Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 02.03.2012 – 9 Sa 633/11

Mai 12, 2021

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 02.03.2012 – 9 Sa 633/11

Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.09.2011, Az.: 8 Ca 1215/11, abgeändert und die Klage -soweit durch das genannte Teil-Urteil über sie entschieden wurde- abgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:
Die Beklagte ist eine US-amerikanische Kreditgenossenschaft mit Sitz in New Hampshire. Sie bietet in der Bundesrepublik Deutschland in Filialen, die sich allesamt auf Geländen befinden, die durch die hier stationierten amerikanischen Streitkräfte genutzt werden. Die Beklagte, die ständig mehr als 10 Arbeitnehmer vollzeitig beschäftigt, erbringt ausschließlich bestimmte Finanzdienstleistungen für US-Militärangehörige, das zivile Gefolge und deren Angehörige. Die Errichtung ist u.a. Gegenstand einer Verbalnote vom zwischen dem Auswärtigen Amt und der Botschaft der Vereinigten Staaten (Bl. 54 ff. d.A.), die u.a. Folgendes bestimmt: Angestellte der Kreditgenossenschaften, die ausschließlich für diese tätig sind, genießen die gleichen Befreiungen und Vergünstigungen wie Mitglieder eines zivilen Gefolges, sofern nicht die Vereinigten Staaten von Amerika diese Befreiungen und Vergünstigungen einschränken. Diese Bestimmung gilt nicht für Angestellte, die unter Artikel 72 Abs. 5 Buchstabe b des Zusatzabkommens zum Nato Truppenstatut fallen. Die Tätigkeit der Beklagten ist auch in Direktiven für das US-Militär eingebunden. Insoweit wird Bezug genommen auf die Darstellung im Berufungsbegründungsschriftsatz der Beklagten vom 21.12.2011, dort Seiten 4-8 nebst den dort in Bezug genommenen Anlagen. Die 30 jährige Klägerin und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist gebürtige Rumänin. Sie ist mit einem US-Militär verheiratet. Sie kam 2004 in die Bundesrepublik Deutschland, lernte dort ihren Mann kennen. Von März 2007 bis Juni 2008 war sie in den Vereinigten Staaten, Texas, und dort in Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Die Klägerin ist amerikanische Staatsangehörige. Sei dem 8.12.2009 ist die Klägerin bei der Beklagten in deren Filiale auf dem Flugplatz X. als “Executive Assistant” beschäftigt. Die Vergütung belief sich auf umgerechnet 2.150,- EUR. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht. Die Einstellung erfolgte nach einer entsprechenden Bewerbung der Klägerin auf einem entsprechenden Formular der Beklagten “Application For Employment” vom 1.12.2009 (Bl. 341 ff. d.A.), welches u.a. in Englisch folgenden Passus enthält: “All employment with A. is employment at will, and employees may resign or be terminated at any time.” Die Klägerin unterzeichnete im Jahr 2009 ein Formular der Beklagten “Acknowledgment and Receipt of Employee Handbook” (Bl. 40 f. d.A.), in welchem es u.a. heißt: I forther acknowledge that no contract of employment, other than “at will”, has been expressed or implied, and that no circumstances arising out of my employment will alter my “at will” emplovment relationship unless expressed in writing, with the understanding specifically set forth and signed by myself and the President/CEO of SCU. I understand that I am an employee at will and that my employment is for no definite of time. I understand that my employment may be terminated at any time by SCUm with or without notice or cause, regardless of the ength of my employment or the granting of benefits of any kind. In dem dort in Bezug genommenen “Employee Handbook” sind Verhaltensregeln u.a. über die Nutzung von Emails enthalten. Insoweit wird Bezug genommen auf Bl. 42 ff. d.A. Das Arbeitsverhältnis wurde in US-Dollar abgerechnet. Die Zahlung erfolgte auf ein in den USA geführtes Konto. Die Klägerin nahm an dem amerikanischen Sozialversicherungssystem teil und entrichtete in den USA die anfallenden Steuern. Kommunikation und Dokumente waren ausschließlich in Englisch. