KG Berlin, Urteil vom 01. März 1999 – 26 U 2273/98

Oktober 19, 2020

KG Berlin, Urteil vom 01. März 1999 – 26 U 2273/98

Pflichtteilsansprüche bei Rückübertragung von in der DDR unter staatlicher Verwaltung stehenden Grundstücken an die Erben; Beginn der Verjährungsfrist

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11. Februar 1998 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 18 O 606/97 –, soweit die Berufung nicht zurückgenommen worden ist, geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.143.548,81 DM (in Worten: Einemillioneinhundertdreiundvierzigtausendfünfhundertachtundvierzig Deutsche Mark) nebst jeweils 4 % Zinsen von 1.000.452,58 DM seit dem 4. November 1997 und von 143.096,23 DM seit dem 8. Januar 1999 zu zahlen.

Im übrigen ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagte ist in Höhe von 1.143.548,81 DM beschwert.

Tatbestand

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträgen und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 11. Februar 1998 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 18 O 606/97 – Bezug genommen.

Wegen dieses der Klägerin am 24. Februar 1998 zugestellte Urteil hat sie am 23. März 1998 Berufung eingelegt und diese zugleich und wie folgt begründet:

Sie beziehe sich zur Rechtfertigung ihrer Berufung in erster Linie auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni 1993 und 4. Oktober 1995 (NJW 1993, 2176 f.; DtZ 1996, 84 ff.), welche auf den vorliegenden Streitgegenstand in vollem Umfange anwendbar seien. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich hier keineswegs um einen am 3. Oktober 1990 bereits abgeschlossenen Vorgang. Das Vermögensgesetz in seiner ursprünglichen Fassung sei zwar zwischen der alten Bundesrepublik und der ehemaligen DDR im Rahmen des Einigungsvertrages ausgehandelt worden und zusammen mit dem Einigungsvertrag als dessen Bestandteil am 29. September 1990 in der ehemaligen DDR in Kraft gesetzt worden. Als partielles Bundesrecht gelte es jedoch in der Bundesrepublik erst seit dem 3. Oktober 1990. Für die stets in West-Berlin ansässigen Parteien seien daher die Ansprüche mithin erst mit Wiedervereinigung entstanden, so dass es sich hier nicht um einen abgeschlossenen Vorgang handele. Auch die vom Landgericht herangezogene Argumentation des Bundesgerichtshofs zur Frage der Verjährung führe zu keiner anderen Wertung, denn es sei nach wie vor darauf abzustellen, dass es sich erst um mit der deutschen Einigung entstandenen Ansprüche auf Rückübertragung oder Entschädigung handele. Mit der Entscheidung des BGH sei auch festzuhalten, dass in einem Fall wie dem Vorliegenden die Interessenlage so weitgehend mit den in § 2313 BGB gewählten Fällen übereinstimme, dass jedenfalls eine analoge Anwendung von § 2313 Abs. 1 Satz 3 BGB auf die dem Erben aufgrund des Vermögensgesetzes zufließenden Vorteile geboten sei. Letztlich könne auch die Hilfserwägung des Landgerichts nicht durchgreifen, wonach die Klage allein deshalb abzuweisen gewesen sei, weil nach ihrem Vortrag die Beklagte überhaupt nicht Erbin des “Ost-Besitzes” geworden sei. Dem sei entgegenzuhalten, dass durch gerichtliche Entscheidungen des Kammergerichts abschließend festgestellt worden sei, dass bei Auslegung des Testaments der Mutter des Erblassers nicht eindeutig und zwingend auszuschließen sei, dass der auf dem Gebiet der ehemaligen DDR und in Ost-Berlin belegene Grundbesitz in den Nachlass des Erblassers gefallen sei, und damit auf die Beklagte übergegangen sei. Nach alledem müsse der von ihr verfolgte Anspruch als gerechtfertigt angesehen werden.

Was die Höhe des Anspruches angehe, müsse zunächst für die Grundstücke in K von einem Wert von a) 52.120,00 DM, b) 46.875,00 DM und c) 4.426.994,00 DM ausgegangen werden, zu dem der Wert des Grundstückes in W West in Höhe von 291.980,00 DM hinzutrete, was einen Gesamtwert von 4.817.969,00 DM ergebe. Unter Abzug eingetretener Preissteigerungen nach den Indexzahlen des Statistischen Bundesamtes stehe ihr ein Betrag nach ¼ Pflichtteilsquote in Höhe von 1.028.925,05 DM zu. Betreffend das Grundstück in Ost-Berlin in der L …/R … belaufe sich ihr Pflichtteilsanspruch wiederum unter Zugrundelegung der einschlägigen Indexzahlen bei einem angenommenen Verkehrswert von 1.500.000,00 DM für Januar 1998 auf 145.859,92 DM. Mithin berechne sich ihr gesamter Pflichtteilsanspruch auf 1.174.784,97 DM.

