Verhältnis der Übernahme der Bestattungskosten und der Annahme einer unbilligen Härte
Gerne fasse ich den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 21.03.2025 (Az. 14 K 2099/24) zusammen.
Worum geht es in dem Beschluss?
Der Beschluss betrifft die Frage, ob ein zur Bestattung verpflichteter Angehöriger die ihm in Rechnung gestellten Bestattungskosten für seinen verstorbenen Bruder zahlen muss, die die Stadt (Beklagte) im Wege einer Ersatzvornahme (also stellvertretend) übernommen hat.
Das Gericht hat entschieden, dass der Kläger keine Prozesskostenhilfe für seine Klage gegen den Kostenbescheid erhält, weil seine Klage keine Aussicht auf Erfolg hat. Das bedeutet, das Gericht hält den Kostenbescheid der Stadt für rechtmäßig.
Die Bestattungspflicht ist unabhängig von Kontakt und Finanzen
Nach dem Bestattungsgesetz NRW (§ 8 BestG NRW) ist der Kläger als volljähriger Bruder des Verstorbenen zur Bestattung verpflichtet gewesen.
Diese Pflicht ist eine ordnungspolitische Pflicht zur Gefahrenabwehr (d.h. um zu verhindern, dass vom Leichnam eine Gefahr ausgeht und die gesetzliche Frist zur Bestattung eingehalten wird).
Sie knüpft allein an die familienrechtliche Beziehung an und besteht unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten oder dem fehlenden Kontakt zum Verstorbenen (im vorliegenden Fall gab es laut Kläger seit 30 Jahren keinen Kontakt).
Da der Kläger und sein weiterer Bruder die Bestattung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zehn Tagen (§ 13 Abs. 3 BestG NRW) veranlasst hatten, bestand eine gegenwärtige Gefahr eines Verstoßes gegen das Bestattungsgesetz.
Die Stadt war daher berechtigt, die Einäscherung im Wege des Sofortvollzugs (als Ersatzvornahme) selbst durch einen Bestatter durchführen zu lassen, ohne vorher einen formellen Bescheid mit Fristsetzung und Zwangsmittelandrohung erlassen zu müssen.
Da der Kläger seine Pflicht nicht erfüllt hat und die Stadt die Bestattung stellvertretend veranlassen musste, ist er als Kostenschuldner heranzuziehen.
Der Kläger argumentierte, die Kostenforderung stelle eine „unbillige Härte“ dar. Das Gericht sah das anders:
Das Gericht bekräftigt den Grundsatz: Die Möglichkeit, Bestattungskosten als Sozialhilfe nach § 74 SGB XII (Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch) zu beantragen, schließt regelmäßig die Annahme einer „unbilligen Härte“ im Sinne der Vollstreckungsregelungen (§ 24 VO VwVG NRW) aus.
Der Gesetzgeber hat mit § 74 SGB XII eine spezielle Regelung geschaffen, die sicherstellt, dass niemand unzumutbar durch Bestattungskosten belastet wird.
Die Unzumutbarkeit nach § 74 SGB XII ist weiter gefasst als nur die finanzielle Situation.
Hier können auch persönliche Gründe eine Rolle spielen (z. B. wenn der Verstorbene grobe Pflichtverletzungen gegenüber dem Bestattungspflichtigen begangen hat).
Diese persönlichen Gründe können aber nur im Rahmen eines Antrags auf Übernahme der Bestattungskosten beim Sozialhilfeträger geltend gemacht werden, nicht als Einwand gegen den Kostenbescheid der Stadt.
Da der Kläger laut Gericht keinen Sozialhilfeantrag gestellt hat (oder zumindest keine Gründe vorlagen, die eine unbillige Härte außerhalb des Sozialhilferechts begründen würden), liegt keine unbillige Härte vor, die es der Stadt erlauben würde, auf die Kosten zu verzichten.
Der Bruder musste zahlen. Die Bestattungspflicht als ordnungsrechtliche Pflicht muss erfüllt werden, unabhängig von Kontakt oder Vermögen. Wer meint, die Kosten nicht tragen zu können, muss Sozialhilfe nach § 74 SGB XII beantragen. Die Möglichkeit dieses Antrags verhindert, dass der Kostenbescheid der Stadt wegen „unbilliger Härte“ aufgehoben werden muss. Der Kostenbescheid der Stadt war somit rechtmäßig.
Sein Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, da die Klage gegen den Kostenbescheid keinen Erfolg verspricht.
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