Verjährung des Herausgabeanspruchs gegenüber Beauftragten
BGH Urteil vom 1.8.2024 – III ZR 144/23
Hier ist eine Zusammenfassung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Verjährung des Herausgabeanspruchs gegenüber Beauftragten (§§ 667, 671, 673 BGB)
Diese Zusammenfassung erklärt ein wichtiges Urteil des BGH zur Frage, wann ein Anspruch auf Herausgabe von Geld, das man einer Vertrauensperson (einem Beauftragten) zur Erledigung eines Auftrags überlassen hat, verjährt.
Dies ist besonders relevant, wenn der Beauftragte das Geld entgegen der Absprache verwendet hat.
Der Fall betrifft zwei befreundete Ehepaare. Der verstorbene Ehemann (GM) der Beklagten war Steuerberater der Klägerin (EF, später vertreten durch ihren Ehemann als Erben). GM unterbreitete EF ein vermeintliches „Superangebot“ einer Bank: eine Geldanlage zu einem sehr hohen Zinssatz von 5,5% p.a. Dafür müsse das Geld über seine Person laufen.
EF überwies GM insgesamt 50.000 Euro mit dem klaren Verwendungszweck „Geldanlage W Bank“. GM sollte das Geld als Festgeld bei der genannten Bank anlegen.
GM legte EF gefälschte Schreiben der Bank vor, die die Anlage bestätigen sollten.
GM verwendete das Geld nicht wie vereinbart, sondern überwies es auf eigene Konten, wo es größtenteils verlorenging. Die Bank bestätigte später, dass die vorgelegten Schreiben Fälschungen waren und keine Anlage getätigt wurde.
Nach dem Tod von GM klagte der Ehemann von EF (als ihr Alleinerbe) auf Herausgabe der 50.000 Euro gegen GMs Erbin (die Beklagte). Die Beklagte wandte ein, der Anspruch sei verjährt, da die Überweisungen bereits in den Jahren 2007 und 2008 stattfanden.
Die rechtliche Einordnung und die BGH-Entscheidung
Grundsätzlich gilt im Auftragsrecht (§§ 662 ff. BGB):
Wer einen Auftrag ausführt, muss dem Auftraggeber alles herausgeben, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten hat (§ 667 BGB).
Dies gilt auch für Geld, das man für den Auftrag erhalten hat, aber nicht bestimmungsgemäß verwendet hat. Es spielt keine Rolle, ob das Geld beim Beauftragten noch vorhanden ist.
Beweislast des Beauftragten:
Der BGH bestätigt, dass der Beauftragte (hier GM bzw. seine Erbin) beweisen muss, dass er das ihm überlassene Geld vereinbarungsgemäß verwendet hat. Da dies hier unstreitig nicht geschah (keine Anlage, nur gefälschte Bestätigungen), besteht der Anspruch auf Herausgabe der 50.000 Euro.
Wann beginnt die Verjährung? Der Herausgabeanspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Diese beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (Auftraggeber) von den Umständen Kenntnis erlangt hat. Entstanden ist ein Anspruch, wenn er fällig ist, d.h. geltend gemacht werden kann.
Ein Herausgabeanspruch aus § 667 BGB wird in der Regel erst fällig, wenn der Zweck der Überlassung erreicht oder endgültig verfehlt wurde – spätestens aber mit der Beendigung des Auftragsverhältnisses (z.B. durch Kündigung oder Tod des Beauftragten).
Der BGH stellt klar, dass eine bloße zweckwidrige Verwendung des Geldes durch den Beauftragten allein nicht zur Fälligkeit des Herausgabeanspruchs führt.
Solange der Auftraggeber (EF) gutgläubig davon ausgeht, dass die Anlage vereinbarungsgemäß getätigt wurde (hier aufgrund der Fälschungen), hat er keinen Grund, einen Herausgabeanspruch geltend zu machen.
Bei zweckwidriger Verwendung zur Anlage überlassener Gelder wird der Herausgabeanspruch erst fällig, wenn feststeht, dass das Geld nicht auftragsgemäß angelegt wurde und der Beauftragte aufgrund der zweckwidrigen Verwendung dazu auch nicht mehr in der Lage ist.
Im vorliegenden Fall war der Anspruch nicht verjährt, da: Keine Fälligkeit vor dem Tod: Solange GM die Fälschungen aufrechterhielt und EF in dem Glauben ließ, das Geld sei angelegt, stand das endgültige Verfehlen des Auftragszwecks für die Auftraggeberin nicht fest. Die Fälligkeit trat daher nicht in der Vergangenheit ein.
Das Auftragsverhältnis wurde spätestens durch den Tod von GM im April 2021 beendet ($\S$ 673 BGB). Mit der Beendigung des Auftrags wurde der Herausgabeanspruch fällig.
Die dreijährige Verjährungsfrist begann somit Ende 2021 (mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig wurde).
Die Klage wurde bereits am 7. Januar 2022 zugestellt und damit rechtzeitig vor Ablauf der Frist gehemmt.
Die Klage auf Herausgabe der 50.000 Euro war erfolgreich, da die Forderung nicht verjährt war. Der Erbe hat Anspruch auf Rückzahlung des Geldes.
Der BGH fasst die Grundsätze in drei wichtigen Leitsätzen zusammen, die über den Einzelfall hinaus gelten:
Der Herausgabeanspruch ist bei zweckwidriger Verwendung von Anlagegeldern erst fällig, wenn klar ist, dass das Geld nicht auftragsgemäß angelegt wurde und der Beauftragte dazu nicht mehr in der Lage ist.
Der Beauftragte muss beweisen, dass er das ihm überlassene Geld bestimmungsgemäß verwendet hat (Beweislast).
Die Verjährung beginnt erst, wenn der Zweck der Überlassung erreicht oder endgültig verfehlt ist, spätestens aber mit der Beendigung des Auftragsverhältnisses (z.B. durch Tod oder Kündigung).
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