OLG Stuttgart, Urteil vom 31. Juli 1997 – 19 U 214/96 Verwirkung einer Erbschaft wegen Verstoßes gegen eine Erblasseranordnung Hat der Erblasser testamentarisch die Errichtung eines im einzelnen konkretisierten BGB-Gesellschaftsvertrages durch die Erben angeordnet und ändern die Erben die Vertragsgestaltung, kommt eine wirksame Verwirkungsklausel im Testament zur Geltung. Für die Frage der Verwirkung ist es unerheblich, ob die Erben vorsätzlich und wissentlich gegen die Vorgaben des Erblassers verstoßen haben oder nicht.

April 6, 2019

OLG Stuttgart, Urteil vom 31. Juli 1997 – 19 U 214/96
Verwirkung einer Erbschaft wegen Verstoßes gegen eine Erblasseranordnung
Hat der Erblasser testamentarisch die Errichtung eines im einzelnen konkretisierten BGB-Gesellschaftsvertrages durch die Erben angeordnet und ändern die Erben die Vertragsgestaltung, kommt eine wirksame Verwirkungsklausel im Testament zur Geltung. Für die Frage der Verwirkung ist es unerheblich, ob die Erben vorsätzlich und wissentlich gegen die Vorgaben des Erblassers verstoßen haben oder nicht.
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 14.08.1996 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,– DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert und Beschwer der Klägerinnen: 6 Mio. DM
Tatbestand
Die Klägerinnen sind – zusammen mit den Abkömmlingen ihres Bruders DL Erbinnen ihrer Mutter ML Sie begehren die Feststellung, daß dem Beklagten keine erbrechtlichen Herausgabeansprüche zustehen.
ML errichtete am 27.07.1989 ein notariell beurkundetes Testament, in dem u. a. folgendes bestimmt wurde (Bl. 44):
I.
Zu meinen Erben ernenne ich meine Kinder, nämlich
1.HR,

2.DL,

3.RLB

– je zu einem Drittel –.
Ersatzerben sind deren Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolgeordnung, gegebenenfalls tritt Anwachsung ein. Bei Anwachsung mit der Maßgabe, daß der Sohn ML, ersatzweise dessen Abkömmlinge, zum gleichen Anteil als Ersatzerbe berufen ist.
II.
Ich verpflichte meine Erben die folgenden Grundstücke der
Markung W
nämlich
1. das Wohnungseigentum
202/1.000 Miteigentumsanteil an Flst. 3395 ….

Hof- und Gebäudefläche Wohn- und Betriebsgebäude Geb. Teil vgl. Flst. 3395/3 43 a 49 qm
verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten Wohnung
2. das Teileigentum

500/1.000 Miteigentumsanteil an dem vorbezeichneten Grundstück
verbunden mit dem Sondereigentum am gewerblichen Teil
– Aufteilungsplan Nr. 3 –
3. Heft 13 152 BV 4:
Flst. 3395/2 ….

Bauplatz 35 ar 56 qm
in die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gem. §§ 705 ff. BGB, nämlich
L Vermögensverwaltungsgesellschaft gem. §§ 705 ff. BGB
einzubringen und zwar nach Maßgabe des dieser Urkunde als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrages mit der ausdrücklichen Verpflichtung der Gesellschafter diesen Vertrag abzuschließen.
III.
Meinem Sohn ML, ersatzweise dessen Abkömmlinge, wird ein dingliches Vorkaufsrecht für den tatsächlichen ersten Verkaufsfall an dem in Ziffer II näher bezeichneten Grundstück bzw. Wohnungs- und Teileigentumsrechte eingeräumt. Das Vorkaufsrecht ist vererblich, jedoch nicht übertragbar. Im übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 1094 ff. BGB. Das Vorkaufsrecht ist auf Verlangen des Berechtigten dinglich sicherzustellen.

V.
Für den Fall, daß ein Miterbe die Anordnungen dieses Testaments, insbesondere die Bestimmungen über die Begründung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Verzicht auf Vermächtnis nach dem Erstverstorbenen nicht innerhalb von 6 Monaten nach Testamentseröffnung erfüllt, bzw. hierzu mitwirkt, ist er verpflichtet das ihm Zugewendete als Vermächtnis an die übrigen Erben im Verhältnis ihrer Erbteile, einschließlich ML entsprechend Ziffer I, herauszugeben.
Für den Fall, daß ein Erbe die Erbschaft ausschlägt und den Pflichtteil verlangt, sind auch seine Abkömmlinge von der Erbfolge ausgeschlossen.
Der Erbteil mit Pflichtteilslast wächst den übrigen Erben, einschließlich ML entsprechend Ziffer I, im Verhältnis der Erbteile an.
Zum Zwecke der Verwaltung des Erbteils bzw. des Surrogats des DL wird Testamentsvollstreckung i. S. von § 2209 angeordnet. Dies gilt auch für dessen Abkömmlinge.
Der Testamentsvollstrecker ist zur Kündigung seiner Verwaltungstestamentsvollstreckung verpflichtet, sobald Herr DL oder dessen Abkömmlinge, ihren ausschließlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben und soweit es sich um Abkömmlinge handelt, das 25. Lebensjahr vollendet haben.
Als Testamentsvollstrecker wird ernannt:
Herr ML,
Kaufmann, wohnhaft …,
Dieser ist berechtigt, gegebenenfalls einen Nachfolger oder Ersatztestamentsvollstrecker zu ernennen. Im Bedarfsfall ist das Nachlaßgericht ersucht einen Testamentsvollstrecker zu bestellen.
Dem Testament der Erblasserin ist der Entwurf eines Gesellschaftsvertrags der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung “L Verwaltungsgesellschaft gem. §§ 705 ff. BGB” beigefügt (Bl. 182).
Der Beklagte hatte bereits am 27.12.1973 durch notariell beurkundeten Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag (Bl. 50) mit Wirkung für sich und seine Abkömmlinge auf jedes gesetzliche Erbrecht und Pflichtteilsrecht am Nachlaß jedes seiner Eltern, der Ehegatten E und ML, verzichtet. Der Verzicht erfolgte im Zuge der ebenfalls am 27.12.1973 vereinbarten lebzeitigen Zuwendung des den Eltern L gehörenden Autohauses an den Beklagten, das an die Großtankstelle L angrenzt. Durch notarielle Urkunde vom 26.03.1987 wurde der Erb- und Pflichtteilsverzicht dahingehend ergänzt, daß der Beklagte gegenüber seiner Mutter, Frau ML auch auf die Berufung als Erbe gem. § 4 des Erbvertrags vom 06.11.1947 verzichtet.
Frau ML verstarb am 04.04.1990. Ihr Erbe bestand im wesentlichen aus den im Testament genannten Grundstücken sowie aus Gesellschaftsanteilen an der Fa. Großtankstelle L GmbH und Co. und der Fa. ML GmbH.
Die Klägerinnen und Herr DL haben mit notarieller Urkunde … vom 13.11.1990 (Notariat Urk.Rolle-Nr. …/1990, Bl. ..) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts errichtet, wobei folgendes vereinbart wurde:
I.
