Verspätung Betriebskostenabrechnung Miete wegen verspäteten Wohnungseigentümerbeschlusses

Juni 21, 2025

Verspätung Betriebskostenabrechnung Miete wegen verspäteten Wohnungseigentümerbeschlusses

BGH VIII ZR 249/15

RA und Notar Krau

Worum ging es in diesem Fall?

Stellen Sie sich vor, Sie mieten eine Eigentumswohnung. Wie üblich zahlen Sie monatlich einen Vorschuss für die Betriebskosten (Nebenkosten), und Ihr Vermieter rechnet diese einmal im Jahr ab. Normalerweise muss diese Abrechnung innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums bei Ihnen ankommen. Wenn Ihr Vermieter die Frist verpasst, kann er in der Regel keine Nachzahlung von Ihnen verlangen. Das ist die sogenannte Ausschlussfrist für den Vermieter.

In diesem speziellen Fall ging es um die Frage, ob diese Frist auch dann gilt, wenn der Vermieter einer Eigentumswohnung die Betriebskostenabrechnung noch nicht erstellen kann, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ihre eigene jährliche Abrechnung noch nicht fertig hat oder genehmigt hat. Diese WEG-Abrechnung ist sozusagen die Grundlage für die Berechnung der Nebenkosten für den einzelnen Eigentümer.


Der Kern des Problems

Der Vermieter in diesem Fall (nennen wir ihn Herrn V.) hatte seiner Mieterin (Frau M.) die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 erst im Dezember 2013 zugeschickt. Für 2010 und 2011 war das deutlich zu spät. Herr V. meinte, er konnte die Abrechnungen nicht früher machen, weil die Hausverwaltung der WEG die Abrechnungen für die Eigentümergemeinschaft erst sehr spät erstellt hatte und die WEG diese dann erst kurz vor seiner Abrechnung mit Frau M. genehmigt hatte. Er hatte sogar eine handschriftliche Notiz im Mietvertrag, die besagte, dass die Betriebskosten erst nach Genehmigung der WEG-Abrechnung abgerechnet werden.


Was haben die Gerichte entschieden?

  1. Amtsgericht und Landgericht: Beide Gerichte gaben Frau M. recht und wiesen die Klage von Herrn V. auf Nachzahlung der Betriebskosten ab. Sie sagten, Herr V. hätte die Abrechnungen für 2010 und 2011 fristgerecht vorlegen müssen, und die handschriftliche Vereinbarung im Mietvertrag sei ungültig, weil sie den Mieter benachteiligt.
  2. Bundesgerichtshof (BGH): Der BGH hat die Entscheidungen der unteren Gerichte bestätigt. Die Richter haben hierzu drei wichtige Punkte klargestellt:
    • Die Frist gilt immer: Der Vermieter einer Eigentumswohnung muss die Betriebskostenabrechnung für den Mieter fristgerecht erstellen, also innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums. Es ist keine Voraussetzung, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) vorher ihre Jahresabrechnung beschlossen hat. Die Beziehungen zwischen den Wohnungseigentümern und ihrer Verwaltung sind eine Sache, die Beziehungen zwischen Vermieter und Mieter eine andere.
    • Hausverwaltung ist nicht „Gehilfe“ des Vermieters für Mietabrechnung: Die Hausverwaltung der WEG ist nicht der „Erfüllungsgehilfe“ des Vermieters, wenn es darum geht, die Betriebskostenabrechnung für den Mieter zu erstellen. Das bedeutet, wenn die Hausverwaltung die WEG-Abrechnung zu spät erstellt, ist das nicht automatisch die Schuld des Vermieters im Sinne des Mietrechts. Der Vermieter muss sich diese Verspätung nicht automatisch anrechnen lassen.
    • Vermieter muss sich selbst kümmern: Wenn der Vermieter die Frist für die Betriebskostenabrechnung verpasst hat und trotzdem eine Nachzahlung vom Mieter verlangen will, muss er ganz genau erklären und beweisen, welche konkreten Anstrengungen er unternommen hat, um eine rechtzeitige Abrechnung sicherzustellen. Es reicht nicht aus, einfach zu sagen, die Hausverwaltung war schuld. Der Vermieter muss aktiv werden, zum Beispiel die Hausverwaltung zur zügigen Erstellung der Unterlagen auffordern oder notfalls rechtliche Schritte einleiten, wenn er die Unterlagen nicht bekommt.

Verspätung Betriebskostenabrechnung Miete wegen verspäteten Wohnungseigentümerbeschlusses


Was bedeutet das für Mieter und Vermieter?

  • Für Mieter: Wenn Sie in einer Eigentumswohnung wohnen, haben Sie das Recht auf eine fristgerechte Betriebskostenabrechnung. Die Frist ist gesetzlich festgelegt und darf nicht durch private Vereinbarungen im Mietvertrag zu Ihrem Nachteil verändert werden. Wenn die Abrechnung zu spät kommt, müssen Sie in der Regel keine Nachzahlung leisten, es sei denn, der Vermieter kann beweisen, dass er die Verzögerung absolut nicht zu vertreten hat.
  • Für Vermieter (von Eigentumswohnungen): Sie sind dafür verantwortlich, die Betriebskostenabrechnung für Ihre Mieter pünktlich zu erstellen. Sie können sich nicht einfach auf eine verspätete WEG-Abrechnung berufen, um die Frist zu verlängern. Sie müssen sich aktiv darum kümmern, dass Sie alle notwendigen Unterlagen von der Hausverwaltung erhalten, um die Mieterabrechnung fristgerecht zu erstellen. Wenn die Hausverwaltung trödelt, müssen Sie handeln!

Das Ergebnis im Fall von Herrn V. und Frau M.

Herr V. konnte keine Nachzahlung für die Jahre 2010 und 2011 verlangen, weil seine Abrechnungen zu spät kamen und er nicht beweisen konnte, dass er die Verspätung nicht selbst verschuldet hatte. Er hatte nicht dargelegt, welche Schritte er unternommen hatte, um die rechtzeitige Erstellung der WEG-Abrechnungen sicherzustellen.

Für das Jahr 2012 war die Abrechnung von Herrn V. zwar rechtzeitig. Allerdings hatte Herr V. in diesem Fall die Nachforderung mit der Kaution von Frau M. verrechnet. Da die Kaution höher war als die Nachforderung, war der Anspruch von Herrn V. auf Nachzahlung erloschen.


Fazit

Dieser Fall verdeutlicht, dass der Schutz des Mieters vor späten Betriebskostenabrechnungen sehr wichtig ist. Vermieter von Eigentumswohnungen müssen ihre Pflichten ernst nehmen und können sich nicht einfach auf Verzögerungen bei der Wohnungseigentümergemeinschaft herausreden. Sie müssen aktiv werden, um die Abrechnungen für ihre Mieter rechtzeitig zu erstellen.

Haben Sie noch Fragen zu diesem Urteil oder generell zu Betriebskostenabrechnungen?

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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