Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 22. Juni 1976 – BReg 1 Z 96/74 Zu Fragen der Erbfolge eines israelischen Staatsangehörigen, dessen Nachlaß sich in der Bundesrepublik befindet

Mai 29, 2019

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 22. Juni 1976 – BReg 1 Z 96/74
Zu Fragen der Erbfolge eines israelischen Staatsangehörigen, dessen Nachlaß sich in der Bundesrepublik befindet
1. Ein israelischer Erblasser mit letztem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland wird nach israelischem Recht beerbt.
2. Die Regelung des israelischen Erbrechts, wonach auch die unverheiratete mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft ein Familienleben führende Frau erbberechtigt ist, verstößt nicht gegen den deutschen ordre public.
3. Das Abstammungsstatut nichtehelicher Kinder richtet sich in bezug auf deren Erbberechtigung nach dem Heimatrecht des Erblassers.
4. Den deutschen Gerichten fehlt die Internationale Zuständigkeit für die Anordnung der Nachlaßverwaltung über den Nachlaß eines Israeli.
Gründe
I.
1. Nach der durch Beschluß des Amtsgerichts Traunstein vom 16.3.1972 (Bl 635/639 dA) berichtigten Sterbeurkunde des Standesamts Fr. (Bl 653 dA) verstarb der am 15.6.1927 in der CSSR geborene Nachtlokalinhaber A.A.B. am 16.5.1970 zwischen 5.30 Uhr und 12 Uhr. Der Erblasser, der zuletzt in M. wohnhaft war und die israelische Staatsangehörigkeit besaß, war in einziger in R.G./Israel vor dem Rabbinatsamt (Heiratsurkunde Nr 109076) am 10.4.1957 geschlossener Ehe verheiratet mit M.M.. Aus dieser Ehe ging die am 27.12.1957 geborene Tochter I.B. hervor. Die Ehe wurde am 31.10.1961 durch das Rabbinatsgericht in Tel Aviv rechtskräftig geschieden. Nach der Scheidung siedelte der Erblasser in die Bundesrepublik Deutschland über und hielt sich seit 1962 bis zu seinem Tode in M. auf. Dort lebte er in der Folge mit der deutschen Staatsangehörigen A.R. zusammen. Aus dieser Verbindung gingen die zwei Kinder R.M.R. (geb am 26.11.1963) und M.R. (geb am 9.11.1965) hervor. Für diese Kinder hat der Erblasser die Vaterschaft anerkannt; für das dritte Kind der A.R., M.R. (geb am 12.10.1969), liegt nur eine Unterhaltsverpflichtung des Erblassers vor.
Der Erblasser hinterließ ferner den in B. (CSSR) lebenden Vater Fr.B. sowie die in M. (Israel) lebende Schwester A.H. . Seine Mutter R.B. und sein Bruder M.B. sind in dem Konzentrationslager A. ums Leben gekommen.
Der gesamte Nachlaß des Erblassers befindet sich in der Bundesrepublik; er besteht aus Grundbesitz und Mobiliarvermögen, dem Verbindlichkeiten in noch nicht festgestellter Höhe gegenüberstehen. Eine Verfügung von Todes wegen ist nicht vorhanden.
2. Die Beteiligten zu 2) bis 5) und Fr.B. nahmen die Erbschaft an und beantragten am 13.12.1971 (Bl 313 dA) mit Ergänzungen vom 21./23.6.1972 und 23.7./30.7.1973 (Bl 436, 608ff dA) beim Amtsgericht München die Erteilung eines auf den inländischen Nachlaß beschränkten gemeinschaftlichen Erbscheins, wonach in Anwendung israelischen Rechts der Erblasser von seinem Vater Fr.B. zu 16/96, seiner Lebensgefährtin A.R. zu 35/96 sowie seiner Tochter I.B. zu 15/96, und von den Kindern R.M.R., M.R. und M.R. zu je 10/96 beerbt worden sei.
Die Tochter I.B. beantragte ihrerseits unter dem 26./27.9.1972 (Bl 473 dA) die Erteilung eines Erbscheins, wonach sie in Anwendung deutschen Rechts den Erblasser allein beerbt habe. Bereits unter dem 20./27.9.1971 (Bl 258 dA) hatte sie zur Herbeiführung der beschränkten Erbenhaftung die Anordnung einer Nachlaßverwaltung beantragt.
Das Amtsgericht – Nachlaßgericht – München erließ am 15.1.1974 (Bl 659ff dA) folgenden Beschluß:

“I. Der Antrag, einen Erbschein in Anwendung deutschen Rechts zu erteilen, der das Alleinerbrecht der erblasserischen Tochter bezeugt, wird abgelehnt.

II. Die Erteilung eines Erbscheins in Anwendung israelischen Rechts wird antragsgemäß bewilligt werden, falls

1. nachgewiesen ist, daß M.R. ein Kind des Erblassers ist,

2. gegen Ziffer I des Beschlusses binnen 1 Monat keine Beschwerde eingelegt wird.

III. Der Antrag, Nachlaßverwaltung anzuordnen, wird abgelehnt”.
Das Amtsgericht war der Meinung, das von dem deutschen internationalen Privatrecht berufene israelische Recht verweise zwar auf das deutsche Recht zurück, im Hinblick auf den Grundsatz des Entscheidungseinklangs sei jedoch im Wege der Rück-Rückverweisung gleichwohl das israelische Recht maßgeblich, da dieses auch vom israelischen Richter angewendet werden würde. Gesetzliche Erben nach israelischem Recht seien der Vater zu 1/6, im übrigen die Lebensgefährtin A.R. und die Kinder des Erblassers. Die Quoten der nichtehelichen Kinder seien jedoch davon abhängig, ob M.R. ein Kind des Erblassers sei oder nicht; dies sei vor Erteilung des Erbscheins nachzuweisen. Dem Antrag auf Anordnung der Nachlaßverwaltung könne nicht stattgegeben werden, da I.B. nicht Alleinerbin sei und die Miterben sich dem Antrag nicht angeschlossen hätten (§ 2062 BGB).