In der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 1999 hat die Klägerin den Zahlungsanspruch insgesamt um 31.235,26 DM nebst anteiligen Zinsen, und auch wegen weiterer Zinsansprüche die Berufung teilweise zurückgenommen. Darüber hinaus hat sie den ursprünglich mit der Berufung angekündigten Antrag zu I. in der Hauptsache für erledigt erklärt, dem sich die Beklagte nicht angeschlossen hat.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.143.548,81 DM nebst jeweils 4 % Zinsen von 1.000.452,58 DM seit dem 4. November 1997 und von 143.096,23 DM seit dem 8. Januar 1999 zu zahlen;

2. im übrigen die Erledigung der Hauptsache bezüglich des Auskunftsanspruches festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil aus Rechtsgründen und trägt hierfür im wesentlichen vor:

Da der Erbfall am 13. Februar 1988 eintrat, also zwischen dem 1.1.1976 und dem 3.10.1990, gelte für die im Gebiet der früheren DDR belegenen Grundstücke das Erbrecht des Zivilgesetzbuches, wonach Pflichtteilsansprüche nur in begrenztem Maße geltend gemacht werden konnten, und die Klägerin die Voraussetzungen für die im ZGB-DDR normierten Pflichtteilsansprüche nicht erfüllt habe. Darüber hinaus sei die Berechnung des Pflichtteilsanspruches nicht nachzuvollziehen, da die Klägerin sich im wesentlichen auf das Gebiet eigener Bewertungen begeben habe. So habe sie unter anderem außer acht gelassen, dass das Grundstück in K unbebaubar sei und sich dort nur einige Wochenendhäuschen befänden. Schließlich habe sie für die Grundstücke erhebliche Kosten aufwenden müssen, was bei der Berechnung zu berücksichtigen wäre, wobei es sich um fünfstellige Beträge handele. Die klägerischen Wertangaben seien daher unzutreffend und mit den tatsächlich gegebenen Umständen nicht im Einklang stehend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den wechselseitigen Parteivortrag nebst dazugehöriger Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die an sich statthafte Berufung war zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, §§ 511, 516, 518, 519 ZPO. Das Rechtsmittel war nach Maßgabe des Urteilstenors auch in der Sache von Erfolg und musste zur begehrten Abänderung der angefochtenen Entscheidung führen.

Zunächst ist der Zahlungsanspruch der Klägerin gemäß §§ 2303 Abs. 1, 2313 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 BGB in Höhe von 1.143.548,81 DM als Pflichtteilsanspruch gegen die Beklagte als Erbin nach dem am 13. Februar 1988 verstorbenen F R jun. bezüglich der in der ehemaligen DDR bzw. Ost-Berlin belegenen Grundstücke begründet. § 2313 BGB kommt vorliegend deshalb zum Tragen, weil die von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsansprüche erst durch die Einführung des Vermögensgesetzes und der darauf beruhenden Restitutions- bzw. Entschädigungsansprüche mit den Folgeansprüchen insoweit entstanden sind.

