BSG – Rückzahlung überzahlte Witwenrente

März 7, 2020

BSG, Urteil vom 26. September 2019 – B 5 R 4/19 R
vorgehend SG Oldenburg (Oldenburg), 4. April 2011, S 5 R 132/10, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 2. Senat, 1. Juli 2014, L 2/12 R 382/11, Urteil
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 1. Juli 2014 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 4. April 2011 zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Klage- und Revisionsverfahren auf jeweils 727,08 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Rücküberweisung von überzahlten Witwenrentenleistungen in Höhe von insgesamt 727,08 Euro, die nach dem Tod der Rentenempfängerin auf deren Konto bei der beklagten Bank überwiesen worden sind.
Die Klägerin zahlte der Rentenberechtigten M. G. Witwenrente in Höhe von 363,54 Euro monatlich, die auf deren Konto bei der Beklagten überwiesen wurde. Die Rentenberechtigte verstarb am 19.11.2009. Hiervon erhielt die Beklagte am 24.11.2009 Kenntnis. Die Rentenzahlung für Dezember 2009 ging am 30.11.2009 und die für Januar 2010 am 30.12.2009 auf dem Konto der Rentenberechtigten ein. Neben diesen Gutschriften erfolgten nach dem Tod der Rentenberechtigten verschiedene weitere Kontobewegungen; ua buchte die Beklagte von dem Konto am 30.12.2009 und 27.1.2010 “Abschlusskosten” in Höhe von 25,85 Euro bzw 5,10 Euro ab. Der Kontostand belief sich zuletzt auf 1138,52 Euro.
Diesen Betrag zahlte die Beklagte am 27.1.2010 an die Erbinnen der Rentenberechtigten, deren Töchter M. H. und A. G., aus. Das Konto der Rentenberechtigten wurde am selben Tag gelöscht. Infolge der Kontoauflösung wurden die Rentenzahlungen der Klägerin für die Monate Februar 2010 und März 2010 zurückgebucht.
Am 26.3.2010 ging bei der Beklagten ein Rückforderungsverlangen des Rentenservice bezüglich der nach dem Tod der Rentenberechtigten noch geleisteten Witwenrentenzahlungen ein. Dieses Begehren wies die Beklagte unter Berufung auf die zwischenzeitlich erfolgte Auflösung des Girokontos der Rentenberechtigten zurück und teilte der Klägerin die Anschrift der Erbinnen mit.
Das SG Oldenburg hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 727,08 Euro zu zahlen (Urteil vom 4.4.2011). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung der Beklagten zugelassen (Beschluss vom 10.6.2011) und auf dieses Rechtsmittel die Klage unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung abgewiesen (Urteil vom 1.7.2014). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rücküberweisung der Rentenzahlungen nach § 118 Abs 3 Satz 2 SGB VI. Zwar seien die Rentenleistungen zu Unrecht erbracht worden; eine Verpflichtung zur Rückzahlung bestehe jedoch nicht, weil über den der Rentenleistung entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt worden sei. Der Wortlaut des § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI stelle ausdrücklich auf den Eingang der Rückforderung ab und nicht etwa auf einen Zeitpunkt, zu dem das Geldinstitut anderweitig Kenntnis von dem Tod eines Kontoinhabers erlange. Angesichts des eindeutigen Wortlauts und der Bindung der Rechtsprechung an das Gesetz (Art 20 Abs 3 GG) komme eine abweichende Auslegung nicht in Betracht. Im Übrigen entspreche die wortlautgetreue Auslegung auch dem Willen des Gesetzgebers. Das Geldinstitut solle einen eventuellen wirtschaftlichen Vorteil, den es sich aufgrund der rechtsgrundlosen Rentenüberweisung zu verschaffen vermochte, wieder herausgeben. Es solle aber andererseits durch den beschleunigten Rückruf der Rentenleistung keinen wirtschaftlichen Nachteil befürchten müssen, sondern lediglich als wirtschaftlich unbeteiligter Zahlungsmittler fungieren (BSG Urteil vom 22.4.2008 – B 5a/4 R 79/06 R – SozR 4-2600 § 118 Nr 6). Überdies habe der Gesetzgeber zur Vermeidung von Notlagen einen nahtlosen Übergang von der Versicherten- zur Witwen- bzw Witwerrente ermöglichen wollen. Dem stünde es entgegen, wenn Geldinstitute Verfügungen über eine eingehende Rentenzahlung verhindern müssten. Schließlich sei die Inanspruchnahme des Geldinstituts für den Leistungsträger zwar die einfachste, aber nicht die einzige Möglichkeit, den zu Unrecht überwiesenen Betrag zurückzuerlangen, weil er sich auch an die Erben halten könne.