Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 24. Juni 1998 – 1Z BR 46/98 Auslegung zweier Testamente, durch die der Erblasser über jeweils eines von drei Grundstücken verfügt hat, sowie Berücksichtigung eines im Abhilfeverfahren abgeänderten hilfsweisen Erbscheinsantrag im Beschwerdeverfahren

April 14, 2019

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 24. Juni 1998 – 1Z BR 46/98
Auslegung zweier Testamente, durch die der Erblasser über jeweils eines von drei Grundstücken verfügt hat, sowie Berücksichtigung eines im Abhilfeverfahren abgeänderten hilfsweisen Erbscheinsantrag im Beschwerdeverfahren
1. Bestimmt ein Erblasser, dessen Vermögen im wesentlichen aus drei Grundstücken besteht, in zwei zu verschiedenen Zeitpunkten errichteten Testamenten, daß ein Dritter jeweils ein Grundstück “erben” soll, ohne über das dritte Grundstück zu verfügen, so kann darin eine Erbeinsetzung zu dem Bruchteil entsprechend dem Verhältnis des Werts der beiden Grundstücke zum Gesamtnachlaß liegen. Hinsichtlich des restlichen Bruchteils tritt dann gesetzliche Erbfolge ein.
2. Ist ein hilfsweise gestellter Erbscheinsantrag nach Ablehnung durch das Nachlaßgericht und Beschwerde des Antragstellers im Abhilfeverfahren auf Anregung des Nachlaßgerichts geändert worden, erledigt sich das Beschwerdeverfahren hinsichtlich des ursprünglichen Hilfsantrags. Hilft das Nachlaßgericht in einem solchen Fall der Beschwerde hinsichtlich des Hauptantrags nicht ab, behält sich aber die endgültige Entscheidung über den geänderten Hilfsantrag vor, so wird der neue Antrag nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 28. November 1997 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 315.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Erblasserin ist 1996 im Alter von 66 Jahren verstorben, ohne Abkömmlinge zu hinterlassen. Sie lebte mit ihrem geschiedenen Ehemann, dem Beteiligten zu 1, und dessen zweiter Ehefrau, der Beteiligten zu 2, auf demselben Grundstück und hatte mit ihnen bis zu ihrem Tod ständigen Kontakt. Der Beteiligte zu 3 ist ein Bruder, der Beteiligte zu 4 der Sohn eines weiteren vorverstorbenen Bruders der Erblasserin; sie kommen als gesetzliche Erben in Betracht.
Der Nachlaß besteht, von unbedeutender beweglicher Habe abgesehen, aus drei Grundstücken, die die Erblasserin nach ihrer Scheidung von dem Beteiligten zu 1 im Jahr 1977 im Rahmen der Auseinandersetzung der ehelichen Gütergemeinschaft erhalten hat. Es handelt sich um ein bebautes Grundstück in P. im Wert von ca. 1 Mio. DM, ein weiteres bebautes Grundstück in A. im Wert von ca. 700.000 DM sowie ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück in A. von 3,1240 ha, dessen Wert nach den insoweit divergierenden Angaben der Beteiligten zwischen 300.000 DM und 700.000 DM anzusetzen ist.
Die Erblasserin hat am 15.10.1994 ein privatschriftliches Testament mit folgendem Inhalt errichtet:
“Ich bestätige hiermit Herrn (Beteiligter zu 1) mit Frau (Beteiligte zu 2) … daß im Falle meines Todes mein 1 Familienhaus in A. erben und mein Sparguthaben und alles was sich in meiner Wohnung befindet.”
Der Beteiligte zu 1 hat dem Nachlaßgericht ferner ein auf den 2.2.1996 datiertes Schriftstück übergeben, das die Erblasserin persönlich am 1.2.1996, am Tag vor ihrer Einlieferung in das Krankenhaus, verfaßt haben soll. Es hat folgenden Inhalt:
“Testamennt
Antorm
Hieermit bestimme ich daß ich Herrn (Beteiligter zu 1) und (Beteiligte zu 2) … mein in Haus in P. … verererbe.”