Wir verweisen auf das Testament in der Urkunde vom 27. Juli 1989 – Urk.R.Nr. …/1989 des Notars G in W .
Der Inhalt dieser Urkunde ist uns bekannt. Wir verzichten auf das Vorlesen dieser Urkunde sowie darauf, daß sie als Anlage zur gegenwärtigen Niederschrift genommen wird.
In Abschnitt II der vorgenannten Urkunde hat unsere Mutter, Frau ML verfügt, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gem. §§ 705 ff. BGB zu errichten.
Wir anerkennen das Testament und die von unserer Mutter getroffenen Verfügungen und nehmen die Zuwendung mit der Auflage, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach Maßgabe der oben erwähnten Anlage zum Testament vom 27. Juli 1989 zu errichten, an.
Wir beschließen hiermit die Errichtung dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Inhalt des Vertrages, wie er sich aus der Anlage zum Testament vom 27. Juli 1989 ergibt.
II.
Wir errichten hiermit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung
ML Vermögensverwaltung GbR
mit dem Sitz in W
Für das Gesellschaftsverhältnis gilt der eine Anlage zu gegenwärtiger Niederschrift bildende Gesellschaftsvertrag. Wir bekennen uns in vollem Umfang zum Inhalt der übergebenen Urkunde.
Befristet bis zum Vollzug des Einbringungsvertrages vom heutigen Tage – Urk.R.Nr. …/1990 – gilt für das Gesellschaftsverhältnis der Gesellschaftsvertrag, wie er in der Anlage zum Testament vom 27. Juli 1989 festgelegt ist.
Am selben Tag schlossen die Beteiligten einen Einbringungsvertrag über die Einbringung der im Testament vom 27.07.1989 genannten Grundstücke in die ML Vermögensverwaltung GbR (Urk.Rolle-Nr. …/1990, Bl. 168). Außerdem änderten sie den Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft Großtankstelle L GmbH & Co. (Bi. 398).
DL, der zuletzt in … lebte, starb am 16.07.1993. Erben wurden seine Söhne EDL, geb. am … 1989, und DJL, geb. am … 1991. In seinem Testament vom 23.05.1990 (Bl. 79) hat DL Testamentsvollstreckung angeordnet. Zum Testamentsvollstrecker wurde der Beklagte ernannt.
Durch weiteres Testament (Bl. 83) hat DL die Dauer der Testamentsvollstreckung durch den Beklagten auf ein Jahr begrenzt.
Das Nachlaßgericht W hat durch Beschluß vom 16.04.1997 den Beklagten aus seinen Ämtern als Testamentsvollstrecker über den Nachlaß von M und DL entlassen. Nachfolger wurde Notar K, S.
Der Beklagte ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen von Ziffer V des Testaments vom 27.07.1989 erfüllt sind. Mit Anwaltsschreiben vom 04.07.1995 (Bl. 131) hat er dem Bevollmächtigten der Klägerinnen einen Klagentwurf übersandt, der die Geltendmachung der streitgegenständlichen Herausgabeansprüche vorsieht.
Die Klägerinnen haben vorgetragen:
Der Herausgabeanspruch, den der Beklagte geltend mache, lasse sich weder aus dem Wortlaut des Testaments ableiten noch sei ein solcher Anspruch durch die Vorstellungen und den Willen der Erblasserin gedeckt. Wenn ein Miterbe gegen die Anordnungen des Testaments verstoßen hätte, was nicht der Fall sei, könne der Beklagte auf der Grundlage von Ziffer V des Testaments von vornherein keinen Herausgabeanspruch geltend machen, da er mangels Anwachsung nicht zu den “übrigen Erben” im Sinne dieser Bestimmung gehöre.
Die Erben nach Frau ML hätten weder bei Gründung der BGB-Gesellschaft noch bei Einbringung von Grundbesitz in diese BGB-Gesellschaft gegen die testamentarischen Anordnungen von Frau ML verstoßen.
Die Erben hätten ausweislich der Ziffer I der Urkunde Nr. 748/1990 vom 13.11.1990 die von Frau ML getroffenen testamentarischen Verfügungen ausdrücklich anerkannt. Außerdem habe die Erblasserin in dem testamentarischen BGB-Gesellschaftsvertrag Änderungen dieses Gesellschaftsvertrages durch (einstimmigen) Beschluß der Gesellschafter der BGB-Gesellschaft bedacht und ausdrücklich zugelassen.
Es sei unerfindlich, warum in dem vom Beklagten und seinen anwaltlichen Bevollmächtigten näher bezeichneten Abweichungen vom testamentarischen BGB-Gesellschaftsvertrag eine Benachteiligung des Stammes des Beklagten liegen solle. Zunächst sei in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß der Stamm ML durch den Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag als gesetzlicher Erbe von Frau ML weggefallen sei. Der Stamm ML sei auch nicht testamentarisch als Erbe bedacht worden und sei dementsprechend auch nicht Partei des BGB-Gesellschaftsvertrages geworden. Eine vom wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Erblasserin nicht gedeckte nachteilige Behandlung des Stammes ML liege damit von vornherein eindeutig nicht vor.
Dem Beklagten sei bereits vor der am 13.11.1990 vorgenommenen Änderung des Kommanditgesellschaftsvertrages ein Entwurf dieses geänderten Kommanditgesellschaftsvertrages überreicht worden. Es sei somit festzuhalten, daß dem Beklagten – entgegen seinen eigenen Bekundungen – die Gesellschaftsverträge der ML Vermögensverwaltung GmbH und der Großtankstelle L GmbH & Co. seit deren Beurkundung, d. h. seit nunmehr über 6 Jahren, im einzelnen bekannt seien.
Die Klägerinnen haben beantragt:
Es wird festgestellt, daß die Klägerinnen nicht verpflichtet sind,
a) dem Beklagten ihre Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen “ML Vermögensverwaltung GbR” mit Sitz in W mit folgendem, im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundbesitz herauszugeben und auf ihn zu übertragen:
aa) das im Grundbuch von W, Heft 13152, BV 4, eingetragene Grundstück mit der Flurstück Nr. 3395/2 …, Gemarkung W Bauplatz und Betriebsgrundstück 35 a 56 qm;
bb) das im Grundbuch von W Heft 16159, BV 1, eingetragene Teileigentum von 500/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück mit der Flurstück Nr. 3395, …, Gemarkung W Hof- und Gebäudefläche, Wohn- und Betriebsgebäude, Gebäudeteil vgl. Flurstück 3395/3, 43 a 59 qm, verbunden mit dem Sondereigentum gewerblicher Teil (Verkaufs- und Tankraum, Wagenpflege, Waschstraße), Aufteilungsplan Nr. 3. Mitverbunden ist das ausschließliche Nutzungsrecht an der im Plan I eingezeichneten grün schraffierten Fläche, sowie der im Plan II und III eingezeichneten Tanks mit Zuleitungen. Weiter mitverbunden ist das gemeinschaftliche Nutzungsrecht mit dem Wohnungseigentum Nr. 2 an den im Aufteilungsplan eingezeichneten Gebäudeteilen (Treppenhaus) blau/grün mit Nr. 2/3 bezeichnet;
b) dem Beklagten ihre Kommanditanteile an der Kommanditgesellschaft unter der Fa. “Großtankstelle L GmbH & Co.” mit Sitz in W herauszugeben und auf ihn zu übertragen;
c) dem Beklagten ihre Geschäftsanteile an der Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Fa. “ML GmbH” mit Sitz in W herauszugeben und auf ihn zu übertragen.