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 118 Abs 3 Satz 1 bis 4 SGB VI. Zwar stelle der Wortlaut des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI hinsichtlich der Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen allein auf den Zeitpunkt des Rückforderungsverlangens ab. Die Frage, ob sich ein Geldinstitut trotz Kenntnis vom Tod des Versicherten auf anderweitige Verfügungen berufen könne, sei hiervon jedoch nicht berührt. Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto iS des § 118 Abs 3 Satz 1 SGB VI überwiesen würden, gälten als unter Vorbehalt erbracht. Es sei daher ausreichend, wenn das Geldinstitut anderweitig Kenntnis vom Tod des Rentenbeziehers erlangt habe. § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI sei eine Schutzvorschrift zugunsten des Geldinstituts. Ein schutzwürdiges Interesse des Geldinstituts bestehe daher nicht, wenn es bereits vor Erhalt des Rücküberweisungsverlangens Kenntnis vom Tod des Versicherten habe, gleichwohl aber anderweitige Verfügungen zulasse und damit eine Rückgewährung der Rentenzahlungen vereitele. Hinsichtlich der von der Beklagten zu eigenen Gunsten abgebuchten “Abschlusskosten” in Höhe von 25,85 Euro und 5,10 Euro sei die Rückforderung schon deshalb begründet, weil darin ein Verstoß gegen das Befriedigungsverbot des § 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI liege. Verfügungen zugunsten des Geldinstituts seien keine “anderweitigen” Verfügungen und jedenfalls im Verhältnis zum Rentenversicherungsträger unwirksam.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 1. Juli 2014 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 4. April 2011 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die von der Klägerin vertretene Rechtsansicht finde im Wortlaut des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI keinen Anhaltspunkt. Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck der Norm sprächen ebenfalls gegen dieses Auslegungsergebnis. Ferner sei § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI unter Zugrundelegung des Verständnisses der Klägerin mit dem Zahlungsdiensterecht des BGB nicht vereinbar und führe außerdem zu unzumutbaren, vom Gesetzgeber nicht gewollten Überwachungs- und Prüfpflichten der Geldinstitute.
Der erkennende Senat hat nach Durchführung des Anfrageverfahrens gemäß § 41 Abs 3 Satz 1 SGG (Anfragebeschluss vom 7.4.2016 – B 5 R 26/14 R – und Antwortbeschluss des 13. Senats des BSG vom 14.12.2016 – B 13 R 20/16 S) dem Großen Senat des BSG folgende Rechtsfrage wegen Divergenz iS von § 41 Abs 2 SGG vorgelegt: “Setzt ein Anspruch des Rentenversicherungsträgers gegen das Geldinstitut noch § 118 Abs 3 Satz 2 SGB VI auf Rücküberweisung von Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten überwiesen worden sind, die weitere Existenz des Kontos des Rentenempfängers voraus?” (Beschluss vom 17.8.2017 – B 5 R 26/14 R). Nach dem Beschluss des Großen Senats vom 20.2.2019 (GS 1/18) erlischt der Anspruch nach § 118 Abs 3 Satz 2 SGB VI nicht durch die Auflösung des Kontos des Rentenempfängers.
Entscheidungsgründe
Unter Zugrundelegung der Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 20.2.2019 (GS 1/18 – juris, zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR 4-2600 § 118 Nr 16), die den erkennenden Senat gemäß § 41 Abs 7 Satz 2 SGG bindet, ist die Revision der Klägerin begründet. Das LSG hat das Urteil des SG zu Unrecht aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beklagte ist zur Rücküberweisung der überzahlten Rentenbeträge in Höhe von 727,08 Euro verpflichtet.
Nach § 118 Abs 3 SGB VI in der hier maßgeblichen, in der Zeit vom 1.3.2004 bis 8.4.2013 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 27.12.2003 (BGBl I 3019) gelten Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht (Satz 1). Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern (Satz 2). Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann (Satz 3). Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden (Satz 4).
Die Anspruchsvoraussetzungen des § 118 Abs 3 Satz 2 SGB VI liegen vor (dazu 1.). Der Anspruch ist auch nicht erloschen (dazu 2.). Die Beklagte kann sich nicht auf den Auszahlungseinwand des § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI berufen (dazu 3.).