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses hat die Klägerin anlässlich ihrer Schwangerschaft nach amerikanischem Recht sog. “Family and Medical Leave” in Anspruch genommen. Die Klägerin sandte von ihrem dienstlichen PC aus E-Mails an ihren privaten E-Mail-Account mit Anhängen (Bl. 60 ff.d.A.). Darin befanden sich u.a. Adressen, Kontostände und andere persönliche Daten auch von Kunden der Beklagten. Die Beklagte sprach am 18.7.2011 mündlich eine außerordentliche Kündigung aus und am 5.8.2011 schriftlich eine “Notice of Termination” (Bl. 20 d.A.), eine außerordentliche Kündigung aus. Unter dem gleichen Datum erfolgte eine schriftliche Bestätigung der Kündigung vom 18.7.2011 (Confirmation of Termination, Bl. 21 d.A.).Mit Schreiben des seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 13.10.2011 (Bl. 236 d.A.) erfolgte eine (vorsorgliche) ordentliche Kündigung zum 30.11.2011, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin, die aber im Berufungsverfahren nicht streitgegenständlich ist. Die Klägerin beantragte in den USA Arbeitslosengeld. Sie erhob ebenfalls am 5.8.2011 eine Beschwerde bei der “U.S. Equal Employment Opportunity Commission” (Bl. 52 f. und Bl. 144 f. d.A.). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Teil-Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.9.2011, Az. 8 Ca 1215/11 (Bl. 210 ff. d.A.). Durch das genannte Teil-Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die am 18.7.2011 ausgesprochene Kündigung, noch durch die mit Schreiben vom 5.8.2011 ausgesprochene außerordentliche Kündigung, noch durch die “Confirmation of Termination” vom 5.8.2011 beendet wurde. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht zusammengefasst ausgeführt: Auf das Arbeitsverhältnis finde deutsches Arbeitsrecht Anwendung. Eine Rechtswahl der Parteien für die Anwendung amerikanischen Arbeitsrechts liege nicht vor. Die Anwendbarkeit deutschen Arbeitsrechts folge aus Art. 30 Abs. 2 EGBGB, da die Klägerin in der Bundesrepublik in Erfüllung des Vertrages ihre Arbeit erbringe (Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB) und auch die Niederlassung der Beklagten sich im Sinne des Art. 30 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB in Deutschland befinde. Eine demgegenüber engere Verbindung zu dem Recht der USA im Sinne des Art. 30 Abs. 2 2. HS EGBG bestehe nicht. Hierfür reichten die Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen in den USA und der Bezug von Arbeitslosengeld in den USA nicht aus. Die mündliche Kündigung vom 18.7.2011 sei daher nach § 623 BGB formunwirksam. Die weitere außerordentliche Kündigung vom 5.8.2011 sei nach § 626 Abs. 2 BGB verfristet, da der Beklagten die Umstände, die zum Ausspruch dieser Kündigung geführt hätten, sämtlich bereits am 18.7.2011 bekannt gewesen wären. Die datumsgleiche “Confirmation of Termination” stelle schon keine auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete eigene Willenserklärung dar. Das genannte Urteil ist der Beklagten am 14.10.2011 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 10.11.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 13.12.2011 bis zum 21.12.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 21.12.2011, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet. Zur Begründung macht die Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des weiteren Schriftsatzes vom 9.2.2012, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 276 ff, 411 ff. d.A.), zusammengefasst geltend: Die deutsche Gerichtsbarkeit sei nach § 20 GVG nicht gegeben. Der Ausschluss der deutschen Gerichtsbarkeit ergebe sich aus Art. 72 Abs. 1 Nr. 1 b ZA-Nato-Truppenstatut. Wenn diese Bestimmung die Anwendbarkeit des deutschen Arbeitsschutzrechts vorsehe, folge im Umkehrschluss, dass die weiteren Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechts keine Anwendung fänden. Die Beschäftigung der Klägerin ohne Arbeitsgenehmigung sei nur bei einer Befreiung der Klägerin, aber auch der Beklagten von den deutschen Vorschriften möglich. Jedenfalls aber bestimme sich das Arbeitsverhältnis in Anwendung des Art. 30 Abs. 2 EGBGB nach amerikanischem Recht. Einzigster Anhaltspunkt für die Anwendbarkeit deutschen Rechts sei die geographische Lage des Arbeitsorts. Das Arbeitsverhältnis weise aber die engeren Bindungen zum amerikanischen Recht auf. Das Arbeitsgericht habe insoweit nicht folgende Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt: Staatsangehörigkeit der Klägerin,
