Rechte des Nacherben bei eingesetztem Ersatznacherben

September 26, 2020

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 01. April 2010 – 3 Wx 80/09

Rechte des Nacherben bei eingesetztem Ersatznacherben

Tenor

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 8. gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 9. September 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 8. trägt die Gerichtskosten des weiteren Beschwerdeverfahrens. Kostenerstattung findet nicht statt.

Der Geschäftswert für das weitere Beschwerdeverfahren wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die 1971 verstorbene Erblasserin hatte 4 Kinder, nämlich die 2001 verstorbene M (Mutter der Beteiligten zu 1. bis 3.), die 1999 verstorbene K (Mutter der Beteiligten zu 4. bis 7.), den 1944 kinderlos verstorbenen G und die 2008 kinderlos verstorbene B.

Unter dem 27. Oktober 1951 schloss die Erblasserin – nachdem ihr Ehemann bereits vorverstorben war – mit ihrer Tochter B einen notariellen Erbvertrag zur Urkundenrolle Nr. 281/1951 des Notars Dr. E (Bl. 53 f d.A.). Darin heißt es unter anderem:

Ҥ 1
Die Erschienene zu 1., Witwe …, setzt hiermit die Erschienene zu 2., ihre Tochter B dergestalt zu ihrer Erbin ein, dass B Vorerbin der Erschienenen zu 1. wird. Nacherben sollen die von B geborenen Kinder zu gleichen Teilen sein. Sollte B ohne leibliche Kinder versterben, so sollen die Geschwister von B, nämlich
1. Ehefrau M…
2. Ehefrau K…
Nacherben sein.

Sollte eines dieser Kinder der Erschienenen zu 1. vor Eintritt des Nacherbfalls versterben, so soll die eheliche Nachkommenschaft dieses Kindes an die Stelle treten.

Es handelt sich hierbei um eine vertragsmäßige Verfügung, so dass die Erschienene zu 1. nur gemäß den gesetzlichen Bestimmungen für Erbverträge diese Verfügung ändern kann.

§ 2
Die Erschienene zu 1. betont, dass sie grundsätzlich durch diesen Vertrag ihre Tochter B nicht gegenüber den anderen Kindern bevorzugen will. Sie hält diese Regelung jedoch für richtig, weil ihre anderen beiden Töchter gut versorgt sind…Es ist die Absicht der Erschienenen zu 1., dass das Erbe, welches aus dem Grundvermögen … Blatt 245 und … Blatt 704 besteht, der Familie … erhalten bleibt. Die Erschienene zu 2. soll deshalb den Besitz nicht verkaufen, ohne dass die Nacherben zustimmen…”

Die 2001 verstorbene Tochter M schloss am 6. September 1999 mit dem Beteiligten zu 8. zur Urkundenrolle des Notars X Nr. 197/1999 einen Vertrag betreffend die Überlassung ihres Erbteils als Nacherbin nach ihren Eltern und nach der Vorerbin B auf den Beteiligten zu 8. In der Vorbemerkung dieses Vertrages heißt es, der Beteiligte zu 8. wohne im Hause der Vorerbin und gewähre ihr Hilfestellungen und Entlastungen in allen Lebenslagen. Es sei auch der Wunsch der Vorerbin, dass der Beteiligte zu 8. die Möglichkeit besitzen solle, den ehemaligen Hof der Familie … zu übernehmen, für den er bereits zahlreiche Aufwendungen in das Gebäude getätigt habe. In § 5 dieses Vertrages heißt es, der Notar habe die Beteiligten darüber belehrt, dass es sich bei dem Übertragungsgegenstand gegenwärtig lediglich um eine Anwartschaftsrecht handele, so dass unmittelbare Rechte derzeit daraus noch nicht hergeleitet werden könnten. Am gleichen Tag ließ die Vorerbin B zur Urkundenrolle Nr. 198/1999 des Notars X beurkunden, ihr sei der Vertrag Urkundenrolle Nr. 197/1999 des Notars X betreffend die Überlassung des Nacherbenanteils ihrer Schwester M an Herrn Y bekannt. Sie genehmige alle darin genannten Verfügungen und erkläre ausdrücklich, dass diese Überlassung auch ihrem ausdrücklichen Willen und Wunsch entspreche.

Nach dem Tode der Vorerbin B am 6. Oktober 2008 beantragte die Beteiligte zu 7. zu Protokoll der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Itzehoe vom 18. November 2008 einen gemeinschaftlichen Erbschein, der in erster Linie ausweisen solle, dass die Erblasserin aufgrund Erbvertrages vom 27. Oktober 1951 beerbt worden sei als Ersatznacherben von den Beteiligten zu 1. bis 3. zu je 1/6 des Nachlasses und von dem Beteiligten zu 4. bis 7. zu je 1/8 des Nachlasses. Hilfsweise sei die Erblasserin aufgrund des Erbvertrages beerbt worden von dem Beteiligten zu 8. zu ½ und von den Beteiligten zu 4. bis 7. zu je 1/8. Die Beteiligte zu 7. gab den Wert des Nachlasses – im wesentlichen Grundbesitz – mit ca. 100.000,00 € an.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2009 meldete sich der Beteiligte zu 8. bei dem Nachlassgericht und reichte Kopien der erwähnten notariellen Urkunden des Notars X Nr. 197 und 198/1999 zur Akte.