1. Mit den Renten für Dezember 2009 und Januar 2010 sind für die Zeit nach dem Tod der Rentenberechtigten am 19.11.2009 Geldleistungen auf deren Konto bei der Beklagten als einem inländischen Geldinstitut überwiesen worden. Die Zahlungen sind zu Unrecht erbracht worden, weil nach § 102 Abs 5 SGB VI ein Anspruch auf Zahlung der Rente nur bis zum Ende des Kalendermonats besteht, in dem der Berechtigte gestorben ist, hier also bis zum 30.11.2009. Die Überweisung der Rente für die Monate Dezember 2009 und Januar 2010 widerspricht infolgedessen dem Gesetz. Die Bindungswirkung der Rentenbewilligung vermag die Zahlungen nicht zu rechtfertigen, weil sich der diesbezügliche Verwaltungsakt mit dem Tod der Rentenberechtigten ohne Aufhebungsbescheid erledigt hat (vgl zB BSGE 84, 16, 20 = SozR 3-1300 § 50 Nr 21 S 71 f; BSGE 103, 206 = SozR 4-2600 § 118 Nr 10, RdNr 13). Der Rentenservice hat als überweisende Stelle die Beklagte aufgefordert, die über den Sterbemonat hinaus geleisteten Witwenrentenzahlungen zurückzuerstatten.
2. Der Anspruch der Klägerin ist nicht dadurch erloschen, dass die Beklagte das Konto der Rentenberechtigten aufgelöst hat. Der Rücküberweisungsanspruch nach § 118 Abs 3 Satz 2 SGB VI ist unabhängig von der Existenz des Rentenkontos und überlagert die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen den Kontoinhabern bzw deren Erben einerseits und den Geldinstituten andererseits: Er räumt den Geldinstituten als Zahlungsdienstleister bei der Ausführung autorisierter Zahlungsaufträge im Rahmen des § 675o Abs 2 BGB ein auf Rentenzahlungen begrenztes Zurückbehaltungsrecht ein, soweit die Erben des früheren Rentenberechtigten über das Rentenkonto verfügen, insbesondere dieses auflösen wollen (BSG Beschluss des Großen Senats vom 20.2.2019 – GS 1/18 – juris RdNr 9, 20 ff).
3. Die Beklagte kann dem Rücküberweisungsanspruch nicht den Einwand der anderweitigen Verfügung (Auszahlungseinwand) nach § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI entgegenhalten.
a) Zwar hat die beklagte Bank vor Eingang des Rückforderungsverlangens am 26.3.2010 über den der Rente entsprechenden Betrag verfügt, indem sie das Kontoguthaben der ehemals Rentenberechtigten in Höhe von 1138,52 Euro am 27.1.2010 an deren Töchter ausgezahlt hat. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagten der Tod der Rentenberechtigten aber bekannt. Die Kenntnis des Geldinstituts vom Tod des Rentenberechtigten bei Ausführung einer Verfügung zulasten von dessen Konto schließt den Einwand der anderweitigen Verfügung iS des § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI aus. Der 5a. Senat des BSG hat dies in seinem Urteil vom 22.4.2008 (B 5a/4 R 79/06 R – SozR 4-2600 § 118 Nr 6 RdNr 16 f) näher begründet. Der 13. Senat ist dem in seinen Urteilen vom 5.2.2009 (B 13/4 R 91/06 R – juris RdNr 34 f; B 13 R 59/08 R – SozR 4-2600 § 118 Nr 7 RdNr 34 f; B 13 R 87/08 R – SozR 4-2600 § 118 Nr 8 RdNr 31 f) gefolgt und hat hieran im Urteil vom 24.2.2016 (B 13 R 22/15 R – BSGE 121, 18 = SozR 4-2600 § 118 Nr 14, RdNr 16 ff) ausdrücklich festgehalten. Der 5. Senat hat diese Rechtsauffassung in seinen Urteilen vom 3.6.2009 (B 5 R 120/07 R – BSGE 103, 206 = SozR 4-2600 § 118 Nr 10, RdNr 23; B 5 R 65/07 R – juris RdNr 16) nochmals bekräftigt. Auch das BVerwG hat sich dem angeschlossen (Urteil vom 24.6.2010 – 2 C 14.09 – Buchholz 239.1 § 52 BeamtVG Nr 1 – juris RdNr 17).
b) Die gegen diese Rechtsprechung vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen.
aa) Entgegen der Ansicht des LSG und der Beklagten beruht die vom BSG vertretene Auslegung auf den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und beachtet damit das Verfassungsgebot der Gesetzesbindung der Gerichte.