deren Status als Angehörige eines US-Militär, Sitz der Beklagten in den USA, Unterstellung der Beklagten unter das Verteidigungsministerium, örtlich ausschließliche Tätigkeit auf Truppengebiet und Dienstleistungen nur für die Truppe, Nicht-Vorhandensein einer Aufenthaltserlaubnis bei der Klägerin und deren gewöhnlicher Aufenthalt in den USA, Abrechnung in Dollar, Zahlung aller Sozialversicherungsbeiträge und Steuern in den USA. Weiter habe die Klägerin mit der Bestätigung vom 9.12.2009 ausdrücklich ein “at will”-Arbeitsverhältnis akzeptiert. Für die Anwendbarkeit amerikanischen Rechts spreche auch, dass die Beklagte ausschließlich amerikanische Staatsangehörige beschäftigt und sämtliche Kommunikation in englischer Sprache erfolge. Auch die Fragen im seinerzeitigen Bewerbungsformular seien offensichtlich auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses nach amerikanischem Recht ausgerichtet. Nach der im amerikanischen Recht geltenden “at-will”-Doktrin sei ein derartiges Arbeitsverhältnis frei kündbar. Gesichtspunkte, die nach amerikanischem Recht zu einer Einschränkung dieses Grundsatzes führen könnten, lägen nicht vor. Es handele sich nicht um eine arglistige, bösgläubige oder willkürliche Kündigung. Auch liege keine Verstoß gegen Diskrimierungsverbote vor. Ein Verstoß gegen den Ordre-Public, Art. 6 EGBGB liege nicht vor. Auch Art. 34 EGBG führe nicht zur Anwendbarkeit von § 1 KSchG oder § 623 BGB, da diese Bestimmungen in erster Linie dem Ausgleich von Individualinteressen dienten. Im Übrigen sei aber auch nach deutschem Recht die Kündigung wegen der unbefugten Weiterleitung von Daten an den privaten E-Mail-Account gerechtfertigt. Die Beklagte beantragt, das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.09.2011, Az: 8 Ca 1215/11, abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit ihrer Berufungserwiderung gemäß Schriftsatz vom 17.2.2012, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 425 ff. d.A.), als zutreffend. Ein Ausschluss der deutschen Gerichtsbarkeit greife nicht, ergebe sich insbesondere nicht aus Art. 72 Abs. 1 ZA-Nato-Truppenstatut. Auch fände deutsches Recht Anwendung. Eine Rechtswahl liege nicht vor. Der Hinweis auf ein Arbeitsverhältnis “at-will” sei nicht hinreichend eindeutig, zumal es große Unterschiede zwischen dem jeweiligen Arbeitsrecht der verschiedenen Bundesstaaten der USA gebe und sog. At-will-Arbeitsverhältnisse auch außerhalb der USA bekannt seien. Als juristischem Laien sei ihr auch nicht bekannt gewesen, was der genaue Inhalt eines solchen Arbeitsverhältnisses sein solle. Jedenfalls ergäbe sich die Anwendbarkeit der §§ 626, 623 BGB auch bei Annahme einer Rechtswahl aus Art. 30 Abs. 1 i.V.m. Art. 30 Abs. 2 EGBGB. Die Primärkriterien des Art. 30 Abs. 2 Nr. 1, 2 EGBGB seien erfüllt. Eine deutlich engere Verbindung des Arbeitsvertrags bzw. Arbeitsverhältnisses zu einem anderen Staat liege nicht vor, insbesondere nicht zum amerikanischen Bundesstaat New Hampshire. Der einzige Bezug zu den Vereinigten Staaten bestehe darin, dass sie einen Mann geheiratet habe, der (zufällig) Amerikaner ist und 3 Jahre in Texas gelebt und 1 1/2 Jahre für ein amerikanisches Unternehmen gearbeitet habe. Sie beabsichtige, auch zukünftig unabhängig von ihrem weiteren beruflichen Werdegang bzw. dem ihres Mannes in der Bundesrepublik zu leben. Sie sei hier auch uneingeschränkt arbeitsberechtigt. Überwiegende andere Indizmerkmale, welche eine enge Verbindung zu den Vereinigten Staaten begründen könnten, lägen nicht vor. Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form und fristgerecht eingelegt und -auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechend- begründet. II. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Bereits die Kündigung der Beklagten vom 18.7.2011 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit sofortiger Wirkung beendet. 