Mit Beschluss vom 26. Januar 2009 entschied das Nachlassgericht im Wege des Vorbescheids, es beabsichtige einen Erbschein dahingehend zu erteilen, dass die Erblasserin von den Beteiligten zu 1. bis 3. zu je 1/6 und von den Beteiligten zu 4. bis 7. zu je 1/8 beerbt worden sei. Zur Begründung führte es aus, die Beteiligten zu 1. bis 7. seien aufgrund des notariellen Erbvertrages Erben geworden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Nacherbin M mit Zustimmung der Vorerbin ihr Nacherbschaftsrecht am 6. September 1999 an den Beteiligten zu 8. übertragen habe. Denn mit dem Tode des Erblassers werde der Nacherbe gemäß § 2139 BGB noch nicht Erbe. Mit dem Erbfall und dem Beginn der Vorerbschaft erlange der Nacherbe eine Anwartschaft, die allerdings einen gegenwärtigen rechtsgeschäftlich übertragbaren oder erblichen Vermögensgegenstand darstelle. Zu berücksichtigen sei hier jedoch, dass im Erbvertrag Ersatznacherben bestimmt worden seien. Deshalb sei die Regelung des § 2108 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Sterbe danach der eingesetzte Nacherbe vor Eintritt des Falles der Nacherbfolge, aber nach Eintritt des Erbfalles, so gehe sein Recht auf seine Erben über, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen sei. Dies bedeute, dass der Wille des Erblassers Vorrang vor dem gesetzlichen Erbrecht der Erben des Nacherben habe. Auf ein Anwartschaftsrecht bezogen bedeutet dies, dass das Anwartschaftsrecht unter der auflösenden Bedingung des Anfalls des Nacherbfalls stehe. Der Beteiligte zu 8. wäre deshalb nur dann Erbe geworden, wenn die Nacherbin M den Erbfall wirklich erlebt hätte. So liege der Fall aber nicht. Die eingesetzte Nacherbin habe den Eintritt des Nacherbfalls – also den Tod der Vorerbin – nämlich nicht erlebt. Vielmehr seien aufgrund des Erbvertrages die Beteiligten zu 1. und 3. (gemeint offenbar 1. bis 3.) mit ihrem Tod vor Anfall des Nacherbfalles aufgrund des Erbvertrages an ihrer Stelle getreten. Damit habe das Anwartschaftsrecht, das M auf den Beteiligten zu 8. übertragen habe, im Zeitpunkt des Anfalls der Nacherbschaft nicht mehr zum Vollrecht erstarken können, weil die auflösende Bedingung unter der das Anwartschaftsrecht gestanden habe, eingetreten sei. Daran ändere nichts, dass die Vorerbin die Übertragung des Anwartschaftsrechts gebilligt habe, weil dadurch nicht wirksam der Wille der Erblasserin habe geändert werden können. Dies wäre nur mit Zustimmung der eingesetzten Ersatznacherben möglich gewesen.

Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 8. Beschwerde eingelegt und ausgeführt, der beabsichtigte Erbschein wäre in Bezug auf den je 1/6 Erbanteil der Beteiligten zu 1. bis 3. unrichtig. Der Erbschein wäre so zu erteilen, wie hilfsweise zu Protokoll vom 18. November 2008 beantragt worden sei, nämlich für den Beteiligten zu 8. zu ½ des Nachlasses und die Beteiligten zu 4. bis 7. zu je 1/8 des Nachlasses. Der Beteiligte zu 8. sei nämlich an die Stelle der 1/2-Nacherbin M getreten. Sie habe zu ihren Lebzeiten ihr Nacherbenrecht wirksam und endgültig übertragen. Ein Fall des § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB liege nicht vor. Die Erblasserin habe die Übertragbarkeit des Nacherbenrechtes ihrer erbvertraglich eingesetzten Nacherbinnen M und K nicht ausgeschlossen. Deshalb sei die lebzeitige Übertragung des Nacherbschaftsrechtes durch die Nacherbin M auf den Beteiligten zu 8. als neuen Nacherben wirksam. Einer Zustimmung der Vorerbin hätte es dafür nicht bedurft. Dieses Nacherbenrecht sei dem Beteiligten zu 8. unbedingt übertragen worden. Mit dem Tode des Erblassers entstehe für den Nacherben ein erbrechtliches Anwartschaftsrecht, das nach allgemeiner Auffassung veräußerlich sei. Dies führe hier dazu, dass der Beteiligte zu 8. im Nacherbfall Erbe nach der Erblasserin werde, ohne Rücksicht darauf, ob die eingesetzte erste Nacherbin M selbst den Nacherbfall erlebt habe. Das Erleben des Nacherbfalles – Tod des Vorerben – sei nicht zusätzliche Bedingung im Sinne von § 2108 Abs. 2 S. 2 BGB. Der Nacherbe müsse deshalb den Eintritt der Nacherbfolge nicht selbst und persönlich erleben. Für die Anwendung der Vorschrift des § 2108 Abs. 2 S. 2 BGB sei hier kein Platz. Sie befasse sich mit dem Fall, dass zum Nacherbfall an sich zusätzlich eine aufschiebende Bedingung oder Befristung seitens des Erblassers hinzugesetzt sei. Ein weiteres, zusätzlich zum Ableben des Vorerbens dem Nacherbfall selbst hinzutretendes Ereignis sei hier aber von der Erblasserin als eigenständige Bedingung nicht bestimmt worden. Vielmehr sei die Nacherbin M. bedingungslos als Nacherbin eingesetzt worden und habe deshalb ihr Nacherbenrecht wirksam auf den Beteiligten zu 8. übertragen. Die Ersatznacherbenregelung im Erbvertrag vom 27. Oktober 1951 gehe ins Leere und komme nicht zum Zuge.

Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung finde auf die Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechtes § 2033 Abs. 1 BGB entsprechende Anwendung. An der notariellen Beurkundung auch des Verfügungsgeschäftes fehle es hier nicht. Die Übertragbarkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts sei erblasserseitig nicht ausgeschlossen und deshalb das Nacherbenanwartschaftsrecht wirksam übertragen worden. Nacherbfall sei allein der Tod der Vorerbin, der Anfall der Nacherbschaft sei an keine weitere Bedingung geknüpft.

Das Landgericht hat die Beteiligten in einer Verfügung vom 9. April 2009 darauf hingewiesen, dass das Nacherbenanwartschaftsrecht grundsätzlich zwischen Eintritt des Vorerbfalles und dem Nacherbfall übertragbar sei. Allerdings könne der Erblasser dem Nacherbenrecht nicht nur die Vererblichkeit sondern auch die Übertragbarkeit entziehen. Vorliegend könne § 2 des Erbvertrages gegen eine generelle Verfügbarkeit sprechen.

Der Beteiligte zu 8. hat dazu Stellung genommen und ausgeführt, der Erblasser könne, wenn er ein verkehrsfähiges Nacherbenanwartschaftsrecht nicht wolle, dies testamentarisch ausschließen. Das sei hier aber auch nicht durch den Erbvertrag geschehen. § 2 des Erbvertrages stelle ausschließlich die Vorerbin unter gewisse Kuratel. Indem die Erblasserin die Veräußerlichkeit der Vorerbschaftsgegenstände ermögliche und an die Zustimmung der Nacherben gebunden habe, habe sie inzidenter erst recht die Verkehrsfähigkeit der Nacherbenanwartschaftsrechte zugelassen. Die Ersatznacherbenbestimmung habe kein eigenes Gewicht sondern bekräftige nur die Veräußerlichkeit und Verwertbarkeit beider Erbschaftssondervermögen, sowohl der Vorerbschaft als auch der dadurch eben nicht entzogenen Nacherbenanwartschaft. Der Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts auf den Beteiligten zu 8. wohne ein Verzicht der Nacherbin M auf ihre Nacherbenrechte zugunsten der Vorerbin inne, die deshalb der Übertragung auf den Beteiligten zu 8. zugestimmt habe. Anhaltspunkte für einen der Übertragung etwa entgegenstehenden Willen der Erblasserin habe es nicht gegeben. Die an dem Vorgang im September 1999 beteiligte Vorerbin und die Nacherbin seien der Überzeugung gewesen, sich konform dem Willen und der Vorstellung der Erblasserin zu verhalten. Der Ausschluss der Übertragbarkeit sei die Ausnahme von der allgemeinen anerkannten Regel. Darlegungs- und Beweislast dafür trage, wer einen dahingehenden Willen der Erblasserin, der sich nicht aus dem Testament – auch nicht durch Auslegung – ergebe, geltend mache.

Mit weiterer Verfügung vom 5. August 2009 hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass unabhängig von der Frage einer Übertragbarkeit des Nacherbenrechtes Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde deshalb bestünden, weil bei Annahme einer wirksamen Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechtes der dritte Erwerber nicht Erbe würde. Voraussetzung für ein Beschwerderecht im Zusammenhang mit der Erteilung eines Erbscheins sei jedoch, dass die erbrechtliche Stellung im Erbschein nicht richtig ausgewiesen werde.

Der Beteiligte zu 8. hat daraufhin ausgeführt, es sei zuzugeben, dass allein durch eine wirksame Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechtes der Erwerber nicht Erbe des Erblassers werde. Hier sei aber der Nacherbfall, nämlich der Tod der Vorerbin, eingetreten. Der Erwerber der Nacherbenanwartschaft, nämlich der Beteiligte zu 8., sei Erbe der M. Der richtige Erbschein nach der Erblasserin müsse wohl dahingehend lauten, dass sie zunächst beerbt worden sei von B als Vorerbin und dass Nacherben Frau M und Frau K seien. Vor diesem Hintergrund habe der Beteiligte zu 8. in seiner Eigenschaft als Erbe der Frau M ein eigenes Beschwerderecht. Es wäre dann ein zweiter berichtigter Erbschein zu erteilen, dergestalt, dass die Erblasserin nach Eintritt des jeweiligen Nacherbfalls beerbt worden sei von dem Beteiligten zu 8. anstelle der Frau M und von den Beteiligten zu 4. bis 7. anstelle der K.

