Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in seinem Beschluss vom 22.07.2014 entschieden, dass eine Vereinbarung, in der sich ein Kind mit dem Empfang eines Geldbetrags

„vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“

erklärt, als Erbverzicht ausgelegt werden kann.

Sachverhalt:

Vereinbarung „unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“ kann Erbverzicht sein

Nach dem Tod des Vaters schlossen die Mutter und ihre beiden Kinder einen Erbauseinandersetzungsvertrag.

Die Tochter erhielt einen Geldbetrag und erklärte,

„mit dem Empfang des Betrages […] vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“

zu sein.

Nach dem Tod der Mutter beantragte der Sohn einen Erbschein als Alleinerbe und argumentierte, dass die Tochter durch die Erklärung im Erbauseinandersetzungsvertrag auf ihr Erbrecht verzichtet habe.

Entscheidung:

Das OLG Hamm gab dem Antrag statt und stellte fest, dass der Sohn Alleinerbe ist.

Begründung:

Vereinbarung „unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“ kann Erbverzicht sein

  • Auslegung der Erklärung: Die Erklärung der Tochter im Erbauseinandersetzungsvertrag konnte als Erbverzicht ausgelegt werden.

    • Der Begriff „elterliches Vermögen“ spricht dafür, dass sich die Erklärung nicht nur auf den Nachlass des Vaters, sondern auch auf den der Mutter bezog.
    • Die Formulierungen „unter Lebenden und von Todes wegen“ und „ein für alle Male abgefunden“ deuten darauf hin, dass das Erbrecht nach beiden Elternteilen endgültig geregelt werden sollte.
    • Der Tochter musste als juristischer Laiin klar sein, dass sie mit dieser Erklärung auch beim Tod der Mutter nichts mehr erben würde.
  • Kein Widerspruch zum übrigen Vertragsinhalt: Der Erbverzicht widersprach nicht dem übrigen Vertragsinhalt. Im Gegenteil, die Vereinbarung, dass die Mutter dem Sohn ihren Anteil am Grundstück gegen Einräumung eines Wohnrechts übertragen würde, deutet auf eine abschließende Regelung des Erbrechts hin.

  • Wert des Nachlasses: Auch der Wert des Nachlasses des Vaters sprach für einen Erbverzicht. Der Anteil der Tochter am Nachlass des Vaters wurde im Erbauseinandersetzungsvertrag deutlich erhöht.

  • Form des Erbverzichts: Der Erbverzicht erfüllte die formellen Voraussetzungen des § 2347 BGB.

Fazit:

Der Beschluss des OLG Hamm zeigt, dass eine Erklärung, in der sich ein Kind mit dem Empfang eines Geldbetrags

„vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“

erklärt, als Erbverzicht ausgelegt werden kann.

Vereinbarung „unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“ kann Erbverzicht sein

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Erklärung im Rahmen eines Erbauseinandersetzungsvertrags abgegeben wird

und der Wortlaut der Erklärung sowie der übrige Vertragsinhalt auf eine endgültige Regelung des Erbrechts hindeuten.