Die den Wortlaut der Norm einschränkende Auslegung des § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI – Gutgläubigkeit der Bank als (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal des Auszahlungseinwands – überschreitet nicht die sich aus Art 20 Abs 3 GG ergebenden Grenzen richterlicher Gesetzesinterpretation (so bereits Urteil des 13. Senats des BSG vom 24.2.2016 – B 13 R 22/15 R – BSGE 121, 18 = SozR 4-2600 § 118 Nr 14, RdNr 32). Sie entspricht vielmehr anerkannten Auslegungsgrundsätzen (s dazu BVerfG Beschluss vom 24.5.1995 – 2 BvF 1/92 – BVerfGE 93, 37, 81; BVerfG Beschluss vom 25.1.2011 – 1 BvR 918/10 – BVerfGE 128, 193, 218 ff). Da der Wortlaut des Gesetzes im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze zieht (vgl BVerfG Beschluss vom 14.6.2007 – 2 BvR 1447/05 ua – BVerfGE 118, 212, 243), gehört zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung auch die teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs einer Norm (BVerfG Beschluss vom 30.3.1993 – 1 BvR 1045/89 ua – BVerfGE 88, 145, 167; BVerfG Beschluss vom 26.9.2011 – 2 BvR 2216/06 ua – BVerfGK 19, 89, 103). Sie ist dann vorzunehmen, wenn die auszulegende Vorschrift auf einen Teil der von ihrem Wortlaut erfassten Fälle nicht angewandt werden soll, weil Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG Beschluss vom 19.8.2011 – 1 BvR 2473/10 ua – juris RdNr 21; s auch BSG Urteil vom 18.8.2011 – B 10 EG 7/10 R – BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 27; BSG Urteil vom 4.12.2014 – B 2 U 18/13 R – BSGE 118, 18 = SozR 4-2700 § 101 Nr 2, RdNr 27). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
(1) Insbesondere lässt sich die Auslegung auf einen zum Ausdruck kommenden Willen des parlamentarischen Gesetzgebers zurückführen (vgl BVerfG Beschluss vom 26.9.2011 – 2 BvR 2216/06 ua – BVerfGK 19, 89, 103).
Der Gesetzgeber wollte bei der Schaffung des § 118 Abs 3 SGB VI den Geldinstituten keinen Auszahlungseinwand in den Fällen einräumen, in denen sie trotz positiver Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten über den der Rente entsprechenden Betrag verfügen. In den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren (Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Gesetzesentwurf des RRG 1992, BT-Drucks 11/5530 S 46 zu § 119 Abs 3 iVm RRG 1992 Protokolle Bd 4, Stellungnahme des BMA gegenüber dem Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung – Ausschuss-Drucks 11/1303 – Anl 10 S 65, 66) wird hervorgehoben, dass die Renten nicht dem Grundsatz der Universalsukzession unterliegen. Die Banken dürften den Überweisungsbetrag daher an sich nur dem im Überweisungsauftrag genannten Rentner und nicht dessen Erben gutschreiben. Eine strikte Beachtung des höchstpersönlichen Charakters von Rentenzahlungen würde jedoch die Gutschrift von Renten unzumutbar erschweren; denn die Banken müssten, um ihr eigenes Risiko zu verringern, jeweils recherchieren, ob der Rentner noch lebt. Dies sei für alle Beteiligten unzumutbar. Ebenso sei es allerdings problematisch, allein den Rentenversicherungsträgern das Risiko dafür aufzuerlegen, dass die Banken Rentenzahlungen stets auch zugunsten der Erben gutschreiben, und zwar auch dann, wenn sie vom Tod des Rentners positiv Kenntnis haben. Zum Schutz der Rentenversicherungsträger gelten daher Rentenzahlungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten als “unter Vorbehalt” erbracht (§ 118 Abs 3 Satz 1 SGB VI). Der Vorbehalt, der mit den Regelungen des Zahlungsdiensterechts vereinbar ist (Großer Senat des BSG Beschluss vom 20.2.2019 – GS 1/18 – juris RdNr 21), bewirkt, dass eine noch vor dem Todeszeitpunkt des Rentners für den Folgemonat vorgenommene Rentengutschrift ihre materiell-rechtliche Wirksamkeit wieder verliert bzw eine erst nach dem Tod erfolgte Gutschrift von vornherein nicht wirksam ist (BSG Urteil vom 24.2.2016 – B 13 R 22/15 R – BSGE 121, 18 = SozR 4-2600 § 118 Nr 14, RdNr 19 mwN). Aufgrund des Vorbehalts, der gegenüber der Bank, den Erben als neuen Kontoinhabern und auch gegenüber Dritten wirkt (BSG Urteil vom 24.2.2016, aaO), geht der Rentenwert – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht in das Vermögen des “Kunden” über. Vielmehr verbleiben die Rechte an diesem allein bei dem Rentenversicherungsträger. Deshalb ist jede Verfügung über den Rentenbetrag – außer der Rücküberweisung an diesen – materiell rechtswidrig (Senatsurteil vom 3.6.2009 – B 5 R 120/07 R – BSGE 103, 206 = SozR 4-2600 § 118 Nr 10, RdNr 23).