1. Die Klage ist zulässig. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten ist die Deutsche Gerichtsbarkeit gegeben. Die Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit ist ein selbständiges Hindernis prozessualer Art, das dem gerichtlichen Tätigwerden entgegensteht und daher vorrangig vor anderen Prozessvoraussetzungen zu prüfen ist (BAG, Urteil vom 30.04.1992 – 2 AZR 548/91 – zitiert nach juris, Rn. 38 m. w. N.). Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich nach § 20 Abs. 2 GVG nicht auf solche Personen, die nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind. Als solche Vereinbarungen kommen hier das NATO-Truppenstatut und das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut (im Folgenden: ZA) in Betracht. Das Natotruppenstatut gewährt der Beklagten keine Exterritorialität. Bei der Beklagten handelt es sich um ein nicht deutsches Unternehmen wirtschaftlichen Charakters im Sinne von Artikel 72 Abs. 1 ZA. Die Berufungskammer teilt die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 19.06.1984 -1 ABR 65/82-, AP Nr 1 zu Art 72 ZA-Nato-Truppenstatut) der zu Folge die deutsche Gerichtsbarkeit lediglich für nichtdeutsche Organisationen nicht wirtschaftlichen Charakters im Sinne von Artikel 71 Abs. 2 ZA nicht gegeben ist, während dies für die nicht deutschen Unternehmen wirtschaftlichen Charakters im Sinne von Artikel 72 Abs. 1 ZA der Fall ist. Dies ergibt sich daraus, dass die nicht deutschen Unternehmen wirtschaftlichen Charakters nach Artikel 72 ZA eine weitaus beschränktere Sonderstellung haben, als die nicht wirtschaftlichen Organisationen, die als Bestandteile der Truppe angesehen und behandelt werden. Dem gegenüber genießen die nicht deutschen Unternehmen wirtschaftlichen Charakters nach Artikel 72 Abs. 1 ZA nur eine Befreiung von Zöllen, Steuern, Einfuhr- und Wiederausfuhrbeschränkungen und von der Devisenkontrolle in dem Umfang, der zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig ist. Soweit die Beklagte aus Art. 72 Abs. 1 b ZA im Umkehrschluss dazu, dass diese Bestimmung trotz der Befreiung von den deutschen Vorschriften des Handels- und Gewerberechts die Bestimmungen des Arbeitsschutzrechts unberührt lässt, schlussfolgern will, dass das “übrige” deutsche Arbeitsrecht keine Anwendung findet und daraus eine Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit herleiten will, geht diese Annahme fehl: Selbst wenn man sich diese Argumentation zu eigen machen wollte, beträfe sie nur die Frage des anwendbaren Rechts, nicht aber die Frage, ob eine Kompetenz der deutschen Gerichtsbarkeit besteht. 2. Die rechtliche Wirksamkeit der seitens der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen vom 18.7.2011 (mündlich) ist nicht nach deutschem, sondern nach amerikanischem Recht, hier des Bundesstaates New Hampshire, zu beurteilen. a) Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, bestimmt sich vorliegend nach Art. 27 ff. EGBGB. Für alle bis zum 17.12.2009 abgeschlossenen Verträge sind in Deutschland weiterhin aufgrund allgemeiner Grundsätze des intertemporalen Rechts die auf dem EVÜ beruhenden Art. 27-37 EGBGB heranzuziehen und nicht die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-VO) (vgl. etwa PWW, BGB, 6. Aufl., Vor IntSchVR Rz. 21). b) Eine Anwendbarkeit bzw. Nicht-Anwendbarkeit der kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen der §§ 626, 623 BGB, 1 ff KSchG folgt vorliegend nicht bereits aus Art. 72 Abs. 1 b ZA. Der dort verwendete Begriff des Arbeitsschutzrechts bezieht sich nur auf die Bestimmungen des eigentlichen Arbeitsschutzes im engeren Sinne, also auf den technischen, medizinischen und sozialen Arbeitsschutz, nicht aber auf sämtliche Arbeitnehmerschutzbestimmungen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Hessen in seinem den Parteien bekannten Urteil vom 4.10.2010 (-16 Sa 1982/09- juris, II 2 a der Gründe) überzeugend dargelegt. Hierauf wird Bezug genommen. Umgekehrt folgt aus dieser Regelung aber nicht, dass außer dem Arbeitsschutzr