Auf die Beschwerde der Tochter I.B. vom 17./18.2.1974 (Bl 681 dA) gegen den Beschluß des Nachlaßgerichts vom 15.1.1974 erließ das Landgericht München I am 21.8.1974 folgenden Beschluß:

“I. Der Beschluß des Amtsgerichts München vom 15.1.1974 wird aufgehoben.

II. Das Amtsgericht München wird angewiesen, der Beschwerdeführerin einen Erbschein zu erteilen, der unter Beschränkung auf den inländischen Nachlaß in Anwendung deutschen Rechts kraft Rückverweisung bezeugt, daß der Erblasser von seiner Tochter I.B. allein beerbt worden ist.

III. Nachlaßverwaltung wird angeordnet.
Das Landgericht ist der Meinung, das deutsche Recht nehme die Rückverweisung des israelischen Rechts an und breche eine weitere Verweisung ab. Nach deutschem Recht sei die Tochter I.B. Alleinerbin. Damit sei zugleich dem Antrag auf Nachlaßverwaltung stattzugeben.
Am 3./9.9.1974 erteilte das Amtsgericht einen Erbschein entsprechend der Anweisung des Landgerichts; am 19.9.1974 wurde Rechtsanwalt Dr H. als Nachlaßverwalter verpflichtet.
Gegen die landgerichtliche Entscheidung vom 21.8.1974 richten sich die mit Anwaltsschriftsatz vom 2./5.9.1974 (Bl 839ff dA) eingelegten weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2) bis 5) mit dem Antrag, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung einen Erbschein entsprechend den in der Beschwerdeschrift angeführten, von dem früheren Antrag abweichenden Quoten zu erteilen, wobei auch die Beschränkung auf den inländischen Nachlaß nicht angeführt ist.
Vorsorglich wird beantragt, den Erbschein so auszustellen, daß der Erbanteil des Vaters Fr. im Hinblick auf dessen Verzicht den Anteilen der übrigen Miterben entsprechend angewachsen sei, hilfsweise einen Erbschein unter Anwendung des israelischen Rechts zugunsten der nach israelischem Recht Erbberechtigten auf Grund der entsprechend festzulegenden Quoten zu bewilligen.
Die Beteiligte zu 1) tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Bezug genommen wird auf die von Rechtsanwalt G. vorgelegten gutachtlichen Äußerungen des Rechtsanwalts und Notars Dr F.H.St. (T. A.) vom 6.1.1972 und 30.5.1972 (Bl 329/334 und 574/579 dA),
auf die von Rechtsanwalt Sch. vorgelegte gutachtliche Äußerung des beim M.-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in H. tätigen Assessors Th. vom 18.8.1972 (Bl 510/510b dA)
sowie auf die vom Nachlaßgericht erholten Gutachten des Universitätsdozenten Dr R.B. vom 10.4.1972 (Bl 345/363 dA), des Universitätsprofessors Dr H.J.S. vom 12.3.1973 (Bl 540/550 dA) sowie des Universitätsprofessors Dr Dr hc M.F. vom 13.7.1973 (Bl 567/568 dA).
II.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Anweisung des Landgerichts an das Amtsgericht, einen Erbschein zu erteilen, der in Anwendung deutschen Rechts bezeugt, daß der Erblasser von seiner Tochter I.B. allein beerbt worden sei; sie verfolgen gleichzeitig mit ihren weiteren Beschwerden das Ziel, das Amtsgericht anzuweisen, einen Erbschein zu erteilen, der die Erbfolge nach israelischem Recht bezeugt. Die Beschwerdeführer wenden sich schließlich gegen die Anordnung der Nachlaßverwaltung.
Die nicht fristgebundenen weiteren Beschwerden sind in vollem Umfang statthaft und formgerecht erhoben (§§ 27, 29 FGG).
Da der Erbschein entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 1) inzwischen auf die Anweisung des Landgerichts vom Nachlaßgericht erteilt worden ist (womit auch der vom Amtsgericht in Nr II seiner Entscheidung erteilte Vorbescheid – ungeachtet der Aufhebung durch das Landgericht – gegenstandslos geworden ist), sind insoweit die Rechtsmittel nur mit dem Ziel der Einziehung dieses Erbscheins zulässig (BayObLGZ 1959, 199/202). Daß die Beschwerdeführer (auch) dieses Ziel verfolgen, ergibt sich aus ihrem Vortrag über die Unrichtigkeit des erteilten Erbscheins und aus ihrem Schriftsatz vom 12.9.1974 an das Amtsgericht (Bl 826 dA).
Soweit sich die Rechtsbeschwerden gegen die Anordnung der Nachlaßverwaltung richten, steht ihrer Statthaftigkeit die Bestimmung des § 76 Abs 1 FGG nicht entgegen, da es insoweit an der internationalen Zuständigkeit fehlt (vgl dazu die folgenden Ausführungen unter 1 und Keidel/Winkler FGG 10. Aufl RdNr 2, Jansen FGG 2. Aufl RdNr 5, je zu § 76 FGG).
Die Beschwerdeführer sind auch beschwerdeberechtigt (§ 20 FGG).
Die sonach zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache Erfolg.