Die Regelungen des § 118 Abs 3 SGB VI dienen einem typisierten Interessenausgleich zwischen Rentenversicherungsträgern und Geldinstituten. Banken sollen weder aus einer ungerechtfertigten Rentenüberweisung wirtschaftliche Vorteile ziehen können noch bei einer ordnungsgemäßen Kontoführung wirtschaftliche Nachteile tragen müssen (BSG Urteil vom 9.12.1998 – B 9 V 48/97 R – BSGE 83, 176, 180 = SozR 3-2600 § 118 Nr 4 S 34; BSG Urteil vom 22.4.2008 – B 5a/4 R 79/06 R – SozR 4-2600 § 118 Nr 6 RdNr 26; BSG Urteil vom 13.11.2008 – B 13 R 48/07 R – SozR 4-2600 § 118 Nr 9 RdNr 45; Senatsentscheidung vom 3.6.2009 – B 5 R 120/07 R – BSGE 103, 206 = SozR 4-2600 § 118 Nr 10, RdNr 31, 34). Der letztgenannte Gesichtspunkt steht bei § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI im Vordergrund (Senatsentscheidung vom 3.6.2009, aaO, RdNr 34). Nach der gesetzgeberischen Konzeption mindern “anderweitige Verfügungen” im Sinne dieser Norm den Anspruch des Rentenversicherungsträgers daher nur, wenn das Geldinstitut jedenfalls dem äußeren Anschein nach zur Ausführung banküblicher Vorgänge ohne weitere Prüfung berechtigt ist; die Bank muss redlicher bzw gutgläubiger Zahlungsmittler sein (BSGE 121, 18 = SozR 4-2600 § 118 Nr 14 RdNr 20 mwN; so bereits auch schon BSG Urteil vom 22.4.2008 – B 5a/4 R 79/06 R – SozR 4-2600 § 118 Nr 6 RdNr 17). An der Gutgläubigkeit fehlt es, wenn der Bank bei Ausführung einer Verfügung über das Konto eine fehlende bzw nicht mehr bestehende Verfügungsberechtigung bekannt ist. Dies ist der Fall, wenn die Bank im Zeitpunkt der Verfügung vom Tod des Rentenberechtigten Kenntnis hat (BSGE 121, 18 = SozR 4-2600 § 118 Nr 14 RdNr 20).
(2) Sinn und Zweck des § 118 Abs 3 SGB VI sprechen auch im Übrigen für das hier vertretene Verständnis.
Die Vorschrift soll sicherstellen, dass Geldleistungen, die nach dem Tode des Rentenberechtigten auf dessen Konto überwiesen wurden, als zu Unrecht erbrachte Leistungen schnell und vollständig zurückerstattet werden, um die Solidargemeinschaft der Versicherten vor finanziellen Verlusten zu bewahren. Deshalb wird anstelle eines meist nur mühsam durchsetzbaren Anspruchs gegen den Erben oder einen anderen durch die rechtswidrige Leistung wirtschaftlich Begünstigten dem kontoführenden Geldinstitut eine vorrangige (vgl BSG Urteil vom 9.4.2002 – B 4 RA 64/01 R – SozR 3-2600 § 118 Nr 10 S 69; Terpitz, WM 1992, 2046) Verpflichtung auferlegt, auf den rechtswidrig geleisteten Wert zuzugreifen, weil (und solange) dieses dank der tatsächlichen Kontrolle über das Empfängerkonto dazu in der Lage ist, bevor der Rentenzahlbetrag faktisch in das Vermögen des Rechtsnachfolgers (oder eines anderen Empfängers) übergeht (Senatsurteil vom 3.6.2009 – B 5 R 120/07 R – BSGE 103, 206 = SozR 4-2600 § 118 Nr 10, RdNr 34 mwN).