echt auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten bei nichtdeutschen Unternehmen wirtschaftlichen Charakters das materielle deutsche Arbeitsrecht keine Anwendung findet. c) Es kann dahinstehen, ob die Parteien vorliegend eine hinreichende Rechtswahl im Sinne der Anwendbarkeit des Rechts des US-Bundesstaates New Hampshire im Sinne des Art. 27 Abs. 1 EGBGB getroffen haben. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, ergibt sich die Anwendbarkeit amerikanischen Rechts vorliegend aus Art. 30 Abs. 2 EGBGB. aa) Nach Art. 30 Abs. 1 EGBGB darf bei Arbeitsverträgen die Rechtswahl der Parteien nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch zwingende Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das nach Absatz 2 mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre. Danach unterliegt zwar auch der Arbeitsvertrag dem in Art. 27 Abs. 1 EGBGB für alle schuldrechtlichen Verträge geltenden Grundsatz der Privatautonomie. Jedoch können hierdurch die zwingenden Arbeitnehmerschutznormen des ohne Rechtswahl nach Art. 30 Abs. 2 EGBGB. anwendbaren Rechts nicht abbedungen werden. Absatz 2 enthält in den Nummern 1 und 2 des Halbsatzes 1 die Regelanknüpfungen des Arbeitsortes sowie der einstellenden Niederlassung. Das so bestimmte Recht ist jedoch nach der Ausnahmeklausel des Halbsatzes 2 nicht maßgebend, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Arbeitsvertrag engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweist; dann ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden (allg. Auffassung, vgl. etwa BAG 24.8.1989 -2 AZR 3/89- EzA Art. 30 EGBGB Nr. 1). Die Frage, ob Arbeitsvertragsparteien das Recht eines bestimmten Staates gewählt haben, ist damit nur dann erheblich, wenn ohne Rechtswahl nach Art. 30 Abs. 2 EGBGB das Recht eines anderen Staates gelten würde. Wäre dagegen auch nach diesen objektiven Anknüpfungen dasselbe wie das nach der – umstrittenen – Vereinbarung gewählte Recht anzuwenden, wäre durch die Rechtswahl kein zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht abbedungen, sondern nur das Recht vereinbart, das ohnehin kraft der gesetzlichen Kollisionsregelung gelten würde. bb) Die Berufungskammer ist allerdings der Auffassung, dass die Parteien zumindest stillschweigend eine Rechtswahl im Sinne des Art. 27 Abs. 1 EGBGB getroffen haben. Nach Art. 27 Abs. 1 2. Alt. EGBGB ist eine stillschweigende Rechtswahl zulässig, die sich aus den Bestimmungen des Vertrages oder aus den Umständen ergeben kann. Hierbei ist auf den tatsächlichen Willen der Parteien, nicht auf einen hypothetischen Willen abzustellen (BGH 26.07.2004 -VIII ZR 273/03- NJW RR 2005, 206). Nach Auffassung der Berufungskammer kann im Rahmen der Ermittlung dieses Parteiwillens u.a. auch auf die tatsächliche Vetragsdurchführung abgestellt werden, weil diese Hinweise auf das Vertragsverständnis der Parteien gibt. Die Einstellung der Klägerin erfolgte auf der Grundlage des “Application For Employment” (Bl. 341 ff. d.A.). Bereits dieses Bewerbungsformular enthält deutliche Hinweise darauf, dass sich ein zu begründendes Arbeitsverhältnis nach amerikanischem Recht richten sollte. Zunächst enthält dieses Bewerbungsformular den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass jegliche Beschäftigung “at-will” erfolgt mit der Erläuterung dahingehend, dass sie sowohl seitens des Beschäftigten, als auch seitens der Beklagten jederzeit beendet werden kann. Hierbei handelt es sich um eine Vertragsgestaltung, die für das amerikanische Recht typisch ist und dem deutschen Recht fremd (vgl. Jander/Lorenz RdA 1990, 97). Soweit die Klägerin geltend macht, es sei nicht ersichtlich, welches genaue Recht habe gelten sollen -in Betracht käme auch das Recht eines anderen US-Bundestaates bzw. at-will-Arbeitsverhältnisse existierten auch in Australien- war für der Klägerin erkennbar, dass es sich bei der Beklagten um ein amerikanisches Unternehmen mit Sitz in New Hampshire handelt, so dass für sie auch unschwer erkennbar war, dass mit der Verwendung des Begriffs des “employment at will” auf eine