Die Beteiligten zu 1 und 2 halten auch das zweite Schriftstück für eine rechtswirksame letztwillige Verfügung der Erblasserin. Sie sind der Auffassung, daß diese ihnen durch die beiden Testamente praktisch ihr wesentliches Vermögen zugewandt und sie dadurch zu Alleinerben eingesetzt habe, jedenfalls aber zu Erben hinsichtlich des Bruchteils des Gesamtnachlasses, der dem Wert der zugewandten Grundstücke entspricht. Sie haben daher einen Erbschein beantragt, der sie aufgrund dieser Verfügungen als Erben zu je 1/2 ausweisen soll, hilfsweise (ausgehend von einem Wert des dritten Grundstücks in Höhe von 700.000 DM) als Erben zu je 7/20, die Beteiligten zu 3 und 4 als Miterben zu je 3/20. Demgegenüber sind die Beteiligten zu 3 und 4 der Auffassung, daß es sich bei den Verfügungen, soweit sie wirksam seien, nur um Vermächtnisse handle, so daß gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Sie haben daher einen Erbschein beantragt, der sie als gesetzliche Erben zu je 1/2 ausweisen soll.
Das Nachlaßgericht hat nach Durchführung verschiedener Ermittlungen, u.a. der Einschaltung einer Schriftsachverständigen, mit Beschluß vom 19.6.1997 den Hauptantrag sowie den Hilfsantrag der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen mit der Begründung, die beiden Testamente seien zwar wirksam, enthielten aber nur Vermächtnisse. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 hat es darauf hingewiesen, daß für das landwirtschaftliche Grundstück lediglich ein Wert von ca. 300.000 DM zu veranschlagen sei, so daß auch vom Standpunkt der Beteiligten zu 1 und 2 aus eine Quotelung des Erbrechts von je 42,5 % (Beteiligte zu 1 und 2) und je 7,5 % (Beteiligte zu 3 und 4) angebracht sei. Daraufhin haben die Beteiligten zu 1 und 2 ihren Hauptantrag zwar aufrechterhalten, ihren Hilfsantrag jedoch entsprechend abgeändert.
Das Nachlaßgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und ausgeführt, es folge nunmehr der Auffassung, daß die Erblasserin den Beteiligten zu 1 und 2 die Grundstücke unmittelbar habe zukommen lassen wollen, so daß sie zu Erben eingesetzt seien. Die Erblasserin habe aber nicht über ihren gesamten Nachlaß verfügt, hinsichtlich des Restnachlasses trete gesetzliche Erbfolge ein. Über den entsprechenden neuen Hilfsantrag der Beteiligten zu 1 und 2 könne aber erst entschieden werden, wenn der Hauptantrag verbeschieden sei.
Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluß vom 28.11.1997 zurückgewiesen. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben gegen diese Entscheidung am 11.3.1998 weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Beschwerde richte sich, da die Beteiligten zu 1 und 2 ihren ursprünglich gestellten Hilfsantrag nicht weiterverfolgten, lediglich gegen die Abweisung ihres Hauptantrags. Insoweit sei sie nicht begründet. Selbst wenn man die Wirksamkeit beider Testamente unterstelle, seien die Beteiligten zu 1 und 2 nicht Alleinerben geworden. Denn aus den Testamenten ergebe sich nicht, daß die Erblasserin ihr gesamtes Vermögen den Beteiligten zu 1 und 2 habe zuwenden wollen. Zwar bildeten die bebauten Grundstücke in A. und P. den weit überwiegenden Teil des Vermögens der Erblasserin. Jedoch lasse sich aus keiner der beiden Verfügungen entnehmen, daß die Erblasserin über ihr Vermögen als Ganzes habe verfügen wollen. Die Verfügung vom 15.10.1994 zeige, daß es der Erblasserin nicht fremd gewesen sei, nur über bestimmte Vermögensgegenstände zu verfügen und hinsichtlich der anderen keine Bestimmung zu treffen. Die im Abstand von mehr als einem Jahr verfügte Zuwendung eines weiteren Grundstücks lasse daher nicht darauf schließen, daß die Erblasserin nunmehr den Bedachten ihr gesamtes Vermögen habe zuwenden wollen. Denn es sei nicht ersichtlich, warum sie das dritte Grundstück von erheblichem Wert, das ihr keineswegs bedeutungslos gewesen sei, habe vergessen sollen. Jedenfalls sei hinsichtlich dieses Grundstücks kein Verfügungswille erkennbar. Zu welchem Bruchteil die Beteiligten zu 1 und 2 Erben geworden seien, sei nicht zur Entscheidung des Landgerichts gestellt und bedürfe noch weiterer Ermittlungen.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.