Dieser Zweck würde konterkariert, wenn dem Geldinstitut, das den Erben trotz Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten den der Rente entsprechenden Betrag auszahlt, ein anspruchsvernichtender Einwand zustünde.
Die Gutgläubigkeit der Bank als Voraussetzung für die Erhebung des Auszahlungseinwands führt entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht notwendigerweise dazu, dass das Geldinstitut seine Rolle als (unbeteiligter) Zahlungsmittler (vgl Senatsurteil vom 3.6.2009 – B 5 R 120/07 R – BSGE 103, 206 = SozR 4-2600 § 118 Nr 10, RdNr 23) verliert und für die Rücküberweisung der zu Unrecht gezahlten Rente mit eigenem Vermögen haftet. Beachtet die von dem Tod des Rentenberechtigten wissende Bank den Vorbehalt und hält sie den überzahlten Rentenbetrag auf dem Empfängerkonto zurück, stehen für die Rücküberweisung ausreichende (Fremd-)Mittel zur Verfügung.
(3) Ebenso wenig sprechen systematische Erwägungen gegen das hier vertretene Normverständnis.
Die Beklagte beruft sich für ihre gegenteilige Auffassung auf § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VI, nach dem das Geldinstitut den Auszahlungseinwand nicht erheben kann, wenn die Rücküberweisung aus einem Guthaben möglich ist. Normiere der Gesetzgeber nur eine Ausnahme, spreche dies im Umkehrschluss dagegen, eine weitere Einschränkung – hier Bestehen des Auszahlungseinwandes nur bei “Gutgläubigkeit” der Bank – vorzunehmen (so auch G. Bitter/M. Telen Anmerkung zum Urteil des SG Bremen vom 1.3.2013 – S 6 R 495/11 – WuB I D 1. Überweisungsverkehr 5.14 S 591). Die Formulierung einer Ausnahme im Gesetz schließt indes nicht aus, bei der Auslegung einer Vorschrift von einem ungeschriebenen Tatbestandmerkmal auszugehen, wenn dies – wie hier – dem gesetzgeberischen Willen entspricht.
bb) Die übrigen Angriffe des LSG und der Beklagten greifen ebenfalls nicht durch.
(1) Die Beklagte macht insoweit geltend, § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI sei häufig bzw weitestgehend nicht anwendbar, wenn den Banken der Auszahlungseinwand bereits bei Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten und nicht erst bei Eingang des Rückforderungsverlangens abgeschnitten sei, obwohl es auf letzteren Zeitpunkt nach der Norm gerade ankommen solle. Hierzu weist sie darauf hin, dass den Geldinstituten entgegen der Annahme des 5a. Senats des BSG im Urteil vom 22.4.2008 (B 5a/4 R 79/06 R – SozR 4-2600 § 118 Nr 6 RdNr 17) der Tod des Rentenberechtigten nicht typischerweise erst mit dem Eingang des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträgers bekannt werde, sondern bereits früher aufgrund einer Kontaktaufnahme der Erben.
Ob dieser Sachverhalt wirklich den typischen Fall abbildet, erscheint indes fraglich. Die Beklagte zieht eine regelmäßige Information an anderer Stelle selbst in Zweifel, indem sie darauf hinweist, dass sie “allenfalls” vom Tod des Kontoinhabers Kenntnis erlange, nicht aber vom Tod eines von diesem personenverschiedenen Rentenberechtigten. Danach ist auch eine zeitnahe Mitteilung vom Tod des mit dem Rentenberechtigten identischen Kontoinhabers durch die Erben nicht regelmäßig gesichert. Dies erscheint naheliegend, weil nicht alle Rentenempfänger Angehörige hinterlassen, die Erbenstellung zunächst unbekannt sein kann, der Tod des Rentners zum Teil bewusst verschwiegen wird, um den Rentenzufluss aufrechtzuerhalten (vgl hierzu etwa BSG Urteil vom 3.4.2014 – B 5 R 25/13 R – SozR 4-2600 § 118 Nr 13), oder der Tod des Rentenberechtigten – aufgrund seiner zurückgezogenen Lebensführung – zunächst gänzlich unbemerkt bleibt und daher zB von ihm noch zu Lebzeiten erteilte Daueraufträge weiter ausgeführt werden (vgl zu vom verstorbenen Berechtigten noch eingeleiteten Zahlungsgeschäften BSG Urteil vom 9.12.1998 – B 9 V 48/97 R – BSGE 83, 176, 181 = SozR 3-2600 § 118 Nr 4 S 35). In all diesen Fällen schützt § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI das gutgläubige Geldinstitut bei Verfügungen über die zu Unrecht weitergezahlte Rente. Schon diese Konstellationen zeigen, dass auch unter Zugrundelegung des Normverständnisses des Senats ein nennenswerter Anwendungsbereich der Vorschrift besteht.