Rechtsfigur des amerikanischen Rechts Bezug genommen wird. Zudem enthält das das Bewerbungsformular unter der Überschrift “Please read carefully before signing” einen Hinweis auf bestehende Diskrimierungsverbote nach amerikanischem Recht. Ebenso enthält die Einwilligung der Klägerin zur Einholung von Auskünften (“consumer report”) vor der Einstellung in Form des “Release Authorization” (Bl. 369 d.A.) eindeutige Hinweise auf die Anwendung amerikanischen Rechts. Die (stillschweigende) Vereinbarung amerikanischen Rechts war auch nicht fern liegend. Die Klägerin besitzt die amerikanische Staatsbürgerschaft und hatte zuvor in den USA gearbeitet. Die Beklagte ihrerseits erbringt ausschließlich Dienstleistungen für Angehörige der US-Stationierungsstreitkräfte und unterliegt -wie von der Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung unter Vorlage entsprechender Direktiven ausführlich dargelegt- den Direktiven des US-Militärs. Ihre Filialen befinden sich auf den jeweiligen Militärgeländen. Die Klägerin hat zudem mit dem “Acknowledgement and Receipt of Employee Handbook” (Bl. 40 d.A.) unterschriftlich und ohne Vorbehalt bestätigt, dass es sich um ein at-will-Arbeitsverhältnis handelt, welches jederzeit aufgelöst werden kann. Auch im übrigen wurde das Arbeitsverhältnis nach amerikanischem Recht gehandhabt. Die Vergütung erfolgte in US-Dollar auf ein Konto in den Vereinigten Staaten, Sozialversicherungsbeiträge wurden dort entrichtet. Die Klägerin hat ihre Steuern in den USA entrichtet. Sie hat anlässlich ihrer Schwangerschaft nicht Mutterschutz nach den deutschen Bestimmungen in Anspruch genommen, sondern “Family and Medical Leave” nach dem amerikanischen “Family and Medical Leave Act” (vgl. Bl. 373 ff. d.A.) beantragt und in Anspruch genommen. cc) Auch ohne Rechtswahl würde sich vorliegend die Anwendbarkeit amerikanischen Rechts nach Art. 30 Abs. 2 2. HS EGBGB ergeben. Daraus folgt zugleich, dass bei Annahme einer Rechtswahl die Anwendbarkeit der deutschen küngigungsrechtlichen Bestimmungen vorliegend auch nicht aus Art. 30 Abs. 1 EGBGB folgt. Die in § 30 Abs. 2 Nr. 1 und 2 EGBGB aufgeführten Regelanknüpfungen sind vorliegend zwar erfüllt. Der Arbeitsvertrag bzw. das Arbeitsverhältnis weist aber im Sinne der Ausnahmeklausel des Art. 30 Abs. 2 2. HS EGBGB engere Verbindungen zu den Vereinigten Staaten auf, so dass die Regelanknüpfungen des ersten Halbsatzes nicht in Betracht kommen und amerikanisches Recht anzuwenden ist. (1) Für die Frage, wann “engere Beziehungen” zu einer bestimmten Rechtsordnung vorliegen, stellt das Gesetz auf die Gesamtheit der Umstände ab. Dabei gilt keine bestimmte Rangfolge der zu berücksichtigenden Umstände. Es muss aber eine Mehrzahl von Einzelumständen vorliegen, die auf eine bestimmte Rechtsordnung weisen und insgesamt das Gewicht der jeweils in Betracht kommenden Regelanknüpfung deutlich überwiegen. Wie durch den Komparativ “enger” zum Ausdruck gebracht wird, muss die Verbindung zu dem anderen Recht stärker sein als die durch den nach der Regelanknüpfung zu dem Recht des Arbeitsorts oder der einstellenden Niederlassung hergestellte Beziehung. Aus dem Begriff “Gesamtheit der Umstände” folgt weiter, dass nur mehreren Umständen eine solche Wirkung beigemessen werden kann, anderseits aber keine der Regelanknüpfungen allein dem danach anzuwendenden Recht ohne Rücksicht auf das Ergebnis einer Würdigung der gesamten übrigen Kriterien nach der Ausnahmeklausel des Halbsatzes 2 bereits das entscheidende Gewicht verleihen kann. Als Umstände, die bei der Gesamtwürdigung in Betracht zu ziehen sind, kommen bei Vertragsverhältnissen neben dem Erfüllungsort primär die Staatsangehörigkeit der Parteien und der Sitz des Arbeitgebers in Betracht. Indizfunktionen, aber keine für sich genommen ausschlaggebende Bedeutung haben zudem die Vertragssprache, die Währung, in der die Vergütung bezahlt wird und der Wohnsitz (BAG 24.8.1989, aaO.; BAG 29.10.1992 -2AZR 267/92- EzA Art. 30 EGBGB Nr. 2). (2) In Anwendung dieser Grundsätze weist das Arbeitsverhältnis eine engere Verbindung zum Recht der Vereinigten Staaten auf. Die Klägerin besitzt die a