a) Dies gilt insbesondere für die Auslegung der letztwilligen Verfügungen vom 15.10.1994 und 2.2.1996, die der Senat nur auf Verfahrensfehler sowie dahin zu überprüfen hat, ob sie nach den Denkgesetzen und der Erfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der Verfügungen nicht widerspricht und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (BayObLGZ 1991, 173/176 und FamRZ 1997, 247/248).
aa) Das Landgericht hat unterstellt, daß die beiden Testamente wirksam errichtet sind. Hiervon ist daher auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren auszugehen. Es hat ferner angenommen, daß die beiden darin enthaltenen Verfügungen nebeneinander gültig sind. Das entspricht, da die Verfügungen verschiedene Gegenstände betreffen, der Regel des § 2258 Abs. 1 BGB. Dafür, daß die Erblasserin ausschließlich das spätere Testament hätte gelten lassen wollen (vgl. BayObLG FamRZ 1997, 247/248), sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich.
bb) Zu Recht hat das Landgericht für die Auslegung den Inhalt beider Testamente herangezogen. Denn die Frage, ob und welche Rechte den bedachten Personen am Nachlaß zustehen, läßt sich nur aufgrund des Inhalts aller gültigen Verfügungen beurteilen (vgl. BayObLG FamRZ 1997, 247/248 m.w.N.).
cc) Das Landgericht hat, wie bereits das Amtsgericht in seiner Abhilfeentscheidung, angenommen, daß die Erblasserin den Beteiligten zu 1 und 2 nicht nur ein Vermächtnis zuwenden, sondern sie zu Erben einsetzen wollte. Diese Auffassung wird von den Rechtsbeschwerdeführern nicht in Frage gestellt. Sie steht mit den Grundsätzen in Einklang, die von Rechtsprechung und Lehre zur Auslegung letztwilliger Verfügungen entwickelt worden sind, in denen dem oder den Bedachten einzelne Gegenstände aus dem Nachlaß zugewendet werden.
Nach der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB spricht zwar die Zuwendung einzelner Vermögensgegenstände zunächst für ein Vermächtnis. Diese Regel greift jedoch nicht ein, wenn die Auslegung (§ 133 BGB) ergibt, daß der Testierende den Bedachten nicht nur den Vermögensgegenstand zuwenden, sondern ihn in Wahrheit zum Gesamtrechtsnachfolger berufen, d.h. ihm einen Bruchteil seines Vermögens oder sogar das gesamte Vermögen zuwenden und somit zum Erben einsetzen wollte (BGH FamRZ 1972, 561/563, BayObLG FamRZ 1990, 1401 und 1995, 246/247). Von einem solchen Willen kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn der zugewendete Vermögensbestandteil nach seinem objektiven Wert das im Testament nicht genannte weitere Vermögen an Wert erheblich übertrifft (BayObLG FamRZ 1995, 835/836 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier, unabhängig vom tatsächlichen Wert des in den Testamenten nicht erwähnten Grundstücks, gegeben.
dd) Entgegen der von den Rechtsmittelführern vertretenen Auffassung führen die dargelegten Grundsätze jedoch nicht dazu, daß die Beteiligten zu 1 und 2 als Alleinerben angesehen werden müssen. Vielmehr durfte das Landgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu dem Ergebnis kommen, daß die Beteiligten zu 1 und 2 lediglich zu der Quote zu Erben berufen sind, die dem Verhältnis des Wertes der ihnen zugewandten Grundstücke zum Wert des gesamten Nachlasses entspricht.
(1) Wie aus § 2088 BGB folgt, kann der Erblasser lediglich über einen (Bruch-)Teil des Nachlasses verfügen und für den Rest gesetzliche Erbfolge eintreten lassen (Staudinger/Otte BGB 13. Bearb. § 2088 Rn. 1). Auch in einer Verfügung, durch die der Erblasser den oder die bedachten Personen durch die Zuwendung einzelner Gegenstände zwar zu Erben einsetzen wollte, ihnen aber objektiv nur einen Teil des Nachlasses zugewandt hat, kann eine solche Verfügung über einen Bruchteil der Erbschaft liegen (BayObLG FamRZ 1990, 1278/1279; Staudinger/Otte § 2088 Rn. 2). Die zugewandten Gegenstände sind dann in Bruchteile des Nachlasses umzudeuten (BayObLG aaO und BayObLGZ 1965, 166/177), in der Regel entsprechend ihrem Wertanteil am Nachlaß. Daher ist es Frage der Auslegung nicht nur, ob der Erblasser den oder die Bedachten durch die Zuwendung von Einzelgegenständen zu Erben einsetzen wollte, sondern auch, ob er sie zu alleinigen Erben berufen wollte mit der Folge, daß gemäß § 2089 BGB eine verhältnismäßige Erhöhung der Bruchteile eintritt, oder ob er die Einsetzung im Sinn des § 2088 BGB auf einen Bruchteil beschränken wollte mit der Folge, daß für das Restvermögen gesetzliche Erbfolge eintritt (vgl. MünchKomm/Schlichting BGB 3. Aufl. § 2087 Rn. 4 und § 2088 Rn. 2, Staudinger/Otte § 2088 Rn. 2).