Die Beteiligte zu 1. hat sich in einem über den Beteiligten zu 8. eingereichten englischsprachigen Schreiben vom 28. August 2009 an das Landgericht gewandt und ausgeführt, nach ihrem Gefühl sei es der Wille der Erblasserin gewesen, dass niemand außer Familienmitgliedern etwas von ihrem Erbe erhalten solle. Dieser Wille solle ausgeführt und könne nicht mehr geändert werden.

Mit Beschluss vom 9. September 2009 hat das Landgericht die Beschwerde des Beteiligten zu 8. als unzulässig verworfen. Es hat ausgeführt, es fehle an der Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 8., weil beschwerdeberechtigt nur derjenige wäre, dessen Recht durch die Entscheidung des Nachlassgerichtes beeinträchtigt sei. Das sei jeder, der geltend mache, dass seine erbrechtliche Stellung im Erbschein nach dessen notwendigen Inhalt nicht oder nicht richtig ausgewiesen werde. Hieran fehle es bei dem Beschwerdeführer, denn dieser wäre bei einer rechtswirksamen Übertragung des Anwartschaftsrechts der Nacherbin Frau M als Erwerber mit dem Eintritt des Nacherbfalles Gesamtnachfolger der Erblasserin, nicht aber deren Erbe geworden. Er erhalte keinen Erbschein, sondern sei durch den Erbschein des Veräußerers und den Veräußerungsvertrag legitimiert. Er sei entgegen der von ihm vertretenden Auffassung weder Erbe der Erblasserin noch der Nacherbin Frau M. Eine andere davon zu trennende Frage sei, ob der Erwerber einen auf den Veräußerer lautenden Erbschein beantragen könne, durch den er in Verbindung mit dem notariell beglaubigten Übertragungsgeschäft legitimiert wäre. Ein entsprechender Antrag sei bislang jedoch nicht gestellt worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 8. der geltend macht, seine Beschwerdeberechtigung ergebe sich daraus, dass das Landgericht eine Sachentscheidung auf seine erste Beschwerde nicht getroffen habe. Auch gegen die Entscheidung des Nachlassgerichtes habe ihm ein Beschwerderecht zugestanden. Auch wenn der Nacherbe erst mit dem Nacherbfall Erbe werde, erwerbe er bereits ein unentziehbares erbrechtliches Anwartschaftsrecht mit dem Inhalt, dass er im Nacherbfall Erbe werde. Sei demnach das Nacherbenanwartschaftsrecht wirksam übertragen worden – wie hier -, sei der Erwerber des Nacherbenanwartschaftsrechts bei Eintritt des Nacherbfalles Erbe des Erblassers. Nach der Legaldefinition des § 1922 BGB sei nämlich der Erbe Gesamtrechtsnachfolger. Mithin seien Gesamtrechtsnachfolger und Erbenstellung nichts anderes, vielmehr in diesem Fall identisch.

Die Zulässigkeit der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Entscheidung des Nachlassgerichtes ergebe sich auch bereits daraus, dass er dortiger Beteiligter sei und ein Hilfsantrag zu Protokoll der Rechtspflegerin vom 18. November 2008 gestellt worden sei, wonach die Erblasserin von ihm zu ½ des Nachlasses beerbt worden sei. Das Landgericht hätte eine Sachentscheidung dahingehend zu treffen gehabt, dass das Amtsgericht angewiesen werde, den mit Vorbescheid angekündigten Erbschein in Bezug auf den hälftigen Nacherbenanteil der M nicht zu erteilen, insoweit indes auf eine Antragstellung dahingehend hinzuwirken, dass die Erblasserin von Frau M zur Hälfte beerbt worden sei.

Der Beteiligte zu 8. hat unter dem 20. November 2009 zur Urkundenrolle 287/2009 des Notars P Antrag auf Erteilung eines Teil-Erbscheines gestellt, wonach die Erblasserin zur Hälfte von der am 28. November 1912 geborenen und am 9. April 2001 verstorbenen M beerbt worden sei.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg. Das Landgericht hätte die Erstbeschwerde zwar nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Sie ist aber – und damit auch die weitere Beschwerde – unbegründet.

1. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 8. ist gemäß § 27 Abs. 1 FGG zulässig. Das FGG ist im vorliegenden Fall nach der Übergangsregelung des § 111 FGG – Reformgesetz noch anzuwenden.

An der verfahrensrechtlichen Befugnis des Beschwerdeführers zur Einlegung der weiteren Beschwerde fehlt es nicht. Denn diese Befugnis richtet sich allgemein nach § 29 Abs. 4 i.V.m. § 20 FGG. Erforderlich ist gemäß § 20 Abs. 1 FGG lediglich, dass der weitere Beschwerdeführer gerade durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt sein muss. Das ist dann der Fall, wenn die eigene Erstbeschwerde des Beschwerdeführers – aus welchem Grund auch immer – zurückgewiesen oder verworfen worden ist (BGH NJW 1989, 1860; Senat, Beschluss vom 2.3.2009, 3 Wx 48/08; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl. 2003, § 27 Rn. 10). So aber liegt der Fall hier.