Der Erbfall, auf welchen die Klägerin ihre Pflichtteilsansprüche stützt, ist zu einem Zeitpunkt eingetreten, als die DDR noch bestand. Demnach trat bei Erblassern, die in der Zeit nach dem 31.12.1975 und vor dem 3.10.1990 im früheren Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) – ihrem gewöhnlichen Aufenthalt verstorben sind und zu deren Nachlass in der ehemaligen DDR belegenes Grundvermögen gehörte, eine sogenannte Nachlassspaltung ein, die durch den der Beklagten erteilten Erbschein des Amtsgerichts Schöneberg vom 21. April 1992 – 69 VI 375/90 – bezüglich des Eigentums und anderer Rechte an Grundstücken und Gebäuden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bestätigt wurde. Bei solchen Erblassern ist das in der ehemaligen DDR belegene Grundvermögen gegenüber sonstigen Nachlassgegenständen als selbständiger Nachlass anzusehen. Nach dem entsprechend anwendbaren Artikel 236 § 1 EGBGB bleibt das bisherige interlokale Privatrecht auf vor dem Wirksamwerden des Beitritts abgeschlossene Vorgänge, wozu auch Erbfälle gehören, anwendbar (KG DtZ 1992, 187, 188). Dies würde im weiteren bedeuten, dass gemäß Artikel 235 § 1 Abs. 1 EGBGB in Verbindung mit § 25 Abs. 2 RAG/DDR die erbrechtlichen Verhältnisse in Bezug auf das Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden, die sich in der DDR befinden, sich nach dem Recht der ehemaligen DDR bestimmten. Geht man gemäß Artikel 236 § 1 EGBGB davon aus, dass der Erbfall selbst der abgeschlossene Vorgang ist, wäre für die Pflichtteilsansprüche auf die ab 1.1.1976 geltenden Normen des ZGB/DDR abzustellen. Dort ist zunächst in § 363 Abs. 1 Satz 1 ZGB/DDR geregelt, dass der Erbfall mit dem Tode eintritt, vorliegend also der 13. Februar 1988. Der auch im ZGB/DDR geregelte Pflichtteilsanspruch hat in § 396 Abs. 1 Nr. 2 ZGB/DDR zur Voraussetzung, dass Kinder bei Ausschluss von der Erbfolge durch Testament nur dann pflichtteilsberechtigt sind, wenn sie im Zeitpunkt des Erbfalles gegenüber dem Erblasser unterhaltsberechtigt waren. Die Klägerin hätte nach dieser Bestimmung zwar die erste Voraussetzung des Kindschaftsverhältnisses für sich erfüllt, nicht jedoch die zweite Prämisse. Insoweit hat das Landgericht seiner Auffassung nach zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Erbfalles wirtschaftlich nicht mehr vom Erblasser abhängig und überdies bereits verheiratet war. Gemäß § 85 FGB/DDR ist der Ehegatte eines Unterhaltsberechtigten vor dessen Verwandten zur Unterhaltsgewährung verpflichtet, so dass selbst eine bestehende Unterhaltsbedürftigkeit nicht primär gegenüber dem Erblasser nach DDR-Normen geltend zu machen gewesen wäre und allein deshalb der Pflichtteilsanspruch der Klägerin ausgeschlossen wäre. Soweit das Landgericht und auch die Beklagte sich hinsichtlich ihrer Rechtsauffassung auf die ausführlichen Darstellungen in der Literatur (Casimir, DtZ 1993, 362, 364 und Rauscher, JR 1994, 485, 487) stützt, vermochte der Senat dem nicht zu folgen, schloss sich vielmehr den Rechtsausführungen des BGH in seinen Entscheidungen vom 23.6.1993 (NJW 1993, 2176, 2177) und vom 4.10.1995 (DtZ 1996, 84-87) an, weil hinsichtlich der dort aufgestellten Rechtsgrundsätze in Bezug auf den vorliegenden Rechtsstreit von annähernd gleichem Tatbestand auszugehen war. Nach der Ansicht von Casimir und Rauscher (a.a.O.) wäre davon auszugehen, dass sowohl Restitutionsansprüche als auch Entschädigungsansprüche, die erst durch das Vermögensgesetz entstanden sind, unter die Norm von § 25 Abs. 2 RAG/DDR fallen. Dies folgte daraus, dass das Vermögensgesetz, also das Recht der DDR selbst, den Rückübertragungsanspruch als Recht am Grundstück definiert, indem es ihn an eine beeinträchtigte oder aufgehobene Berechtigung durch eine Maßnahme nach § 1 VermG hinsichtlich des Grundstücks knüpft und ihn wie ein Recht an einem Grundstück, z.B. vor weiteren Verfügungen, schützt. Entsprechendes hätte dann auch für einen an die Stelle der Restitution tretenden Entschädigungsanspruch zu gelten, wobei dieser Anspruch als Surrogat an die Stelle des Grundstücks träte. Da folglich also auch die durch das Vermögensgesetz erst entstandenen Surrogate als “andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden” zu qualifizieren seien, hätte das zur weiteren Folge, dass auch insoweit von einem abgeschlossenen Vorgang mit der Versagung eines Pflichtteilsanspruchs auszugehen wäre.

Dieser Regelung und rechtlichen Konsequenz ist der BGH in den angesprochenen Entscheidungen (a.a.O.) nach Auffassung des Senats zu Recht entgegengetreten. Hiernach ist im Zeitpunkt des Erbfalls das eigentlich geltende Erbrecht der DDR auf den erst durch das Vermögensgesetz ausgelösten Pflichtteilsanspruch nicht anzuwenden, weil es sich insoweit nicht um einen vor dem Wirksamwerden des Beitritts abgeschlossenen Vorgang gemäß Artikel 236 § 1 EGBGB handelt. Dann soll ausschließlich das Recht der Bundesrepublik Deutschland gelten. Hierbei hat der BGH durchaus geprüft, ob auch im Hinblick auf die erst mit der deutschen Einigung entstandenen Ansprüche auf Rückübertragung oder Entschädigung sich die Pflichtteilsberechtigung und -quote nach dem Recht der DDR zu richten habe, wenn dessen Vorschriften etwa aus Gründen einer Nachlassspaltung für die Beerbung des restituierten oder entschädigten Erblassergrundstücks selbst gelten würden. Dem ist deshalb nicht zu folgen, da in jedem Falle das frühere Kollisionsrecht der DDR nach der in Anlage I Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 1 Einigungsvertrag angefügten Übergangsvorschrift des Artikels 236 § 1 EGBGB nur anwendbar sei, wenn es sich um einen vor dem Wirksamwerden des Beitritts abgeschlossenen Vorgang handelte. Das trifft jedoch auf die in Rede stehenden, erst durch das Vermögensgesetz ausgelösten Pflichtteilsansprüche nicht zu. Für sie gilt mithin das Recht der Bundesrepublik, deren Staatsangehöriger der Erblasser bei seinem Tode war. Zu dieser Gesetzesanwendung hat sich der BGH offensichtlich in Kenntnis der einschlägigen Normen entschlossen, um dem Erben keine unberechtigten Vorteile zu verschaffen, was insbesondere in Ansehung des Umstandes, wie er auch vorliegend gegeben war, einsehbar ist, wenn sowohl der Erblasser als auch Erben und Pflichtteilsberechtigte stets ihren ständigen Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland hatten. So hat der BGH zum Beispiel auch Lastenausgleichsansprüche, die sich auf Vertreibungs- und Zonenschäden vor dem Erbfall stützten, aber erst in der Person der Erben entstanden waren, wie Surrogate für Nachlassgegenstände der Berechnung des Pflichtteils zugrunde gelegt. Die durch das Vermögensgesetz geschaffene Rechtslage kann mit der Regelung des Lastenausgleichs teilweise als vergleichbar angesehen werden; hier wie dort wäre nicht einzusehen, weshalb dem Erben ein Vorteil daraus erwachsen sollte, dass die Ausgleichsleistungen nicht schon in der Person des Erblassers, sondern erst in der Person des Erben begründet worden sind. Da die Interessenlage im Bereich des Lastenausgleichs und der Entstehung von Pflichtteilsansprüchen durch das Vermögensgesetz so weitgehend mit den in § 2313 BGB geregelten Fällen übereinstimmt, dass jedenfalls eine analoge Anwendung von § 2313 Abs. 1 Satz 3 BGB auf die dem Erben aufgrund des Vermögensgesetzes zufließenden Vorteile geboten ist, sah sich der Senat dazu veranlaßt, der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu folgen.

