronische-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2019 – ERVB 2019 = ERVB 2019).

II. Die Klägerin hat die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG nicht schon mit ihrer am 17.3.2020 beim Arbeitsgericht per Telefax eingegangenen Klageschrift gewahrt. Die Telefaxklage entsprach ebenso wenig den Vorgaben des § 46g ArbGG wie ihre drei Tage später, am 20.3.2020, im Original eingegangene Klageschrift.

1. Gemäß § 46 g Satz 1 ArbGG sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die u.a. durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die elektronische Einreichung von Anträgen, Schriftsätzen und Klagen, auch Kündigungsschutzklagen, ist für Rechtsanwälte danach zwingend.

§ 46g ArbGG gilt vor allen Schleswig-Holsteinischen Arbeitsgerichten bereits seit dem 1.1.2020. Das folgt aus der Landesverordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 13.12.2019 (Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein vom 23.12.2019, Seite 782; im Folgenden: LVO). Durch die LVO konnte § 46g ArbGG schon vor dem 1.1.2022 in Kraft gesetzt werden. Die Ermächtigungsgrundlage für die LVO befindet sich in Art. 24 Abs. 2 iVm. Art. 26 Abs. 7 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (Bundesgesetzblatt I Seite 3786; im Folgenden: ERVFöG). Die Prozessordnungen, u.a. die ZPO und das ArbGG, sind jeweils mit Wirkung zum 1.1.2022 bzw. durch Gesetz vom 5.10.2021 (Bundesgesetzblatt I Seite 4607) zum 1.1.2026 um überwiegend identische Bestimmungen zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs ergänzt worden. Den dort bestimmten Termin für die aktive Nutzungspflicht für Rechtsanwälte – zunächst 1.1.2022, nunmehr 1.1.2026 – konnten die Länder gemäß Art. 24 Abs. 2 Satz 1 ERVFöG vorziehen. Denn dort ist vorgesehen, dass die Landesregierungen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen können, dass die in Art. 26 Abs. 7 ERVFöG genannten Vorschriften ganz oder teilweise bereits am 1.1.2020 oder am 1.1.2021 in Kraft treten (vgl. LAG Schleswig-Holstein 25.3.2020 – 6 Sa 102/20 – Rn. 13). Mit der LVO hat das Land Schleswig-Holstein von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Die LVO bestimmt, dass der in Art. 26 Abs. 7 ERVFöG genannte Artikel 3 Nr. 5 ERVFöG für den Bereich des Landes Schleswig-Holstein ab dem 1.1.2020 in Kraft tritt. Daher gilt § 46g ArbGG für die Arbeitsgerichte in Schleswig-Holstein seit diesem Zeitpunkt.

2. Anders als die Nebenintervenienten meinen, verstößt die durch § 46g Satz 1 ArbGG begründete aktive Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, auch soweit sie durch die LVO in Schleswig-Holstein vorgezogen worden ist, nicht gegen das sich aus dem Justizgewährungsanspruch aus Art. 20 Abs. 3 iVm. Art 2 Abs. 1 GG ergebende Gebot effektiven Rechtsschutzes.

a) Das Recht auf Zugang zu den Gerichten und eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands sowie eine verbindliche Entscheidung durch den Richter muss gewährleistet sein. Der Weg zu den Gerichten darf zwar von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden. Der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen darf aber nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Insbesondere darf ein Gericht nicht durch die Art der Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften den Anspruch auf die gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar verkürzen (BAG 10.12.2020 – 2 AZN 82/20 – Rn. 5 unter Hinweis auf BVerfG 29.9.2010 – 1 BvR 2649/06 -).

b) Die in § 46g Satz 1 ArbGG vorgesehene Pflicht zur aktiven Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs erschwert den Zugang zu den Arbeitsgerichten nicht in unzumutbarer Weise. Für ihre Einführung streiten sachliche Gründe. Bei der aktiven Nutzungspflicht handelt es sich um einen unentbehrlichen Baustein zur schrittweiser Einführung des Elektronischen Rechtsverkehrs (vgl. jurisPK-ERV Band 2/Natter, § 46g ArbGG Rn. 10). Vor Einführung des § 46g ArbGG durch Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (Bundesgesetzblatt I 2013, Seite 3786) hatte der Gesetzgeber feststellen müssen, dass die sog. professionellen Einreicher von der elektronischen Einreichung von Schriftsätzen nur in geringem Umfang Gebrauch machten. Von einer flächendeckenden freiwilligen Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs war die Anwaltschaft weit entfernt. Auch bei dem erkennenden Gericht haben nur einige wenige Rechtsanwälte den Elektronischen Rechtsverkehr genutzt. Es bedurfte daher der aktiven Nutzungspflicht. Denn selbst wenn die Mehrheit der Rechtsanwälte und Behörden mit der Zeit den Elektronischen Rechtsverkehr freiwillig nutzen würden, würde der Verzicht auf dessen Nutzung durch eine qualifizierte Minderheit einen erheblichen Scanaufwand bei denjenigen Gerichten und Rechtsanwälten auslösen, die die Vorteile des Elektronischen Rechtsverkehrs nutzen wollen (Gesetzentwurf der Bunderegierung zu § 130d ZPO, BT-Drs. 17/12634, Seite 27). Vor diesem Hintergrund war die Einführung einer aktiven Nutzungspflicht erforderlich, aber auch verhältnismäßig. Denn sie beschränkt sich auf die sog. professionellen Einreicher. Ihnen kann zugemutet werden, sich auf den bereits seit Jahren eröffneten elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten einzulassen. Eine unüberwindbare prozessuale Hürde ist damit nicht errichtet.

Soweit die aktive Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs aus technischen Gründen im Einzelfall nicht möglich ist und der Gesetzgeber eine Ersatzeinreichung zulässt (§ 46g Satz 3 ArbGG) bedarf es zur Absicherung der gesetzgeberischen Intention und zur grundlegenden Durchsetzung der Nutzungspflicht entsprechender Nachweise, warum ausnahmsweise nicht per elektronischem Rechtsverkehr eingereicht werden konnte. Anderenfalls könnte die Nutzungspflicht allein und immer wieder mit der bloßen Behauptung technischer Probleme umgangen werden. Daher ist auch das Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit (§ 46g Satz 4 ArbGG) erforderlich und angemessen, um die Beachtung der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs zu sichern.

Anders als die Nebenintervenienten meinen, war die Einführung der aktiven Nutzungspflicht in Schleswig-Holstein nach der langen Diskussion keine Überraschung. Die Opt-In-Klausel, die es den Bundesländern ermöglicht, den Zeitpunkt der aktiven Nutzungspflicht vorzuziehen, war bereits in Art. 24 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (Bundesgesetzblatt I 2013, Seite 3786, 3797) enthalten. Den professionellen Einreichern war die Möglichkeit, dass die aktive Nutzungspflicht schon vor ihrer allgemein verbindlichen Einführung vorgezogen wird, seit geraumer Zeit bekannt. Die Nebenintervenienten können nicht mit Erfolg geltend machen, sie hätten sich auf die aktive Nutzungspflicht in Schleswig-Holstein nicht hinreichend vorbereiten können. Als Rechtsanwälte war von ihnen zu erwarten, dass sie die in der Fachpresse geführte Diskussion verfolgen und die notwendigen technischen Vorkehrungen treffen, um sich am elektronischen Rechtsverkehr beteiligen zu können (vgl. bereits LAG Schleswig-Holstein 19.9.2019 – 5 Ta 894/19 -). Nur am Rande sei erwähnt, dass die Nebenintervenienten in dieser Sache den ersten Schriftsatz erst Mitte März 2020 eingereicht haben. Zu diesem Zeitpunkt war die aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs vor den schleswig-holsteinischen Arbeitsgerichten bereits seit gut zehn Wochen eingeführt.

3. Die per Telefax am 17.3.2020 und per Post am 20.3.2020 eingegangenen Klagschriften vom 17.3.2020 entsprachen nicht der Vorgabe des § 46g Satz 1 ArbGG, wonach elektronische Dokumente zu übermitteln sind. Wird die in § 46g ArbGG vorgesehene Form nicht gewahrt, so ist die jeweilige Prozesserklärung unwirksam; die formunwirksam erhobene Klage ist unzulässig (jurisPK-ERV Band 2/Natter § 46g Rn.30). Folglich konnte die Klägerin mit ihrer formunwirksamen und damit unzulässigen Klage die Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG nicht wahren.

4. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, bei Einreichung ihrer Telefaxklage habe es sich um eine zulässige Ersatzeinreichung gehandelt, mit der sie die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt habe. Denn die Voraussetzungen einer wirksamen Ersatzeinreichung, wie sie die Sätze 3 und 4 von § 46g ArbGG beschreiben, sind nicht erfüllt.

a) Nach § 46g Satz 3 ArbGG bleibt die Übermittlung der Klagen und Schriftsätze nebst Anträgen durch einen Rechtsanwalt nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wenn die elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. In solchen Fällen kann also auch auf Übermittlung durch einen Telefaxdient zurückgegriffen werden. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen, § 46g Satz 4

ArbGG.

b) Die Klägerin hat die vorübergehende Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung aus technischen Gründen am 17.3.2020 (aa) nicht unverzüglich glaubhaft gemacht (bb). Anders als sie und die Nebenintervenienten meinen, war eine solche Glaubhaftmachung auch nicht ausnahmsweise entbehrlich (cc).

aa) Die Klägerin beruft sich auf einen vorübergehenden Ausfall der Technik am 17.3.2020. Sie behauptet in ihren Schriftsätzen vom 31.3.2020 und 3.4.2020, ihrem damaligen Prozessbevollmächtigten und nunmehrigen Nebenintervenienten zu 2 sei die elektronische Übermittlung der Kündigungsschutzklage am 17.3.2020 wegen einer Störung des beA nicht möglich gewesen. Deshalb habe der Nebenintervenient zu 2 die Klage per Telefax einreichen dürfen.

In welchem Umfang der beA-Versand am 17.3.2020 gestört war, welche Anschlüsse betroffen waren und wie lange Störungen bestanden, lässt sich nicht feststellen. Dass es Störungen gegeben hat, dürfte nach den aktuellen Meldungen auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer (bea.brak.de/category/aktuelle-meldungen) jedoch feststehen. Auf dem als Anlage vorgelegten Bildschirmfoto heißt es, dass derzeit kein Nachrichtenversand möglich ist. Die Störungen bestanden vorübergehend. Denn am nächsten Tag, dem letzten Tag der Frist gemäß § 4 Satz 1 KSchG, war die elektronische Übermittlung offenbar wieder möglich, wie die elektronische Übersendung der Klagschrift mit Datum 18.3.2020 belegt.

bb) Die Klägerin hat die von ihr behauptete vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung am 17.3.2020 weder bei Einreichung der Klage per Telefax noch unverzüglich danach glaubhaft gemacht.

In der per Telefax übersandten Kündigungsschutzklage vom 17.3.2020 hat der Nebenintervenient zu 2 nicht auf die Störung des Versands per beA hingewiesen. Erst Recht hat er nicht glaubhaft gemacht, dass solch eine Störung bestand.

Der Nebenintervenient zu 2 hat auch nicht unverzüglich nach Übermittlung der Telefaxklage am 17.3.2020 glaubhaft gemacht, dass Grund für die Klageeinreichung per Telefax eine vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung war. Das ist ihm weder mit den Schriftsätzen vom 31.3.2020 noch mit dem Schriftsatz vom 3.4.2020 gelungen.

(1) Erstmals mit Schriftsatz vom 31.3.2020 hat die Klägerin über den Nebenintervenienten zu 2 geltend gemacht, sie habe ihre Klage am 17.3.2020 per Telefax senden müssen, weil “der Nachrichtenversand über beA, durch technische Mängel, die nicht in der Sphäre der Klägerseite lagen, defekt” war. In diesem Schriftsatz wird auf ein als Anlage beigefügtes Bildschirmfoto verwiesen (http/bea.brak.de/category/aktuelle-meldungen/) und eine Mitarbeiterin des Nebenintervenienten zu 2 als Zeugin dafür benannt, dass es am 17.3.2020 immer wieder technische Mängel beim Versand per beA gab. Es kann dahinstehen, ob – wie die Beklagten meinen – dieser Schriftsatz zur Glaubhaftmachung i.S.v. § 46g Satz 4 ArbGG schon deshalb untauglich war, weil keine nach § 294 ZPO geeigneten Mittel zur Glaubhaftmachung, insbesondere keine eidesstattlichen Versicherungen, beigebracht wurden. Denn zum einen ist der per Telefax, per Post und als elektronisches Dokument eingereichte Schriftsatz bereits aus formellen Gründen nicht zu berücksichtigen; zum anderen wäre eine darin liegende Glaubhaftmachung nicht mehr unverzüglich.

(a) Der per Telefax eingegangene Schriftsatz vom 31.3.2020 ist – wie der am 2.4.2020 per Post im Original eingegangene Schriftsatz gleichen Datums – schon deshalb unwirksam und nicht zu berücksichtigen, weil er nicht als elektronisches Dokument übermittelt worden ist. Die Form der Übermittlung genügt nicht den rechtlichen Vorgaben des § 46g ArbGG (s.o. B. II. 1.). Eine vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung am 31.3.2020 behauptet die Klägerin selbst nicht und macht sie erst recht nicht glaubhaft.

(b) Der als elektronisches Dokument übersandte Schriftsatz vom 31.3.2020 (Eingang: 12:51 Uhr) genügt zwar den Vorgaben des § 46g Satz 1 ArbGG an den Übermittlungsweg. Das Arbeitsgericht hat aber zutreffend festgestellt, dass das Dokument nicht die Anforderungen des § 46c Abs. 2 Sätze 1 und 2 ArbGG iVm. § 5 ERVV iVm. Nr. 1 ERVB 2019 erfüllt, da es nicht “eingebettete” Schriftarten enthält.

(aa) Die technischen Anforderungen an das zulässige Dokument ergeben sich aus den zu § 5 ERVV ergangenen Bekanntmachungen. Das sind die ERVB 2018 und die ERBV 2019. Nach Nr. 1 ERVB 2019 müssen hinsichtlich der zulässigen Dateiversionen alle für die Darstellung des Dokuments notwendigen Inhalte (insbesondere Grafiken und Schriftarten) in der Datei enthalten sein (vgl. BAG 3.6.2020 – 3 AZR 730/19 Rn. 28; BAG 12.3.2020 – 6 AZM 1/20 – Rn. 2). Die ERVV wurde auf Grundlage von § 46 c Abs. 2 Satz 2 ArbGG erlassen. Gemäß § 2 ERVV ist das elektronische Dokument im Dateiformat PDF zu übermitteln. Dabei muss gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV das Dateiformat den nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV bekannt gemachten Versionen entsprechen. Auf Grundlage von § 5 Abs. 1 ERVV hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 20.12.2018 die ERVB 2019 erlassen. Gemäß Nr. 1 Satz 1 ERVB 2019 müssen hinsichtlich der zulässigen Dateiversion PDF, insbesondere PDF/A-1, PDF/A-2 und PDF/UA, alle für die Darstellung des Dokuments notwendigen Inhalte (insbesondere Grafiken und Schriftarten) in der Datei enthalten sein. Ein Nachladen von Datenströmen aus externen Quellen ist nicht zulässig. Der Dokumenteninhalt muss orts- und systemunabhängig darstellbar sein. Alle dort verwendeten Schriften müssen im eingereichten PDF-Dokument integriert sein. Ein Nachladen von Schriftartdaten (Fonts) aus den dienstlichen Rechnern des Gerichts scheidet aus.

Beim Einbetten von Schriftarten wird der Datensatz für die jeweils verwendeten Schriftarten an die PDF-Datei angehängt. Die Schriftarten sind dann in der PDF-Datei selbst integriert. Hierdurch wird sichergestellt, dass die jeweiligen Schriftarten bzw. die Datei korrekt geöffnet und angezeigt werden, auch wenn die verwendeten Schriftarten nicht auf dem Empfangs-Computer installiert sein sollten. Dies garantiert eine immer gleichbleibende Darstellung der gespeicherten PDF-Dateien, unabhängig davon, ob sich die EDV-Ausstattung später ändert.