2. Zu Recht rügt der Beteiligte zu 8. mit der weiteren Beschwerde, dass das Landgericht seine Erstbeschwerde als unzulässig verworfen hat. Insoweit liegt ein Rechtsfehler des Landgerichts vor, was der Senat im Verfahren nach § 27 FGG zu prüfen hat. Tatsächlich ist die Erstbeschwerde zulässig gewesen.

Die Zulässigkeit der Erstbeschwerde richtet sich nach § 20 FGG. Gemäß Abs. 1 dieser Vorschrift steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt wird. Erforderlich ist, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung in seiner Rechtstellung unmittelbar negativ betroffen sein muss, so dass eine materielle Beschwer für ihn begründet ist. Dieses nachteilige Betroffensein des Beschwerdeführers in seinen Rechten muss – bei allerdings unterstellter Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung – tatsächlich gegeben sein, die bloße Behauptung eines solchen Nachteils durch den Beschwerdeführer reicht nicht aus (vgl. zu diesen Grundsätzen Briesemeister in Jansen, FGG, 3. Aufl. 2006, § 20 Rn. 12 und Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 20 Rn. 7).

a) Übertragen auf die Grundsätze des Erbscheinsverfahrens bedeutet dies, dass durch den Inhalt eines Erbscheins jedenfalls jeder beeinträchtigt ist, der geltend machen kann, dass seine erbrechtliche Stellung in dem Erbschein nicht oder nicht richtig ausgewiesen werde (Senat, Beschluss vom 2. März 2009, 3 Wx 48/08 und Briesemeister a.a.O., § 20 Rn. 60). Das Landgericht hat allerdings zutreffend ausgeführt, dass der Erwerber des Nacherbenanwartschaftsrechtes in den Erbschein nicht aufzunehmen ist, weil er auch mit dem Eintritt des Nacherbfalls nicht Erbe wird (vgl. OLG Düsseldorf MDR 1981, 143; Erman/M. Schmidt, BGB, 12. Aufl. 2008, § 2100 Rn. 12; MüKo zum BGB/Grunsky, 5. Aufl. 2010, § 2100 Rn. 14 m.z.N. Rn. 8; Staudinger/Avenarius, Neubearbeitung 2003, § 2100 Rn. 84). Die abweichende soweit ersichtlich nur in früherer Zeit vom Kammergericht (in DR 1939, 1085) geäußerte Auffassung ist nicht zutreffend, denn die Erbenstellung als solche kann nicht veräußert werden. Dementsprechend ist auch für den Erbschaftskauf (Übertragung des Erbteils nach § 2033 BGB) anerkannt, dass der Erwerber nicht Erbe im Rechtsinne wird (vgl. MüKo-BGB/J.Mayer, 5. Aufl. 2010, § 2353 Rn. 83 und RGZ 64, 173, 177 f).

Richtig ist zwar – woran die weitere Beschwerde anknüpft – dass der Dritte nach Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechtes bei Eintritt des Nacherbfalls ohne Durchgangserwerb des Nacherben Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers wird. Er ist durch die Übertragung aber lediglich in die Rechtsposition des Nacherben an dem Nachlass eingerückt, erhält jedoch mit dem Übertragungsakt und dem Eintritt des Nacherbfalles nicht die volle Rechtsstellung des Erben (vgl. RGZ 64, 173, 177). Die Erbenstellung als solche verbleibt vielmehr dem Nacherben, weshalb der Erwerber in dem Erbschein auch nicht aufzuführen ist (ebenso neben der bereits oben zitierten Rechtsprechung und Literatur Gierl in Dauner-Lieb, Anwaltskommentar zum BGB, 2. Aufl. 2007, § 2100 Rn. 63, Bamberger/Roth/Litzenburger, BGB, 2. Aufl. 2008, § 2100 Rn. 42; Soergel/Harder/Wegmann, BGB, 13. Aufl. 2003, § 2100 Rn. 14).

b) Allerdings gibt es auch Fälle, in denen jemand unmittelbar durch den Inhalt des Erbscheins beeinträchtigt wird – und deshalb im Erbscheinsverfahren auch beschwerdeberechtigt ist -, obwohl er selbst in diesem Erbschein nicht aufzuführen ist. So ist etwa anerkannt, dass die im Erbschein nicht aufzuführenden Pflichtteilsberechtigten zwar im Grundsatz im Erbscheinsverfahren kein Beschwerderecht haben, es jedoch anders liegt, wenn sie einen vollstreckbaren Titel besitzen und deshalb nach § 792 ZPO vorgehen können (danach kann der Gläubiger anstelle des Schuldners die Erteilung eines Erbscheins verlangen, wenn er zum Zwecke der Zwangsvollstreckung einen solchen Erbschein braucht, der dem Schuldner auf Antrag zu erteilen wäre). Auch ist weiter anerkannt, dass der Nachlassinsolvenzverwalter gegen die Erteilung eines Erbscheins dann beschwerdeberechtigt ist, wenn dadurch sein Recht zur Inbesitznahme des Nachlasses beeinträchtigt wird (BayObLGZ 21(1922), S. 318; Briesemeister in Jansen, a.a.O., § 20 Rn. 62).