Überdies stellen die Ansprüche nach dem Vermögensgesetz ihrer Rechtsnatur nach keine “anderen Rechte an Grundstücken” im Sinne von § 25 Abs. 2 RAG/DDR dar. Bei der Auslegung dieser Norm ist auf die Rechtspraxis der DDR abzustellen gewesen. Neben dinglichen Grundstücksrechten wurden unter “Rechten an einem Grundstück” auch mit dem Grundstück verbundene, gegen den Eigentümer gerichtete Forderungen (Steuern, Abgaben, Versicherungsbeiträge) verstanden sowie Guthaben, die aus Haus- oder Grundstückserträgnissen entstanden waren und objektgebunden den devisenrechtlichen Bestimmungen der DDR unterlagen. Derartige Rechte können Rückübertragungs- und Entschädigungsansprüchen nach §§ 3 ff. VermG nicht gleichgestellt werden. Bei ihnen handelt es sich um obligatorische, öffentlich-rechtlich ausgestaltete und gegen den Staat gerichtete Ansprüche. Sie sind nicht an das Grundstückseigentum gebunden, sondern treten an dessen Stelle.

Wenn auch gerade der letztgenannte Gesichtspunkt im Schrifttum herangezogen wird, eine entsprechende Anwendung von § 25 Abs. 2 RAG/DDR auf Ansprüche nach dem Vermögensgesetz zu begründen, war dem nicht zu folgen. Gegen eine Ausweitung innerdeutscher Fälle von Nachlassspaltung spricht schon, dass es an der für eine Analogie erforderlichen Gesetzeslücke fehlt. Greift nämlich § 25 Abs. 2 RAG/DDR nicht ein, wird der Erblasser mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Westdeutschland einheitlich nach den Regeln des BGB beerbt. Umgekehrt wird der Erblasser mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Ostdeutschland, wenn er nach dem 31.12.1975 und vor dem 3.10.1990 verstorben ist, nach dem ZGB/DDR beerbt, welches auch für die Frage zugrunde zu legen ist, wem Ansprüche aus dem Vermögensgesetz nach dem Tod eines Enteigneten zustehen. Die erbrechtliche Teilhabe an Ansprüchen aus dem Vermögensgesetz folgt also denselben Regeln, die für die Aufteilung des Nachlasses im übrigen gelten, soweit es nicht zu einer Nachlassspaltung kommt. Eine nachträgliche, nämlich erst mit der Entstehung der Rückübertragungs- und Entschädigungsansprüche eintretende Nachlassspaltung würde Sinn und Zweck von Artikel 3 III EGBGB n.F. widersprechen. Dies beruht darauf, dass Durchsetzungsschwierigkeiten nach der Vereinigung Deutschlands bei Ansprüchen aus dem Vermögensgesetz nicht mehr zu befürchten sind.

Wenn auch mit der Vereinigung Deutschlands die Nachlassspaltung in Bezug auf Grundvermögen in der ehemaligen DDR ihren Sinn verloren hat, so wird sie jedenfalls aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes für abgeschlossene Vorgänge aufrechterhalten. In diesem Sinne stellen aber Ansprüche, die das Vermögensgesetz eröffnet, keine abgeschlossenen und daher schutzbedürftigen Vorgänge dar, auch wenn das Vermögensgesetz als Teil des Einigungsvertrages in der früheren DDR bereits am 29.9.1990, also wenige Tage vor dem Wirksamwerden des Beitritts, in Kraft getreten ist. Solche Ansprüche sind vielmehr erst durch die Überwindung der deutschen Teilung möglich geworden. Deshalb muss die Anwendung des Kollisionsrechts der früheren DDR, also auch des § 25 Abs. 2 RAG/DDR, jedenfalls insoweit ausgeschlossen bleiben, wie Pflichtteilsansprüche in Frage stehen, die überhaupt erst durch das Vermögensgesetz und seine Umsetzung ausgelöst worden sind.