Normadressaten sind diejenigen, die bei Gericht Dokumente im elektronischen Rechtsverkehr einreichen. Denn § 46c Abs. 1 ArbGG verpflichtet Parteien und Dritte. Die von ihnen übermittelten Dokumente müssen für das Gericht zur Bearbeitung geeignet sein, § 46c Abs. 6 ArbGG. Ob sich in gerichtlichen Verfügungen nicht eingebettete Schriftarten finden, ist dagegen unerheblich.

(bb) Dem vorbeschriebenen Erfordernis entspricht der am 31.3.2020 elektronisch als PDF-Datei eingereichte Schriftsatz nicht. Da die Schriftart Helvetica in der am 31.3.2020 elektronisch übermittelten PDF-Datei nicht eingebettet war, waren nicht sämtliche Schriftarten eingebettet. Das hat die Berufungskammer auf dem vom Arbeitsgericht in der Verfügung vom 30.3.2020 beschriebenen Weg überprüft.

Soweit die Klägerin die fehlende “Einbettung” von Schriftarten im ersten Rechtszug bestritten hat, war ihr pauschales Bestreiten unbeachtlich. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht vorgetragen hat, dass der Nebenintervenient zu 2 die von ihm übermittelte PDF-Datei überhaupt auf die “Einbettung” der Schriftarten überprüft hat und was die Prüfung ergeben hat.

Es kann dahinstehen, ob sich die nicht eingebetteten Schriftarten, wie die Nebenintervenienten behaupten, ausschließlich im Briefkopf ihrer Schriftsätze befunden haben. Nach Nr. 1 ERVB 2019 müssen alle für die Darstellung des Dokuments notwendigen Inhalte (insbesondere Grafiken und Schriftarten) in der Datei enthalten, also eingebettet sein. Nur dann kann bei Wegfall einer Schriftart aus dem Betriebssystem das Dokument unverändert angezeigt werden. Das aber gilt für alle Teile des Schriftsatzes, die Schriften enthalten. § 46c Abs. 2 ArbGG iVm. § 2 ERVV differenziert nicht zwischen unterschiedlichen Teilen des Schriftsatzes (Text, Fußleiste, Fußnoten, Briefkopf). Die Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gebieten es, dass unterschiedslos sämtliche Schriftarten, egal wo sie sich befinden, eingebettet sind. Das Gericht hat nicht zu entscheiden, ob der Fehler einen mehr oder weniger wichtigen Teil des Dokuments betrifft. Hinzu kommt, dass das Dokument als Datei im PDF-Format auf dem Gerichtsserver eingeht und nur als Ganzes auf die verwendeten Schriften untersucht werden kann, nicht aber hinsichtlich einzelner Teile.

(cc) Die Klägerin und die Nebenintervenienten können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die ERVB 2019 sei unwirksam und ihre Vorgaben daher unbeachtlich.

Festzuhalten ist zunächst, dass die ERVB 2019 formwirksam unterzeichnet und wirksam ausgefertigt worden ist. Frau M. … S. hat als Abteilungsleiterin des Referats R (Rechtspflege) die ERVB 2019 – wie in § 18 Abs. 1 Satz 4 Geschäftsordnung der Bundesministerien vorgesehen – “im Auftrag” unterzeichnet. Sie hat als “andere Zeichnungsberechtigte” im Sinne dieser Vorschrift agiert; für ein Handeln “in Vertretung”, wovon offenbar die Nebenintervenienten ausgehen, ergeben sich keine Hinweise. Zweifelhaft ist im Übrigen, ob die Zeichnung mit einem fehlerhaften Zusatz (Im Auftrag statt in Vertretung) zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit der Bekanntmachung führen würde.

Auch das Bundesarbeitsgericht ist in mehreren Entscheidungen von der Wirksamkeit des ERVB 2019 ausgegangen, ohne dies weiter zu problematisieren (BAG 12.3.2020 – 6 AZM 1/20 -; BAG 3.6.2020 – 3 AZR 730/19 -).

Die ERVB 2019 verstößt hinsichtlich des Einbettungserfordernisses weder gegen das in § 5 Abs. 2 Satz 1 ERVV normierte Gebot einer Mindestgültigkeitsdauer (aaa) noch gegen den Umfang der Ermächtigungsgrundlage in § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV (bbb) oder gegen den Justizgewährungsanspruch aus Art. 20 Abs. 3 GG iVm. Art. 2 GG (ccc). Die ERVB 2019 setzt für alle Gerichtsbarkeiten und Gerichte einen objektiven einheitlichen Maßstab an die Formvorgaben elektronisch eingereichter Dokumente; ein subjektiver Maßstab, der auf das jeweilige Empfangsgericht abstellt, kann den Vorschriften dagegen nicht entnommen werden (ddd).

Das hat bereits die dritte Kammer des Arbeitsgerichts Lübeck in einem überzeugend begründeten Urteil vom 9.6.2020 (3 Ca 2203/19) entschieden. Die erkennende Kammer schließt sich den dortigen Ausführungen an (so auch: LAG Schleswig-Holstein 15.7.2021 – 5 Sa 8/21 – Rn. 47 ff. und LAG Schleswig-Holstein 25.5.2021 – 2 Sa 39/21 – Rn. 72 ff.; vgl. auch Hessisches LAG 7.9.2020 – 18 Sa 485/20 – Rn. 32 ff.; a.A: OLG Koblenz 23.11.2020 – 3 U 1442/20 – Rn. 4 ff.; OLG Koblenz 9.11.2020 – 3 U 844/20 – Rn. 20 ff.; LG Mannheim 4.9.2020 – 1 S 29/20 -). Im Einzelnen:

(aaa) Gegen die Anwendbarkeit bzw. Wirksamkeit der ERVB 2019 spricht nicht, dass diese ergänzende Bekanntmachung kein Mindestwirksamkeitsdatum enthält. Es liegt kein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Satz 1 ERVV vor. Gemäß dieser Vorschrift müssen die nach § 5 Abs. 1 ERVV von der Bundesregierung festgelegten “technischen Anforderungen” an das elektronische Dokument mit einer Mindestgültigkeitsdauer bekanntgegeben werden.

Diese Voraussetzung ist erfüllt, denn das Mindestgültigkeitsdatum findet sich bereits in der ERVB 2018. Die Bundesregierung hat am 19.12.2017 die “Bekanntmachung zu § 5 ERVV” (ERVB 2018) und in Nr. 1 die zulässigen Dateiversionen PDF 2.0, PDF/A-2; PDF/UA und TIFF Version 6 mit dem Mindestgültigkeitsdatum 31.12.2020 bekanntgegeben. Dieses Datum ist auch für die ERVB 2019 maßgebend. Bei der ERVB 2019 vom 20.12.2018 handelt es sich nicht um eine eigenständige, die alte ERVB 2018 ablösende Bekanntmachung zu § 5 ERVV, sondern um eine Ergänzung zu der bereits bestehenden ERVB 2018. Das belegt der Schlusssatz der ERVB 2019. Danach ergeht die Bekanntmachung vom 20.12.2018 im Anschluss an die ERVB 2018 vom 19.12.2017. Die ERVB 2019 löst die ERVB 2018 also nicht ab, sondern ergänzt diese. Es gilt folglich weiterhin die in der ERVB 2018 festgelegte Mindestgültigkeitsdauer 31.12.2020.

Dass die ERVB 2019 zu der ERVB 2018 hinzutritt, bestätigt die systematische Betrachtung. Denn die ERVB 2019 enthält – anders als die ERVB 2018 – keine Vorgaben zu den zulässigen PDF-Formaten. Vielmehr formuliert die ERVB 2019 zusätzliche Anforderungen an die nach der ERVB 2018 zulässigen PDF-Formate, u.a. dass alle für die Darstellung des Dokuments notwendigen Inhalte in der zugelassenen PDF-Datei selbst enthalten sein müssen. In Bezug auf diese zusätzlichen Anforderungen kommt es nicht entscheidend auf die jeweilige Dateiversion an. Insofern ist die auf die Datei-Versionen bezogene Mindestgültigkeitsdauer gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 ERVV nicht betroffen, da diese bereits in Nr. 1 ERVB 2018 festgelegt worden ist.