Der Beklagte hat beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Beklagte hat vorgetragen:
Die Erblasserin habe die Erben in ihrem Testament unmißverständlich verpflichtet, das ererbte Grundeigentum in die testamentarisch detailliert vorgegebene BGB-Gesellschaft einzubringen und habe einen Verstoß hiergegen ausdrücklich unter die Strafsanktion von V des Testamentes gestellt. Unstreitig hätten alle drei Erben diese Auflagen nicht erfüllt. Damit trete an ihre Stelle entsprechend V. des Testamentes im Wege des dortigen Vermächtnisses der Beklagte mit dem Anspruch gegen die Erben auf Herausgabe des Erbes.
Das, was die drei Erben am Tag vor dem Fristablauf der 6-monatigen Frist entsprechend der Strafklausel V des Testamentes bei Notar S in … unternommen hätten, habe weder dem Ablauf nach den Auflagen im Testament, noch dem Inhalt des Testaments entsprochen. Die Einbringung des ererbten Grundvermögens sei nicht entsprechend der ausdrücklichen Anordnung im Testament in die testamentarisch vorgegebene Gesellschaft erfolgt, sondern in die neugegründete, mit abweichendem Inhalt gegenüber der testamentarisch vorgegebenen Gesellschaft. Aus der Art des Vorgehens und der Abwicklung werde klar, daß den Klägerinnen und DL bewußt gewesen sei, gegen die testamentarischen Anordnungen, den testamentarischen Willen ihrer Mutter zu verstoßen.
Insbesondere folgende Änderungen des Gesellschaftsvertrags seien für die Frage des Herausgabeanspruchs entsprechend der Strafklausel nach dem Testament der Frau ML von Bedeutung:
Die Regelung über die Familienstämme und der Einbezug des Stammes des Beklagten in diese Familienstämme nach § 15 des testamentarisch vorgegebenen Gesellschaftsvertrages werde im neu gefaßten Vertrag komplett gestrichen. Der Sinn der Änderung sei klar. Die verbrieften Rechte des Stammes des Beklagten im testamentarischen Gesellschaftsvertrag würden in der Neufassung komplett abgeschafft.
In § 16 Abs. 1 des Testaments-Gesellschaftsvertrages sei vorgesehen, daß jeder der Erben-Gesellschafter zu Lebzeiten entgeltlich ganz oder zum Teil ohne Zustimmung nur zugunsten der jeweiligen eigenen Stammesangehörigen oder zugunsten von Stammesangehörigen anderer Stämme – einschließlich Stamm ML – verfügen dürfe. Diese Regelung werde in der Neufassung zum Einstimmigkeitsprinzip abgeändert. Der Sinn sei klar, der Beklagte oder sein Stamm sollten die Anteile DL nicht ohne Zustimmung der Klägerinnen erwerben können. Die Situation sei aktuell, nachdem davon auszugehen gewesen sei, daß DL wohl zeitlebens in V bleibe, er in der Verfügung durch die Testamentsvollstreckung seitens des Beklagten eingeschränkt gewesen sei und beim Beklagten Schulden von über 1 Mio. DM gehabt habe.
§ 17 Abs. 2 der Testamentsgesellschaft sehe beim Tode eines Gesellschafters vor, daß nur Stammesangehörige und zwar unter Einschluß des Beklagten treten könnten. §§ 15, 16 u. 17 des Testaments-Gesellschaftsvertrages erlaubten im Wege des Erbes oder Vermächtnisses nur leibliche Abkömmlinge der Erblasserin. §§ 15 u. 16 des neu gestalteten Vertrages eröffneten die Erbmöglichkeit auch von nicht leiblichen Abkömmlingen der Erblasserin, beabsichtigt wohl für die Ehemänner; die Personen, die nicht leibliche Abkömmlinge seien, würden erst Gesellschafter und könnten dann als Mitgesellschafter über § 16 erben.
§ 17 Abs. 5 des Testaments-Gesellschaftsvertrages sehe Testamentsvollstreckung vor mit der Maßgabe, daß der Testamentsvollstrecker alle Rechte des Gesellschafters ausüben dürfe. Um den vollem Umfang dieser Rechte zu sichern, sei angeordnet, daß der Erbe den Testamentsvollstrecker insoweit bevollmächtigen müsse. Die Pflicht zur Vollmachtserteilung stehe unter der Strafsanktion, daß ansonsten sein Entnahmerecht ruhe. Die Neufassung sehe nur noch die Bevollmächtigungsmöglichkeit vor, hebe die diesbezügliche Pflicht auf. Das ziele auf den Beklagten als dem von der Erblasserin eingesetzten Testamentsvollstrecker. Er solle sich in die Angelegenheiten der Gesellschaften nicht mehr einmischen dürfen.
Das Landgericht Stuttgart hat der Klage mit Urteil vom 14.08.1996 stattgegeben. Gegen das ihm am 23.08.1996 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 23.09.1996 Berufung eingelegt und diese am 15.01.1997 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 15.01.1997 begründet.
Mit der Berufung verfolgt der Beklagte die Abweisung der Klage weiter. Er trägt hierzu folgendes vor:
Entgegen dem angefochtenen Urteil könne keine Rede davon sein, daß der Grundbesitz jemals in die testamentarisch vorgegebene BGB-Gesellschaft entsprechend dem diesbezüglichen erblasserlichen Willen eingebracht worden sei. Die Klägerinnen und der Bruder D hätten zunächst die testamentarisch vorgegebene Gesellschaft gegründet. Daneben hätten sie eine zweite BGB-Gesellschaft gegründet mit anderem Namen und anderem Inhalt. Im Einbringungsvertrag hätten die Klägerin und ihr Bruder D beschlossen, daß der geerbte Grundbesitz in diese zweite Gesellschaft übergehen solle. So sei es dann auch eindeutig grundbuchlich vollzogen worden. Die testamentarisch vorgegebene BGB-Gesellschaft sei lediglich ohne eingebrachten Grundbesitz (sozusagen als leere Hülse) bis zum Vollzug der Einbringung des Grundbesitzes in die vom testamentarischen Willen abweichend gegründete BGB-Gesellschaft bestehen geblieben.
Demgegenüber sei dem testamentarischen Willen eindeutig und zweifelsfrei zu entnehmen, daß die Erblasserin die Einbringung des Erbgegenstandes in die von ihr detailliert vorgegebene BGB-Gesellschaft und nicht in irgendeine BGB-Gesellschaft gewollt habe und desweiteren, daß die Erblasserin zweifelsfrei und eindeutig gewollt habe, daß die von ihr testamentarisch vorgegebene BGB-Gesellschaft Wirkung auch noch nach der Einbringung haben sollte. Ansonsten hätte sich die Erblasserin den erheblichen Aufwand und die erheblichen Kosten für das Testament und für den testamentarisch detailliert vorgegebenen BGB-Gesellschaftsvertrag sparen können.