1. a) Der Erblasser besaß die israelische Staatsangehörigkeit. Damit liegt ein Fall mit Auslandsberührung vor, was zur Prüfung der internationalen Zuständigkeit des angegangenen Amtsgerichts – Nachlaßgerichts – München zwingt (Firsching Einführung in das IPR, 1974 § 5 S 26/27). Diese ist für die Bewilligung eines beschränkten Erbscheins nach § 2369 BGB gegeben, (wie sie auch für die Erteilung eines allgemeinen Erbscheins nach § 2353 BGB im Fall der Anwendbarkeit deutschen Erbrechts gegeben gewesen wäre).
Unterfällt die Erbfolge, wie das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat – s unten Nr 4 -, ausländischem (israelischem) Recht, so folgt die internationale Zuständigkeit zur Ausstellung eines beschränkten Erbscheins für den im Inland befindlichen Nachlaß unmittelbar aus § 2369 BGB (BayObLGZ 1972, 86/87 mit weiteren Nachweisen; 1975, 86/88; Jansen RdNr 26; Keidel/Winkler FGG 10. Aufl RdNr 15a, je zu § 73). Das angegangene Amtsgericht ist als Nachlaßgericht auch sachlich und örtlich zuständig (§§ 72, 73 FGG).
b) Die internationale Zuständigkeit fehlt bei Anwendung ausländischen Rechts auf die Erbfolge hingegen zur Anordnung einer Nachlaßverwaltung. Insoweit ist an der bisher in der Rechtsprechung (so schon OLG Dresden KGJ 47 A 238) vertretenen Gleichlauftheorie (Gleichlauf von materiellem Recht und Verfahrensrecht) festzuhalten (Firsching Einführung in das IPR S 100; Ferid-Firsching Internationales Erbrecht 2. Aufl Bd I Deutschland Grundzüge C III RdNr 61 S 22a).
B. meint in seinem Gutachten unter Hinweis auf Soergel/Kegel BGB 10. Aufl RdNr 58 vor Art 24 EGBGB; Pinckernelle-Spreen DNotZ 1967, 218f; Jansen § 73 FGG RdNr 31; Wiethölter Internationales Nachlaßverfahrensrecht in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des Deutschen internationalen Erbrechts 1969 S 141/172ff sowie Niemeyer ZIR 13 (1903) 21 (56ff), das neuere Schrifttum vertrete die gegenteilige Auffassung insbesondere für den Fall, daß das ausländische Recht eine ähnliche Einrichtung kenne. Das israelische Erbrecht (Erbgesetz vom 10.2.1965 – im folgenden: ErbG) räume den Erben die Möglichkeit ein, ihre Haftung für Nachlaßschulden auf den Nachlaß zu beschränken, indem ein Nachlaßverwalter ernannt werde (§§ 78ff ErbG) oder die Erben selbst den Nachlaß verwalteten (§§ 121ff ErbG). In beiden Fällen könne die Erbenhaftung auf den Nachlaß beschränkt werden, wenn ein Aufgebot der Nachlaßgläubiger erfolge (§ 99 bzw § 123 ErbG). Soweit die Nachlaßverwaltung des israelischen Rechts durch einen von einem Gericht bestellten Nachlaßverwalter erfolge, der ein Aufgebotsverfahren einleite, sei sie der Nachlaßverwaltung der §§ 1975ff BGB als äquivalent anzusehen. Auch praktische Erwägungen erforderten die Zulässigkeit der Anordnung einer Nachlaßverwaltung. Zwar könne ein israelisches Gericht eine Nachlaßverwaltung mit Wirkungen einer solchen des deutschen Rechts anordnen. Eine so angeordnete Nachlaßverwaltung könne aber nicht wirksam werden, da entweder der betreffende Nachlaßverwalter nicht effektiv handeln oder nicht entsprechend vom Gericht beaufsichtigt werden könne. Zweifelhaft aber sei, inwieweit Handlungen eines von einem ausländischen Gericht bestellten Nachlaßverwalters in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt und damit wirksam gehalten würden, ja, ob die im Ausland angeordnete Nachlaßverwaltung überhaupt zu einer Haftungsbeschränkung der Erben auf den im Inland befindlichen Nachlaß führen würde. Damit drohe partiell eine Rechtsverweigerung, die hinwiederum die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts zur Anordnung einer Nachlaßverwaltung rechtfertige.
Die Darlegungen B.’s überzeugen nicht. Es ist Heldrich (Internationale Zuständigkeit und Anwendbares Recht 1969 S 213) zuzustimmen – Heldrich befürwortet grundsätzlich die Aufgabe des Grundsatzes des Gleichlaufs von Gerichtszuständigkeit und Rechtszuständigkeit, ebenso die in Ferid-Firsching Bd I Deutschland Grundzüge C III RdNr 61 S 22 Fn 4 angegebene Literatur -, wenn er sagt, der legitime Grund der Haltung der Praxis sei in dem engen Zusammenhang zu finden, der zwischen materiellem Erbrecht und Verfahren in Nachlaßsachen bestehe. So sind zB Schuldenhaftung und Nachlaßverwaltung im deutschen Recht systematisch aufeinander abgestimmt. Grundsätzlich haftet der Erbe unbeschränkt auch mit seinem Eigenvermögen, aber beschränkbar bei Vornahme gewisser Maßnahmen. So beschränkt sich nach § 1975 BGB die Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten auf den Nachlaß, wenn eine Nachlaßverwaltung (= Nachlaßpflegschaft zur Befriedigung der Nachlaßgläubiger) angeordnet wird. Zur Verteilung des Nachlasses an die Miterben ist der deutsche Nachlaßverwalter nicht befugt (Staudinger BGB 10./11. Aufl RdNr 2 zu § 1986 unter Hinweis auf RGZ 72, 260).