(bbb) Die ERVB 2019 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil nicht mehr durch die Ermächtigungsgrundlage in § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV gedeckt. Nach dieser Vorschrift sind von der Bundesregierung die Versionen der Dateiformate PDF und TIFF bekanntzugeben. Das ist geschehen. Die zugelassenen PDF-Formate sind in Nr. 1 lit a) ERVB 2018 bekanntgegeben worden. Dem steht nicht entgegen, dass die technischen Anforderungen, die an die jeweils zugelassenen PDF-Formate zu stellen sind, ergänzend bekanntgegeben werden. Dies ist von § 5 Abs. 1 Eingangssatz ERVV gedeckt. Danach macht die Bundesregierung die “technischen Anforderungen” an die Übermittlung und Bearbeitung elektronischer Dokumente bekannt. Zu den technischen Anforderungen zählt auch die Einbettung der Schriftarten in den zugelassenen PDF-Dateien.

(ccc) Anders als die Klägerin und die Nebenintervenienten meinen, steht den zwingenden Formatvorgaben bzw. Formvorschriften in §§ 46c Abs. 2 ArbGG iVm. § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV und Nr. 1 ERVB 2019 das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht entgegen. Die vorgegebenen technischen Anforderungen an ein elektronisches Dokument in den ERVB 2018 und 2019 beschränken den Justizgewährungsanspruch nicht unangemessen.

(aaaa) Wie bereits oben (II 2. a)) dargelegt, verlangt der gemäß Art. 20 Abs. 3 GG iVm. Art. 2 Abs. 1 GG aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Justizgewährungsanspruch, einer Partei den Zugang zu einer gerichtlichen Entscheidung nicht in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren (vgl. BVerfG 26.3.2014 – 1 BvR 3185/09 – Rn. 39; BAG 12.5.2010 – 2 AZR 544/08 – Rn. 37).

(bbbb) Hieran gemessen erschwert die ERVB 2019 den Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer Weise. Das gilt auch bezüglich der erörterten Notwendigkeit der Einbettung sämtlicher Schriftarten. Diese Anforderung an einzureichende elektronische Dokumente ist mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes durchaus vereinbar.

Es ist der Klägerin und den Streitverkündeten zuzugeben, dass die Wahrung der Formvorschriften für elektronisch einzureichende Schriftsätze für Rechtsanwälte mit besonderen Belastungen und Schwierigkeiten verbunden war und ist. Das galt insbesondere in den ersten Monaten ihrer Geltung. Die Schwierigkeiten unterscheiden sich allerdings nicht durchgreifend von denen, die grundsätzlich mit Änderungen des Prozessrechts verbunden sind. Die technischen Probleme sind überwindbar, was nicht zuletzt die Praxis zeigt. Hinzu kommt, dass die Bundesrechtsanwaltskammer bei Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und von beA mit den beA-Newslettern den Rechtsanwälten laufend Hinweise und entsprechende Hilfestellungen geboten hat (vgl. z.B. für die Einbettung von Schriftarten: Der Newsletter zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach, Ausgabe 24/2019 v. 27.06.2019). Daneben finden sich im Internet zahlreiche Hinweise z.B. zur Umwandlung eines Word-Dokuments in ein PDF-Dokument und auch zur Einbettung von Schriftarten in ein Dokument.

Auf der anderen Seite ist das Erfordernis der Einbettung von Schriften für den elektronischen Rechtsverkehr und insbesondere für die elektronische Akte bei Gericht sachlich geboten und von erheblicher Bedeutung. Es stellt sicher, dass ein Schriftsatz sowohl beim Gericht als auch bei der einreichenden oder auch bei der anderen Partei stets in gleicher Form vorliegt und dargestellt wird. Nur so ist gewährleistet, dass der Schriftsatz auch noch nach Jahren unverändert vorhanden und lesbar ist.

Angesichts der Vielzahl von Anleitungen und Hilfestellungen und gerade im Hinblick auf den mit den Formvorschriften verfolgten Zweck, die elektronischen Dokumente unveränderbar und langjährig lesbar und dokumentensicher in die Akte aufzunehmen und aufbewahren zu können, erschweren die Vorschriften den Zugang zu den Gerichten nicht unverhältnismäßig. Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass die in § 46c Abs. 2 ArbGG iVm. § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV und §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVB 2018 und Nr. 1 ERVB 2019 normierten technischen Anforderungen an ein elektronisches Dokument gemäß § 46g ArbGG nur für professionelle Einreicher wie Rechtsanwälte gelten. Von diesen kann, anders als vom Bürger, der nach wie vor beim Arbeitsgericht Schriftsätze in Papierform einreichen darf, verlangt werden, dass sie sich hinreichend mit den formalen Anforderungen an elektronisch einzureichende Schriftsätze und Anträge befassen. Hier gilt nichts anders als bei sonstigen Änderungen des Prozessrechts.

Für die Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Vorschriften spricht, dass Formverstöße nicht sofort und ohne weiteres zum Rechtsverlust führen. Um zu verhindern, dass der Rechtssuchende an den technischen Anforderungen an ein bei Gericht einzureichendes elektronisches Dokument scheitert, hat der Gesetzgeber in § 46c Abs. 6 ArbGG bei etwa auftretenden Fehlern eine rückwirkende Heilungsmöglichkeit vorgesehen. Es handelt sich um ein effektives – in Bezug auf die fehlerhafte Ersteinreichung verschuldensunabhängiges – Instrument zur Heilung von Formverstößen (BT-Drucksache 17/12634, 26 f.). Sofern ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet ist, ist dies dem Rechtsanwalt nach § 46c Abs. 6 Satz 1 ArbGG unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs und auf die geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen. Wenn der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt, gilt das Dokument gemäß § 46a Abs. 6 Satz 2 ArbGG als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen. Ein Rechtsverlust tritt für die Partei in diesem Fall nicht ein.

Festzuhalten ist, dass die Bundesregierung mit Bekanntgabe der ERVB 2019 wirksame Formvorgaben gesetzt hat. Der am 31.3.2020 elektronisch eingegangene Schriftsatz entspricht diesen gesetzlich vorgeschriebenen Formvorgaben nicht, sodass die Klägerin mit ihm die vorübergehende Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung der Klage vom 17.3.2020 nicht wirksam glaubhaft machen konnte. Der Schriftsatz ist bereits aus formellen Gründen unzulässig und deshalb nicht zu berücksichtigen (vgl. BAG, 3.9.2020 – 3 AZR 730/19 – Rn. 29).

(ddd) Die ERVB 2019 setzt – ebenso wie die ERVV – für alle Gerichtsbarkeiten und Gerichte die gleichen einheitlichen Vorgaben für eine zugelassene PDF-Datei voraus. Die technischen Anforderungen an ein elektronisch eingereichtes Dokument richten sich für alle Gerichtsbarkeiten und Gerichte nach einem objektiven Maßstab.

Nicht entscheidend ist dagegen, ob ein Empfangsgericht, ein Spruchkörper oder Richter das Dokument ungeachtet dieser Vorgaben für bearbeitbar hält, etwa, weil sein Inhalt – auf welchem Weg auch immer – zur Kenntnis genommen werden kann. Die Frage, ob ein elektronisches Dokument für die Bearbeitung durch das Gericht i.S.v. § 46c Abs. 2 Satz 1 ArbGG geeignet ist, hängt nicht von der subjektiv empfundenen Geeignetheit für die jeweilige Gerichtsbarkeit, den jeweiligen Spruchkörper oder Richter ab. Vielmehr verlangt schon der Wortlaut des § 46c Abs. 2 Satz ArbGG, dass das vom Rechtsanwalt elektronisch übersandte Dokument für die Bearbeitung “durch das Gericht geeignet sein” muss. Dem liefe es zuwider, wenn der Empfänger festlegen könnte, welche Eigenschaften das elektronische Dokument aufweisen muss, um es als für die Bearbeitung geeignet anzusehen. Das würde die Gefahr heraufbeschwören, dass wegen einer uneinheitlichen Handhabung der Gerichte unterschiedliche Voraussetzungen für die Einreichung elektronischer Dokumente konstruiert werden. Es ist somit von einem einzelfallunabhängigen Geltungsanspruch der Vorgaben der ERVB auszugehen.