Eine solche Beschränkung auf einen Bruchteil kann sich insbesondere daraus ergeben, daß sich der Erblasser die Verfügung über den Restnachlaß vorbehalten hat (vgl. auch BayObLG NJWE-FER 1998, 61), z.B. weil er für einzelne wesentliche Vermögensgegenstände keinen Bedachten benannt hat (vgl. BayObLGZ 1998, 76/79 f.).
(2) Hier ist das Landgericht unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände zu dem Ergebnis gekommen, daß die Erblasserin nur über die beiden in den Testamenten ausdrücklich erwähnten Grundstücke, nicht aber über ihr gesamtes Vermögen verfügen wollte. Das Landgericht weist zu Recht darauf hin, daß die in bäuerlichen Verhältnissen lebende Erblasserin ein Grundstück von ca. 3 ha in der Umgebung einer Großstadt, das zudem jedenfalls flächenmäßig weit größer war als ihr übriger Grundbesitz, kaum als unwesentlich angesehen haben dürfte. Ebenso trifft es zu, daß für einen Willen der Erblasserin, über ihr Vermögen insgesamt zu verfügen, aus den beiden Testamenten kein Anhaltspunkt hervorgeht. Das Grundstück in A., das die Erblasserin den Beteiligten zu 1 und 2 durch das erste Testament vom 15.10.1994 zugewandt hat, war wesentlich weniger wert als die beiden anderen Grundstücke, über die die Erblasserin zunächst nicht verfügt hat. Aus diesem Testament kann daher keinesfalls der Wille der Erblasserin entnommen werden, den Beteiligten zu 1 und 2 ihr gesamtes Vermögen zukommen zu lassen. In dem zweiten Testament vom 2.2.1996 hat die Erblasserin eine Regelung über das wertvollere der beiden verbliebenen Grundstücke, das Grundstück in P., getroffen. Dem Wortlaut dieses Testaments kann jedoch kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, daß bei seiner Errichtung in der Vorstellung der Erblasserin ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem früheren Testament bestand, der den Schluß erlauben würde, sie habe in beiden Grundstücken zusammen ihr wesentliches Vermögen gesehen und darüber verfügen wollen. Mit der Behauptung, die Erblasserin habe das verbleibende Grundstück möglicherweise ohnehin dem Beteiligten zu 1 zugeordnet, hat sich das Landgericht auseinandergesetzt. Weitere wesentliche, bereits in der Beschwerdeinstanz bekannte (vgl. Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 27 Rn. 43) Umstände, die das Landgericht bei seiner Würdigung übersehen haben sollte, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Sie versucht im Ergebnis nur, ihre eigene Auslegung an die Stelle derjenigen des Landgerichts zu setzen. Damit kann sie im Verfahren der weiteren Beschwerde im Hinblick auf § 27 Abs. 1 FGG, § 561 ZPO keinen Erfolg haben (vgl. BayObLG FamRZ 1997, 247/249).
b) Über die von den Beteiligten zu 1 und 2 gestellten Hilfsanträge hat das Landgericht zu Recht nicht sachlich entschieden.
aa) Die Beteiligten zu 1 und 2 hatten zunächst in der Nachlaßverhandlung am 8.1.1997 neben ihrem Antrag, sie als alleinige Erben auszuweisen, hilfsweise den Antrag gestellt, einen Erbschein zu erteilen, wonach sie Erben zu je 14/20 (gemeint wohl je 7/20, vgl. den Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten vom 6.11.1996), die Beteiligten zu 3 und 4 Erben zu je 3/20 sein sollten. Das Nachlaßgericht hat in seinem Beschluß vom 19.6.1997 beide Anträge zurückgewiesen. Mit ihrer Beschwerde haben die Beteiligten zu 1 und 2 zunächst beide Anträge weiterverfolgt, so daß auch beide Gegenstand des Beschwerdeverfahrens wurden.
