Veräußerung von betriebsnotwendigem Vermögen durch eine GmbH
Zusammenfassung des BGH-Urteils vom 16.07.2019 – II ZR 426/17 zur Veräußerung betriebsnotwendigen Vermögens durch eine GmbH
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. Juli 2019 (II ZR 426/17) befasst sich mit der Frage, ob die Veräußerung von betriebsnotwendigem Vermögen durch eine GmbH an eine Gesellschaft mit im
Wesentlichen identischen Gesellschaftern gegen eine angemessene Gegenleistung eine sittenwidrige Verletzung der Leistungstreuepflicht gemäß § 138 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt, wenn
die GmbH aufgrund eines Teilgewinnabführungsvertrags zur Abführung eines Teils ihres Jahresüberschusses verpflichtet ist.
Die Klägerin (Kl.) ging aus einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) hervor.
Sie schloss mit der D-Bank eine Rangrücktrittsvereinbarung bezüglich alter Verbindlichkeiten der LPG.
Die Beklagte (Bekl.), eine im Zuge der Umstrukturierung gegründete GmbH, übernahm verschiedene Wirtschaftsgüter der ehemaligen LPG zur landwirtschaftlichen Produktion.
Gleichzeitig trat die Bekl. den Altverbindlichkeiten bei, indem sie sich gegenüber der Kl. zur Abführung von bis zu 20 % ihres Jahresüberschusses verpflichtete.
Später, vor ihrem Formwechsel zur Aktiengesellschaft, verkaufte und übereignete die Bekl. landwirtschaftliche Nutzflächen an die L-GmbH und die A-GmbH.
Die Gesellschafter dieser beiden Gesellschaften waren bei deren Gründung weitgehend identisch mit den Gesellschaftern der Bekl.
Die Kl. war der Ansicht, dass die Grundstückskaufverträge und die Auflassungen sittenwidrig und somit nichtig seien,
da die Bekl. durch diese Transaktionen versuche, sich ihrer Verpflichtung zur Teilgewinnabführung zu entziehen.
Das Landgericht (LG) Mühlhausen gab der Klage statt und untersagte der Bekl. die Veräußerung der Grundstücke, solange die Teilgewinnabführungspflicht bestand.
Das Oberlandesgericht (OLG) Jena wies die Berufung der Bekl. zurück.
Mit ihrer Revision vor dem BGH verfolgte die Bekl. ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Der BGH hob das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.
Er begründete seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:
Der BGH bestätigte, dass die Kl. ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der Nichtigkeit der Grundstückskaufverträge und Auflassungen hat, da die Frage der Gültigkeit dieser Rechtsgeschäfte
relevant für das Bestehen und den Umfang ihrer Ansprüche gegen die Bekl. aus dem Teilgewinnabführungsvertrag ist.
Der BGH stellte klar, dass die zwischen den Parteien bestehende Vereinbarung über die teilweise Abführung des Jahresüberschusses ungeachtet ihrer Einbindung in die Altschuldenproblematik
als Teilgewinnabführungsvertrag im Sinne des § 292 Abs. 1 Nr. 2 Aktiengesetz (AktG) anzusehen ist.
Die Wirksamkeit dieses Vertrages hing nicht von besonderen Formvorschriften ab und wurde durch den Formwechsel der Bekl. zur AG nicht berührt.
Der BGH verwies insoweit auf ein Parallelurteil zwischen den gleichen Parteien, in dem das Zustandekommen
und der Fortbestand des Teilgewinnabführungsvertrags rechtskräftig festgestellt wurde.
Der BGH kam zu dem Schluss, dass die bisherigen Feststellungen des OLG die Annahme der Sittenwidrigkeit der Grundstückskaufverträge und Auflassungen nicht tragen.
Der BGH bemängelte, dass das OLG nicht hinreichend klar dargelegt habe, inwiefern die Veräußerung der Grundstücke eine
Verletzung der Leistungstreuepflicht der Bekl. aus dem Teilgewinnabführungsvertrag darstelle.
Zwar habe die Veräußerung die Grundlage für die Gewinnerwirtschaftung aus dem landwirtschaftlichen Betrieb entzogen.
Dies führe jedoch nur dann zu einer Pflichtverletzung, wenn die erhaltene angemessene Gegenleistung nicht ihrerseits zur
Gewinnerwirtschaftung eingesetzt werden sollte oder in Zukunft keine Gewinne erwarten ließe.
Die Annahme des OLG, dass zukünftig nur die Käufergesellschaften Gewinne erwirtschaften würden, beruhe nicht auf konkreten Tatsachenfeststellungen.
Auch die objektiven Nachteile der Kl. durch den Verkauf der Grundstücke seien nicht ausreichend beziffert und nachvollziehbar dargelegt worden.
Der BGH stellte heraus, dass die Verletzung von Pflichten aus einem Teilgewinnabführungsvertrag nicht ohne Weiteres eine sittenwidrige Verletzung der Leistungstreuepflicht begründet.
Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit hänge im vorliegenden Fall auch davon ab, inwieweit die Kl. die abgeführten Gewinne tatsächlich
zur Tilgung der Altschulden eingesetzt habe und welchen Anteil der Altschulden die Bekl. wirtschaftlich betrachtet zu tragen habe.
Der Einwand der Revision, das OLG habe keine ausreichenden Feststellungen zu einem Zusammenwirken der Bekl. mit den Erwerbergesellschaften getroffen, wurde vom BGH nicht als durchgreifend erachtet.
Die Bekl. habe zwar die Absicht bestritten, die Ansprüche der Kl. vereiteln zu wollen, aber nicht die Unkenntnis der handelnden Personen
auf Seiten der Erwerbergesellschaften von den Umständen dargelegt, aus denen das OLG die Zielrichtung der Grundstücksübertragungen abgeleitet hatte.
Die Veräußerung von betriebsnotwendigem Vermögen durch eine GmbH an eine Gesellschaft mit im Wesentlichen gleichen Gesellschaftern gegen eine angemessene Gegenleistung begründet nicht ohne
Weiteres eine sittenwidrige Verletzung der Leistungstreuepflicht gegenüber einem Teilgewinnabführungsberechtigten.
Es bedarf einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Auswirkungen der Veräußerung auf die zukünftige Gewinnerwirtschaftung der GmbH, der Verwendung der
Gegenleistung und des tatsächlichen Verhaltens der Parteien im Hinblick auf die Erfüllung der Teilgewinnabführungsverpflichtung und die zugrundeliegende Altschuldenproblematik.
Das OLG muss im Rahmen der erneuten Verhandlung diese Aspekte berücksichtigen und gegebenenfalls ergänzende Feststellungen treffen.
Die bloße Veräußerung betriebsnotwendigen Vermögens an verbundene Unternehmen ist nicht per se sittenwidrig, auch wenn dadurch die Grundlage für zukünftige Gewinnabführungen geschmälert wird.
Entscheidend sind die konkreten Umstände, insbesondere die Angemessenheit der Gegenleistung und die Absichten der beteiligten Parteien im Hinblick auf die Umgehung bestehender Verpflichtungen.
Eine sittenwidrige Umgehung der Leistungstreuepflicht erfordert eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die über die bloße Nichterfüllung vertraglicher Pflichten hinausgeht.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.