Für die hier vertretene Sichtweise spricht auch die in § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG vorgesehene Konkretisierung der technischen Rahmenbedingungen. Danach bestimmt die Bundesregierung und nicht etwa die jeweilige Gerichtsbarkeit oder Landesregierung – je nach Stand der Einführung der elektronischen Akte – die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen. § 46c Abs. 2 Sätze 1 und 2 ArbGG sind einheitlich zu verstehen (vgl. BAG 13.3.2020 – 6 AZM 1/20 – Rn. 2 ff.; aA. Müller NZA 2019, 1120, 1122). Die in § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG angesprochenen technischen Rahmenbedingungen beziehen sich auf die objektive Eignung des elektronischen Dokuments für die Bearbeitung durch das Gericht i.S.v. Satz 1 des § 46c Abs. 1 ArbGG. Eine Differenzierung in § 46c Abs. 6 Satz 1 ArbGG zwischen der Unwirksamkeit des Eingangs einerseits und den geltenden technischen Rahmenbedingungen andererseits ließe sich nicht mit § 46c Abs. 2 ArbGG in Einklang bringen. Dieses würde nämlich bedeuten, dass die technischen Rahmenbedingungen der ERVV und der ERVB 2018 sowie der ERVB 2019 überflüssig wären, da es für die Geeignetheit der Bearbeitung des elektronischen Dokuments ohnehin nur auf die subjektive Einschätzung des Gerichts, des Spruchkörpers oder des Einzelrichters ankäme. Dagegen würden aber erhebliche rechtsstaatliche Bedenken bestehen. Allein die technischen Rahmenbedingungen, aus denen sich die Eignung für die Bearbeitung des elektronischen Dokuments jeweils ableitet, sind in den Arbeitsgerichtsbarkeiten der Länder und ggf. auch instanzübergreifend unterschiedlich. Auch das vom Arbeitsgericht Lübeck gebildete Beispiel eines als Word-Datei übermittelten Dokuments spricht dagegen, dass die subjektive Beurteilung der Geeignetheit zur Bearbeitung durch das Gericht maßgebend ist, wie es die Nebenintervenienten unter Berufung auf das OLG Koblenz in den oben genannten Beschlüssen für geboten halten. Wird nämlich bei einem Gericht, das die Akten noch in Papierform führt und folglich das elektronisch eingereichte Dokument ausdrucken muss, ein Schriftsatz als Word-Dokument elektronisch eingereicht, so ist dieser dort zur Bearbeitung ohne Weiteres geeignet. Bei einem anderen Gericht mit elektronischer Aktenführung, an das die Sache ggf. verwiesen oder abgegeben wird, könnte das Word-Dokument dagegen nicht dokumentensicher in die elektronischen Akte aufgenommen werden.

(dd) Damit steht fest, dass das am 31.3.2020 eingereichte elektronische Dokument nicht i.S.v. § 46c Abs. 2 Satz 1 ArbGG für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet war und deshalb keinen wirksamen Eingang bei Gericht darstellt. Der Schriftsatz ist somit auch als Grundlage einer Glaubhaftmachung ungeeignet. Auf die fehlende Einbettung im Schriftsatz vom 31.3.2020 hatte das Arbeitsgericht die Klägerin im Übrigen mit gerichtlicher Verfügung vom selben Tag hingewiesen.

(c) Der elektronisch übermittelte Schriftsatz mit Datum 31.3.2020 gilt auch nicht gemäß § 46 Abs. 6 Satz 2 ArbGG als am 31.3.2020 (um 12:51 Uhr) beim Arbeitsgericht eingegangen. Denn die Klägerin hat den festgestellten Mangel der fehlenden Einbettung nicht geheilt.

Nach der maßgebenden Heilungsvorschrift des § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG gilt das übermittelte elektronische Dokument als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.

Zwar hat die Klägerin den Schriftsatz vom 31.3.2020 nochmals am 3.4.2020 (versehen mit dem Datum 3.4.2020) diesmal im zulässigen Dateiformat, textdurchsuchbar und mit vollständig eingebetteten Schriftarten dem Arbeitsgericht übermittelt. Sie hat aber nicht glaubhaft gemacht, dass das am 3.4.2020 eingereichte Dokument mit dem zuerst (am 31.3.2020) eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt. Auf das Erfordernis der Glaubhaftmachung dieser Übereinstimmung i.S.d. § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG hatte das Arbeitsgericht in seiner Verfügung vom 31.3.2020 ausdrücklich hingewiesen. Der Nebenintervenient zu 2 hat auch diesen Hinweis ignoriert.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Glaubhaftmachung der Übereinstimmung nicht ausnahmsweise entbehrlich, weil das Gericht unschwer hätte erkennen können, dass es sich um identische Schriftsätze handelt. Die Glaubhaftmachung ist nicht nur in Fällen erforderlich, in denen die bewusst fehlerhafte Einreichung unter Ergänzung des Vortrags im nachgereichten Schriftsatz verhindert werden soll. Eine solche Einschränkung lassen weder der eindeutige Wortlaut des § 46c Abs. 6 ArbGG noch der Normzweck zu. Es geht dabei um den umfassenden Schutz vor Missbrauch und Fehlern, die mit jeder Nachreichung verbunden sein können. Bezweckt ist ferner eine Entlastung der Gerichte. Sie sollen auch nicht ausnahmsweise prüfen müssen, ob nachgereichte Schriftsätze mit zuvor fehlerhaft eingereichten inhaltlich übereinstimmen. Dem Einreichenden, dem der Fehler unterlaufen ist, ist eine solche Glaubhaftmachung ohne großen Aufwand möglich, da es sich um seinen Schriftsatz handelt und er die Übereinstimmung ohne weiteres eidesstattlich versichern kann.

cc) Unabhängig davon, dass der Schriftsatz vom 31.3.2020 schon aus formellen Gründen nicht berücksichtigt werden kann, konnte die Klägerin mit dem als elektronisches Dokument übersandten Schriftsatz vom 31.3.2020 (Bl. 102 VA; Eingang: 12:51 Uhr) die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung auch deshalb nicht glaubhaft machen, weil eine Glaubhaftmachung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr “unverzüglich” i.S.d. § 46g Satz 4 ArbGG war. Das gilt erst recht für den als weiteres elektronisches Dokument übersandten Schriftsatz vom 3.4.2020 gleichen Inhalts (Bl. 134 ff. VA).

(aa) Die Glaubhaftmachung hat “unverzüglich” zu erfolgen. Das bedeutet entsprechend der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB “ohne schuldhaftes Zögern”. Schuldhaft ist ein Zögern, wenn das Zuwarten durch die Umstände des Einzelfalles nicht geboten ist (BAG 27.2.2020 – 2 AZR 390/19 – Rn. 17). Da “unverzüglich” weder “sofort” bedeutet, noch damit eine starre Zeitvorgabe verbunden ist, kommt es auf eine verständige Abwägung der beiderseitigen Interessen an (BAG 19.4.2012 – 2 AZR 118/11 – Rn. 16). Nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ist ohne das Vorliegen besonderer Umstände grundsätzlich keine Unverzüglichkeit mehr gegeben (zu § 174 BGB vgl. BAG 8.12.2011 – 6 AZR 354/10 – Rn. 33; zu § 174 Abs. 5 SGB IX vgl. BAG 27.2.2020 aaO). Auch § 46g Satz 4 ArbGG, der einen Ausnahmefall regelt, legt keinen großzügigeren Maßstab nahe. Die Glaubhaftmachung soll (schon) bei der Ersatzeinreichung erfolgen, jedenfalls unverzüglich danach. Dieser Beschleunigungsgedanke findet sich auch in der Gesetzesbegründung der Parallelnorm des § 130d ZPO. Dort heißt es, dass die Glaubhaftmachung “möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung erfolgen” soll. Zwar hält der Gesetzgeber Situationen für denkbar, bei denen der Rechtsanwalt erst kurz vor Fristablauf feststellt, dass eine elektronische Einreichung nicht möglich ist und bis zum Fristablauf keine Zeit mehr verbleibt, die Unmöglichkeit darzutun und glaubhaft zu machen. In diesen besonderen Fällen, also bei kurz vor Fristablauf auftretenden Störungen, sei die Glaubhaftmachung (ohne schuldhaftes Zögern) nachzuholen (BT-Drs. 17/12634, Seite 27).