Da sich diese Rechtsgrundsätze zunächst einschränkungslos auf den vorliegenden Streitgegenstand übertragen lassen, soweit es sich nämlich um das enteignet gewesene Grundstück in Berlin-F handelt, war von einem Bestehen des Pflichtteilsanspruches auszugehen. Der Senat sieht aber auch hinsichtlich der beiden übrigen Grundstücke in K und W West keine Veranlassung, zu Lasten der Klägerin eine einschränkende oder anspruchsversagende Anwendung der vorstehend erörterten Grundsätze vorzunehmen. Die angezogene BGH-Rechtsprechung ist erkennbar vor dem Hintergrund erfolgt, dass es um enteignete Grundstücke gegangen ist. Soweit das Landgericht im angefochtenen Urteil hinsichtlich der Grundstücke in W West und K einen Anspruch auf Ausgleichsleistung in Höhe des gesetzlichen Pflichtteils damit verneint hat, dass insoweit hinsichtlich des Bestandes des Nachlasses keine Ungewissheit geherrscht habe, die erst durch das Vermögensgesetz beseitigt worden sei, konnte dem nicht gefolgt werden. In diesem Zusammenhang ist gerade auf die Besonderheit der durch die DDR-Behörden angeordneten staatlichen Verwaltung abzustellen. Diese stellte sich für den in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in Berlin-West lebenden Eigentümer quasi als enteignungsgleicher Eingriff dar, weil er von seiner Verfügungsgewalt betreffend das Grundstück selbst oder die daraus gezogenen Nutzungen nahezu ausgeschlossen war. Berücksichtigt man überdies, dass die Anordnung der staatlichen Verwaltung in der Regel die Vorstufe zur Enteignung in Form der Übertragung in Volkseigentum darstellte, dem eine bewußte und gewollte Überschuldung des Grundstückes vorausgegangen ist, so kann das nicht zu einer nachteiligen Regelung zu Lasten der Klägerin führen. Dies wird besonders deutlich durch die Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17.7.1992 (GBl./DDR I 615), wo in § 6 ausdrücklich geregelt worden ist, dass das im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik befindliche Vermögen von Personen deutscher Staatsangehörigkeit, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands oder in den von den westlichen Besatzungsmächten besetzten Sektoren Berlins haben, in den Schutz und die vorläufige Verwaltung der Organe der Deutschen Demokratischen Republik übernommen wird. Diese Verordnung stellte die Grundlage für die staatliche Verwaltung dar, die, wie bereits dargestellt, in der Praxis so ausgestaltet war, dass der Grundstückseigentümer aus Berlin-West oder der Bundesrepublik Deutschland von seinem Eigentum und hieraus zu ziehenden Nutzungen keinen Gebrauch machen konnte. Berücksichtigt man ergänzend, dass es auch zum Zeitpunkt des Erbfalls am 13. Februar 1988 praktisch unmöglich gewesen ist, den Wert des Nachlasses gemäß § 2311 BGB zu bestimmen, aus welchem sich dann der Pflichtteilsbetrag errechnet hätte, weil während des Bestehens der DDR weder für den Erblasser noch für den Erben gesicherte Bewertungsgrundlagen vorhanden waren, die einer wirtschaftlichen Verwertbarkeit für Bürger der Bundesrepublik Deutschland bzw. Berlin-West entsprochen hätten, muss auch das zur Anwendung von § 2313 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 BGB führen. Die Aufhebung der staatlichen Verwaltung durch die DDR ist nicht etwa mit dem Umstand vergleichbar, dass ein zunächst wertloser Nachlass plötzlich eine erhebliche Wertsteigerung erfährt, was dann gerade nicht zu Nachforderungen im Rahmen der Pflichtteilsquote führen kann. Erst nach Wegfall der staatlichen Verwaltung stellten sich die zum Nachlass gehörenden Grundstücke in der ehemaligen DDR bzw. Berlin-Ost als überhaupt wirtschaftlich und rechtlich verfügbar und verwertbar für die Beklagte und die Klägerin dar. Aus alledem wird ersichtlich, dass der Klägerin auch insoweit ein Pflichtteilsanspruch im Rahmen ihrer ¼-Quote dem Grunde nach zusteht.

Soweit das Landgericht im angefochtenen Urteil die Klage auch deshalb für unbegründet ansah, weil die Beklagte nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht Erbin hinsichtlich der Grundstücke in der ehemaligen DDR geworden wäre, weil nämlich eine Nachlassspaltung bezüglich der in der ehemaligen DDR belegenen Grundstücke nicht eingetreten sei, weil die Ausschlagung der Beklagten auch diesen Teil des Nachlasses umfaßte, war dem ebenfalls nicht zu folgen. Es ist zwar richtig, dass die Beklagte zunächst das Erbe nach F R jun. gegenüber dem Amtsgericht Schöneberg am 24.3.1988 ausgeschlagen hat, was jedoch für den auf dem Gebiet der ehemaligen DDR belegenen Immobiliar-Nachlass keine Rechtswirkungen entfaltete, weil dies nicht gegenüber dem staatlichen Notariat der DDR erfolgt ist (Beschluss des KG vom 28.9.1993 – 1 W 3129/92 –; BayObLG NJW 1991, 1237, 1238; KG DtZ 1992, 187). Hieraus folgt, dass die Beklagte Erbin der streitbefangenen Grundstücke nach dem Erbfall F R – ihrem Ehemann – geworden ist, da wegen der eingetretenen Nachlassspaltung insoweit die von ihr erklärte Ausschlagung für den DDR-Immobiliarbesitz wirkungslos blieb. Da sich die hier geltend gemachten Pflichtteilsansprüche auch nur auf Grundvermögen in der ehemaligen DDR beziehen, und die Beklagte insoweit als Erbin anerkannt ist, richten sich die Ansprüche der Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts auch an die richtige Adressatin.