Die Schuldenhaftung nach israelischem Erbrecht weicht von der deutschen Regelung ab. Bis zur Verteilung des Nachlasses haften die Erben nach § 126 ErbG für die Nachlaßschulden nur mit dem Nachlaßvermögen. Nach der Verteilung tritt nur in besonderen genau aufgezählten Fällen eine verschärfte Haftung ein, die sich wiederum von der deutschen Regelung unterscheidet (vgl §§ 127ff ErbG). Für die Begleichung der Nachlaßschulden ist in §§ 104, 105 ErbG eine Rangordnung aufgestellt, die einzuhalten ist. In §§ 77ff ErbG ist die Zulässigkeit einer “administration” vorgesehen, die mit dem Zweck und Wesen einer deutschen Nachlaßverwaltung nicht gleichzusetzen ist. Die Anordnung einer “administration” führt keine Vermögenssonderung herbei, andererseits ist auch im Gegensatz zur deutschen Nachlaßverwaltung die Nachlaßverteilung Sache eines “administrators”.
Bei dieser strukturellen Verschiedenheit beider Systeme geht es nicht an, israelischem Erbrecht eine deutsche Nachlaßverwaltung aufzupfropfen oder aber etwa von einem deutschen Nachlaßgericht eine “administration” nach israelischem Recht führen zu lassen. Zur Führung einer Nachlaßverwaltung wäre nicht nur Kenntnis aller einschlägigen Gesetzesvorschriften, sondern auch der israelischen Rechtsprechung nötig. Daß bei Verneinung der internationalen Zuständigkeit zur Anordnung einer Nachlaßverwaltung im vorliegenden Fall keine partielle Rechtsverweigerung droht, zeigt die oben aufgezeigte Regelung der Schuldenhaftung nach israelischem Recht. An der Gleichlaufstheorie ist daher hier festzuhalten und das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit zur Anordnung einer Nachlaßverwaltung zu verneinen.
Anders wäre die Rechtslage zu beurteilen, wenn es sich lediglich um Erlaß eines Gläubigeraufgebots, Errichtung eines Nachlaßinventars (BayObLGZ 1965, 423ff) oder die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft (BGHZ 49, 1/2) handeln würde.
2. Aus den Art 24, 25 EGBGB folgt der allgemeine Grundsatz, daß jeder nach den Gesetzen des Staates beerbt wird, dem er zur Zeit seines Todes angehört (BGHZ 45, 351; Ferid/Firsching Bd I Deutschland Grundzüge C III RdNrn 19, 38ff; Firsching HRP-Nachlaßrecht 4. Aufl S 47).
a) Da der Erblasser zur Zeit seines Todes die israelische Staatsangehörigkeit besessen hat, bestimmt sich die Erbfolge nach israelischem Recht. Die Verweisung der deutschen erbrechtlichen Kollisionsnormen (Art 24, 25 EGBGB), auf das israelische Recht stellt eine Gesamtverweisung dar (RGZ 136, 361/365; BGHZ 28, 375/380; BayObLGZ 1971, 238/241; 1975, 153/154). Das bedeutet: Die Verweisung schließt eine Bezugnahme auf das israelische erbrechtliche Kollisionsrecht ein. § 137 des israelischen ErbG (Succession Law, Wortlaut: Ferid/Firsching Bd IV Israel, Gesetzestexte S 204) besagt in deutscher Übersetzung:
“Auf die Erbschaft findet das Recht des Wohnsitzes des Erblassers zur Zeit seines Todes Anwendung, soweit nicht in den §§ 138 bis 140 etwas anderes bestimmt ist”.
b) Der Begriff “Wohnsitz”, den die israelische Verweisungsnorm enthält, bestimmt sich nach israelischem Recht (Firsching Einführung in das IPR S 47 Nr 5a (2)). Die Legaldefinition gibt § 135 ErbG (Wortlaut: Ferid/Firsching aaO S 204):
“In diesem Abschnitt bedeutet “Wohnsitz” einer Person den Ort, an dem sich der Mittelpunkt ihres Lebens befindet”.
Das Landgericht hat als Lebensmittelpunkt des Erblassers zu diesem Zeitpunkt M. festgestellt, da der Erblasser seit 1962 in M. ständig ansässig gewesen sei und seine privaten und geschäftlichen Bindungen ausschließlich in der Bundesrepublik unterhalten habe. Der Senat ist an diese tatsächliche Feststellung gebunden. Die israelische erbrechtliche Kollisionsnorm des § 137 ErbG verweist, für sich allein betrachtet, im Ergebnis damit auf das deutsche Recht zurück; dieses würde eine solche Rückverweisung annehmen (§ 27 EGBGB).
Das israelische Recht enthält jedoch neben § 137 ErbG eine weitere Bestimmung in § 142 ErbG, die die Beschwerdeführer im Anschluß an die Gutachten von S. und B. für beachtlich halten. § 142 ErbG (Wortlaut: Ferid/Firsching S 206) besagt:
“Ungeachtet der Vorschriften dieses Gesetzes soll, wenn das Recht eines Staates Anwendung findet und dieses Recht auf ein ausländisches Recht verweist, diese Verweisung nicht beachtet werden, sondern es soll das interne Recht dieses Staates Anwendung finden;
verweist jedoch das Recht dieses Staates auf das israelische Recht, so soll die Verweisung beachtet werden und das interne israelische Recht Anwendung finden”.