Die Klägerinnen und ihr Bruder D hätten den testamentarischen Willen ihrer Mutter erkannt und seien willens gewesen, diesen zu ihren Gunsten nachzubessern. Sie hätten bewußt auf das Verlesen des Testamentes und des testamentarisch vorgegebenen BGB-Gesellschaftsvertrags in beiden von Notar S aufgenommenen Urkunden verzichtet, aber auch insbesondere darauf verzichtet, daß das Testament und der testamentarisch vorgegebene Gesellschaftsvertrag als Anlagen zu den Niederschriften genommen werden. Ansonsten hätte die Gefahr bestanden, daß einem Dritten der Verstoß gegen das Testament zu schnell evident geworden wäre.
Bei der Verweisung der Strafklausel entsprechend V des Testamentes handele es sich um einen Rechtsfolgenverweis und nicht um einen Rechtsgrundverweis. Bedingung für die Anspruchsberechtigung des Beklagten bzw. seiner leiblichen Abkömmlinge sei nicht, daß zuvor Ersatzerbschaft eingetreten sei. Das Testament ziele darauf ab, bei künftigen Verfügungen jeder Art bezüglich des Erbgegenstandes den leiblichen Stamm des Beklagten mitzuberücksichtigen bzw. den Beklagten und seinen Stamm gleichzustellen mit den jetzigen Erben.
Die fehlende Mitwirkung des Beklagten bei dem Abschluß bzw. der Änderung des Gesellschaftsvertrags und bei der Einbringung des Erbgegenstandes in die BGB-Gesellschaft trotz der durch den Beklagten für DL angeordneten Testamentsvollstreckung sei zu beanstanden. Die Einbringung des Erbgegenstandes in die testamentarisch vorgegebene BGB-Gesellschaft sei Vollzug des Testamentes und damit originäre Aufgabe des Testamentsvollstreckers.
Das Landgericht habe davon ausgehen müssen, daß es erblasserlicher Wille gewesen sei, die Folgen der Strafsanktion auszulösen, insoweit die testamentarisch vorgegebene BGB-Gesellschaft nicht errichtet werde. Mangels Anhaltspunkte habe das Landgericht im Hinblick auf das Auslösen der Folgen der Strafsanktion keine Gewichtung der erblasserlichen Auflagen, des erblasserlichen Willens vornehmen dürfen. Maßgeblich allein sei, daß die Klägerin und der Bruder D nicht entsprechend der Auflage ihrer Mutter im Testament gehandelt und damit die Bedingung für den Vermächtnisanspruch zugunsten des Beklagten gesetzt hätten. Grundsätzlich sei jede Abweichung vom testamentarisch vorgegebenen Gesellschaftsvertrag geeignet, das Herausgabevermächtnis auszulösen.
Der Beklagte beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart mit der Geschäfts-Nr. 19 O 276/96 vom 14.08.1996 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerinnen tragen vor:
Die im Testament bedachten Erben von Frau ML hätten nicht gegen testamentarische Anordnungen der Erblasserin verstoßen. Ausweislich der Urkunde des Notars W S vom 13.11.1990 hätten die Klägerinnen und Herr DL den Grundbesitz in die von der Erblasserin vorgesehene Gesellschaft eingebracht. Erst mit Vollzug des Einbringungsvertrags sei der Gesellschaftsvertrag dieser Gesellschaft geändert worden.
Die von dem Beklagten monierten Abweichungen von dem dem Testament von Frau ML beigefügten Entwurf eines Gesellschaftsvertrages seien durch den Erblasserwillen gedeckt. Die Erblasserin habe in dem testamentarischen BGB-Gesellschaftsvertrag selbst Änderungen dieses Gesellschaftsvertrages durch einstimmigen Beschluß der Gesellschafter der BGB-Gesellschaft bedacht und ausdrücklich zugelassen.
Es liege keine böswillige Auflehnung gegen den Erblasserwillen bzw. eine vorwerfbare Mißachtung des Erblasserwillens vor. Die Klägerinnen und der Verstorbene DL hätten mit den vorgenommenen Änderungen des BGB-Gesellschaftsvertrages in keiner Weise die Absicht verfolgt, sich gegen den Erblasserwillen der Frau ML aufzulehnen bzw. diesen zu mißachten. Die Änderungen seien auf Anraten der seinerzeitigen Steuer- und Wirtschaftsberater aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen durchgeführt worden, um den Gesellschaftsvertrag der BGB-Gesellschaft an den im Einvernehmen mit dem Beklagten geänderten Kommanditgesellschaftsvertrag anzupassen, um den in § 21 des Kommanditgesellschaftsvertrages vorgesehenen Gleichlauf zwischen Kommanditgesellschaftsvertrag und BGB-Gesellschaftsvertrag herzustellen und im wohlverstandenen Interesse der Gesellschafter der Tankstellengesellschaften diese auf eine langfristige, solide und den aktuellen Verhältnissen angepaßte vertragliche Grundlage zu stellen.
Nachdem der Erbe DL persönlich am Abschluß des BGB-Gesellschaftsvertrages teilgenommen habe, sei eine Mitwirkung des Beklagten in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker über den Erbteil von Herrn DL nicht erforderlich gewesen. Eine solche Mitwirkung wäre im übrigen auch unzulässig gewesen, da der Abschluß eines BGB-Gesellschaftsvertrages nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht von der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers umfaßt werde.
Wegen des weiteren Vorbringens in der Berufungsinstanz wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat als Zeugen Notar G vernommen (Protokoll Bl. 764 ff.).
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Feststellung, daß dem Beklagten die streitgegenständlichen Herausgabeansprüche nicht zustehen. Die Voraussetzungen der in Ziffer V des Testaments der Erblasserin ML vom 27.07.1989 enthaltenen Verwirkungsklausel sind erfüllt.
1. Die Verwirkungsklausel ist wirksam. Eine solche Klausel zur Durchsetzung der Auflage vorzusehen, eine BGB-Gesellschaft zu gründen, ist grundsätzlich zulässig (vgl. Haegele-Winkler, Der Testamentsvollstrecker nach bürgerlichem, Handels- und Steuerrecht, 13. Aufl., Rn. 377, 355).
Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, § 134 BGB, oder die guten Sitten, § 138 Abs. 1 BGB, sind nicht ersichtlich (vgl. Soergel/Loritz, BGB, 12. Aufl., § 2075, Rn. 11 ff; Staudinger/Otto, BGB, 13. Aufl., § 2074 Rn. 61). Auch § 2306 Abs. 1 Satz 1 BGB greift nicht ein.