Der Pflichtteilsanspruch der Klägerin ist auch nicht durch die von der Beklagten nur erstinstanzlich erhobenen Einrede der Verjährung zu Fall zu bringen, über welche das Landgericht nach seinem Rechtsverständnis auch nicht zu entscheiden brauchte. Wenn die Einrede im zweiten Rechtszug auch nicht wiederholt worden ist, hatte sie der Senat gleichwohl zu beachten (BGH NJW 1990, 326). Die dreijährige Verjährungsfrist des § 2332 Abs. 1 BGB beginnt in Fällen wie dem Vorliegenden nicht schon, wenn der Pflichtteilsberechtigte – die Klägerin – von dem Erbfall und der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt, sondern erst mit der Entstehung der Ansprüche, die hier zu einem nachträglichen Vermögenszuwachs des Erben geführt haben. Dabei kann offenbleiben, ob die Verjährung des Anspruchs aus § 2313 Abs. 1 Satz 3 BGB wie die eines aufschiebend bedingten Anspruchs überhaupt erst mit Bedingungseintritt beginnt. Jedenfalls wenn wie hier dem Nachlass zuzurechnende Vermögenswerte erst durch eine gesetzliche Neuregelung geschaffen werden und der Pflichtteilsberechtigte seinen Anteil daran vorher weder der Höhe nach errechnen noch auch nur dem Grunde nach gerichtlich feststellen lassen konnte, beginnt die Verjährung abweichend von § 2332 Abs. 1 BGB nicht vor der Entstehung dieser neuen Ansprüche. Dies hat der BGH ebenfalls für Lastenausgleichsansprüche entschieden (BGH NJW 1993, 2176, 2177 unter 3.). Das Vermögensgesetz ist am 29. September 1990 als Recht der ehemaligen DDR in Kraft getreten. Es wurde dann als Anlage des Einigungsvertrages Bestandteil der zwischenstaatlichen Vereinbarung mit der Folge, dass es mit dem Zeitpunkt des Beitritts, also ab dem 3. Oktober 1990, partiell bestehendes Bundesrecht im gesamten Bundesgebiet geworden ist. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 2332 Abs. 1 BGB kann daher nicht vor dem 3. Oktober 1990 zu laufen begonnen haben. Die Klageschrift ist am 24. September 1993 eingereicht worden, das heißt vor Ablauf der Verjährungsfrist, und ist der Beklagten am 7. Oktober 1993 zugestellt worden. Zwischen Anhängigkeit und Zustellung der Klage liegt eine Frist von knapp 2 Wochen, bei der grundsätzlich von einer alsbaldigen Zustellung ausgegangen werden kann, so dass der Lauf der Verjährungsfrist rechtzeitig durch Klageerhebung gemäß § 209 Abs. 1 BGB unterbrochen worden ist. Darüber hinaus findet durch die Aussetzung des Verfahrens vor dem Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 1994 § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB keine Anwendung, da eine gerichtlich angeordnete Aussetzung nicht von dieser Vorschrift umfaßt wird. Die neue Verjährung beginnt erst, wenn der Grund der Unterbrechung oder Aussetzung wegfällt und die Parteien gleichwohl nichts unternehmen (Palandt/Heinrichs, Kommentar zum BGB, 58. Aufl. 1999, Rdn. 5 zu § 211 BGB mit dortigen Rechtsprechungshinweisen, insbesondere BGH NJW-RR 1993, 741, 742). Der die Begründung für die Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits genannte Rechtsstreit gleichen Rubrums – 26 U 8147/93 – ist dadurch rechtskräftig beendet worden, dass der BGH durch Beschluss vom 6.12.1995 – IV ZR 376/94 – die Revision der Klägerin gegen das klageabweisende Urteils des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 30. November 1994 nicht angenommen hat. Durch die Einreichung des klägerischen Schriftsatzes vom 24. Oktober 1997 mit dem Antrag auf Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung zur Fortsetzung des Rechtsstreits ist mithin rechtzeitig eine erneute Unterbrechung der Verjährung eingetreten. Aus diesen Geschehensabläufen ist ersichtlich, dass der Beklagten bezüglich der Pflichtteilsansprüche der Klägerin kein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 222 Abs. 1 BGB zur Seite steht.