(bb) Gemessen daran erfolgte die Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung hier nicht unverzüglich.

Zwischen der Ersatzeinreichung am 17.3.2020 und der Glaubhaftmachung mit Schriftsatz vom 31.3.2020 lagen 14 Tage.

Besondere Umstände des Falls gebieten es nicht, hier einen längeren Zeitraum als eine Woche als unverzüglich anzusehen. Der pauschale Hinweis auf die Corona-Krise und die Arbeit des Nebenintervenienten zu 2 im Home-Office kann ein Zuwarten von mehr als einer Woche nicht rechtfertigen. Die pandemiebedingt besondere Arbeitssituation lässt zwar eine gewisse Verzögerung der Arbeitsabläufe im Vergleich zu den Arbeitsabläufen vor der Pandemie als denkbar erscheinen. Ohne konkreten Vortrag zu den Umständen des Einzelfalls rechtfertigt dies jedoch nicht das Zuwarten für einen derart langen Zeitraum von 14 Tagen.

Dafür, dass lediglich eine Zeitspanne von einer Woche als “unverzüglich” anzusehen ist, spricht hier aber vor allem der Inhalt der Verfügung vom 18.3.2020, welche am 19.3.2020 per elektronischem Rechtsverkehr an den Prozessbevollmächtigten derKlägerin versandt wurde. In ihr hatte das Arbeitsgericht auf das Erfordernis der unverzüglichen Glaubhaftmachung hingewiesen. Der entsprechende Text war durch Fettdruck und Unterstreichungen hervorgehoben. Diesen Hinweis musste der Nebenintervenient zu 2 lesen und beachten.

Dem Nebenintervenienten zu 2 war die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung am 17.3.2020 nach eigenem Vortrag auch bekannt. Spätestens nach dem Hinweis des Gerichts, den er bereits am nächsten Tag erhalten hat, musste er über § 46g ArbGG, die Rechtslage und die Notwendigkeit einer kurzfristigen Glaubhaftmachung im Bilde sein.

Im Übrigen hätte dem Nebenintervenienten zu 2 als Rechtsanwalt und Organ der Rechtspflege die Rechtslage auch ohne den gerichtlichen Hinweis bekannt sein müssen. Der Rechtsanwalt hat das Recht zu kennen. Daran ändert die Tatsache nichts, dass die elektronische Einreichungspflicht für die Arbeitsgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein sehr kurzfristig Ende des Jahres 2019 zum 1.1.2020 eingeführt worden ist. Dem Nebenintervenienten zu 2 war die aktive Nutzungspflicht bekannt. Er hat sich in dem Verfahren darauf berufen, dass er diese Pflicht am 17.3.2020 wegen der Störung des beA nicht habe erfüllen können. Außerdem hat er am 18.3.2020 ein elektronisches Dokument übermittelt, wenn auch im falschen Format. Hinzu kommt, dass die streitbefangene Klage erst im März 2020, also mehrere Wochen nach Begründung der elektronischen Einreichungspflicht, erhoben werden musste und der Nebenintervenient zu 2 vorgetragen hat, bei anderen Gerichten problemlos elektronische Dokumente eingereicht zu haben. Das spricht dafür, dass er zwar die Rechtslage kannte, im vorliegenden Fall aber an den technischen Anforderungen gescheitert ist, trotz ihm erteilter gerichtlicher Hinweise, auch auf die Heilungsmöglichkeiten.

Warum der Nebenintervenient zu 2 bis zum 31.3.2020 zuwartete, bevor er sich dem Arbeitsgericht gegenüber auf die Störung des beA am 17.3.2020 berief, ist nach all dem nicht nachvollziehbar. Es bedurfte keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung oder eines Zuwartens aus sonstigen Gründen. Glaubhaft gemacht werden musste allein die Tatsache einer technischen Störung im Zeitpunkt der beabsichtigten Einreichung, hier also am 17.3.2020, nicht deren Dauer oder Ursache.

(2) Die Klägerin hat mit ihrem am 3.4.2020 beim Arbeitsgericht unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben des § 46g ArbGG und § 46c ArbGG eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag abermals die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung am 17.3.2020 geltend gemacht. Eine Glaubhaftmachung am 3.4.2020 ist für eine Ersatzeinreichung am 17.3.2020, mithin 17 Tage später, erst recht nicht mehr unverzüglich. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Entsprechendes gilt für weiteren Tatsachenvortrag der Klägerin bezüglich der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit im weiteren Verfahrensgang nach dem 3.4.2020.

cc) Entgegen der Ansicht der Nebenintervenienten war die Glaubhaftmachung nach § 46g Satz 4 ArbGG nicht entbehrlich. Der Gesetzeswortlaut enthält keinen Hinweis darauf, dass die Störung ausnahmsweise nicht glaubhaft gemacht werden muss.

(1) Auch und gerade in Fällen einer Störung des beA sind die Sätze 3 und 4 des § 46g Satz 4 ArbGG anwendbar.

§ 46g Satz 3 ArbGG lässt die Ersatzeinreichung zu, wenn eine elektronische Übermittlung vorübergehend nicht möglich ist. Die Störung des beA-Versandes führt dazu, dass für eine gewisse Zeit aus technischen Gründen elektronische Dokumente nicht bei Gericht eingereicht werden können.

Auch der Normzweck gebietet eine Anwendung der Regelung auf den vorliegenden Fall. § 46g ArbGG soll im Sinne einer effektiven Justizgewährung den Parteien eine Ersatzeinreichung auf herkömmlichem Wege in allen Fällen technischer Unmöglichkeit eröffnen. Der Gesetzgeber wollte angesichts der Vielzahl denkbarer Störungen eine einheitliche Heilungsregelung schaffen, ohne zu differenzieren, aus wessen Sphäre der Fehler stammt. Die einreichenden Parteien sollen nicht damit belastet werden, den Ursprung der technischen Störung zu ermitteln. Daher ist die Möglichkeit der Ersatzeinreichung verschuldensunabhängig ausgestaltet. Sie erfordert nach § 46g Satz 4 ArbGG nur die unverzügliche Glaubhaftmachung der technischen Störung als solcher. Dabei kann die Glaubhaftmachung unkompliziert durch anwaltliche Versicherung erfolgen. Der Einwand der Klägerin, ein Rechtsanwalt könne nicht erkennen, warum das beA defekt sei bzw. warum die elektronische Einreichung per beA nicht möglich gewesen sei, geht ins Leere. Der Rechtsanwalt muss den Fehler und seine Ursachen nicht ermitteln. Der auf herkömmlichem Wege nach § 46g Satz 3 ArbGG einreichende Rechtsanwalt muss lediglich die vorübergehende technische Unmöglichkeit – hier die Störung des beA – als solche glaubhaft machen. Dazu kann er sich unproblematisch der anwaltlichen Versicherung bedienen und auf herkömmlichem Weg risikolos Schriftsätze einreichen.

(2) Die Glaubhaftmachung nach § 46g Satz 4 ArbGG war auch nicht deshalb entbehrlich, weil dem Arbeitsgericht bekannt war, dass der Versand über beA am 17.3.2020 zeitweise gestört war. Auf die mehr oder minder zufällige Kenntnis des Gerichtspersonals von Versandstörungen kommt es nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes nicht an.