Für die vorliegende Fallkonstellation ist zu bedenken, dass der Beteiligte zu 8. als Erwerber des Nacherbenanwartschaftsrechts zu Recht schon vom Nachlassgericht als – auch – materieller Beteiligter gesehen worden ist, und er überdies ein eigenes Antragsrecht nach § 2353 BGB hat. Denn wenn der Erwerber des Nacherbenanwartschaftsrechtes bei Eintritt des Nacherbfalles ohne Durchgangserwerb des Nacherben Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers wird (wie anerkannt, s.o.), wäre er dinglich am Nachlass beteiligt und seine Rechtstellung mithin nicht nur mittelbar, sondern direkt durch die Erbscheinserteilung beeinflusst. Auch benötigt er den Erbschein zur Durchsetzung seiner Rechte, weshalb anerkannt ist, dass er nach Eintritt des Nacherbfalles die Erteilung eines Erbscheins lautend auf den Namen des Nacherben beantragen kann. Mit diesem Erbschein und dem notariell beglaubigten Übertragungsgeschäft zwischen ihm und dem Nacherben kann er sich sodann hinsichtlich seiner Rechte hinreichend legitimieren (MüKo zum BGB/Grunsky a.a.O., § 2100 Rn. 40 und MüKo zum BGB/J. Mayer, a.a.O., § 2353 Rn. 83; Erman/B. Schlüter, a.a.O., § 2353 Rn. 8; vgl. auch OLG Düsseldorf, MDR 1981, 143).

Wäre der Beteiligte zu 8. – wie er trotz der Bestimmung von Ersatznacherben vorbringt und was für die Prüfung der Zulässigkeit der Erstbeschwerde als richtig unterstellt werden muss – mithin als Erwerber des Nacherbenanwartschaftsrechtes nach dem Tod der Vorerbin wesentlich am Nachlass beteiligt und auch antragsberechtigt im Hinblick auf einen Erbschein, der die Nacherbin aufweist, dann würde er durch den im Vorbescheid angekündigten Erbschein, der anstelle der Nacherbin M die Beteiligten zu 1. bis 3. aufweisen soll, unmittelbar in seiner Rechtstellung beeinträchtigt, so dass es an einer Beschwerdeberechtigung im Ergebnis nicht mangelt.

3. Die zulässige Erstbeschwerde und damit auch die weitere Beschwerde sind aber unbegründet.

a) Der Senat kann dies selbst entscheiden und hat die Sache nicht an das Landgericht zurückzuverweisen. Auch ein Rechtsbeschwerdegericht (wie hier der Senat nach § 27 FGG) entscheidet nämlich in der Sache selbst, wenn diese nach seiner Rechtsauffassung aufgrund des bereits von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalts zur Endentscheidung reif ist, d.h. wenn zur Anwendung des materiellen Rechts keine weitere Tatsachenfeststellung mehr nötig und eine weitere Verhandlung in der Tatsacheninstanz deshalb überflüssig ist. Dann aber ist es auch nicht ausgeschlossen, dass das Rechtsbeschwerdegericht in der Sache selbst entscheiden kann, wenn das Landgericht die erste Beschwerde zu Unrecht als unzulässig verworfen hat. Eine abschließende Sachentscheidung ist möglich, wenn schon die Entscheidung des Amtsgerichts hinreichende Feststellungen zum Sachverhalt enthält und weitere tatsächliche Feststellungen nach der Sachlage nicht in Betracht kommen. An der Entscheidungsreife fehlt es dagegen, wenn nach der Sachlage die Möglichkeit besteht, dass noch erheblicher Tatsachenstoff durch von Amts wegen anzustellende Ermittlungen oder auch durch das Vorbringen der Beteiligten beigebracht werden kann (zu diesen Grundsätzen Briesemeier in Jansen, a.a.O., § 27 Rn. 21 f; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 27 Rn. 56 ff.).

Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht den Sachverhalt festgestellt. Der Beteiligte zu 8. macht bereits mit seiner Erstbeschwerde nur aus Rechtsgründen geltend, dass die Auffassung des Amtsgerichts, das von der Nacherbin an den Beteiligten zu 8. übertragende Anwartschaftsrecht habe unter der auflösenden Bedingung des Anfalls der Nacherbschaft gestanden, nicht richtig sei. Die von dem Beteiligten zu 8. insoweit schon mit der Erstbeschwerde diskutierten Rechtsfragen aber kann und muss der Senat selbst entscheiden. Die für diese Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen sind bereits vom Amtsgericht umfassend getroffen worden, was der Beschwerdeführer auch nicht angreift. Es ist nicht ersichtlich, dass insoweit auch nur möglicherweise weiterer erheblicher Tatsachenstoff beigebracht werden könnte.

b) Das Amtsgericht ist jedenfalls im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass das Anwartschaftsrecht der Nacherbin M unter der auflösenden Bedingung des Versterbens der Nacherbin vor Eintritt des Nacherbfalles gestanden hat und deshalb – weil nämlich wegen ihres Vorversterbens die Nacherbschaft in ihrer Person nicht eintreten konnte – die Übertragung des Anwartschaftsrechtes auf den Beteiligten zu 8. ins Leere gelaufen ist.