Der Klageanspruch ist auch der Höhe nach, soweit das Rechtsmittel nicht zurückgenommen worden ist, entsprechend dem Ausspruch im Tenor begründet. Die Ermittlung des Zahlungsbetrages nach der der Klägerin zustehenden Pflichtteilsquote von einem Viertel ergibt sich aus § 2311 BGB auch in Ansehung der Anspruchsgrundlage aus § 2313 BGB. Diese Vorschrift nimmt zwar die dort näher bezeichneten Rechte und Verbindlichkeiten von der grundsätzlich gemäß § 2311 BGB auf den Zeitpunkt des Erbfalles vorzunehmenden Feststellung des Nachlassbestandes aus und schreibt eine Ausgleichung zu einem späteren Zeitpunkt vor, wenn die Ungewissheiten über den Bestand dieser Rechte und Verbindlichkeiten behoben sind. Damit ist freilich nicht gesagt, dass auch für die Bewertung ein anderer als der in § 2311 BGB vorgesehene Stichtag des Erbfalls, etwa der des Wegfalls der Ungewissheiten, maßgebend sei. Vielmehr hat gemäß § 2313 Abs. 1 Satz 3 BGB eine der veränderten Rechtslage entsprechende Ausgleichung zu erfolgen. Insoweit bleibt der Grundsatz des § 2311 BGB von Bedeutung. Werterhöhungen oder -minderungen des betreffenden Nachlassgegenstandes in der Zeit nach dem Erbfall haben für die Berechnung des Pflichtteils außer Betracht zu bleiben. Der Pflichtteilsberechtigte ist so zu stellen, wie wenn das ungewisse oder zweifelhafte Recht schon im Zeitpunkt des Erbfalls verläßlich bestanden hätte (BGH NJW 1993, 2177).

Soweit die Beklagte danach Grundstücke zurückerhalten hat, läßt sich deren Geldwert im Zeitpunkt der Erlangung des Eigentums schätzen. Dieser Betrag ist unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes auf den Geldwert im Zeitpunkt des Erbfalles umzurechnen (BGH a.a.O.). Dem hat die Klägerin sowohl in ihrem Schriftsatz vom 27.1.1998 als auch im Schriftsatz vom 4.1.1999 vom Grundsatz her Rechnung getragen, allerdings war der Kaufkraftschwund zunächst erhöht berechnet worden, was dann auch zur anteiligen Berufungsrücknahme hinsichtlich des Zahlungsantrages führte. Für den ehemaligen Grundbesitz des Großvaters der Klägerin in der Gemeinde K – 3 Flurstücke – und einem Grundstück in W West hat die Klägerin einen Verkehrswert von zunächst 1.817.969,00 DM errechnet, wovon sie sich ein Viertel als Pflichtteilsanspruch, mithin rechnerisch 1.204.492,25 DM ermittelte. Bei der weiteren Berechnung des Kaufkraftschwundes war sodann von einem Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte von 100 % für das nunmehr geltende Basisjahr von 1991 auszugehen. Hiernach ergibt sich für das Jahr 1993 ein Preisindex von 109,8 % und für das Jahr 1988 ein solcher von 91,2 % (Palandt/Diederichsen, Kommentar zum BGB, 58. Aufl. 1999, Rdn. 15 ff. zu § 1376 BGB). Unter Berücksichtigung dieser Indexzahlen gelangt man zu einem Pflichtteilswert von 1.000.452,58 DM, der sich wie folgt berechnet:

1.204.492,25 DM: 109,8 x 91,2.

In gleicher Weise war die Wertermittlung für das rückübertragene Grundstück in Berlin-F, L …, R … vorzunehmen, wobei die Wertangaben der Klägerin zugrunde gelegt werden konnten, aber auch hier wiederum veränderte Index-Zahlen eingestellt werden mussten. Zunächst kann von der zutreffenden klägerischen Wertansetzung von 187.500,00 DM ausgegangen werden, weil dies ein Viertel des der Beklagten zugeflossenen Kaufpreises von anteilig 750.000,00 DM gemäß notariellem Kaufvertrag vom 17.6.1998 entspricht. Dieses Grundstück, an welchem der Beklagten infolge ihres Erbrechts nach F R jun. ein Miteigentumsanteil von ½ zustand, ist zu einem Kaufpreis von 1.500.000,00 DM veräußert worden, was einem zu ihren Gunsten zugeflossenen Anteil von 750.000,00 DM ausmacht. Da die Beklagte diese klägerischen Wertangaben nicht bestritten hat, insbesondere auch nicht in ihrem Schriftsatz vom 26.1.1999, der in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 1999 überreicht worden ist, sind deshalb keine Abstriche zu machen. Wenn auch der Grundstücksverkauf erst Mitte Juni 1998 erfolgte, das Grundstück aber bereits Mitte Januar 1998 rückübertragen worden ist, war insoweit von gleichbleibenden Wertansetzungen auszugehen, weil weder von der Beklagten vorgetragen wurde noch in sonstiger Weise erkennbar geworden ist, dass sich innerhalb dieser Zeitspanne Wertveränderungen herausgebildet haben. Ausgehend vom Basisjahr 1991 ergibt sich für das Jahr 1988 wieder ein Index von 91,2 und für das erste Halbjahr 1998 ein solcher von 119,5. Hieraus errechnet sich der Pflichtteilsanspruch auf 143.096,23 DM (187.500,00 DM: 119,5 x 91,2). Damit beläuft sich der Zahlungsanspruch auf insgesamt 1.143.548,81 DM (1.000.452,58 DM + 143.096,23 DM).

