Verspäteter Widerspruch gegen einen Betriebsübergang – LAG München 4 Sa 62/08
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Das Urteil 4 Sa 62/08 des Landesarbeitsgerichts München vom 5. Juni 2008 behandelt den verspäteten Widerspruch eines Arbeitnehmers gegen einen Betriebsübergang gemäß § 613a BGB.
Der Kläger, der gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Betriebsübernehmer widersprach, klagt auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit seinem früheren Arbeitgeber, der Beklagten.
Tatbestand
Der Kläger war seit 1996 als außertariflicher Angestellter bei der Beklagten beschäftigt.
Im Jahr 2005 verkaufte die Beklagte ihr Mobiltelefon-Geschäft an die neu gegründete B. GmbH & Co. OHG, die Tochtergesellschaft der B. Corporation, im Rahmen eines „Master Sale and Purchase Agreement“ (MSPA).
Die Beklagte informierte ihre Mitarbeiter, einschließlich des Klägers, über den Betriebsübergang mit einem Schreiben vom 29.08.2005.
Hauptpunkte des Streitfalls
Verspäteter Widerspruch:
Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses am 28.09.2006 und argumentierte, dass die Frist zum Widerspruch nicht begonnen habe, da die Information der Beklagten unvollständig und fehlerhaft gewesen sei.
Fehlende vollständige Unterrichtung:
Das Informationsschreiben der Beklagten wurde als unzureichend angesehen, da wesentliche Informationen, wie die genaue Adresse des neuen Arbeitgebers und der genaue Grund für den Betriebsübergang, fehlten.
Ausschluss des Widerspruchsrechts aufgrund Verwirkung:
Die Beklagte argumentierte, der Kläger habe sein Widerspruchsrecht verwirkt, da er erst ein Jahr nach dem Betriebsübergang widersprochen habe.
Fehlerhafte Unterrichtung:
Das Gericht entschied, dass das Schreiben vom 29.08.2005 den Kläger nicht ordnungsgemäß unterrichtet hatte.
Es fehlten entscheidende Informationen, die den Arbeitnehmern eine fundierte Entscheidungsgrundlage für einen Widerspruch hätten bieten können.
Unterrichtung über die Identität und Anschrift des Erwerbers:
Die Beklagte gab die Adresse des neuen Arbeitgebers nicht klar und verständlich an.
Die genaue Adresse der B. GmbH & Co. OHG fehlte.
Unterrichtung über den Grund des Betriebsübergangs:
Das Informationsschreiben nannte nicht ausreichend die unternehmerischen Gründe für den Übergang, die für die Entscheidung des Klägers relevant gewesen wären.
Kein Ausschluss des Widerspruchsrechts durch Verwirkung:
Das Gericht befand, dass die Beklagte nicht darauf vertrauen durfte, der Kläger werde keinen Widerspruch mehr einlegen.
Die Beklagte hatte den Kläger nach der Insolvenzanmeldung der neuen Gesellschaft um Geduld gebeten, was das Vertrauen der Beklagten, dass der Kläger nicht mehr widersprechen würde, untergrub.
Rechtzeitigkeit des Widerspruchs:
Da die Unterrichtung unvollständig war, begann die einmonatige Widerspruchsfrist nicht zu laufen, und der Widerspruch des Klägers war somit rechtzeitig.
Rechtsfolgen und Revision
Das Gericht wies die Berufung der Beklagten zurück und gab der Feststellungsklage des Klägers statt, womit sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten weiterhin bestand.
Das Gericht ließ die Revision zu, um eine grundsätzliche Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu ermöglichen.
Zusammenfassung der Entscheidungsgründe im Detail:
Unterrichtungspflichten:
Die Beklagte hat die Pflichten gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht vollständig erfüllt, was die Widerspruchsfrist nicht in Gang setzte.
Widerspruchsrecht und Verwirkung:
Das Gericht erkannte keinen Missbrauch des Widerspruchsrechts durch den Kläger und keine Verwirkung, da keine ausreichenden vertrauensbildenden Maßnahmen der Beklagten dargelegt wurden.
Schlussfolgerungen und Bedeutung
Dieses Urteil unterstreicht die Notwendigkeit einer umfassenden und klaren Information der Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang.
Fehlerhafte oder unvollständige Informationen können dazu führen, dass die Widerspruchsfrist nicht zu laufen beginnt, was den Arbeitnehmern ermöglicht, auch zu einem späteren Zeitpunkt noch wirksam Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses einzulegen.
Das Gericht betonte die Bedeutung des Schutzes der Arbeitnehmerrechte und der Transparenz seitens des Arbeitgebers in solchen Fällen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.