2. Die Voraussetzungen der Verwirkungsklausel sind erfüllt.
a) Die Klägerinnen haben gegen die Anordnungen des Testaments über die Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verstoßen.
aa) Die Klägerinnen und DL haben die streitgegenständlichen Grundstücke nicht, wie in Ziffer II des Testaments bestimmt, in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts “nach Maßgabe des dieser Urkunde beigefügten Gesellschaftsvertrags” eingebracht. Sie haben zwar eine solche Gesellschaft gegründet; dies ergibt sich aus Ziffer I des notariellen Protokolls vom 13.11.1990, wonach die Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts “mit dem Inhalt des Vertrages, wie er sich aus der Anlage zum Testament vom 27.07.1989 ergibt”, beschlossen wurde. Die Geltung des von der Erblasserin vorgegebenen Gesellschaftsvertrags war aber bis zum Vollzug des Einbringungsvertrags vom 13.11.1990 befristet. Ab diesem Zeitpunkt galt der dem Protokoll als Anlage beigefügte Gesellschaftsvertrag, der gegenüber dem testamentarischen Entwurf eine Reihe von erheblichen Änderungen enthält.
Eine solche Verfahrensweise stand mit dem Willen der Erblasserin nicht im Einklang. Die in der Verwirkungsklausel enthaltene Formulierung “über die Begründung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts” bedeutet nicht, daß der zur Verwirkung führende Tatbestand nur zum Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft erfüllt werden konnte. Die Erblasserin wollte erkennbar nur auf § 2 des Testaments und die dort genannten Pflichten Bezug nehmen. Daß die Klägerinnen zunächst eine Gesellschaft “nach Maßgabe des dieser Urkunde beigefügten Gesellschaftsvertrags” gegründet haben, bedeutet deshalb nicht, daß eine Verwirkung ausscheidet.
Die Klägerinnen haben die in Ziffer II des Testaments enthaltene Auflage nicht erfüllt. Dies gilt auch dann, wenn auf den Zeitpunkt der Einbringung der Grundstücke abgestellt wird. Die Einbringung ist durch den Abschluß des Einbringungsvertrags vom 13.11.1990 noch nicht bewirkt worden. Erforderlich war darüberhinaus die Eintragung der gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter als Eigentümer ins Grundbuch. Ob der Abschluß der Einbringung und das Inkrafttreten des geänderten Gesellschaftsvertrags zeitlich zusammenfielen oder durch eine “juristische Sekunde” getrennt blieben, kann dahingestellt bleiben. Denn die Erblasserin wollte durch Ziffer II des Testaments erreichen, daß die zum Nachlaß gehörenden Grundstücke als Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts den von ihr für diese Gesellschaft entworfenen Regelungen unterliegen (vgl. unten Ziffer 2. c); dieses Ziel war nur zu realisieren, wenn der testamentarische Vertragsentwurf auch nach Abschluß der Einbringung der Grundstücke seine Gültigkeit behielt. Welcher zeitlichen Grenze die hiermit verbundene Beschränkung der Erben unterlag, braucht nicht entschieden zu werden. Die Vorgehensweise der Klägerinnen hat dem testamentarischen Vertragsentwurf von vornherein jede praktische Relevanz genommen; daß dies dem im Testament zum Ausdruck gekommenen Willen der Erblasserin nicht entsprochen hat, liegt auf der Hand.
bb) Die Auffassung des Landgerichts, daß nach Ziffer V des Testaments insbesondere die Nichterfüllung der Bestimmungen über die Begründung der BGB-Gesellschaft sanktioniert werde und daß kleinere Verstöße gegen die testamentarischen Anordnungen, wie sie in einzelnen Änderungen des vorgegebenen Gesellschaftsvertrags liegen könnten, nicht zur Herausgabeverpflichtung führten, trifft nicht zu. Die Verwirkungsklausel verweist auf die Bestimmungen über die Begründung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Diese Bestimmungen erschöpfen sich nicht darin, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit einer “beliebigen” vertraglichen Gestaltung zu gründen; hätte sich der Wille der Erblasserin hierauf beschränkt, hätte sie auf weitere Bestimmungen verzichten können. Durch den Zusatz “und zwar nach Maßgabe des dieser Urkunde als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrages mit der ausdrücklichen Verpflichtung der Gesellschafter diesen Vertrag abzuschließen” hat sie deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es ihr darauf ankam, daß sich die Erben an den von ihr gewollten Gesellschaftsvertrag halten. Die in Ziffer II und V des Testaments enthaltenen Regelungen sind deshalb schon nach ihrem Wortlaut so zu verstehen, daß die Verwirkungsklausel auch bei einer Abweichung von dem testamentarischen Vertragsentwurf eingreifen soll.
b) Der dem notariellen Protokoll vom 13.11.1990 beigefügte Gesellschaftsvertrag weicht in mehreren Punkten von dem Entwurf der Erblasserin ab. Die von den Klägerinnen und DL vorgenommenen Änderungen sind aus Sicht der Erblasserin nicht nur von untergeordneter Bedeutung.
aa) Dies trifft vor allem auf folgende Änderungen zu:
(1) Nach § 16 Abs. 1 des testamentarischen Vertragsentwurfs (künftig: Entwurf) sollten die Gesellschafter zu Lebzeiten über ihren Gesellschaftsanteil entgeltlich ganz oder zum Teil ohne Zustimmung nur zugunsten ihrer Stammesangehörigen oder von Stammesangehörigen anderer Stämme (einschließlich Stamm ML) verfügen können. Diese Möglichkeit hat § 15 des Gesellschaftsvertrags vom 13.11.1990 (künftig: Gesellschaftsvertrag) eingeschränkt. Danach ist zur Übertragung von Gesellschaftsanteilen oder sonstigen Verfügungen die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich.
Die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an Stammesangehörige ist hierdurch erschwert worden. Dies benachteiligt auch den Beklagten, wobei zu berücksichtigen ist, daß der Erblasserin, wie der Zeuge G bei seiner Vernehmung am 26.05.1997 bekundet hat, die Möglichkeit einer Veräußerung der Gesellschaftsanteile von DL vor Augen stand und der Beklagte erhebliche Forderungen gegenüber seinem Bruder geltend machte.
(2) Nach § 17 Abs. 2 des Entwurfs sollten beim Tod eines Gesellschafters als dessen Erben oder Vermächtnisnehmer nur Stammesangehörige der in § 15 Abs. 1 aufgeführten Stämme (einschließlich Angehörige des Stammes ML) in die Gesellschaft eintreten. Der Gesellschaftsvertrag hat die hiermit verbundenen Einschränkungen deutlich modifiziert. § 15 Abs. 1 wurde gestrichen. Nach § 16 Abs. 2 können durch Verfügung von Todes wegen grundsätzlich nur leibliche eheliche Abkömmlinge des Gesellschafters bzw. Mitgesellschafters bestimmt werden. Nach § 16 Abs. 3 sind Nachfolgeberechtigte eines Gesellschafters seine Erben, soweit diese leibliche eheliche Abkömmlinge bzw. Mitgesellschafter sind und der Gesellschafter den oder die Nachfolgeberechtigten nicht durch Verfügung von Todes wegen bestimmt hat.
Aus diesen Regelungen ergibt sich zunächst, daß die Vererbung von Gesellschaftsanteilen an den Stamm ML nur noch dann in Betracht kommt, wenn dieser zuvor solche Anteile durch Rechtsgeschäft unter Lebenden bereits erworben hat. Ein solcher Erwerb ist aber durch die in § 15 des Gesellschaftsvertrags getroffene Regelung erschwert worden. Der Beklagte hat hierdurch zwar kein “Eintrittsrecht” verloren; ein solches stand ihm nach den Regelungen des Entwurfs nicht zu. Gleichwohl hat sich die für ihn von der Erblasserin vorgesehene Rechtsposition nicht unerheblich verschlechtert.
