OLG Köln 2 Wx 405/18 – 2 Wx 411/18

Oktober 17, 2021

 

Verletzt Stichtagsregelung Art 5 S 2 ZwErbGleichG Rechte nicht ehelicher Kinder aus EMRK – OLG Köln 2 Wx 405/18 – 2 Wx 411/18

Zusammenfassung RA und Notar Krau:

Kernaussage:

Das Oberlandesgericht Köln entschied, dass die Stichtagsregelung des Zweiten Gesetzes zur erbrechtlichen Gleichstellung

nichtehelicher Kinder (ZwErbGleichG) in diesem Fall nicht gegen die Rechte nichtehelicher Kinder aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt.

Sachverhalt:

Die Beteiligte zu 1., ein nichteheliches Kind, dessen Vaterschaft 1943 anerkannt wurde, wurde aufgrund der Stichtagsregelung des ZwErbGleichG vom Erbe ihres Vaters ausgeschlossen.

Sie beantragte die Einziehung des Erbscheins und die Erteilung eines neuen Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist.

Das Nachlassgericht wies beide Anträge zurück, wogegen sie Beschwerde einlegte.

Entscheidungsgründe:

Verletzt Stichtagsregelung Art 5 S 2 ZwErbGleichG Rechte nicht ehelicher Kinder aus EMRK – OLG Köln 2 Wx 405/18 – 2 Wx 411/18

  • Stichtagsregelung: Das ZwErbGleichG schließt nichteheliche Kinder, die vor dem 1. Juli 1949 geboren wurden, vom Erbrecht aus, wenn der Erbfall vor dem 29. Mai 2009 eintrat.
  • EMRK und frühere Rechtsprechung: Die EMRK und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) haben solche Stichtagsregelungen kritisiert, da sie zu einer Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder führen können.
  • Verhältnismäßigkeitsprüfung: Das OLG Köln prüfte, ob die Anwendung der Stichtagsregelung im konkreten Fall die Rechte der Beteiligten zu 1. aus der EMRK verletzt. Es kam zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall ist.
  • Besondere Umstände des Falls: Das Gericht berücksichtigte, dass die anderen Erben bereits seit langem vom Erbe wussten und darauf vertrauten, dass die Beteiligte zu 1. keinen Anspruch hat. Zudem war die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen, und ein Vergleich vor dem Arbeitsgericht hatte das Vertrauen der anderen Erben weiter gestärkt.
  • Kein gerechter Ausgleich möglich: Das Gericht stellte fest, dass eine Anwendung der neueren Rechtsprechung des EGMR im vorliegenden Fall zu keinem gerechten Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen der Beteiligten führen würde.
  • Zurückweisung der Beschwerden: Die Beschwerden der Beteiligten zu 1. wurden zurückgewiesen, da die Anwendung der Stichtagsregelung in diesem Fall nicht unverhältnismäßig war.

Fazit:

 

  • Die Stichtagsregelung des ZwErbGleichG kann im Einzelfall gegen die Rechte nichtehelicher Kinder aus der EMRK verstoßen, wenn dadurch kein gerechter Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen erreicht wird.
  • Im vorliegenden Fall wurde die Anwendung der Stichtagsregelung jedoch als verhältnismäßig angesehen, da die anderen Erben bereits lange vom Erbe wussten und darauf vertrauten, dass die Beteiligte zu 1. keinen Anspruch hat.
  • Das Urteil zeigt, dass die Gerichte bei der Anwendung der Stichtagsregelung eine Einzelfallprüfung vornehmen und die besonderen Umstände des jeweiligen Falls berücksichtigen müssen.
 

RA und Notar Krau

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