c) Das Amtsgericht ist im Anschluß an das Gutachten S. der Meinung, im vorliegenden Fall führe die internationalprivatrechtlich zu wertende Norm des § 142 ErbG zu einer nochmaligen Rückverweisung des Wohnsitzrechtes (double renvoi) hinwiederum auf das israelische Recht. Diese sei zu beachten. Art 27 EGBGB bestimme lediglich die Annahme der Rückverweisung, besage jedoch nichts über deren Umfang. Das RG lasse in RGZ 136, 361/365f die Rückverweisung nur als Sachnormverweisung gelten, um ein wiederholtes Hinverweisen und Herverweisen zu vermeiden. Unberücksichtigt solle dabei bleiben, wie sich das fremde Recht im Falle einer erneuten Rückverweisung des deutschen Internationalen Privatrechts verhalten würde. Diese Ansicht sei überholt. Schon im materiellen Recht werde der Grundsatz vertreten, ein ausländisches Recht dürfe nicht vom Standpunkt des heimischen Rechts her gewertet werden, sondern solle so behandelt werden, wie es in dem betreffenden Staat verstanden werde (BayObLGZ 1972, 204/211). Auch in der Literatur werde die generelle Beschränkung des Art 27 EGBGB als Sachnormverweisung weitgehend abgelehnt. So bezeichne Martin Wolff (Das IPR Deutschlands 3. Aufl 1954 S 74ff) die RG-Entscheidung nur dann als gesund, wenn sie zur Anwendung des eigenen Rechts und zum Entscheidungseinklang in concreto führe, weil einmal für den deutschen Richter die Sicherheit der richtigen Anwendung fremden Rechts mangels der Möglichkeit des Studiums fremden Rechts fehle und der Entscheidungseinklang gewährt werde in Fällen, in denen sich zwei Rechte gegenüberstehen, von denen eines den renvoi anerkenne, das andere ihn dagegen ablehne, oder ein Recht den einfachen renvoi, das andere den double renvoi beachte. Die Unsicherheit des deutschen Richters in der Anwendung fremden Rechts könne heute weitgehend durch den großen Umfang der deutschsprachigen Literatur ausländischen Rechts behoben werden. Im übrigen stelle das Ideal des internationalen Entscheidungseinklangs den Leitgedanken des Kollisionsrechts überhaupt dar. Kegel (Soergel/Kegel RdNrn 25 mit 28 zu Art 27 EGBGB) weise daraufhin, die vom RG vertretene Ansicht führe zu hinkenden Rechtsverhältnissen, wodurch die internationale Ordnung gestört werde; das nach Art 27 EGBGB zunächst berufene ausländische Recht sei anzuwenden, wie es der fremde Staat tatsächlich anwenden würde, wenn er zur Entscheidung berufen wäre; es sei ein Gebot des internationalen Anstands, daß sich der deutsche Richter die Mühe mache, der Kollisions-Rückverweisung nachzugehen und, wenn der fremde Staat die von seinem Standpunkt gegebene Rückverweisung abbreche, ebenfalls das materielle Recht des fremden Staates anzuwenden. Ein double renvoi könne im Lichte der modernen Strömungen in der Literatur zumindest dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn – wie hier – in § 142 ErbG, das ausländische Recht eine ausdrückliche diesbezügliche Kollisionsnorm enthalte.
Das Landgericht, das ebenfalls von einer Rück-Rückverweisung ausgeht, will seinerseits an der herrschenden Rechtsprechung festhalten; es sieht eine Abweichung schon deshalb für nicht angebracht an, da sich in Israel kein Nachlaß befinde, ein israelischer Richter daher mangels internationaler Zuständigkeit gar nicht in die Lage käme, über die Erbfolge zu entscheiden. Dem Grundsatz, so zu entscheiden, wie es der ausländische Richter tue, komme daher im konkreten Fall keine praktische Bedeutung zu; zudem gewährleiste er auch abstrakt bei seiner Beachtung (wird an Beispielen ausgeführt) nicht in jedem Fall den Entscheidungseinklang.
3. Die Auslegung, die die Unterinstanzen den §§ 137, 142 ErbG und ihrem Verhältnis zueinander geben, folgt dem reinen Wortlaut dieser Bestimmungen, wobei sie sich, insbesondere im Anschluß an S. (Gutachten S 4ff, Bl 543ff dA) an folgenden Ausdruck (§ 142) klammern:
“Notwithstanding anything in this law, where the law of a particular state applies and such law refers … “
zu deutsch: “Ungeachtet der Vorschriften dieses Gesetzes soll, wenn das Recht eines Staates Anwendung findet und dieses Recht auf ein ausländisches Recht verweist … “.
S. (S 5, Bl 544 dA) meint dazu:
“Indessen ist zu beachten, daß sec 142 voraussetzt, daß zunächst das Recht eines anderen Staates überhaupt Anwendung findet. Dies kann aus israelischer Sicht nur auf Grund einer anderweitigen Kollisionsnorm des eigenen Rechts der Fall sein, die auf das fremde Recht verweist. … Aus israelischer Sicht, die allein der Auslegung der sec 142 zugrundegelegt werden kann, schließt also der Wortlaut von sec 142 das Domizilprinzip der sec 137 gerade nicht aus, sondern setzt die hierdurch begründete primäre Berufung fremden Rechts sogar tatbestandsmäßig voraus. Die Eingangsformulierung der sec 142 ist mithin so zu verstehen, daß die sich aus sec 137ff Succession Law ergebende Verweisung eine Gesamtverweisung ist, falls das zunächst berufene ausländische Recht zum israelischen Sachrecht zurückführt, daß sie aber Sachnormverweisung ist, falls das zunächst maßgebliche Recht weiter verweisen würde. In einer Relation lex generalis – lex specialis stehen sec 137 und 142 nicht”.