(2) Das hier vertretene Verständnis des § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI auferlegt den Geldinstituten schließlich auch keine unzumutbaren, vom Gesetzgeber nicht gewollte Überwachungs- und Prüfpflichten.
Das Geldinstitut, das – wie hier – vom Rentenservice der Deutschen Post AG für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten eine Rentenzahlung zur Gutschrift auf ein von ihm geführtes Konto erhält, hat alle erforderlichen Informationen darüber, dass es sich um eine unter dem gesetzlichen Vorbehalt des § 118 Abs 3 Satz 1 SGB VI stehende Geldleistung handelt (vgl bereits Urteil des 13. Senats vom 24.2.2016 – B 13 R 22/15 R – BSGE 121, 18 = SozR 4-2600 § 118 Nr 14, RdNr 25). Dabei macht insbesondere der unter dem Verwendungszweck angegebene Hinweis “RV-Rente” (vgl die in der Verwaltungsakte der Klägerin vorhandenen Kontoauszüge und die von der Beklagten im Klageverfahren überreichte “Umsatz-Liste”) hinreichend deutlich, dass es sich nicht um die Zahlung einer “privaten Zusatzrente”, sondern um eine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung handelt. Dies wird auch nicht dadurch infrage gestellt, dass nach dem Vorbringen der Beklagten die Rentengutschrift außerdem regelmäßig mit dem Text “Schlüsselnummer 53 Lohn-, Gehalts-, Rentengutschrift” gekennzeichnet ist. Dieser allgemeine, verschiedene Leistungen umfassende Schlüssel wird durch den Hinweis “RV-Rente” auf die Rentenzahlung konkretisiert. Die nötigen Informationen, um den gesetzlichen Vorbehalt hinsichtlich des gesamten Zahlbetrages beachten zu können, stehen der Bank auch in den Fällen zur Verfügung, in denen eine Rente entsprechend dem Wunsch des Rentenempfängers auf das Konto eines Dritten – zB eines Angehörigen – überwiesen wird (vgl § 9 Abs 3 Satz 2 RentSV idF der Verordnung vom 14.10.2013, BGBl I 3866). Soweit die Beklagte vorträgt, sie erhalte allenfalls Kenntnis vom Tod des Kontoinhabers, nicht aber vom Tod eines von diesem zu unterscheidenden Rentenempfängers, ist darauf hinzuweisen, dass sie im Fall der Unkenntnis vom Tod des Rentenberechtigten den Auszahlungseinwand des § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI problemlos geltend machen kann. Sollte der Kontoinhaber verstorben sein und der von diesem personenverschiedene Rentenberechtigte leben, ist der Anwendungsbereich des § 118 Abs 3 SGB VI nicht betroffen. Dass der Rentenversicherungsträger bzw der Rentenservice später möglicherweise infolge einer Aufrechnung (§ 51 SGB I; vgl auch § 16 Abs 1 Satz 2 Nr 1 RentSV) oder Verrechnung (§ 52 SGB I) nur einen geringeren als den überwiesenen Rentenzahlbetrag oder keinen Betrag zurückfordert, ändert nichts daran, dass die Bank zunächst den gesamten überwiesenen Rentenbetrag als unter Vorbehalt gutgeschrieben behandeln muss. Die Bank macht sich auch nicht gegenüber den Kontoinhabern bzw Erben schadensersatzpflichtig, wenn sie nach Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers die Vorbehaltsgutschrift als rechtsgrundlos und somit fehlerhaft behandelt; sie ist hierzu im Rahmen des Kontoführungsvertrages befugt (Urteil des 13. Senats des BSG vom 24.2.2016, aaO, RdNr 28 mwN).
Wie ebenfalls bereits im Urteil des 13. Senats des BSG vom 24.2.2016 (aaO, RdNr 29) ausgeführt, wird von den Banken auch nicht verlangt, dass sie vor Durchführung der Rentengutschriften eine Überprüfung durchführen, ob diese Leistungen in Wirklichkeit zu Unrecht erbracht sind (vgl Ausschuss-Drucks 11/1303 Anl 10 S 65 f, 68). § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI führt lediglich als Reflex zu einer Obliegenheit der Bank, bei Kenntniserlangung vom Tod eines Kontoinhabers im eigenen Interesse das betreffende Konto daraufhin zu untersuchen, ob dort solche rechtsgrundlos gewordenen Rentenzahlungen gutgeschrieben wurden (BSG aaO RdNr 29), um ggf ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben (vgl Großer Senat des BSG Beschluss vom 20.2.2019 – GS 1/18 – juris RdNr 15).