Das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Werte für das Grundstück in K, erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 1999, ist angesichts der von der Klägerin eingereichten Unterlagen unsubstantiiert und darüber hinaus verspätet. Bereits mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 27.1.1998 hat die Klägerin einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 46,00 DM zugrunde gelegt, was erkennbar auch einem durchschnittlichen Verkaufserlös entsprach. Die Beklagte veräußerte in drei Kaufverträgen vom 19.12.1996 und einem weiteren Kaufvertrag vom 26.5.1997, jeweils durch den Notar E L beurkundet, vier Grundstücksflächen in verschiedener Größe betreffend das Grundstück in K zu einem Quadratmeterpreis von 46,13 DM. Hieraus wird ersichtlich, dass die von der Klägerin vorgenommene Ansetzung eines Preises von 46,00 DM/qm als realistisch einzustufen war. Deshalb sah der Senat auch keine Veranlassung, diese Wertansetzungen zu reduzieren. Soweit die Beklagte hierzu hat vortragen lassen, dass das Grundstück in K unbebaubar sei, sich dort nur einige Wochenendhäuschen befinden und sie für die Grundstücke erhebliche Kosten habe aufwenden müssen, wobei es sich um fünfstellige Beträge handele, vermag diese Einlassung nicht zu überzeugen. Gerade die von ihr vorgetragenen Einschränkungen im Nutzungsbereich haben trotzdem dazu geführt, dass sie einen Quadratmeterpreis von 46,13 DM erzielen konnte, der immerhin, wenn auch minimal, noch über den Wertangaben der Klägerin liegt. Hinsichtlich ihres Kostenaufwandes ist der Vortrag derart unsubstantiiert, dass er einer Prüfung nicht zugänglich ist, da nicht einmal genaue Zahlenangaben gemacht worden sind und es auch an jeglicher Beschreibung fehlt, wofür der behauptete Aufwand erforderlich gewesen sei. Das insgesamt unerhebliche Bestreiten zu Teilbereichen der klägerischen Wertermittlung konnte folglich über die teilweise Berufungsrücknahme hinaus zu keinen weiteren Abzügen führen.

Die von der Klägerin geltend gemachten Zinsen für die Teilbeträge und die gestaffelten Zinstermine waren als Rechtshängigkeitszinsen gemäß §§ 284 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet.

Soweit die Klägerin ihren ursprünglichen Berufungsantrag auf Auskunft in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, war dies durch Urteil festzustellen, weil die Beklagte sich dem nicht angeschlossen hat. Gemäß § 2314 BGB ist der Erbe auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten gehalten, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Dieses Begehren bezog sich auf das Grundstück in Berlin-F was erst mit Wirkung vom 15.1.1998 an die Beklagte entsprechend ihrem Miteigentumsanteil von ½ rückübertragen worden ist. Selbst wenn die letzte mündliche Verhandlung vor dem Landgericht am 28.1.1998 stattgefunden hat und die Restitution schon am 15.1.1998 erfolgt ist, so kann zu Lasten der Klägerin jedoch nicht festgestellt werden, dass sie bereits zu diesem Zeitpunkt, zumindest noch vor der mündlichen Verhandlung, Kenntnis von der Rückübertragung hatte, so dass sie auch nicht gehalten war, ihre damaligen Anträge nach Maßgabe der jetzigen Klageänderung umzuformulieren. Berücksichtigt man zudem, dass dieser Teilanspruch im Rahmen des Pflichtteilsrechtes sich jedenfalls hinsichtlich der Berechnung erst durch den notariellen Veräußerungsvertrag vom 17.6.1998 manifestiert hat, war die Hauptsachenerledigung zugunsten der Klägerin auszusprechen. Der ursprünglich von der Klägerin erhobene Auskunftsanspruch im Rahmen der Stufenklage gemäß § 254 ZPO war von Anfang an zulässig und begründet, was sich aus den vorangegangenen Darlegungen ergibt. Dieses Auskunftsbegehren hat sich dadurch erledigt, dass die Klägerin betreffend das Grundstück in Berlin-F anderweit im Laufe des Prozesses die Kenntnis erlangt hat, die es ihr ermöglichte, auch insoweit den ihr zustehenden Pflichtteilsanspruch wertmäßig zu ermitteln bzw. entsprechend ihrer Pflichtteilsquote zu berechnen.

Soweit die Klägerin darüber hinaus mit ihrer Berufung auch noch einen Feststellungsantrag angekündigt hat, der ebenfalls nicht mehr gestellt worden ist, handelt es sich hierbei um eine zulässige Klageänderung gemäß § 263 ZPO, weil von der Feststellungs- in die Leistungsklage übergegangen worden ist, wobei es sich von der Ausgangslage her um identische Begehren handelte. Folglich bedurfte es auch keines besonderen Ausspruches wegen des zunächst angekündigten Feststellungsantrages.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, da es sich im Rahmen der Berufungsrücknahme, was an sich eine Kostentragungspflicht der Klägerin gemäß § 515 Abs. 3 ZPO zur Folge gehabt hätte, um ein verhältnismäßig geringfügiges Unterliegen handelt und hierfür keine besonderen Kosten angefallen sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO; die Festsetzung der Beschwer richtet sich nach § 546 Abs. 2 ZPO.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

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