BFH II R 23/06

August 3, 2017

BFH II R 23/06 – Tod während Revisionsverfahren, prozessuale Stellung des Erben, Prozessbevollmächtigten

Die Kläger und Revisionsbeklagten zu 2. (Kläger) sind die unbekannten Erben des während des Revisionsverfahrens verstorbenen ursprünglichen Klägers und Revisionsbeklagten B.

Das diese Kläger betreffende Verfahren ist nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abzutrennen. Es wurde durch den Tod des B nach § 155 FGO i.V.m. § 239 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen und nicht wieder aufgenommen. Der Unterbrechung steht § 155 FGO i.V.m. § 246 Abs. 1 ZPO nicht entgegen.

1. § 246 Abs. 1 ZPO ist nur anwendbar, wenn die Partei bei Eintritt des die Unterbrechung begründenden Ereignisses durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, der bei dem Gericht, an dem das Verfahren anhängig ist, postulationsfähig ist.

BFH II R 23/06

Es genügt nicht, wenn ein in der vorhergehenden Instanz bestellter Prozessbevollmächtigter gemäß § 81 ZPO einen für die nunmehrige Instanz postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten hätte bestellen können, dies aber vor Eintritt des zur Unterbrechung führenden Ereignisses noch nicht getan hatte

(Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 1951 IV ZR 83/50, BGHZ 2, 227; vom 10. Februar 1999 XII ZR 81/98, bei Greger, Monatsschrift für Deutsches Recht –MDR– 2001, 486; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 246 Rz 2; Stein/Jonas/ Roth, ZPO, 22. Aufl., § 246 Rz 3; Wieczorek/Schütze/Gerken, 3. Aufl., § 246 ZPO Rz 4; MünchKommZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 246 Rz 11; Hüßtege in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 28. Aufl., § 246 Rz 3). Dies gilt nach § 155 FGO auch für das Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH).

Die in § 239 Abs. 1 ZPO angeordnete Unterbrechungswirkung beim Tod einer Partei hat den Sinn, Rechtsnachteile zu vermeiden, die mit dem gesetzlichen Parteiwechsel (§ 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–) für den Rechtsnachfolger der Partei bzw. den Prozessgegner eintreten können.

Wenn jedoch der Verstorbene durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war, bedarf es nach der Konzeption des Gesetzes keiner Unterbrechung von Gesetzes wegen.

Dabei wird aber stillschweigend vorausgesetzt, dass der Prozessbevollmächtigte befugt ist, auch für die Rechtsnachfolger rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben (Beschluss des Oberlandesgerichts –OLG– Köln vom 6. März 2003  2 U 135/02, Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 2004, 46, OLG-Report Köln 2003, 173).

BFH II R 23/06

Ein beim BFH nach § 62a FGO a.F. i.V.m. § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG), § 62 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO i.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl I 2007, 2840) nicht postulationsfähiger Bevollmächtigter ist zur Abgabe solcher Erklärungen gegenüber dem BFH nicht in der Lage.

2. Das Verfahren wurde danach durch den Tod des B unterbrochen, soweit es ihn betraf. Der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des B ist beim BFH nicht postulationsfähig, da er nicht zu dem in § 62a Abs. 1 Satz 1 FGO a.F. i.V.m. § 3 Nr. 1 StBerG, § 62 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO n.F. bezeichneten Personenkreis gehört.

Sein Vorbringen, er habe bereits vor dem Tod des B einen namentlich bezeichneten Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten für das Revisionsverfahren bestellt, wurde nicht belegt und kann daher nicht berücksichtigt werden. Der Rechtsanwalt ist gegenüber dem BFH nicht aufgetreten.

3. Da das zuständige Nachlassgericht die Erbenermittlung eingestellt hat, bestehen keine Anhaltspunkte, dass ein Erbe des B das Verfahren nach § 155 FGO i.V.m. § 239 Abs. 1 ZPO aufnehmen wird. Es erscheint daher zweckmäßig, das die Kläger zu 2. betreffende Revisionsverfahren in den Registern zu löschen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. März 1985 VII R 141/84, BFH/NV 1987, 248).

BFH II R 23/06

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

a black and white photo of some very tall buildings

Das Supervermächtnis

März 26, 2024
Das SupervermächtnisVon RA und Notar KrauDas Berliner Ehegattentestament sieht typischerweise vor, dass sich die Ehegatten gegenseitig als…
an abstract blue and white background with cubes

Der gesetzliche Voraus des Ehegatten

März 26, 2024
Der gesetzliche Voraus des EhegattenVon RA und Notar Krau:Der Voraus des verbliebenen Ehegatten ist ein rechtliches Konzept, das dem über…
a woman in a white dress walking across a bridge

Erbschaftsteuer umgehen: Strategien und Möglichkeiten

März 26, 2024
Erbschaftsteuer umgehen: Strategien und MöglichkeitenVon RA und Notar Krau:Die Erbschaftsteuer ist eine finanzielle Belastung, die Erb…