Der Gesetzgeber hat, wie bereits eingangs erwähnt, keine Ausnahmen für bestimmte Störfälle geregelt. Das Erfordernis der Glaubhaftmachung besteht nach dem Gesetz ausnahmslos. Mit § 46g Satz 3 und 4 ArbGG hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, mit der er auf der einen Seite den einreichenden Personen im Falle jeder technischen Störung, egal aus welchem Grund und aus wessen Sphäre, eine effektive Ersatzeinreichung ermöglicht. Die einreichenden Personen müssen weder wissen, noch darlegen, welche konkrete technische Störung vorliegt. Technisches Verständnis wird nicht gefordert. Sie sind lediglich gehalten, die Störung an sich glaubhaft zu machen.

Auf der anderen Seite soll das empfangende Gericht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht von sich aus prüfen müssen, ob eine technische Störung Grund für die Ersatzeinreichung war, sondern die einreichende Person soll dies von sich aus mitteilen und glaubhaft machen.

Auch der Fall, dass das Gericht – aus welchen Gründen auch immer – Kenntnis von einer technischen Störung hat, ist ausweislich des Wortlauts von § 46g Satz 4 ArbGG nicht ausgenommen. Eine teleologische Reduktion des Wortlauts mit dem Ziel, diese Fälle aus dem Anwendungsbereich des § 46g ArbGG herauszunehmen, ist nicht angezeigt. Sie liefe auf Zufallsergebnisse hinaus, da die Parteien nicht wissen können, ob das Gericht – Geschäftsstelle, Spruchkörper oder zuständiger Richter? – von einer konkreten Störung Kenntnis hat oder nicht. Hinzu kommt, dass das Gericht regelmäßig nicht wissen kann, wann welche technische Störung bei welchereinreichenden Person oder in wessen Sphäre bestanden hat und wie lange sie andauerte. Diese Sphäre der einreichenden Person ist dem Gericht regelmäßig verborgen. Das Gericht kann auch nicht wissen, wann die einreichende Person eine elektronische Einreichung versucht hat und ob gerade zu diesem konkreten Zeitpunkt eine vorübergehende technische Störung bestanden hat.

Dagegen ist es für die einreichende Person ein Leichtes, den Umstand der technischen Störung zu erklären und zugleich (oder unverzüglich danach) glaubhaft zu machen.Diese Pflicht zur Glaubhaftmachung ist angesichts der verschuldensunabhängig ausgestalteten Privilegierung der einreichenden Partei gerechtfertigt.Ihr wird unkompliziert die Möglichkeit eröffnet, einen an sich unzulässigen Schriftsatz in zulässiger Weise nachzureichen.

(3) Die Entbehrlichkeit der Glaubhaftmachung kann die Klägerin nicht mit der Entscheidung des LAG Nürnberg vom 4.12.2006 (7 Ta 207/06) begründen. Diese Entscheidung betraf einen nicht vergleichbaren Sachverhalt. Dort ging es darum, dass nicht bestrittener materieller Tatsachenvortrag im Rahmen § 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG nicht glaubhaft gemacht werden musste. Hier dagegen stehen Zulässigkeitsfragen im Raum. Die Frage, ob das Gericht den Vortrag im Telefax aus formalen Gründen unberücksichtigt zu lassen hat oder ihn wegen einer zulässigen Ersatzeinreichung berücksichtigen muss, hat das Gericht von Amts wegen zu beantworten. Sie steht nicht zur Disposition der Parteien, zumal sich die Gegenseite zu den in der Sphäre des Einreichers aufgetretenen Störungen regelmäßig gar nicht äußern kann. Auf die Glaubhaftmachung der Klägerin kann daher auch ohne (substantiiertes) Bestreiten der Störung seitens der Beklagten nicht verzichtet werden.

Die von den Nebenintervenienten angeführte Entscheidung des LG München vom 12.5.2021 (- 37 O 32/21 -) lässt sich auf den vorliegenden Fall ebenfalls nicht übertragen. Dort ging es darum, ob von der Begründungspflicht im Rahmen des Art. 4 Abs. 5 UA 1 VO (EU) 2019/1150 ausnahmsweise abgesehen werden kann, wenn die Gründe für die Beendigung einer Geschäftsbeziehung auf einer Pflichtverletzung beruhen, die bereits in der Vergangenheit gleichermaßen aufgetreten ist und offenkundig festgestellt wurde. Gegenstand des Streits war die materielle Frage des Umfangs einer Mitteilungspflicht. Mit den formalen Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Einreichung eines Schriftsatzes bei Gericht, um die es hier geht, hat sich das LG München nicht befasst. Übertragbar sind auch nicht die Ausführungen des LG München zur Entbehrlichkeit der Glaubhaftmachung im Rahmen einer einstweiligen Verfügung, wenn ein öffentlich zugängliches und abrufbares Dokument im Internet als allgemeinkundig i.S.v. § 921 ZPO angesehen werden kann. Im konkreten Fall handelte es sich um einen Fallbericht des Bundeskartellamts. Damit lässt sich die pauschale Meldung der Bundesrechtsanwaltskammer auf ihrer Webseite, wonach es am 17.3.2020 zu Störungen beim Versand über beA gekommen ist, nicht vergleichen. Dauer, Reichweite und Ausmaß der Störung werden dort nicht beschrieben.

(4) Die Klägerin ist nicht unter dem Gesichtspunkt eines durch das Gericht gesetzten “Vertrauenstatbestandes” von den gesetzlichen Verpflichtungen des § 46g ArbGG befreit. Auf telefonische Äußerungen von Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle gegenüber einer Mitarbeiterin des Nebenintervenienten zu 2 durfte die Klägerin nicht vertrauen. Festzuhalten ist zunächst, dass die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen hat, welche Mitarbeiterin der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts sich wann und in welcher Weise zur Zulässigkeit der Telefaxklage geäußert hat. Den genauen Wortlaut der Gespräche hat die Klägerin nicht vorgetragen, was die Beklagten zu Recht rügen. Selbst wenn die Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts einer Mitarbeiterin des Büros der Nebenintervenientin zu 1 versichert haben sollte, dass “alles in Ordnung”, “alles grün” sei und man sich keine Sorgen machen müsse, können solche Äußerungen von Geschäftsstellenmitarbeitern die gesetzlichen Anforderungen des § 46g ArbGG nicht außer Kraft setzen. Die gesetzlichen Zulässigkeitsanforderungen stehen keinesfalls zur Disposition der Geschäftsstelle. Offensichtlich können die Geschäftsstellenmitarbeiter auch nicht für den zuständigen Richter über die rechtliche Zulässigkeit eines Schriftsatzeingangs entscheiden. Das musste dem Nebenintervenienten zu 2 als Rechtsanwalt klar sein. Bereits aus diesem Grund konnte er aus den behaupteten Aussagen der Geschäftsstellenmitarbeiter kein Vertrauen herleiten.

Vor allem aber hat das Gericht mit richterlicher Verfügung vom 18.03.2020 in aller Deutlichkeit auf die Rechtslage hingewiesen und damit der Entstehung eines Vertrauenstatbestands entgegengewirkt oder einen solchen beseitigt, sollte er kurzfristig entstanden sein. Richterliche Hinweise sind ungeachtet anderslautender Aussagen der Geschäftsstellenmitarbeiter ernst zu nehmen.

Schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin würde sich im vorliegenden Verfahren auch nicht daraus ergeben, dass eine andere Kammer des Arbeitsgerichts – den Vortrag der Klägerin insoweit als zutreffend unterstellt – einen Klageeingang per Fax am 18.3.2020 in vergleichbarer Konstellation unbeanstandet gelassen hat. Unabhängig von den Erwägungen, die die andere Kammer zur Nichtanwendung des § 46g ArbGG bewogen haben mag, musste die Klägerin aufgrund des Hinweises in der Verfügung vom 18.3.2020 davon ausgehen, dass nach Auffassung des zuständigen Vorsitzenden § 46g ArbGG im vorliegenden Verfahren Geltung beansprucht. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht entscheidend, ob es – wie die Klägerin behauptet – bei anderen Gerichten eine weniger strenge Beanstandungspraxis gibt.

