Veränderte Testamentsurkunden
Aufsatz von RA Tobias Goldkamp, ErbR 2025, 262
Eigenhändige Testamente sind anfällig für Ergänzungen oder Streichungen, deren Gültigkeit und Bedeutung oft zweifelhaft sind.
Dieser Beitrag beleuchtet die relevanten rechtlichen Aspekte und Beweislastverteilungen.
Begünstigte oder gesetzliche Erben könnten Testamente manipulieren, um die Erbfolge zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Auch überlebende Ehegatten könnten versuchen, sich Bindungen aus gemeinschaftlichen Testamenten zu entziehen.
Während notarielle Testamente durch amtliche Verwahrung geschützt sind, fehlt dieser Schutz bei eigenhändigen Testamenten weitgehend,
was Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, besonders wenn der Erblasser die Kontrolle über die Urkunde verliert.
Ein eigenhändiges Testament muss vom Erblasser हाथgeschrieben und unterschrieben sein (§ 2247 Abs. 1 BGB).
Die Unterschrift dient der Warn-, Abschluss-, Erklärungs-, Fälschungs- und Beweisfunktion und sollte grundsätzlich unter dem Text stehen.
Bei mehrseitigen Testamenten genügt eine Unterschrift auf der letzten Seite, wenn die Einheitlichkeit der Willenserklärung erkennbar ist.
Auch die Zusammenführung alter und neuer Blätter oder die Ergänzung und Unterschrift einer Fotokopie können formwirksam sein.
Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament errichten, bei dem ein Ehegatte den Text हाथschreibt und beide unterschreiben (§ 2267 BGB).
Dies gilt jedoch nur, wenn das Testament Verfügungen beider Ehegatten enthält, vertragsmäßige Verfügungen aufhebt oder wechselbezügliche Verfügungen widerruft.
Andernfalls entfällt die Formerleichterung, und das Testament kann unwirksam sein.
Einseitige Verfügungen können jederzeit widerrufen werden.
Der Widerruf kann durch ein neues Testament erfolgen, das den Widerruf erklärt (§ 2254 BGB) oder dem früheren Testament widerspricht (§ 2258 BGB).
Hierfür gelten die allgemeinen Formvorschriften für Testamente.
Dies gilt nur bei notariellen Testamenten als Widerruf (§ 2256 Abs. 1 S. 1 BGB), nicht bei eigenhändigen Testamenten (§ 2256 Abs. 3 BGB).
Die Vernichtung oder Veränderung eines Testaments durch den Erblasser in einer Weise, die den Aufhebungswillen ausdrückt, gilt als Widerruf (§ 2255 S. 1 BGB).
Erfordert eine körperliche Veränderung der Urkunde (z.B. Zerreißen, Streichen). Bei mehreren Urschriften genügt die Veränderung einer.
Die Handlung einer anderen Person gilt nur, wenn sie im Auftrag und Willen des Erblassers ohne eigenen Entscheidungsspielraum erfolgte.
Der bloße Verlust oder die formlose Billigung des Verlusts genügen nicht.
Streichungen, Radierungen etc. müssen den Willen zur Aufhebung erkennen lassen; Einklammern oder Unterstreichen reichen nicht.
Das Fehlen oder die Veränderung der Urkunde allein indiziert keine Handlung des Erblassers, es sei denn, die Urkunde befand sich zuletzt in seinem Gewahrsam und es gibt keine Hinweise auf Dritte.
Bei Testierunfähigkeit während der möglichen Handlung trägt derjenige die Beweislast, der sich auf die Streichung beruft.
Erfordert Vorsatz und Aufhebungsabsicht des Erblassers (§ 2255 S. 2 BGB enthält Vermutungen, wenn die einzige Urschrift vernichtet oder verändert wurde).
Ob die Vermutung auch bei Handlungen durch ein Werkzeug gilt, ist umstritten, aber eine tatsächliche Vermutung dürfte bestehen.
Die Aufhebungsabsicht gilt als widerlegt, wenn die Streichungen nur der Vorbereitung eines neuen Testaments dienten
oder der Erblasser ein bereits unwirksames Testament vernichten wollte (es sei denn, er wollte jeden Anschein der Wirksamkeit beseitigen).
Wechselbezügliche Verfügungen können nur gemeinschaftlich durch widerrufendes oder widersprechendes Testament
oder durch gemeinsame Veränderung oder Vernichtung der Urkunde widerrufen werden.
Die Mitwirkung beider Ehegatten mit Testierwillen ist entscheidend.
Die alleinige Handlung eines Ehegatten ist unwirksam für wechselbezügliche Verfügungen.
Ein vorbehaltener Widerruf erfordert nach überwiegender Meinung ein weiteres Testament.
Der einseitige Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung ist zu Lebzeiten des anderen Ehegatten durch notariell beurkundete Erklärung möglich (§§ 2271 Abs. 1 S. 1, 2296 BGB).
Mit dem Tod des erstversterbenden Ehegatten erlischt das Widerrufsrecht für die wechselbezüglichen Verfügungen, die dann bindend werden.
Ergänzungen müssen हाथschriftlich vom Erblasser stammen; die Beweislast trägt derjenige, der sich darauf beruft. Die Echtheitsvermutung des § 440 Abs. 2 ZPO gilt nicht für nachträglich eingefügten Text.
Eine Bezugnahme auf einen formunwirksamen Text im formwirksamen Text macht diesen nicht wirksam, kann aber für die Auslegung relevant sein (Grenzen durch Andeutungstheorie und Bestimmtheitsgebot).