Dabei geht es allerdings nicht unmittelbar um einen Fall des § 2108 Abs. 2 BGB, der sich mit der Vererblichkeit des Nacherbenrechts befasst. Im vorliegenden Fall ist vielmehr für die Frage der Rechte des Beteiligten zu 8. von Bedeutung, ob der Nacherbe über sein nach dem Erbfall aber vor Eintritt des Nacherbfalls bestehendes Anwartschaftsrecht verfügen kann. Diese Frage aber wird – jedenfalls dann, wenn der Erblasser die Verfügbarkeit über das Nacherbenanwartschaftsrecht nicht ausgeschlossen hat – durchweg bejaht. Kann der Nacherbe mithin sein Anwartschaftsrecht grundsätzlich übertragen, gilt aber weiter der hier wie in anderen Fällen der Übertragung von Rechten zu beachtende Grundsatz, dass ein Verfügender nicht mehr Rechte übertragen kann, als er tatsächlich selbst hat. Der Erwerber – sei es ein Dritter oder auch der Vorerbe – kann von dem Nacherben das Recht nur in dem Rechtszustand erhalten, in dem es sich auch in der Hand des Nacherben befand (BayObLG DNotZ 1970, 686; OLG Hamm DNotZ 1970, 688, 689 f, OLG Frankfurt DNotZ 1970, 691, 692 – jeweils entgegen Becher, NJW 1969, 1463 ff).

Hat aber der Erblasser für den Fall des Vorversterbens des Nacherben nach dem Erbfall aber vor Eintritt des Nacherbfalles Ersatznacherben bestimmt – wie hier – dann ergibt sich im Grundsatz, dass das Recht des erstberufenen Nacherben unter einer auflösenden Bedingung steht, nämlich seines Todes vor Eintritt des Nacherbfalls. Durch die Anordnung der Ersatznacherbschaft will der Erblasser nämlich grundsätzlich erreichen, dass beim Tode das Nacherben vor dem Nacherbfall eben der bestimmte Ersatznacherbe aufrückt, dieser im Fall des Eintrittes der auflösenden Bedingung – der Nacherbe stirbt vor Eintritt des Nacherbfalles – die Nacherbenstellung erhält. Diesen testamentarischen Willen des Erblassers kann der zuerst eingesetzte Nacherbe auch in Verbindung und mit Zustimmung des Vorerben aber nicht beseitigen. Er ist mithin zwar (mangels abweichender Verfügungen des Erblassers) nicht gehindert, über sein Nacherbenanwartschaftsrecht durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen und er bedarf insoweit auch nicht der Zustimmung des Ersatznacherben, aber die Wirksamkeit dieser Verfügung steht unter der auflösenden Bedingung, dass der Nacherbe den Nacherbfall nicht erlebt. Tritt diese auflösende Bedingung ein, geht die Verfügung des Nacherben über sein Anwartschaftsrecht zugunsten eines Dritten oder auch zugunsten des Vorerben ins Leere, wenn nicht sämtliche Ersatznacherben der Übertragung des Anwartschaftsrechts des Nacherben zugestimmt oder ihr eigenes Nacherbenanwartschaftsrecht auf die Vorerbin oder den Dritten übertragen haben (vgl. dazu auch Gierl in Dauner-Lieb, a.a.O., § 2102 Rn. 13)

Im Anschluss an die zitierten Entscheidungen von drei Obergerichten (vorher etwa auch schon OLG Köln NJW 1955, 633 f) ist in der Literatur weiterhin ganz allgemein anerkannt, dass der Nacherbe über sein Anwartschaftsrecht nach Eintritt des Erbfalles und vor Eintritt des Nacherbfalles zwar im Grundsatz frei verfügen kann, die Übertragung seines Anwartschaftsrechtes auf den Vorerben oder einen Dritten aber das Recht des etwa eingesetzten Ersatznacherben unberührt lässt (MüKo zum BGB/Grunsky, a.a.O., § 2102 Rn. 10; Erman/M. Schmidt, a.a.O., § 2100 Rn. 10 und § 2102 Rn. 5; Soergel/Harder/Wegmann, a.a.O., § 2100 Rn. 15, Bamberger/Roth/Litzenburger, a.a.O., § 2100 Rn. 14 f; Gierl in Dauner-Lieb, a.a.O., § 2100 Rn. 13; Zawar, NJW 2007, 2354, 2356; von Lübtow, Erbrecht, 2. Halbband, 1971, S. 635).