4. Der Senat vermag dieser formalen Betrachtungsweise nicht zu folgen. Abzustellen ist auf Sinn und Zweck beider Kollisionsnormen von israelischer Sicht her. Dabei genügt jedoch nicht eine isolierte Untersuchung, sondern ist eine Gesamtschau der erbrechtlichen Kollisionsregelung erforderlich. Das israelische Gesetz folgt dem Domizilprinzip, aber lediglich unter dem Vorbehalt des § 142 ErbG. Die Vorschrift mag von deutscher Sicht schon im Hinblick auf Art 27 EGBGB nicht gerade glücklich formuliert sein, ihr Kern ist klar:
“allein der Umstand, daß der von der israelischen Kollisionsnorm angesprochene Gesetzgeber sein eigenes nationales Recht nicht bedingungslos als anwendbar bezeichnet, sondern überhaupt bereit ist, Israel-Recht anzuwenden, reicht aus, um ein israelisches Gericht zur Anwendung der materiellen Bestimmungen seiner lex fori zu veranlassen” (Wengler, Das neue Erbrecht von Israel JR 1966, 401)”.
Die Rechtslage ähnelt der nach Art 22 iVm Art 28 des Schweizerischen Bundesgesetzes betreffend die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter vom 25.6.1891 (NAG; Text: Ferid/Firsching Bd I Schweiz S 3/4). Grundsätzlich wird nach Art 22 Abs 1 ein Erblasser mit letztem Wohnsitz im Ausland nach Wohnsitzrecht beerbt. Art 28 Nr 2 hingegen schränkt für schweizerische Erblasser ein:
“Sind diese Schweizer nach Maßgabe der ausländischen Gesetzgebung dem ausländischen Recht nicht unterworfen, so unterstehen sie dem Recht und dem Gerichtsstand des Heimatkantons”.
Art 28 Nr 2 NAG will hiernach das Heimatprinzip gegenüber einem im Wohnsitzstaat etwa geltenden Wohnsitzprinzip zurücktreten lassen. Dazu wird in BGE 78 II 200/202ff ausgeführt:
“Dem Appellationsgericht ist nämlich darin beizustimmen, daß die für Auslandsschweizer geltenden besonderen Bestimmungen von Art 28 NAG nur in beschränktem Sinn auf das Wohnsitzrecht verweisen. … In der geltenden Fassung erscheint das Heimatrecht nunmehr zur selbständigen schweizerischen Kollisionsnorm erhoben, wenn auch unter Vorbehalt einer auf die ausländische Gesetzgebung hinweisenden negativen Bedingung”.
Der Gedankengang läßt sich entsprechend auf die durch §§ 137, 142 ErbG geschaffene Rechtssituation übertragen: § 142 stellt eine § 137 ergänzende, einschränkende selbständige Kollisionsnorm dar, die in gegebenem Rahmen unter Berücksichtigung der Haltung des ausländischen Domizilkollisionsrechts die Erbfolge dem Heimatrecht unterstellt. Zu diesem Ergebnis kommt neben Birk (Bl 347ff dA) auch Strauß, der im Gegensatz zu seiner in Ferid/Firsching Bd IV Grundzüge C III RdNr 48 S 140/30 vertretenen Meinung nunmehr in seiner in Israel 1970 erschienenen hebräischen Bearbeitung des israelischen Erbrechts S 166 RdNr 333 die vorstehend vertretene Ansicht befürwortet (vgl auch seine Gutachten vom 6.1.1972 – Bl 329ff dA und insbesondere vom 30.5.1973 – Bl 574ff dA -, mit Hinweis auf eine in der Zeitschrift Hapraklit 1971 (27) 23 wiedergegebene Entscheidung eines israelischen Gerichts, die sich mit dem Verhältnis von § 142 zu § 137 ErbG befaßt).
Geht man davon aus, daß die israelische Kollisionsnorm des § 142 ErbG unmittelbar zur Anwendung israelischen Rechts führt, so entfällt die Notwendigkeit, sich mit dem double-renvoi Problem zu befassen. Aber auch, wer in § 142 eine Verweisungsnorm sieht, die systematisch nur durch Annahme eines double-renvoi zu bewältigen ist, müßte zur Anwendung israelischen Erbrechts kommen. Die Entscheidung des RG in RGZ 136, 361 steht dem nicht entgegen. Die deutsche Rechtsprechung hat im Kampf gegen die deutsche Theorie der Anerkennung des renvoi im heute gegebenen Ausmaße zum Siege verholfen (dazu: Nussbaum Das internationale Privatrecht 1932 S 53). Diese Rechtsprechung läßt sich, wie in RGZ 136, 361/366 dargetan wird, nur halten, wenn eine Rückverweisung auf deutsches Recht grundsätzlich abgebrochen wird. Eine “endlose Hin- und Herverweisung” soll damit vermieden werden (vgl BayObLGZ 1958, 34/39). Diese Gefahr ist im vorliegenden Falle ausgeschlossen. Wengler (JR 1966, 401) führt dazu aus:
“Anders als in RGZ 136, 361 vorausgesetzt wird, hat man es bei sec 142 nicht mehr mit einer Bestimmung des nichtdeutschen Kollisionsrechts zu tun, welche generell ihre Verweisung auf ein anderes Recht als Gesamtverweisung gedeutet wissen will und damit die Gefahr einer endlosen gegenseitigen Rückverweisung gerade im Verhältnis zu Deutschland heraufbeschwört, wenn dessen internationales Privatrecht Verweisungen einer deutschen Kollisionsnorm auf ein nichtdeutsches Recht ebenfalls generell als Gesamtverweisung verstehen will”.