merikanische Staatsbürgerschaft. Die Beklagte hat ihren Sitz in den Vereinigten Staaten. Die Beklagte ist in ihrer Tätigkeit beschränkt auf eine Tätigkeit für die amerikanischen Truppen und des zivilen Gefolges und unterliegt den Direktiven des US-Militärs. Sie ist nach Art. 72 Abs. 1 b ZA von den deutschen Vorschriften über die Ausübung von Handel und Gewerbe befreit. Nach Absatz 7 der “Verbalnote” (Bl. 54 ff. d.A.) genießen Angestellte der Kreditgenossenschaften, die ausschließlich für diese tätig sind, die gleichen Befreiungen und Vergünstigungen wie die Mitglieder eines zivilen Gefolges, also einer Personengruppe, auf die deutsches Arbeitsrecht keine Anwendung findet. Sie hat unbestritten dargelegt, dass sie nur amerikanische Staatsbürger beschäftigt, wonach ausweislich zum “Apendum To Application For Employment” (Bl. 350 d.A.) im Rahmen der Bewerbung ausdrücklich gefragt wird. Sie ist ferner aufgrund entsprechender Direktive (vgl. Anlage B 3, Bl. 318 f. d.A., “Paragraph 3-2a”) gehalten, US-Bürger ausschließlich nach US-Gesetzen und US-Arbeitsbedingungen zu beschäftigen. Die amerikanische Staatsbürgerschaft der Klägerin war damit wichtige Einstellungsvoraussetzung. Zumindest mit Indizfunktion ist ferner zu berücksichtigen, dass -wenn auch nicht im Sinne einer vertraglich vereinbarten- durchgängige Durchführungssprache des Arbeitsverhältnisse amerikanisch war. Alle das Arbeitsverhältnis betreffenden Dokumente sind in amerikanischer Sprache. Auch die Arbeitssprache war ausnahmslos amerikanisch. Die Bezahlung erfolgte in US-Dollar auf ein amerikanisches Konto. Die Klägerin war in den USA steuerpflichtig und dort krankenversichert. Auch im Übrigen wurde das Arbeitsverhältnis nach amerikanischem Recht gehandhabt, so zB. wie bereits ausgeführt hinsichtlich der Inanspruchnahme von “Family and Medical Leave”. Angesichts dieser Gesichtspunkte fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass die Klägerin ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik hat und sich der Erfüllungsort der von ihr zu erbringenden Arbeitsleistungen ebenfalls in Deutschland befindet. Der Gesichtspunkt des Wohnsitzes wird dadurch relativiert, dass die Klägerin selbst noch im Mai 2010 in Form einer entsprechenden steuerlichen Antragstellung (vgl. Bl. 339 f. d.A.) erklärt hat, keinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland zu haben, sondern lediglich vorübergehend dort anwesend ist. Bei dem Gesichtspunkt des Erfüllungsortes ist in Rechnung zu stellen, dass die Arbeitsleistungen zwar am Standort K. erbracht werden, sich aber ausschließlich auf Mitglieder der amerikanischen Truppe und deren zivilen Gefolges bzw. deren Angehörige beziehen, regelmäßig also auf amerikanische Staatsbürger. Die genannten Gesichtspunkte ergeben ein deutliches Übergewicht gegenüber den Regelanknüpfungen nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 und 2 EGBGB. 3. Die Kündigung der Beklagten vom18.7.2011 ist nicht unwirksam. a) Die Beklagte hat die Klägerin -wie ausgeführt- bereits in dem Bewerbungsformular darauf hingewiesen, dass das Arbeitsverhältnis ein jederzeit fristlos kündbares “at will”-Arbeitsverhältnis ist, woraus folgt, dass sowohl sie als auch die Beklagte das Arbeitsverhältnis jederzeit mit oder ohne besonderen Grund beenden können. Ferner hat die Klägerin mit dem “Acknowledgement and Receipt of Employee Handbook (Bl. 40 d.A.) bestätigt dass es sich um eine “at will” Vertragsbeziehung handelt. b) Im amerikanischen Kündigungsrecht gilt die aus dem Common-Law entwickelte “at will”-Doktrin. Danach kann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis von jeder Partei jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden (Jander/Lorenz, Kündigungsschutz im amerikanischen ArbR, RdA 1990, 97, 98; Kittner/Kohler, Kündigungsschutz in Deutschland und in den USA, BB 2000, Beilage 4, Seite 1, 4; LAG Hessen 4.10.2010 -16 Sa 1982/09 juris;). Zwar ist die “at will”-Doktrin in verschiedener Hinsicht eingeschränkt, etwa durch das Verbot einer der Kündigung entgegenstehenden public-policy, public-policy-exeption oder durch den Schutz von whistleblowers durch whistleblowers-statues. Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Ferner kann die “at-will”-Doktrin nach der Rechtsprechung US-amerikanischer Gerichte eingeschränkt sein, wenn die Kündigung gegen eine (stillschweigende) Verpflichtung zu Treu und Glauben verstößt. Die Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen, die darauf schließen ließen, es handele sich um eine arglistige, bösgläubige oder willkürliche Kündigung. Zudem hat die Beklagte in der Berufungsbegründung ausgeführt, dass die Kündigung erfolgte, weil diese per EMail zum Teil vertrauliche Daten an ihren eigenen Mail-Account versendet hat. Schließlich wird die “at will”-Doktrin eingeschränkt durch Diskriminierungsverbote in Bezug auf Rasse, Hautfarbe, ethnische Herkunft, Religion, Geschlecht, Alter, Behinderung, sexuelle Orientierung oder genetische Merkmale. Auch hierauf beruft sich die Klägerin nicht. 4. Der Anwendbarkeit US-amerikanischen Kündigungsrechts steht der ordre public nicht entgegen. Nach Artikel 6 EGBGB ist eine Rechtsnorm eines anderen Staates nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anwendung gegen Grundrechte verstößt. Der ordre public greift nur ein, wenn die Anwendung des ausländischen Rechts zu schlechthin untragbaren Ergebnissen führt (KR-KSchG/Weigand, 9. Aufl., IPR Rz. 39 mwN.).Dies ist hier deshalb nicht der Fall, weil auch bei Anwendung US-amerikanischen Rechts dem Arbeitnehmer in einem “at will” kündbaren Arbeitsverhältnis nicht jeder Kündigungsschutz versagt ist. Wie oben ausgeführt bestehen erhebliche Einschränkungen der “at will”-Doktrin, die sicherstellen dass Arbeitnehmer nicht entgegen einer public policy etc., arglistig, treuwidrig oder in diskriminierender Weise gekündigt werden (LAG Hessen 4.10.2010,aaO.). 5. Schließlich folgt auch aus Art. 34 EGBGB keine Anwendbarkeit der §§ 626, 623 BGB. Zwar sind beide Normen nach nationalem Recht zwingend. Nicht alle nach nationalem Recht zwingenden Normen sind aber auch nach Art. 34 EGBGB unabdingbar (BAG 24.8.1989, aaO.). Für die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes über den allgemeinen Kündigungsschutz hat das Bundesarbeitsgericht im genannten Urteil ausgeführt, dass diese nicht als Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB anzusehen sind, weil sie in erster Linie dem Ausgleich zwischen dem Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers und Vertragsfreiheit des Arbeitgebers dienen. Der Gesetzgeber überlässt die Durchsetzung des Schutzes allein dem Arbeitnehmer. Über das Individualinteresse hinausgehende Interessen werden demgegenüber erst mit den Regelungen über die Massenentlassung sowie den Kündigungsschutz der Betriebsverfassungsorgane geschützt, in deren Rahmen auch staatliche Stellen (Arbeitsbehörden), Betriebsverfassungsorgane und Gerichte (vgl. § 15 KSchG, § 103 BetrVG) eingeschaltet werden. In verstärktem Umfang gilt dies für den Schwerbehinderten- und Mutterschutz, dessen Durchsetzung durch öffentlich-rechtliche Erlaubnisvorbehalte gesichert ist (vgl. auch KR-KSchG/Weigand, aaO., Rz. 39 mwN.). Für § 626 BGB gelten keinen anderen Erwägungen. Hinsichtlich des Formzwangs nach § 623 BGB scheidet ein Verstoß gegen den ordre public bereits deshalb aus, weil nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB für die Wahrung der Form auf die Einhaltung des auf den Arbeitsvertrag anwendbaren Rechts abzustellen ist. III. Hat somit bereits die Kündigung der Beklagten vom 18.7.2011 das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet, bestand daher zum Zeitpunkt des Zugangs der weiteren Kündigung vom 5.8.2011 sowie des Schreibens vom 5.8.2011 (“Confirmation of Termination) bereits kein Arbeitsverhältnis der Parteien mehr. Das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts war daher abzuändern und die Klage -soweit über sie durch Teil-Urteil entschieden worden ist- abzuweisen. IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

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