Vergütung aus Vertrag über Online-Businesscoaching-Leistungen

November 1, 2025

Vergütung aus Vertrag über Online-Businesscoaching-Leistungen

Datum: 06.12.2023
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper: 2. Zivilsenat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 2 U 24/23

Worum ging es in dem Fall?

Es ging um einen Streit über die Bezahlung von sogenannten Online-Businesscoaching-Leistungen.

  • Die Klägerin (ein Unternehmen für Online-Coaching und Unternehmensberatung) forderte von der Beklagten (einer Werbeagentur) die ausstehende Vergütung für einen geschlossenen Vertrag über 12 Monate.
  • Die Beklagte hatte die Zahlungen nach fünf Monaten eingestellt und gekündigt. Sie war der Meinung, ihr stünde ein Kündigungsrecht zu, weil es sich um eine individuelle Unternehmensberatung gehandelt habe, und focht den Vertrag hilfsweise wegen angeblicher arglistiger Täuschung an. Später berief sie sich zusätzlich darauf, der Vertrag sei wegen fehlender behördlicher Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) nichtig.

Der Vertrag und die Kündigung

Die Parteien schlossen einen Vertrag namens „Coaching & Consulting Excellence“ über 12 Monate, der im Wesentlichen folgende Leistungen umfasste:

  • Zugang zu Online-Modulen (Videos, Worksheets, Templates) zu Themen wie Organisation, Marketing, Vertrieb und Mindset.
  • Zugang zu einer privaten WhatsApp-Gruppe für Fragen.
  • Wöchentliche Zoom/Live Calls (synchron und aufgezeichnet).
  • Fünf Seminartage (Coaching Consulting Days).

Die Beklagte zahlte zunächst fünf Monatsraten, setzte die Zahlungen dann aus und kündigte den Vertrag später mehrmals. Daraufhin kündigte auch die Klägerin wegen Zahlungsverzugs und forderte die ausstehenden Monatsraten sowie Schadensersatz für die restliche Vertragslaufzeit.

Vergütung aus Vertrag über Online-Businesscoaching-Leistungen


Die Entscheidung des OLG Köln

Das OLG Köln wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte damit das Urteil des Landgerichts Köln: Die Beklagte muss die ausstehenden Raten und den Schadensersatz an die Klägerin zahlen.

Dafür waren drei zentrale Punkte entscheidend:

1. Keine Nichtigkeit nach Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)

Das FernUSG verlangt eine staatliche Zulassung für Fernunterrichtsverträge, bei denen Lehrender und Lernender überwiegend räumlich getrennt sind und der Lernerfolg überwacht wird. Ohne Zulassung wäre der Vertrag nichtig.

  • Das OLG ließ offen, ob das FernUSG überhaupt auf Verträge zwischen Unternehmen (wie hier) anwendbar ist.
  • Entscheidend war: Es fehlte an der vertraglich vereinbarten Überwachung des Lernerfolges. Der Vertrag sah zwar Wissensvermittlung vor und es gab die Möglichkeit, Fragen zu stellen (z.B. in der WhatsApp-Gruppe), dies diente aber laut Gericht nicht der Kontrolle des Lernerfolges durch den Lehrenden (also die Klägerin), sondern der Lösung von Alltagsproblemen. Die Leistung war ein Coaching-Programm zur Befähigung der Mitarbeiter der Beklagten, den Umsatz zu steigern, nicht die Erlangung einer formalen Qualifikation mit Lernkontrolle. Daher ist das FernUSG nicht anwendbar.

2. Kein besonderes Kündigungsrecht (§ 627 BGB)

Die Beklagte argumentierte, es sei eine Dienstleistung höherer Art (Unternehmensberatung) gewesen, die ein besonderes Vertrauensverhältnis erfordert und deshalb jederzeit kündbar sei.

  • Das OLG sah den Vertrag primär als Online-Schulungs- oder Coachingprogramm an, das nicht auf individuell zugeschnittene Beratungsleistungen und den Aufbau eines persönlichen Vertrauensverhältnisses gerichtet war.
  • Der Schwerpunkt lag auf vorgefertigten Modulen, Live-Calls und Gruppen-Austausch. Es war keine individuelle Einblicksnahme in die Geschäftsdaten der Beklagten vereinbart. Solche Verträge (vergleichbar mit Unterrichtsverträgen mit Institutionen) sind nicht jederzeit nach § 627 BGB kündbar.

3. Keine wirksame Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Die Beklagte meinte, sie sei getäuscht worden, da sie eine individuelle Unternehmensberatung erwartet habe, aber nur vorgefertigte Unterlagen erhielt.

  • Das OLG stellte fest, dass die Beklagte die Anfechtung zu spät erklärt hatte. Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem der Betroffene von der Täuschung Kenntnis erlangt hat.
  • Da drei Mitarbeiter der Beklagten an dem Vertragsgespräch teilnahmen und der Zugang zum Online-Programm direkt nach Vertragsbeginn (März 2021) erfolgte, hätte die Beklagte spätestens ein bis zwei Monate später erkennen müssen, welche Leistungen die Klägerin tatsächlich erbringt. Die Anfechtung im November 2022 war damit verfristet.

Ergebnis: Der Vertrag war wirksam, die Kündigungen der Beklagten unwirksam. Da die Beklagte sich im Zahlungsverzug befand, konnte die Klägerin fristlos kündigen und die ausstehende Vergütung sowie den entgangenen Gewinn (Schadensersatz) für die restliche Laufzeit verlangen. Ersparte Aufwendungen der Klägerin wurden nicht berücksichtigt, da das Online-Programm und die Calls ohnehin angeboten wurden, unabhängig von der Teilnahme der Beklagten.

RA und Notar Krau

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