Verschaffungsvermächtnis bei Erbschaftsteuer

September 16, 2017

Verschaffungsvermächtnis bei  Erbschaftsteuer

gemeiner Wert oder Steuerwert Grundstück

FG Köln 9 K 7416/01

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Ein Erblasser hatte in seinem Testament seinem Neffen ein Barvermächtnis in Höhe von 50.000 DM ausgesetzt.

Kurz vor seinem Tod verfügte er mündlich, dass seine Schwester als Erbin dem Neffen stattdessen eine Eigentumswohnung im Wert von ca. 250.000 DM kaufen solle.

Die Erbin kam dieser Bitte nach.

Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer für den Neffen zunächst nur auf das Barvermächtnis fest, änderte den Bescheid aber später und erhöhte die Erbschaftsteuer,

indem es den Kaufpreis der Wohnung als Verschaffungsvermächtnis mit dem gemeinen Wert ansetzte.

Der Neffe klagte gegen den Änderungsbescheid und machte geltend, dass der Steuerwert der Wohnung anzusetzen sei.

Entscheidung des Gerichts:

Verschaffungsvermächtnis bei  Erbschaftsteuer

Das Finanzgericht Köln wies die Klage ab.

Das Finanzamt hatte den gemeinen Wert der Wohnung zu Recht angesetzt.

Begründung:

  1. Zulässigkeit des Änderungsbescheids:
  • Das Finanzamt war berechtigt, den Erbschaftsteuerbescheid zu ändern, da der Erwerb der Wohnung durch die Erbin und die Weiterübertragung an den Neffen ein rückwirkendes Ereignis mit steuerlicher Wirkung war.
  • Der ursprüngliche Bescheid war unrichtig geworden, da er nur das Barvermächtnis berücksichtigte.
  1. Verschaffungsvermächtnis:
  • Die mündliche Verfügung des Erblassers war als Gattungsverschaffungsvermächtnis anzusehen.
  • Obwohl die Verfügung zivilrechtlich wegen Formmangels unwirksam war, war sie steuerrechtlich anzuerkennen, da die Erbin sie tatsächlich erfüllte.
  1. Bewertung des Verschaffungsvermächtnisses:
  • Gegenstand des Verschaffungsvermächtnisses war der Anspruch des Neffen gegen die Erbin auf Erwerb und Übertragung der Wohnung.
  • Strittig war, ob der gemeine Wert oder der Steuerwert der Wohnung anzusetzen war.
  • Das Gericht entschied sich für den gemeinen Wert, da dies dem Korrespondenzprinzip zwischen Erwerber und Beschwertem entsprach.
  • Der gemeine Wert entsprach dem Kaufpreis der Wohnung.

Verschaffungsvermächtnis bei  Erbschaftsteuer

  1. Kein Schenkungsvertrag:
  • Die Übertragung der Wohnung durch die Erbin an den Neffen war keine Schenkung, sondern die Erfüllung des Vermächtnisses.

Revision:

Das Gericht ließ die Revision zu, da die Frage der Bewertung von Gattungsverschaffungsvermächtnissen grundsätzliche Bedeutung hatte.

Fazit:

Das Urteil des FG Köln verdeutlicht die erbschaftsteuerrechtliche Behandlung von Verschaffungsvermächtnissen.

  • Zivilrechtlich formunwirksame Verfügungen können steuerrechtlich dennoch relevant sein, wenn sie tatsächlich erfüllt werden.
  • Die Bewertung des Verschaffungsvermächtnisses richtet sich nach dem gemeinen Wert des zu verschaffenden Gegenstands.
RA und Notar Krau

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