Hinzukommt, daß Gesellschaftsanteile nunmehr auch an Nichtstammesangehörige vererbt werden können. Der Wille der Erblasserin, daß Gesellschaftsanteile im Todesfall im Kreis der Angehörigen der Stämme L bleiben, hat keine Berücksichtigung mehr gefunden.
(3) Nach § 17 Abs. 5 des Entwurfs sollte das Entnahmerecht eines Erben ruhen, wenn dieser ohne wichtigen Grund dem Testamentsvollstrecker als Vertreter eine schriftliche Vollmacht gegenüber der Gesellschaft nicht erteilt hat. In § 16 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags ist diese nachteilige Folge weggefallen.
Durch diese Änderung haben die Klägerinnen und DL in die Rechtsstellung des Beklagten eingegriffen. Dieser ist in Ziffer VI des Testaments zum Testamentsvollstrecker bezüglich des Erbteils von DL bestellt worden. Ohne dessen schriftlicher Vollmacht gegenüber der Gesellschaft waren die Befugnisse des Beklagten beschränkt; dies entsprach, wie § 17 Abs. 5 des Testamentsentwurfs zeigt, nicht dem Willen der Erblasserin. Ohne entsprechende Sanktion war die Wahrscheinlichkeit, daß sich ihr Wille durchsetzt, deutlich eingeschränkt.
Ob die im Gesellschaftsvertrag vom 13.11.1990 vorgenommenen weiteren Änderungen die Verwirkungsklausel in Ziffer V des Testaments ebenfalls erfüllen, braucht unter diesen Umständen nicht entschieden zu werden.
bb) Der im Testamentsentwurf erfolgten Berücksichtigung des Stammes ML und dem Ausschluß der Vererblichkeit an Nichtstammesangehörige kam als familienbezogenen Anliegen der Erblasserin ein erhebliches Gewicht zu. Dies hat der Zeuge G in der Sitzung vom 26.05.1997 bestätigt. Danach habe sich die starke Bindung an den Betrieb auch bei der in Betracht gekommenen Einsetzung von ML als Fremderben niedergeschlagen. Der Gesellschaftsvertrag sei ein wesentliches Indiz für diese Einbeziehung gewesen. Es sei der Wunsch der Erblasserin gewesen, innerhalb der Erbengemeinschaft Bindungen zu schaffen, die sonst nicht existent seien. Die Erblasserin habe bezüglich der Erbfolge schon weitergedacht. Es sei nicht auszuschließen gewesen, daß sich DL von seinem Vermögen in der Bundesrepublik trenne. Außerdem sei eine ihrer Töchter kinderlos gewesen. Es sei deshalb vorgesehen gewesen, daß eine Vererbung primär im Rahmen der bestehenden Gesellschafter erfolge, es sei aber auch ein bedingtes Eintrittsrecht für Herrn ML vorgesehen gewesen.
Der Senat hält den Zeugen G aufgrund des in der Sitzung hinterlassenen persönlichen Eindrucks für glaubwürdig. Da er mit der Erblasserin wiederholte intensive Besprechungen geführt hat, ist davon auszugehen, daß ihm ihre Vorstellungen und Absichten zuverlässig bekannt geworden sind. Seine Aussage macht deutlich, daß die Erblasserin den genannten Regelungen im testamentarischen Entwurf, die durch den Gesellschaftsvertrag vom 13.11.1990 geändert wurden, eine erhebliche Bedeutung beigemessen hatte.
cc) Die Klägerinnen haben keine Umstände aufgezeigt, daß die hier maßgeblichen Änderungen des Entwurfs aus sachlichen Gründen erforderlich waren. Von einer den Willen der Erblasserin berücksichtigenden “Modernisierung” des Gesellschaftsvertrags konnte offensichtlich nicht die Rede sein.
c) Aus § 9 Abs. 5 des testamentarischen Vertragsentwurfs ergibt sich nicht, daß die Erblasserin den Gesellschaftern eine umfassende Befugnis zur Änderung des Gesellschaftsvertrags einräumen wollte und die Gesellschafter deshalb den in die Anlage zum notariellen Protokoll vom 13.11.1990 aufgenommenen Gesellschaftsvertrag abschließen konnten, ohne gegen die in Ziffer II des Testaments vom 27.07.1989 enthaltene Auflage zu verstoßen. Der Umstand, daß die Erblasserin dem Testament einen Vertragsentwurf beigefügt und in Ziffer II die ausdrückliche Verpflichtung der Gesellschafter zum Ausdruck gebracht hat, diesen Vertrag abzuschließen, macht deutlich, daß sie den Erben bei der Ausgestaltung dieses Vertrags keine völlige Freiheit lassen, sondern die von ihr für wichtig erachteten Grundzüge der gesellschaftsvertraglichen Regelungen bindend festlegen wollte. Andernfalls hätte sie auf die Beifügung eines Entwurfs verzichten und die vertragliche Ausgestaltung der zu gründenden BGB-Gesellschaft den Erben überlassen können.
Der Zeuge G hat diesen im Testament mit hinreichender Klarheit zum Ausdruck gekommenen Willen der Erblasserin in der Sitzung am 26.05.1997 bestätigt. Danach sei es bezüglich des Gesellschaftsvertrages von Frau L so gedacht gewesen, daß die Erben den Gesellschaftsvertrag in der vorgegebenen Form abschließen und auch so belassen. Auf weitere Frage hat der Zeuge ausgeführt, daß er meine, daß es dem Denken der Frau L entsprochen habe, daß der Vertrag so bleibe.
Anhaltspunkte für einen anderen Erblasserwillen sind nicht erkennbar. Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die in § 9 Abs. 5 des Vertragsentwurfs vorgesehene Möglichkeit, einzelne Vorschriften durch einstimmigen Beschluß zu ändern, vor dem Hintergrund des in Abs. 4 geregelten Mehrheitsbeschlusses beurteilt werden muß. Außerdem ist durch § 9 Abs. 5 keine Befugnis begründet worden, die ohne eine solche Regelung für die Gesellschafter nicht bestanden hätte. Die Erblasserin wäre nicht in der Lage gewesen, auf gesellschaftsvertraglichem Wege Einstimmigkeitsbeschlüsse bezüglich der in Absatz 5 genannten Vorschriften auszuschließen.