bb) Nach dem Hinweis des Nachlaßgerichts haben die Beteiligten zu 1 und 2 mit Schriftsatz vom 17.9.1997 den Hilfsantrag neu gefaßt dahin, daß der Erblasser aufgrund Testaments von den Beteiligten zu 1 und 2 zu je 42,5 %, von den Beteiligten zu 3 und 4 zu je 7,5 % beerbt worden sei. Gleichzeitig haben sie erklärt, daß es bei dem Hauptantrag (Erben aufgrund Testaments zu je 1/2) verbleibe. Diese Erklärung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei dahin gewürdigt, daß die Beteiligten zu 1 und 2 den Hilfsantrag in seiner ursprünglichen Fassung nicht mehr weiterverfolgen und an seine Stelle den neuen Hilfsantrag setzen wollten. Hiergegen bringen Rechtsmittelführer auch nichts vor. Der Sache nach handelt es sich um eine Rücknahme des ursprünglichen Hilfsantrags und einen neuen Antrag, der hilfsweise, d.h. unter der (zulässigen, vgl. BayObLGZ 1948 – 51, 690/693, MünchKomm/Promberger § 2353 Rn. 118) aufschiebenden Bedingung der Ablehnung des Hauptantrags gestellt ist.
cc) Die Rücknahme des ursprünglichen Hilfsantrags ist wirksam. Denn ein Erbscheinsantrag kann bis zur Erteilung des Erbscheins zurückgenommen werden (Palandt/Edenhofer BGB 57. Aufl. Rn. 11, Soergel/Damrau BGB 12. Aufl. Rn. 27, je zu § 2353), und zwar auch nach einer Sachentscheidung erster Instanz während des Rechtsmittelverfahrens (Jansen FGG 2. Aufl. Vorbem. zu § 8 – 18 Rn. 18). Mit der Rücknahme wurde das Beschwerdeverfahren insoweit gegenstandslos. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die Rechtsmittelführer insoweit auch ihre Beschwerde nicht mehr weiterverfolgen wollten. Das Landgericht hat deshalb zu Recht keine Sachentscheidung getroffen.
dd) Über den neuen Hilfsantrag durfte das Landgericht nicht entscheiden. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben diesen Antrag gegenüber dem Nachlaßgericht gestellt. Dies war richtig, denn in der Beschwerdeinstanz konnte ein Antrag, der wie hier den Beschwerdegegenstand änderte, nicht mehr wirksam zur Entscheidung gestellt werden (OLG Köln FamRZ 1994, 591; Keidel/Kuntze § 25 Rn. 3). Gegenstand des Beschwerdeverfahrens hätte dieser Antrag nur dann werden können, wenn das Nachlaßgericht über ihn im Rahmen der Abhilfeentscheidung befunden hätte. Es hat jedoch, wie sich aus der Begründung des Abhilfebeschlusses ergibt, ausdrücklich davon abgesehen, vor Abschluß des zum Hauptantrag anhängigen Rechtsmittelverfahrens über den neuen Hilfsantrag zu entscheiden.
c) Das Landgericht konnte somit über den ihm (noch) angefallenen Verfahrensgegenstand, den Hauptantrag der Beteiligten zu 1 und 2, bereits aufgrund des Inhalts der beiden Testamente abschließend entscheiden. Es mußte sich daher, entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde, mit der Wirksamkeit dieser Testamente nicht abschließend befassen und konnte diese Prüfung dem Nachlaßgericht überlassen, bei dem noch der geänderte Hilfsantrag anhängig ist. Die Hinweise, die das Landgericht insoweit für die weitere Prüfung gegeben hat, betreffen die Tatsachenfeststellung; der Senat hat sie im Rahmen des ihm angefallenen Verfahrensgegenstands nicht zu überprüfen.
3. Eine Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist nicht veranlaßt, da sich aus dem Gesetz ergibt, wer diese Kosten zu tragen hat. Auch einer Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bedarf es nicht, da die Beteiligten zu 3 und 4 im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht hervorgetreten sind (Keidel/Zimmermann § 13 a Rn. 16).
4. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 315.000 DM festgesetzt. Dies entspricht dem (Mindest-) Wert des Grundstücks, über das die Erblasserin nicht verfügt hat, und damit dem Interesse der Beteiligten zu 1 und 2 am Erfolg ihres Rechtsmittels (vgl. dazu BayObLGZ 1993, 115/117).

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