Solche Folgewirkungen sind nicht unverhältnismäßig (BSG vom 24.2.2016, aaO, RdNr 30). Es ist der Bank zumutbar, bei Kenntnis vom Tod eines Kontoinhabers das Konto vor Ausführung weiterer Zahlungsaufträge daraufhin durchzusehen, ob Rentengutschriften vorhanden sind, die kraft Gesetzes als unter Vorbehalt erbracht gelten, um beurteilen zu können, in welchem Umfang sie weitere Verfügungen zulasten des Kontos ausführen muss (§ 675o Abs 2 BGB) oder – unter Übernahme des entsprechenden Kreditrisikos – ggf auszuführen bereit ist. Dabei handelt es sich nicht um Massenerscheinungen, welche die Funktionsfähigkeit des Zahlungsverkehrs infrage stellen könnten, sondern um einzelfallbezogene Fallgestaltungen, in denen die Bank zur Klärung der weiteren Verfügungsberechtigung über die betroffenen Konten ohnehin tätig werden muss (vgl Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl 2017, § 10 RdNr 11). Auch der BFH geht unter Hinweis auf das Vorliegen von Sonderfällen davon aus, dass es der Bank zumutbar ist, nach Eintritt eines Erbfalls bereits vor Eingang des Rückforderungsverlangens das Konto des Erblassers auf den Eingang von Rentenzahlungen zu untersuchen, die der Rücküberweisung nach § 118 Abs 3 SGB VI unterliegen (vgl BFH Urteil vom 18.7.2007 – II R 18/06 – BFHE 217, 265, 268). Ebenso bejaht der BGH unter besonderen Umständen Warn- und Hinweispflichten der Banken (vgl BGH Urteil vom 6.5.2008 – XI ZR 56/07 – BGHZ 176, 281 RdNr 14 ff; BGH Urteil vom 24.4.2012 – XI ZR 96/11 – NJW 2012, 2422 RdNr 32).
(3) Entgegen der Ansicht des LSG stehen dem hier vertretenen Verständnis des § 118 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI schließlich nicht rechtlich schützenswerte Interessen der Hinterbliebenen entgegen.
Der Hinterbliebene hat keinen Anspruch auf ein Behaltendürfen zu Unrecht gezahlter Rentenleistungen. Ihm ist auf Antrag (§ 99 Abs 2 Satz 3 SGB VI; Schmidt in jurisPK-SGB VI, 1. Aufl 2008, § 99 RdNr 28) Hinterbliebenenrente zu gewähren, falls deren Voraussetzungen erfüllt sind. Der Rentenservice soll einer Witwe, einem Witwer oder einem überlebenden Lebenspartner des verstorbenen Berechtigten einer Rente wegen Alters oder einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Inland einen Vorschuss für die ersten drei Kalendermonate nach dem Tod des Berechtigten (Sterbequartalsvorschuss) zahlen, wenn der Vorschuss innerhalb eines Monats nach dem Tod des Berechtigten schriftlich unter Vorlage eines amtlichen Sterbenachweises beantragt wird (§ 7 Abs 1 Satz 1 RentSV). Der Sterbequartalsvorschuss wird auf der Grundlage des Dreifachen der dem verstorbenen Berechtigten im Sterbemonat zu zahlenden Rente errechnet (§ 7 Abs 2 RentSV). Die vorschussweise Zahlung ermöglicht den nahtlosen Übergang von der Versicherten- zur Witwen- bzw Witwerrente und stellt den Unterhalt des Hinterbliebenen auch im Fall erhöhter Aufwendungen infolge des Todesfalls sicher (BSG Urteil vom 24.10.2013 – B 13 R 35/12 R – SozR 4-2600 § 118 Nr 12 RdNr 27).
4. Da das Rechtsmittel der Klägerin bereits aus den dargelegten Gründen erfolgreich ist, kann dahinstehen, ob die Beklagte gegen das Befriedigungsverbot des § 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI verstoßen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 47 Abs 1 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 Satz 1 GKG. Der Senat hat auch den Streitwert für das Klageverfahren von Amts wegen festgesetzt, weil das SG dies unterlassen hat (vgl BSGE 97, 153 = SozR 4-1500 § 183 Nr 4, RdNr 23).

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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