Verjährungsbeginn bei Falschberatung nach erster Abrechnung
OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 18. 3. 2010 – 3 U 1/10
Das Urteil des OLG Celle (Hinweisbeschluss vom 18. März 2010) besagt: Wenn ein Käufer einer kreditfinanzierten Kapitalanlage-Immobilie durch ein fehlerhaftes Finanzierungsbeispiel falsch beraten wurde (z. B. weil dort höhere Mieteinnahmen oder niedrigere Kosten angegeben waren), beginnt die dreijährige Verjährungsfrist für seine Schadensersatzansprüche gegen die Bank spätestens mit dem Zugang der ersten Mietabrechnung, aus der die tatsächlichen, negativen Abweichungen (Mindereinnahmen oder Unterdeckung) klar hervorgehen.
Die Verjährung ist ein wichtiges Prinzip im Recht: Sie sorgt für Rechtssicherheit. Nach Ablauf einer bestimmten Frist kann ein Schuldner (hier: die Bank) die Zahlung verweigern, selbst wenn der Anspruch (hier: Schadensersatz wegen Falschberatung) ursprünglich berechtigt war.
Regelmäßige Verjährungsfrist: Sie beträgt in der Regel drei Jahre (§ 195 BGB).
Beginn der Frist: Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger (hier: der Käufer)
von den Anspruch begründenden Umständen (z. B. die Falschberatung und der daraus entstandene Schaden) und
der Person des Schuldners (hier: die Bank)
Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 I BGB).
Im vorliegenden Fall hatte ein Kunde zwei Eigentumswohnungen als Kapitalanlage über seine Bank finanziert.
Der Bankmitarbeiter erstellte ein Finanzierungsbeispiel, das dem Kunden eine bestimmte Mietgarantie vorgaukelte. Nach den tatsächlichen Vertragsbedingungen umfasste diese Mietgarantie aber nicht alle Kosten (wie Instandhaltungsrücklage und Verwaltergebühren), was im Vergleich zur Berechnung im Finanzierungsbeispiel zu einer monatlichen Unterdeckung führte.
Der Kläger verlangt: Er wollte die Darlehensverträge rückabwickeln und Schadensersatz von der Bank.
Die Bank wendet ein: Die Ansprüche sind verjährt.
Das Gericht musste feststellen, wann der Kunde von den schadensbegründenden Umständen Kenntnis hatte oder hätte haben müssen:
Der Käufer muss die Situation nicht rechtlich korrekt bewerten können, aber er muss die Tatsachen kennen, die den Anspruch begründen (Pflichtverletzung, Schaden, Betroffenheit).
Das Gericht sah den entscheidenden Zeitpunkt spätestens mit Zugang der ersten Mietabrechnungen (Anfang 1999 oder spätestens die Jahresabrechnung 2001, die 2002 zuging).
Aus den Abrechnungen war ohne Weiteres erkennbar, dass die Mietgarantie die im Finanzierungsbeispiel berücksichtigten Kosten (Instandhaltungsrücklage und Verwaltergebühr) nicht abdeckte und diese Beträge vom Mieter oder dem Garanten abgezogen wurden.
Wenn der Kunde die Abrechnungen nicht zur Kenntnis genommen hat, wird ihm dies als grob fahrlässige Unkenntnis angelastet. Die Divergenz zwischen dem Finanzierungsbeispiel und den Abrechnungen drängte sich ihm förmlich auf, da er die Unterdeckung in seinen eigenen Zahlungen spüren musste.
Der Käufer hatte spätestens 2002 Kenntnis von den schadensbegründenden Umständen.
Die Verjährungsfrist begann am 1. Januar 2003.
Die Verjährungsfrist endete am 31. Dezember 2005.
Da der Kläger erst im Januar 2008 Klage erhob, waren seine Schadensersatzansprüche gegen die Bank wegen Falschberatung verjährt.
Dieser Fall ist eine wichtige Mahnung für Anleger:
Prüfen Sie alle erhaltenen Abrechnungen und Dokumente umgehend und sorgfältig. Sobald aus Unterlagen (wie der ersten Mietabrechnung) erkennbar wird, dass die tatsächlichen Zahlen (Mieteinnahmen, Kosten) von den in der Beratung gemachten Prognosen (Finanzierungsbeispiel) abweichen, beginnt die Uhr für die Verjährung von Schadensersatzansprüchen zu ticken. Zögern Sie nicht, rechtzeitig juristischen Rat einzuholen, wenn Sie Abweichungen feststellen.
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