Die Notwendigkeit einer gesonderten Unterschrift für Ergänzungen ist umstritten:
Sah eine gesonderte Unterschrift für nachträgliche positive Veränderungen als notwendig an, was zu Beweisproblemen führte.
Wendet einen großzügigeren Maßstab der räumlichen Deckung an.
Ergänzungen, die räumlich von der vorhandenen Unterschrift gedeckt sind, bedürfen keiner neuen Unterschrift, unabhängig von der zeitlichen Reihenfolge der Niederschrift.
Nicht gedeckt sind Ergänzungen auf separaten Blättern oder räumlich getrennt auf demselben Blatt, es sei denn, die Auslegung ergibt,
dass der Erblasser sie von der vorhandenen Unterschrift gedeckt wissen wollte (z.B. bei Lückenhaftigkeit ohne Ergänzung).
Bei der Auslegung sind auch Umstände außerhalb der Urkunde zu berücksichtigen, wenn sie im unterschriebenen Text angedeutet sind.
Es werden drei Zustände unterschieden.
Einbezug durch Einfügungszeichen oder Verweis auf die Rückseite kann formwirksam sein, umgekehrt jedoch nicht.
Nachträgliche Ergänzungen ohne neue Unterschrift könnten als formwirksam gelten, obwohl der Testierwille fehlt.
Die indizielle Bedeutung der Form für den Testierwillen kann geschwächt sein.
Bei undatierten nachträglichen Ergänzungen und Testierunfähigkeit während des möglichen Zeitraums trägt derjenige die Beweislast, der sich auf die Ergänzung beruft.
Die Errichtungssequenz ist wichtig (§ 2267 S. 1 BGB).
Eine Blankounterschrift des mitunterzeichnenden Ehegatten ist unzureichend.
Ob eine Ergänzung eines Ehegatten ohne Mitunterzeichnung des anderen wirksam ist, ist fraglich.
Für einseitige Verfügungen des schreibenden Ehegatten passt der Maßstab des Einzeltestaments.
Für Verfügungen des anderen Ehegatten oder Ergänzungen, die Wechselbezüge, Änderungsvorbehalte etc. betreffen, ist dessen Mitunterzeichnung erforderlich.
Die Beweislast für die korrekte Reihenfolge trägt derjenige, der sich auf das Testament beruft; bei äußerlicher Formgültigkeit besteht eine tatsächliche Vermutung.
Ein zeitlicher Abstand zwischen den Unterschriften ist unschädlich, solange der Wille beider Ehegatten zum gemeinschaftlichen Testieren fortbesteht
und der andere Ehegatte bei der letzten Unterschrift noch lebt.
Ergänzungen unterhalb der Unterschrift kompromittieren diese Funktionen.
Überwiegend wird die Anwendung abgelehnt, da § 2085 BGB nur für unwirksame Verfügungen „in einem Testament“ gilt.
Eine vor der Unterschrift durchgestrichene Passage ist nie formwirksam errichtet worden, unabhängig davon, wer die Streichung vornahm.
Führen nur zum Widerruf, wenn § 2255 BGB erfüllt ist (Handlung des Erblassers selbst oder durch ein Werkzeug; Beweislast trägt derjenige, der sich auf die Widerrufswirkung beruft).
Bei gemeinschaftlichen Testamenten kann jeder Ehegatte seine einseitigen Verfügungen allein streichen.
Bei wechselbezüglichen Verfügungen, Verfügungen des anderen Ehegatten, Änderungsvorbehalten etc. ist die Mitwirkung des anderen Ehegatten erforderlich.
Ist unklar, ob die Streichung vor oder nach der Unterschrift erfolgte, trägt den Nachteil der Unaufklärbarkeit derjenige, der Rechte aus der durchgestrichenen Verfügung ableiten will.
Bei durchgestrichenem Gesamttext oder unterschiedlichen Stiften spricht dies für nachträgliche Streichung.
Auch Entwertungsvermerke auf der Urkunde können ohne gesonderte Unterschrift als Widerruf nach § 2255 BGB gelten, wenn der Aufhebungswille klar erkennbar ist.
Eigenhändige Testamente sollten zur sicheren Verwahrung beim Amtsgericht hinterlegt werden (§ 2248 BGB).
Sollte durch Widerrufstestament (§ 2254 BGB) erfolgen, das ebenfalls hinterlegt werden sollte.
Sämtliche Testamentsurkunden sind unverzüglich beim Nachlassgericht abzuliefern (§ 2259 BGB).
Informationen und Beweismittel zur Entstehung und Veränderung des Testaments sichern.
Bei betagten Zeugen frühzeitige gerichtliche Vernehmung beantragen. Akteneinsicht in die Testamentseröffnungsakte kann Aufschluss geben.
Ergänzungen sind ohne neue Unterschrift formwirksam, solange sie von der vorhandenen Unterschrift räumlich gedeckt sind.
Streichungen ohne neue Unterschrift können Verfügungen widerrufen.
Streichungen vor der ersten Unterschrift sind keine Widerrufe, da die Passage nie wirksam war.
Bei nachträglichen Ergänzungen oder Streichungen in gemeinschaftlichen Testamenten, die nicht einseitige Verfügungen betreffen, ist die formgerechte Mitwirkung des anderen Ehegatten erforderlich.
Die Hinterlegung eigenhändiger Testamente beim Amtsgericht schützt vor Verlust und Manipulation.
Nach dem Erbfall ist die Ablieferung der Testamente sicherzustellen und die Entstehung und Veränderung des Testaments zu dokumentieren.