Vererblichkeit von Beihilfeansprüchen

August 23, 2017

Vererblichkeit von Beihilfeansprüchen und Übernahme ungedeckter Pflegeaufwendungen aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn

OVG Berlin-Brandenburg OVG 4 B 7.16

RA und Notar Krau

Die Klägerin begehrte als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes, einem pensionierten Beamten, die Gewährung weiterer Beihilfe zu den Kosten seiner vollstationären Pflege.

Der Ehemann hatte im Jahr 1996 das 60. Lebensjahr vollendet und war in einer gesetzlichen Krankenkasse pflegeversichert.

Die Pflegekosten überstiegen die Leistungen der Pflegekasse und die gewährte Beihilfe.

Das Verwaltungsgericht hatte der Klage stattgegeben, der Beklagte legte Berufung ein.

Kernaussage des Urteils:

Vererblichkeit von Beihilfeansprüchen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg änderte das Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise ab.

Die Klägerin hat Anspruch auf weitere Beihilfe, jedoch in geringerem Umfang als vom Verwaltungsgericht zugesprochen.

Beihilfeansprüche sind vererblich.

Die Regelung des § 39 Abs. 3 Satz 1 LBhVO ist verfassungskonform dahingehend auszulegen,

dass neben den Kosten für Unterkunft und Verpflegung auch ungedeckte Pflegekosten beihilfefähig sind, wenn diese den Eigenanteil der Einnahmen übersteigen.

Begründung des Gerichts:

  • Vererblichkeit von Beihilfeansprüchen:
    • Beihilfeansprüche sind vererblich, auch wenn die Beihilfe noch nicht bewilligt wurde.
    • Die gegenteilige Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 3 LBhVO ist nichtig.
  • Fürsorgepflicht des Dienstherrn:
    • Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebietet, dass Beamte und Versorgungsempfänger in besonderen Lebenslagen wie Pflegebedürftigkeit nicht mit unzumutbaren Kosten belastet werden.
    • Die Beihilferegelungen sind verfassungskonform auszulegen, um die Fürsorgepflicht zu gewährleisten.
  • Eigenvorsorge:
    • Dem vormaligen Kläger kann nicht entgegengehalten werden, dass er keine Pflegezusatzversicherung abgeschlossen hat.
    • Ihm war dies aufgrund seines fortgeschrittenen Alters im Jahr 1996 nicht mehr zumutbar.
  • Verfassungskonforme Auslegung von § 39 Abs. 3 Satz 1 LBhVO:
    • § 39 Abs. 3 Satz 1 LBhVO ist verfassungskonform auszulegen.
    • Neben den Kosten für Unterkunft und Verpflegung sind auch ungedeckte Pflegekosten beihilfefähig, wenn diese den Eigenanteil der Einnahmen übersteigen.
    • Dies gilt insbesondere dann, wenn der Beihilfeberechtigte keine zumutbare Eigenvorsorge treffen konnte.
  • Berechnung der Beihilfe:
    • Das OVG berechnete die Beihilfe anhand der Einnahmen des Klägers und seiner Ehefrau sowie der ungedeckten Pflegekosten.
    • Es berücksichtigte dabei den Eigenanteil, den die Klägerin nach § 39 Abs. 3 Satz 2 LBhVO selbst tragen muss.
    • Die Beihilfe wurde in Höhe der Differenz zwischen den ungedeckten Pflegekosten und dem Eigenanteil gewährt.

Vererblichkeit von Beihilfeansprüchen

Fazit:

Das Urteil stärkt die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber pflegebedürftigen Beamten und Versorgungsempfängern.

Die Beihilferegelungen sind so auszulegen, dass die Betroffenen nicht mit unzumutbaren Kosten belastet werden.

Zusätzliche Informationen:

  • Das Urteil hat Bedeutung für die Praxis, da es die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfe zu Pflegekosten klarstellt.
  • Beamte und Versorgungsempfänger sollten sich über die Beihilferegelungen informieren und ggf. zusätzliche private Vorsorge treffen.
  • Dienstherren sollten die Beihilferegelungen so gestalten, dass sie der Fürsorgepflicht gerecht werden.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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