Im Interesse des Entscheidungseinklangs – ein israelisches Gericht würde zum gleichen Ergebnis kommen – ist daher mit dem Amtsgericht israelisches Recht auf die Erbfolge anzuwenden (übereinstimmend Wengler aaO S 402).
5. a) Zur gesetzlichen Erbfolge nach israelischem Recht besagt § 10 ErbG (Wortlaut des § 10 sowie der nachfolgend genannten Vorschriften in Ferid/Firsching Bd IV Israel-Texte S 142ff):
“Gesetzliche Erben sind:

(1) Wer zur Zeit des Todes des Erblassers sein Ehegatte war;

(2) die Kinder des Erblassers und ihre Abkömmlinge, seine Eltern und ihre Abkömmlinge und seine Großeltern und ihre Abkömmlinge (in diesem Gesetz “die Verwandten des Erblassers” genannt);
ihre Rechte an der Erbschaft bestimmen sich nach den Vorschriften dieses Abschnitts”.
Dazu bestimmt § 12 ErbG:
“Die Kinder des Erblassers gehen seinen Eltern vor, seine Eltern gehen seinen Großeltern vor; hat aber der Erblasser Kinder und Eltern hinterlassen, so erhalten die Eltern ein Sechstel des Nachlasses”.
Der Vater des Erblassers erbt sonach ein Sechstel, die Schwester des Erblassers, A.H., kommt nach § 12 2. Halbsatz nicht zum Zug (dazu Strauß in Ferid/Firsching Bd IV Israel Grundzüge E RdNr 82 S 140/55).
Die Kinder des Erblassers, gleichgültig, ob sie ehelich oder nichtehelich sind – § 3 Buchstabe c ErbG – erben zu gleichen Teilen die restlichen fünf Sechstel des Nachlasses (§ 13 ErbG), vorbehaltlich des Erbanteils der Lebensgefährtin des Erblassers A.R. nach § 11 Buchstabe a Nr 1, § 55 ErbG. A.R. war nach den insoweit das Gericht der weiteren Beschwerde bindenden, weil fehlerfrei getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen mit dem Erblasser nicht verheiratet. Ihre Kinder sind damit als nichtehelich anzusehen.
Die Vaterschaft des Erblassers zu diesen Kindern beurteilt sich, soweit diese Vorfrage für die Beerbung in Betracht kommt, (im Umkehrschluß zu Art 20 EGBGB) nach dem Heimatrecht des in der Hauptsache Betroffenen, hier: des Vaters (vgl BGHZ 60, 247/253f; 63, 219/223; 64, 129/130ff; BGH NJW 1976, 1028; Palandt BGB 35. Aufl RdNr 7 zu Art 21 EGBGB; Kropholler NJW 1976, 1011/12; Firsching STAZ 1976, 157/158 und Einführung in das IPR S 179). Die Gesamtverweisung des deutschen Rechts führt zum israelischen Recht, das diese Verweisung in vorliegendem Fall annimmt; die Kinder haben neben der deutschen Staatsangehörigkeit (§ 4 Abs 1 S 1 RuSTAG), soweit sie vom Erblasser stammen, auch die israelische (§ 4 israelisches Staatsangehörigkeitsgesetz 1952 – Wortlaut: Bergmann/Ferid, Internationales Eherecht und Kindschaftsrecht 3. Aufl Bd IV “Israel” S 7).
Der israelischen Staatsangehörigkeit wird in einem solchen Fall von israelischer Sicht her der Vorzug gegeben (Strauß in Ferid/Firsching Bd IV “Israel” Grundzüge C I RdNr 21 S 140/14). Erklärt man so das Personalstatut des Kindes für maßgeblich, so kommt man zum gleichen Ergebnis, wie wenn man auf das des Erblassers abstellt (Strauß aaO RdNr 21 S 140/11f). Israelisches Recht beherrscht somit die Frage der Vaterschaft zu den drei Kindern. Nach diesem Recht muß ein nichteheliches Kind, das Erbansprüche nach dem Vater erhebt, die Vaterschaft des Erblassers – soweit diese streitig und vom Vater nicht anerkannt ist – beweisen. Dabei genügt es, ein der Anerkennung gleichkommendes Verhalten zu beweisen (Strauß aaO RdNrn 25, 81 S 140/19; S 140/54).
Im zur Entscheidung stehenden Fall hat der Erblasser die Vaterschaft zu R.M.R. und M.R. anerkannt. Damit zählen diese Kinder zum Kreise der Erbberechtigten. Ob die vollstreckbare Verpflichtung zur Zahlung des Unterhalts für M.R. allein zum Beweis der Abstammung als “ein der Anerkennung gleichkommendes Verhalten” genügt, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung (vgl unten III 2). Art 12 § 3 NEhelG, der eine Unterhaltsverpflichtung in einem vollstreckbaren Schuldtitel zur Anerkennung als genügend ansieht, kann nicht zum Zuge kommen, da dies ein deutsches Abstammungsstatut voraussetzen würde (vgl BayObLGZ 1973, 315/317f).
b) Nach § 55 iVm § 11 Buchstabe a Nr 1 ErbG ist auch die Lebensgefährtin A.R. erbberechtigt; denn nach den von den Tatgerichten getroffenen Feststellungen ist sie als Lebensgefährtin im Sinn der genannten Bestimmungen anzusehen.