Auch aus dem Umstand, daß die Erblasserin in dem Testament vom 27.07.1989 eine Frist von 6 Monaten zur Erfüllung der Anordnungen vorgesehen und auf eine Sanktion bei späteren Änderungen des Gesellschaftsvertrags verzichtet hat, läßt sich kein entsprechender Wille entnehmen, solche Änderungen zuzulassen. Dagegen sprechen in erster Linie die in den Ziffern II und V des Testaments enthaltenen und aufeinander abgestimmten Regelungen, die – zusammen mit dem Entwurf des Gesellschaftsvertrags – zu einem entsprechenden Willen der Erblasserin in einem nicht zu vereinbarenden Gegensatz gestanden hätten. Außerdem hat der Zeuge G auf die Frage, daß es doch nahegelegen hätte, die dauerhafte Aufrechterhaltung der Gesellschaft – dem Entwurf entsprechend – in Ziffer V des Testaments zum Ausdruck zu bringen, darauf hingewiesen, daß es sich um ein Selbstverständnis gehandelt habe. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung läßt deshalb nicht den Schluß zu, daß ML die von den Klägerinnen vorgenommenen Änderungen des Gesellschaftsvertrags zulassen wollte.
d) Die Klägerinnen und DL haben durch die Vereinbarung des dem Protokoll vom 13.11.1990 beigefügten Gesellschaftsvertrags gegen die Anordnungen des Testaments bewußt verstoßen.
aa) Die Klägerinnen wußten, daß der dem notariellen Protokoll vom 13.11.1990 beigefügte Gesellschaftsvertrag gegenüber dem testamentarischen Entwurf eine Reihe von Änderungen enthielt; ohne diese Änderungen wäre die in dem Protokoll gewählte Vorgehensweise – Gründung einer Gesellschaft nach dem Entwurf der Erblasserin befristet bis zum Vollzug des Einbringungsvertrags, danach Geltung des geänderten Gesellschaftsvertrags – nicht verständlich gewesen. Entsprechendes ergibt sich aus einem nach Schluß der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben des Rechtsanwalts und Notars SW” an die Klägervertreter, wonach die Änderung des Gesellschaftsvertrags der Wunsch der Gesellschafter gewesen sei (Bl. 800).
Der Senat ist davon überzeugt, daß den Klägerinnen bekannt war, daß durch diese Änderung die Stellung des Beklagten verschlechtert und das Stammesprinzip weitgehend aufgegeben wurde. Denn es handelte sich hierbei um eine wesentliche Zielrichtung des geänderten Vertrags, die dem persönlichen Interesse der Klägerinnen entsprach und ohne ihre Billigung nicht denkbar gewesen wäre. Der Notar hat den Vertrag im übrigen im Beurkundungstermin verlesen.
Der Vortrag der Klägerinnen, daß die Änderung des Vertrags der L GmbH & Co. auf einen Vorschlag der Anwaltskanzlei Dr. S & Partner zurückgegangen sei, daß die Anwälte im Hinblick auf § 21 des KG-Gesellschaftsvertrags auf eine Änderung des BGB-Gesellschaftsvertrags hingewirkt hätten, daß die dem notariellen Protokoll vom 13.11.1990 zugrundeliegende Vorgehensweise von dem Notar S und einem Mitarbeiter vorgeschlagen worden sei und daß schließlich sowohl die Anwaltskanzlei Dr. S als auch Notar S von der testamentarischen Zulässigkeit der Änderungen ausgegangen seien, kann als wahr unterstellt werden. Durch diese Umstände wird nachhaltig bestätigt, daß sich die Klägerinnen darüber im klaren waren, daß sie von dem Entwurf der Erblasserin abwichen und in welcher Weise und mit welchen Inhalt sie dies taten.
bb) Der Einwand, daß die Klägerinnen aufgrund der Beratung durch die Rechtsanwälte und den Notar davon ausgegangen seien, durch die vorgenommenen Änderungen des testamentarischen Vertragsentwurfs nicht gegen den Willen der Erblasserin zu verstoßen, daß also von einem bewußten Verstoß oder einer böswilligen Auflehnung nicht die Rede sein könne, geht fehl. Die Erfüllung der in Ziffer V des Testaments enthaltenen Verwirkungsklausel kann nicht davon abhängen, ob solche subjektiven Merkmale gegeben sind.
(1) Zutreffend ist, daß von einigen Oberlandesgerichten die Auffassung vertreten wurde, daß die in einer letztwilligen Verfügung enthaltene Verwirkungsklausel im allgemeinen nur dann eingreift, wenn es sich um bewußten Ungehorsam, um eine böswillige Auflehnung gegen den Willen des Erblassers oder jedenfalls tun eine vorwerfbare Handlungsweise handelt (vgl. BayOblGZ 1962, 47; OLG Stuttgart OLGZ 1968, 246; OLG Braunschweig OLGZ 1977, 185; krit. MüKo/Leipold, BGB, 2. Aufl., § 2074 Rn. 23; Soergel/Loritz, § 2075 Rn. 10; Staudinger/Otte, § 2074 Rn. 60). Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 28.11.1984 diese Auffassung geteilt (vgl. WM 1985, 174 sowie Urteil v. 01.07.1965, mitgeteilt bei Johannsen, WM 1972, 925; anders RG Recht 1916 Nr. 1549). Das Bayerische Oberste Landgericht hat dagegen in einer neueren Entscheidung bei einer Pflichtteilsklausel das “schlichte Verlangen” des Pflichtteils ausreichen lassen (BayOblGZ 1990, 58; s. a. Palandt/Edenhofer, BGB, 56. Aufl., § 2074 Rn. 9).
(2) Welche subjektiven Merkmale zur Verwirklichung einer Verwirkungsklausel erfüllt sein müssen, kann nicht allgemein und ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Entscheidend ist stets der sich aus der letztwilligen Verfügung ergebende Wille des Erblassers. Die Auslegung des Testaments vom 27.07.1989 fährt zu dem Ergebnis, daß es im vorliegenden Fall allein auf eine objektive und den Erben bewußte Abweichung von dem testamentarischen Vertragsentwurf ankommt; ein “Unrechtsbewußtsein” im Sinne eines wissentlichen Verstoßes gegen den Willen der Erblasserin ist dagegen nicht erforderlich.
In den oben zitierten Entscheidungen hatte der Erblasser den Erben ein bestimmtes Verhalten, wie das Anzetteln von Streitigkeiten (BayOblGZ 1962, 47, 56), die Geltendmachung des Pflichtteils (OLG Stuttgart aaO.) oder die Anfechtung des Testaments (OLG Braunschweig aaO.) untersagt. In einem solchen Fall kann möglicherweise von einer “Strafsanktion” und einem “Strafzweck” (OLG Stuttgart aaO.) die Rede sein und die Parallele zu der bei einer Straftat erforderlichen Unrechtseinsicht (vgl. § 17 StGB) gezogen werden. Der vorliegende Fall liegt anders. Die Erblasserin hat den Erben ein bestimmtes rechtliches Tun – die Gründung einer BGB-Gesellschaft – aufgegeben und sie hat den Inhalt des Gesellschaftsvertrags in allen Einzelheiten festgelegt. Der Erblasserwille war also auf die Verwirklichung der BGB-Gesellschaft in der von ihr gewollten Form gerichtet und die Klausel sollte, wie der Zeuge G bestätigt hat, eingreifen, wenn die Erben hiergegen verstoßen.