(5) Die Klägerin bzw. ihr damaliger Prozessbevollmächtigter, der Nebenintervenient zu 2, durften nicht auf die beA-Prüfprotokolle vertrauen, denn diese haben für die hier zu beurteilenden Fragen keine Bedeutung. Selbst wenn diese Protokolle ein positives Übermittlungsergebnis ausgewiesen haben sollten, besagt dies nur, dass die Übertragung als solche erfolgreich war. Die formalen Erfordernisse des § 46c ArbGG iVm. der ERRV werden in diesem Zusammenhang nicht geprüft. Somit lässt sich dem beA-Prüfprotokoll nicht entnehmen, ob alle Schriften eingebettet sind, das Dateiformat richtig und die Durchsuchbarkeit gewährleistet ist.

(6) Schließlich und nur der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht auf die erkennbar vorläufige Einschätzung des Arbeitsgerichts in der Verfügung vom 6.4.2020 vertrauen und annehmen durfte, sie habe ihre Klage zulässig erhoben. Zwar hat der Vorsitzende dort formuliert, dass die Klage nach vorläufiger Einschätzung der Rechts- und Sachlage zulässig sein dürfte. Er hat aber in der Verfügung betont, dass die abschließende Entscheidung hierüber bei der Kammer liegt. Der Vorwurf, das angegriffene Urteil sei eine Überraschungsentscheidung, trifft daher nicht zu.

II. Mit ihrer am 18.3.2020 elektronisch übermittelten Klage konnte die Klägerin die Frist des § 4 Satz 1 KSchG ebenfalls nicht wahren. Ihre an diesem Tag um 16:51 Uhr elektronisch als Word-Dokument beim Arbeitsgericht eingereichte Klagschrift mit Datum 18.3.2020 entspricht nicht den Formvorgaben gemäß § 46c Abs. 2 ArbGG iVm. § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV, Nr. 1 Satz 1 ERVB 2019. Dieser Formmangel gilt nicht gemäß § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG rückwirkend zum Zeitpunkt der Einreichung am 18.3.2020 als geheilt.

a) Nach § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV ist das elektronische Dokument im Format PDF, ausnahmsweise TIFF, zu übermitteln. Die Klagschrift vom 18.3.2020 wurde aber unstreitig als .docx-Datei (Word-Datei) übermittelt. Damit ist die Klage formunwirksam erhoben und somit unzulässig.

Anders als die Nebenintervenienten meinen, war das Arbeitsgericht nicht verpflichtet, den als Word-Datei eingereichten Schriftsatz eigenständig in eine Datei im PDF/A-Format umzuwandeln oder auszudrucken, zu scannen und sodann zur Akte zu speichern. Die Gerichte dürfen eingereichten Dokumente nicht umformatieren oder in anderer Weise verändern. Es ist Sache der Parteien und ihrer Vertreter, die Dokumente im zulässigen Format zu übermitteln.

b) Der festgestellte Formmangel gilt nicht gemäß § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG rückwirkend zum Zeitpunkt der Einreichung am 18.3.2020 als geheilt. Den Hinweis des Arbeitsgerichts gem. § 46c Abs. 6 S. 1 ArbGG in seiner Verfügung vom 27.3.2020 hat die Klägerin bei erneuter Übersendung des Schriftsatzes am 27.3.2020 (Eingang 17:37 Uhr), 31.3.2020 (Eingang 12:26 Uhr) und 1.4.2020 (Eingang 13:38 Uhr) nicht beachtet. Sie hat die inhaltliche Übereinstimmung mit dem zuerst eingereichten Dokument nicht glaubhaft gemacht.

c) Die maßgebenden Vorschriften (§ 46c Abs. 2 ArbGG iVm. § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV, Nr. 1 Satz 1 ERVB 2019) sind verfassungskonform. Auf die Ausführungen unter II. 4. b) bb) (1) (b) (cc) wird Bezug genommen.

d) Die Glaubhaftmachung der inhaltlichen Übereinstimmung war nicht ausnahmsweise entbehrlich (vgl. 4. b) bb) (1) (c)).

III. Die jeweils als elektronische Dokumente übermittelten Klagschriften vom 27.3.2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag um 17:37 Uhr, und vom 31.3.2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag um 12:26 Uhr, wahren nicht die rechtlichen Vorgaben des § 46c Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 5 ERVV i.V.m Nr. 1 der ERVB 2019. Die übermittelten PDF-Dateien enthalten unter anderem Schriftarten (Helvetica), die nicht eingebettet sind. Hierauf hat das Arbeitsgericht den Nebenintervenienten zu 2 mit Verfügung vom 30.3.2020 und mit Verfügung vom 31.3.2020 gem. § 46c Abs. 6 S. 1 ArbGG hingewiesen.Angesichts dieser eindeutigen Hinweise konnte die Klägerin nicht darauf vertrauen, sie habe ihre Klage wirksam eingelegt.

Die genannten Klagschriften sind zudem, ebenso wie die weitere Klagschrift vom 31.3.2020, die am 1.4.2020 beim Arbeitsgericht einging, erst nach dem 18.3.2020 und damit nach Ablauf der Frist des § 4 S. 1 KSchG bei Gericht eingegangen.

C. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht nicht nachträglich zugelassen und der Klägerin auch keine Wiedereinsetzung gewährt.

I. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Maßgabe der §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 233 ZPO scheidet bereits deshalb aus, weil im Fall der versäumten Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG die speziellere Regelung des § 5 KSchG vorgeht (Stackmann, in: MüKo ZPO, 6. Aufl. 2020, § 233 Rn. 8).

Der von den Nebenintervenienten herangezogene Beschluss des BGH (28.4.2020 – X ZR 60/19 -) ändert daran nichts. Die Besonderheiten des Kündigungsschutzgesetzes spielten in dem dortigen Fall keine Rolle. Außerdem ging es in dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Sachverhalt um einen Schriftsatz, der infolge einer technischen Störung bei Gericht nicht fristgerecht per Fax eingegangen war. In diesem Zusammenhang hatte der BGH zu entscheiden, ob der Patentanwalt verpflichtet war, den Schriftsatz mittels eines anderen Mediums, z.B. durch Nutzung des beA, einzureichen. Der BGH entschied, dass nicht verlangt werden könne, dass ein Prozessbevollmächtigter, der sich auf die Übermittlung mittels Telefax eingerichtet hat, infolge eines Defekts oder einer Störung des Empfangsgeräts, unter Aufbietung aller nur denkbaren Anstrengungen innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte Zugangsart sicherzustellen hat. Für den hier zu entscheidenden Fall sind diese Überlegungen bereits deshalb irrelevant, weil in Schleswig-Holstein seit dem 1.1.2020 die aktive beA-Pflicht besteht, so dass die Nebenintervenienten sogar verpflichtet waren, die entsprechenden technischen Vorrichtungen vorzuhalten und auch zu verwenden.

II. Eine nachträgliche Zulassung der Klage gem. § 5 KSchG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Nebenintervenienten wären unter Anwendung der zumutbaren Sorgfalt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls in der Lage gewesen, die Klage rechtzeitig und damit fristgerecht beim Arbeitsgericht Lübeck einzureichen. Die Nebenintervenienten haben es unterlassen, von den aufgezeigten Heilungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen und die richterlichen Hinweise zu beachten und zu befolgen. Die Nebenintervenienten waren als Prozessbevollmächtigte der Klägerin verpflichtet, ihrer Mandantin den umfassendsten und sichersten Rechtsrat zu erteilen und den sichersten Weg zu wählen. Diese Pflicht haben sie insbesondere dadurch verletzt, dass sie die Formerfordernisse des § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm der ERRV und den ERVB verletzt haben, etwa durch die Wahl eines falschen Dateiformats. Unterlässt es der Einreichende dann zusätzlich trotz eines Hinweises des Gerichts auf den Formmangel, von den Heilungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, ist regelmäßig von einem Verschulden auszugehen. Aus diesem Grund stellt auch ein Antrag auf nachträgliche Zulassung keine geeignete Heilungsmöglichkeit für den Fall einer formunwirksam eingereichten Klage dar (vgl. Oltmann/Fuhlrott, NZA 2020, 897, 901). Das Verschulden des Nebenintervenienten zu 2 wird der Klägerin zugerechnet.

D. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 a.E. ZPO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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