Verbraucher widerruft Bestellung eines Treppenliftes – Keine Bezahlung von Vorbereitungshandlungen

November 4, 2025

Verbraucher widerruft Bestellung eines Treppenliftes – Keine Bezahlung von Vorbereitungshandlungen

Datum: 12.09.2025
Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 22. Zivilsenat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 22 U 194/24

Vorinstanz: Landgericht Mönchengladbach, 10 O 150/23

OLG Düsseldorf: Kein Wertersatz für Vorarbeiten nach Widerruf eines Treppenlift-Vertrags (22 U 194/24)


Worum ging es?

Ein Kunde (Beklagter) bestellte nach einem Beratungsgespräch bei sich zu Hause einen individuell angefertigten Treppenlift für 15.900,00 EUR (ein sogenannter Außergeschäftsraumvertrag). Kurz darauf, noch innerhalb der gesetzlichen Frist, widerrief er den Vertrag.

Die Herstellerfirma (Klägerin) akzeptierte den Widerruf, stellte dem Kunden aber eine Rechnung über 9.540,00 EUR (60% des Gesamtpreises). Sie behauptete, der Lift sei zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits produziert gewesen und forderte diesen Betrag als Wertersatz für die erbrachten Leistungen.

Was hat die Klägerin gefordert und warum?

Die 9.540,00 EUR setzten sich hauptsächlich aus den Kosten für den produzierten Lift (ca. 8.457,00 EUR) sowie für Vorbereitungsarbeiten wie Leadkosten, Bauaufmaß, technische Zeichnung und Sachbearbeitung zusammen.

Verbraucher widerruft Bestellung eines Treppenliftes – Keine Bezahlung von Vorbereitungshandlungen

Die Firma argumentierte, der Kunde müsse nach § 357a BGB (Wertersatz bei Dienstleistungen) diesen Betrag bezahlen, da sie mit der Leistung (Produktion) begonnen hatte und der Lift individuell angepasst und daher nicht einfach anderweitig verwertbar sei. Der Kunde hatte zudem zugestimmt, dass die Firma sofort mit der Leistung beginnen dürfe und er bei Widerruf Wertersatz zahlen müsse.

Wie entschied die Vorinstanz (Landgericht)?

Das Landgericht Mönchengladbach gab der Firma Recht. Es meinte, zu den erbrachten Dienstleistungen gehörten auch die vor dem Widerruf eingegangenen Verpflichtungen gegenüber Dritten (z.B. die Bestellung des Lifts beim Hersteller) und dass der individuell angepasste Lift nicht mehr vermarktbar sei. Der Kunde wurde zur Zahlung der 9.540,00 EUR verurteilt.

Was entschied das OLG Düsseldorf (Berufungsurteil)?

Das OLG Düsseldorf hob das Urteil des Landgerichts auf und wies die Klage der Firma vollständig ab. Der Kunde muss die 9.540,00 EUR nicht bezahlen.

Die Kernaussage des OLG:

  1. Keine erbrachte Leistung: Ein Vertrag über den Einbau eines Treppenlifts ist ein Werkvertrag. Beim Widerruf eines Werkvertrages ist nach § 357a Abs. 2 BGB Wertersatz nur für tatsächlich erbrachte Leistungen geschuldet, d.h. Arbeiten, die sich im Werk verkörpert haben oder die der Kunde erlangt hat und die er daher nicht zurückgeben kann.
  2. Keine Verkörperung im Werk: Die in Rechnung gestellten Positionen – selbst die Produktion des Lifts – sind Vorbereitungshandlungen. Da der Lift beim Kunden noch nicht eingebaut war, hat er keine Werkleistung im Sinne des Gesetzes erlangt. Der Kunde hat also nichts bekommen, was seiner Natur nach nicht herausgegeben werden könnte.
  3. Individuelle Anpassung irrelevant: Dass der Lift individuell angefertigt wurde und schlecht anderweitig verwertbar ist, ändert nichts an der Rechtslage. Das Gesetz sieht in solchen Fällen keinen speziellen Ausgleich vor, wenn der Widerruf vor Übergabe erfolgt. Die Kosten für die Herstellung trägt in diesem Fall der Unternehmer.
  4. Zustimmung zum sofortigen Beginn nutzlos: Die Vereinbarung mit dem Kunden, dass er Wertersatz zahlt, wenn die Firma sofort beginnt, ist unwirksam, da man von den gesetzlichen Widerrufsvorschriften (§ 355 ff. BGB) nicht zum Nachteil des Verbrauchers abweichen darf (§ 361 Abs. 2 BGB).

Kurz gesagt: Die Firma hatte lediglich Vorbereitungen getroffen. Weil der Treppenlift noch nicht beim Kunden eingebaut war, hatte der Kunde keine Leistung erlangt, die er der Firma „zurückgeben“ müsste. Nach dem Widerruf hat die Firma somit keinen Anspruch auf Wertersatz für ihre bisherigen Aufwendungen. Pech gehabt, denn das unternehmerische Risiko liegt in diesem Fall beim Unternehmen.


Fazit

Wenn Sie einen Werkvertrag (wie einen Einbau oder eine Anfertigung) widerrufen, bevor die Arbeit bei Ihnen begonnen hat oder das fertige Produkt geliefert wurde, müssen Sie in der Regel keinen Wertersatz für die Vorarbeiten oder die (unfertige) Herstellung zahlen.

RA und Notar Krau

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