Unter diesen Umständen kann es nur darauf ankommen, ob eine solche Abweichung objektiv vorliegt und ob den Erben diese Abweichung bekannt war. Es kann dagegen nicht von Bedeutung sein, ob die Erben irrtümlich davon ausgehen, daß eine solche Abweichung (noch) gestattet ist. Denn wenn dies ausreichen würde, um die Verwirkungsklausel auszuschließen, könnte eine Umgehung des Erblasserwillens erheblich erleichtert werden. Die Erben könnten sich in diesem Fall durch den Hinweis auf die unzutreffende und von ihnen nicht zu überprüfende Auskunft eines Dritten exkulpieren, obwohl die an sie gerichtete Handlungsanweisung klar und eindeutig war. Daß die Erblasserin einen solchen “Verbotsirrtum” für relevant halten und damit die Realisierung ihrer letztwilligen Verfügung in Frage stellen wollte, ist nicht anzunehmen. Die Klägerinnen haben zwar darauf hingewiesen, daß das Eingreifen der Verwirkungsklausel zu einer erheblichen Härte führen würde; der Senat hat aber nach der Aussage des Zeugen G keinen Zweifel, daß die Erblasserin bei den von den Erbinnen vorgenommenen Änderungen des Gesellschaftsvertrags – Verschlechterung der Rechtsposition des Beklagten, weitgehende Aufgabe des Stammesprinzips – bereit war, diese Konsequenzen hinzunehmen.
Ob der Zeuge G die Erben bei der Testamentseröffnung auf den Erblasserwillen bezüglich des Gesellschaftsvertrags hingewiesen hat, was nach seiner Aussage vom 26.05.1997 naheliegt, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.
e) Es braucht auch nicht entschieden zu werden, ob ein Verstoß gegen Ziffer II des Testaments dann nicht zu einem Eingreifen der Verwirkungsklausel führen würde, wenn der Beklagte den Änderungen des Gesellschaftsvertrags zugestimmt hätte. Dieser hat vorgetragen, daß er bereits der Änderung des KG-Gesellschaftsvertrags widersprochen und danach nichts mehr von der Angelegenheit gehört habe. Die Klägerinnen haben dies bestritten, ihre gegenteilige Auffassung aber nicht unter Beweis gestellt. Es steht auch nicht fest, daß dem Beklagten die Schreiben des Notars S vom 20.11.1990 und 22.11.1990 (Bl. 433 ff) zur Kenntnis gelangt sind.
f) Da die Klägerinnen gegen Ziffer II des Testaments bewußt verstoßen haben, sind sie gem. Ziffer V verpflichtet, das ihnen Zugewendete als Vermächtnis an den Beklagten herauszugeben. Die Formulierung “einschließlich ML entsprechend Ziffer I” bedeutet nicht, daß ein solcher Anspruch neben einem Verstoß gegen die Anordnungen, des Testaments zusätzlich das Vorliegen einer Anwachsung, also den Wegfall eines Erben gem. § 2094 BGB, voraussetzt: Die Aussage des Zeugen G legt nahe, daß die Erblasserin alle Kinder gleich bedenken wollte und von der Vorstellung ausging, daß die an den Beklagten erfolgte Zuwendung des Autohauses wirtschaftlich der Erbeinsetzung der drei anderen Kinder entsprach. Um beim Wegfall eines Erben die verbleibenden Erben nicht gegenüber dem Beklagten zu bevorzugen, ist in Ziffer I des Testaments vorgesehen, daß der Beklagte an dem “freigewordenen” Erbteil partizipiert. Eine vergleichbare Situation tritt dann ein, wenn ein Erbe aufgrund des Eingreifens der Verwirkungsklausel das ihm Zugewendete herausgeben muß. Auch dann erfordert es der von der Erblasserin verfolgte Grundsatz der Gleichbehandlung der Erben und des Beklagten, daß der Beklagte an der Verteilung des Erbteils teilnimmt. Dies hat der Zeuge G in der Sitzung am 26.05.1997 bestätigt. Nach seiner Auffassung ist mit der in Ziffer V des Testaments enthaltenen Verweisung auf Ziffer I gemeint gewesen, daß im Falle eines Verstoßes gegen die Strafklausel die übrigen Erben und ML den Anteil bekommen sollten.
Da im vorliegenden Fall alle drei Erben die Voraussetzungen der Verwirkungsklausel erfüllt haben, hat jeder von ihnen das ihm Zugewendete an den Beklagten herauszugeben.
g) Die Klägerinnen sind der Auffassung, daß die Abweisung der negativen Feststellungsklage zu einem unbilligen Ergebnis führen würde. Dies geht schon im Ansatz fehl. Entscheidend ist die Verwirklichung des Erblasserwillens, wie er sich in dem Testament vom 27.07.1989 niedergeschlagen hat. Aufgrund der Aussage des Zeugen G ist der Senat davon überzeugt, daß es dem Willen der Erblasserin entspricht, daß die Verwirkungsklausel bei Verstößen auch tatsächlich eingreift. Dies mag bei einem geringfügigen Fehlverhalten anders sein; darum handelt es sich im vorliegenden Fall aber nicht.
3. Die von den Klägerinnen mit Schreiben vom 06.06.1997 und damit nach Schluß der mündlichen Verhandlung erklärte Anfechtung der in Ziffer II der Urkunde vom 13.11.1990 abgegebenen Erklärungen ist unwirksam. Ein Irrtum, der zur Anfechtung berechtigen würde, ist nicht erkennbar. Eine Fehlvorstellung über die Verwirklichung der in Ziffer V des Testaments enthaltenen Klausel stellt weder einen Inhalts- noch einen Erklärungs- oder Eigenschaftsirrtum dar.
4. Der Anspruch des Beklagten auf Herausgabe des Zugewendeten ist nicht verwirkt. Ob der Beklagte seine Pflichten als Testamentsvollstrecker bezüglich des Nachlasses von DL ordnungsgemäß erfüllt hat, kann dahingestellt bleiben; daß ihm von den Klägerinnen vorgeworfene Fehlverhalten bleibt auf den Herausgabeanspruch gem. Ziffer V des Testaments ohne Einfluß.
5. Der Herausgabeanspruch gem. Ziffer V umfaßt auch die Gesellschaftsanteile an der ML Vermögensverwaltung GbR. Die Gesellschaft ist zwar erst nach dem Tod von ML gegründet worden, so daß die Gesellschaftsanteile nicht zum ihrem Nachlaß gehörten. Da aber die Gründung der BGB-Gesellschaft auf einer entsprechenden Auflage der Erblasserin beruht und die zum Nachlaß gehörenden Grundstücke in die Gesellschaft eingebracht werden sollten, handelt es sich bei den Gesellschaftsanteilen um ein Surrogat, das von dem Begriff “das Zugewendete” umfaßt wird. Dies hat der Zeuge G bei seiner Vernehmung am 26.05.1997 bestätigt (S. 10 des Protokolls).
Selbst wenn diese Frage anders zu beurteilen wäre, würde dies nicht dazu führen, daß dem Feststellungsantrag ganz oder teilweise stattzugeben wäre. Streitgegenstand ist die Frage, ob die Klägerinnen das ihnen Zugewendete herausgeben müssen. Welche Gegenstände herauszugeben sind und ob der Beklagte bei der Formulierung seines Klagentwurfs insoweit einem Irrtum unterlegen ist, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO

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