Nicht in Zweifel steht allerdings in der neueren Rechtsprechung und Literatur, dass letztlich der Erblasser darüber entscheidet, ob er die grundsätzliche Vererblichkeit des Nacherbenrechtes (wie sich aus § 2108 Abs. 2 BGB ergibt) ausschließen bzw. einschränken und/oder bestimmen will, dass die angeordnete Ersatznacherbfolge unter der auflösenden Bedingung der Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechtes durch den Nacherben auf den Vorerben bzw. auf einen Dritten stehen soll (so ausdrücklich Kanzleiter in DNotZ 70, 693, 697 f). Insoweit muss die letztwillige Verfügung ausgelegt werden (vgl. MüKo zum BGB/Grunsky, a.a.O., § 2102 Rn. 9). Hat der Erblasser aber – wie hier – ausdrücklich Ersatznacherben eingesetzt, so deutet diese Anordnung zunächst darauf hin, dass die Nacherbenstellung gerade nicht vererblich sein soll und insbesondere die Übertragbarkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts insoweit begrenzt sein soll, als der Nacherbe die Position des Ersatznacherben nicht zerstören kann (Kanzleiter a.a.O.). Das OLG Hamm hat (a.a.O.) dies anschaulich so formuliert:

„…Setzt der Erblasser einen Ersatznacherben ein, so gibt er damit zu erkennen, dass der Vorerbe nicht frei werden soll, wenn der Nacherbe aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen fortfällt. Der Erblasser wünscht vielmehr, dass sein Nachlass beim Ableben des Vorerben an den Ersatzmann des vorverstorbenen Nacherben fällt. Diesen Ersatzmann können Vor- und Nacherbe – um bei dem von Becher gewählten Bild zu bleiben -, nicht von der Wartebank verweisen, solange das Spiel noch nicht beendet ist, d.h. solange der Nacherbfall sich noch nicht ereignet hat. Ansonsten hätten es Vor- und Nacherbe in der Hand, den letzten Willen des Erblassers abzuändern. Im Ergebnis wird die Stellung des Ersatznacherben nicht berührt, gleichgültig, ob der Nacherbe seine Anwartschaft auf einen beliebigen Dritten oder auf den Vorerben überträgt…“

Soll trotz Anordnung der Ersatznacherbfolge Vererblichkeit des Nacherbenrechtes gelten und soll die Ersatznacherbfolge bei Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechtes auf einen Dritten oder den Vorerben auch für den Fall des Versterbens des Nacherben vor dem Nacherbfall entfallen, müssen für einen solchen Willen des Erblassers deutliche Hinweise erkennbar sein.

Daran aber fehlt es hier. Der Wortlaut des notariellen Erbvertrages enthält solches nicht. Er enthält in § 2 allerdings den Hinweis, dass es Absicht der Erblasserin sei, dass das Erbe der Familie … erhalten bleibe. Geht es einem Erblasser – wie mithin hier – in erster Linie darum, sein Vermögen in der Familie zu halten, ist dies indes ein klares Indiz dafür, dass die Vererblichkeit der Nacherbenstellung durch die Bestimmung von Ersatznacherben aus dem Kreis der Familie gerade ausgeschlossen werden soll (MüKo/Grunsky, a.a.O., § 2102 Rn. 9 und Soergel/Harder/Wegmann, a.a.O., § 2108 Rn. 6). Davon zu trennen ist zwar die Frage der Übertragbarkeit des Nacherbenanwartschaftsrechtes. Will man in einem solchen Fall zwar noch kein ausreichendes Indiz sehen, dass diese Übertragungsmöglichkeit vom Erblasser grundsätzlich ausgeschlossen werden soll – was hier offen bleiben kann -, dann kann bei dieser Interessenlage aber ohne ausdrücklich anderweitige Verfügung angesichts der Einsetzung von Ersatznacherben keinesfalls geschlossen werden, dass der Erblasser dem Nacherben einräumen möchte, durch Verfügung über das Nacherbenanwartschaftsrecht zugunsten des Vorerben oder eines Dritten die ausdrücklich bestimmten Ersatznacherben aus dem Kreis der Familie auch dann von dem Nachlass auszuschließen, wenn der Nacherbe vor Eintritt des Nacherbfalles stirbt.

In § 2 des Erbvertrages ist bestimmt, dass die Vorerbin den Grundbesitz nicht ohne Zustimmung der Nacherben verkaufen kann. Die Vorerbin ist mithin eine sog. nicht befreite Vorerbin iSd §§ 2113 I, 2136 BGB. Das bestätigt aber nur das Anliegen der Erblasserin, das Vermögen in der Familie zu halten, wie ebenfalls in § 2 des Erbvertrages niedergelegt. Anders als der Beteiligte zu 8. meint, kann deshalb auch aus der Regelung über die Zustimmungsnotwendigkeit bei Verkauf von Grundbesitz durch die Vorerbin keinesfalls inzidenter geschlossen werden, dass über das Nacherbenanwartschaftsrecht unter Ausschluss der Ersatznacherben auch für den Fall verfügt werden kann, dass der Nacherbe den Nacherbfall nicht erlebt und mithin der Ersatznacherbfall eintritt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 2 Ziffer 1 KostO. Kostenerstattung findet nicht statt, zumal die weiteren Beteiligten sich zur weiteren Beschwerde nicht geäußert haben. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf den §§ 131 Abs. 2 KostO a. F. (i. V. m. Art. 111 Abs. 1 FGG-ReformG), 30 Abs. 1 KostO i. V. m. § 107 Abs. 2 S. 1 KostO. Sie erfolgt auf der Grundlage des von der Beteiligten zu 7. dem Nachlassgericht unter dem 11.12.2008 mitgeteilten Wertes des im wesentlichen aus dem Grundbesitz bestehenden Nachlasses (Resthofgebäude, Grünland), wobei zu berücksichtigen ist, dass nur 1/2 des Nachlasses letztlich im Streit ist.

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