Art 30 EGBGB (ordre public) steht der Anwendung dieser Bestimmungen nicht entgegen. § 55 ErbG gibt ihr auf Grund “Quasi-Testaments” (englische Überschrift der Bestimmung: “Quasi-will”) diese Berechtigung. Sie verstößt weder gegen die guten Sitten noch den Zweck eines deutschen Gesetzes. Das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts darf im Einzelfall, wie die Rechtsprechung (BGHZ 54, 123/130, 132/140; 56, 180/191; Palandt Art 30 EGBGB Anm 5 mit weiteren Nachw) auslegend erklärt hat “zu dem Grundgedanken der deutschen Regelung und den in ihnen liegenden Gerechtigkeitsvorstellungen nicht in einem so schwerwiegenden Widerspruch stehen, daß seine Anwendung für untragbar angesehen werden muß”.
Das ist nicht der Fall. Zieht man die Haltung der deutschen Rechtsprechung und Literatur zum sog Mätressentestament in Betracht (BGHZ 52, 17/20ff; 53, 369/381 – Müller-Freienfels JS 1967, 124 und JZ 1968, 441; Ramm JZ 1970, 129; Steffen DRiZ 1970, 347; Johannsen WM 1971, 918/920; Speckmann NJW 1971, 924f;) die die Erbeinsetzung einer Geliebten unter gewissen Voraussetzungen neben der Ehefrau zuläßt, so ist bei dem zu beurteilenden Sachverhalt – der Erblasser war von seiner Ehefrau geschieden – auf jeden Fall ein Sittenverstoß durch die Gewährung eines Erbrechts abzulehnen.
Die Größe des Erbteils von A.R. hängt davon ab, ob M.R. ein Kind des Erblassers ist oder nicht.
c) Bei Berechnung der Erbquoten scheidet eine Anwendung von Art 25 S 2 EGBGB aus. Nach dieser Bestimmung kann ein Deutscher erbrechtliche Ansprüche auch dann geltend machen, wenn sie nur nach den deutschen Gesetzen begründet sind, es sei denn, daß nach dem Rechte des Staates, dem der Erblasser angehörte, für die Beerbung eines Deutschen, welcher seinen Wohnsitz in diesem Staate hatte, die deutschen Gesetze ausschließlich maßgebend sind. Die nichtehelichen Kinder des Erblassers besitzen zwar die deutsche Staatsangehörigkeit (bei Doppelstaatern geht von deutscher Sicht her die deutsche Staatsangehörigkeit vor) und ein Deutscher mit Wohnsitz in Israel wird nach israelischem Recht (Domizilrecht) beerbt, aber nach deutschem Recht stünden den Kindern überhaupt keine erbrechtlichen Ansprüche zu, da der Erblasser vor dem 1.7.1970 (Inkrafttreten des NEhelG) verstorben ist (Art 12 § 10 Abs 1 S 1, § 27 NEhelG).
Da die Erbfolge israelischem Recht untersteht, kommt nur die Ausstellung eines beschränkten Erbscheins nach § 2369 BGB in Betracht. Ist auch M.R. ein Kind des Erblassers, so würden sich die Erbquoten gemäß dem oben I 2 erster Absatz erwähnten Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 bis 5 und Fr.B. errechnen. Wegen Einzelheiten der Berechnung kann auf das Gutachten von Birk (354ff dA) verwiesen werden.
6. Da auf die Erbfolge nicht deutsches, sondern israelisches Recht zur Anwendung kommt und die internationale Zuständigkeit zur Anordnung einer Nachlaßverwaltung fehlte, war der Beschluß des Landgerichts vom 21.8.1974 aufzuheben. Soweit darin das Nachlaßgericht zur Erteilung eines Erbscheins nach deutschem Recht angewiesen und Nachlaßverwaltung angeordnet worden ist, konnte es dagegen zur Klarstellung der Rechtslage bei der Aufhebung des Vorbescheids (Nr II des amtsgerichtlichen Beschlusses) verbleiben, obwohl der Vorbescheid bereits durch die Erteilung des Erbscheins vom 3./9.9.1974 gegenstandslos geworden ist (vgl Senatsbeschluß vom 21.5.1976 – BReg 1 Z 64/76); die Erstbeschwerde war insoweit zurückzuweisen; das Amtsgericht war entsprechend dem Ziel der Rechtsbeschwerden zur Einziehung des nach deutschem Recht erteilten Erbscheins anzuweisen, da dieser unrichtig ist (§ 2361 Abs 1 Satz 1 BGB).
III.
Für das weitere Verfahren wird bemerkt:
1. Gegen die Fassung des inzwischen gegenstandslos gewordenen Vorbescheids bestehen Bedenken, da dieser den Beteiligten die Beschaffung von Beweismitteln auferlegte. Die Beteiligten tragen jedoch keine formelle Beweislast (Staudinger § 2358 BGB, RdNr 4ff mit weiteren Nachweisen). Es geht nicht an, im Weg eines Vorbescheids, den die Rechtsprechung in Ausnahmefällen zur Klärung einer schwierigen Rechtslage für zulässig erachtet (BGHZ 20, 255; Firsching NJW 1955, 1540), den Beteiligten die weitere Sachaufklärung aufzugeben.
2. Der von den Rechtsbeschwerdeführern nunmehr gestellte Erbscheinsantrag entspricht nicht der Rechtslage, er weicht von dem früher gestellten (richtigen) Erbscheinsantrag ab. Sollten die Beschwerdeführer beim Nachlaßgericht auf ihren früheren Erbscheinsantrag zurückgreifen, wird dieses zu prüfen haben, ob die vollstreckbare Urkunde in den Vormundschaftsakten des Amtsgerichts München – VII 3527/69 – als Beweismittel für die Abstammung des Kindes M.R. vom Erblasser ausreicht, dh ob darin “ein dem Anerkenntnis gleichkommendes Verhalten” zu sehen ist oder nicht; gegebenenfalls käme auch die Anhörung der Beteiligten zu 2) in Betracht.

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