Verjährung von Zugewinnausgleichsansprüchen bei Tod des Ehepartners
RA und Notar Krau
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat in einem wichtigen Beschluss vom 10. Februar 2025 (Az. 11 UF 123/24) entschieden, wann die Verjährungsfrist für güterrechtliche Ansprüche, insbesondere den Zugewinnausgleich, beginnt, wenn ein Ehepartner stirbt und der überlebende Ehepartner kein Erbe wird. Das Gericht stellte klar, dass die Verjährung nicht erst dann beginnt, wenn der überlebende Ehepartner sicher weiß, dass er nicht Erbe ist. Es reicht aus, wenn er dies grob fahrlässig nicht erkannt hat.
Die Antragstellerin ist die Schwester und Erbin einer verstorbenen Ehefrau. Die Ehefrau war mit einem Mann verheiratet, der 2017 starb. Obwohl sie verheiratet waren, lebten sie schon seit 2005 getrennt, und der Ehemann hatte kurz vor seinem Tod die Scheidung eingereicht. Da die Voraussetzungen für eine Scheidung vorlagen, wurde die Ehefrau nach dem Gesetz nicht Erbin ihres verstorbenen Mannes. Stattdessen erbte dessen Bruder. Die Ehefrau hatte jedoch möglicherweise einen Anspruch auf Zugewinnausgleich gegen den Nachlass ihres verstorbenen Mannes, da die Ehe im Güterstand der Zugewinngemeinschaft geführt wurde. Nach dem Tod des Mannes ging dieser Anspruch auf seine Erben über. Die Antragstellerin wollte nun als Erbin der verstorbenen Ehefrau Auskunft über das Vermögen des verstorbenen Ehemanns, um den Zugewinnausgleich berechnen zu können.
Der Bruder des verstorbenen Ehemanns (und später dessen Erbin, die Antragsgegnerin) weigerte sich, Auskunft zu erteilen, und berief sich auf Verjährung der Ansprüche. Das bedeutet, dass zu viel Zeit vergangen war, um den Anspruch noch geltend zu machen. Das Amtsgericht Ulm gab der Antragsgegnerin Recht und wies die Klage der Antragstellerin ab, weil die Ansprüche verjährt seien. Die Antragstellerin legte daraufhin Beschwerde beim OLG Stuttgart ein.
Das OLG Stuttgart bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Es erklärte, dass der Anspruch auf Zugewinnausgleich und der damit verbundene Auskunftsanspruch mit dem Tod des Ehemanns (hier: 05.08.2017) entstanden sind. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt nach deutschem Recht drei Jahre.
Der Knackpunkt war der Beginn dieser Frist. Die Verjährung beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (hier: die verstorbene Ehefrau) Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Für den Zugewinnausgleichsanspruch bei Tod des Ehepartners sind die „anspruchsbegründenden Umstände“ der Tod des Ehepartners und der Ausschluss des Ehegattenerbrechts.
Das Gericht betonte, dass es nicht darauf ankommt, ob die Ehefrau tatsächlich wusste, dass sie nicht Erbin geworden war. Es reichte aus, dass sie dies grob fahrlässig nicht erkannt hatte. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt.
Im konkreten Fall war die Ehefrau anwaltlich vertreten. Das OLG urteilte, dass die Ehefrau spätestens mit dem Beschluss des Nachlassgerichts vom 26. März 2019 grob fahrlässig nicht erkannt hat, dass sie nicht Erbin war. Dieser Beschluss befasste sich umfassend mit den rechtlichen Fragen zum Erbrecht. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie bereits vom Tod ihres Mannes, vom Scheidungsantrag und der langen Trennung. Es war ihr zumutbar, einen entsprechenden Antrag auf Zugewinnausgleich oder Auskunft zu stellen.
Das Gericht stellte klar, dass es für den Beginn der Verjährung nicht darauf ankommt, ob ein Erbschein bereits erteilt wurde oder das Nachlassverfahren rechtskräftig abgeschlossen war. Es ist auch nicht entscheidend, ob der Gläubiger die richtigen rechtlichen Schlüsse aus den bekannten Tatsachen zieht. Ein Rechtsirrtum oder rechtliche Zweifel beeinflussen den Lauf der Verjährungsfrist nicht.
Da die Verjährungsfrist nach Ansicht des Gerichts spätestens Ende 2019 zu laufen begann, waren die Ansprüche der Antragstellerin bei Einreichung der Klage am 29. Dezember 2023 bereits verjährt, nämlich am 31. Dezember 2022.
Das OLG Stuttgart wies die Beschwerde der Antragstellerin daher bis auf einen kleinen Punkt bei der Kostenentscheidung zurück. Das bedeutet, dass die Ansprüche auf Auskunft und Zugewinnausgleich, die die Antragstellerin geltend machen wollte, aufgrund der Verjährung nicht durchgesetzt werden konnten.
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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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