BAG 8 AZR 897/08

April 9, 2021

BAG 8 AZR 897/08

Urteil vom 23.09.2010

Vertragsstrafenzahlung

RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 23. September 2010 befasst sich mit einer Vertragsstrafenzahlung in einem Arbeitsvertrag.

Die Klägerin, ein Busreiseunternehmen, hatte die Beklagte, eine „Sachbearbeiterin Bustouristik“, aufgrund einer fristlosen Kündigung verklagt.

Die Kündigung erfolgte aus gesundheitlichen Gründen, die durch Streitigkeiten mit Busfahrern verursacht wurden.

Die Klägerin verlangte eine Vertragsstrafe von 2.250,00 Euro gemäß § 4 des Arbeitsvertrages, der eine Strafe für vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsah.

Die Beklagte argumentierte, die Vertragsstrafe sei unangemessen und die Klausel unwirksam, da sie keine Unterscheidung zwischen Kündigungen während und nach der Probezeit mache.

BAG 8 AZR 897/08

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab, da die Klausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei.

Die Vertragsstrafe war unangemessen hoch, insbesondere für Kündigungen während der Probezeit, in der eine zweiwöchige Kündigungsfrist galt.

Das BAG bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen.

Es entschied, dass die Vertragsstrafenklausel eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten darstelle und somit unwirksam sei.

Eine geltungserhaltende Reduktion oder ergänzende Vertragsauslegung der Klausel sei unzulässig.

Folglich habe die Klägerin keinen Anspruch auf die Vertragsstrafe und müsse die Kosten des Verfahrens tragen.

Allgemein:

Vertragsstrafen im Arbeitsrecht sind ein komplexes Thema.

BAG 8 AZR 897/08

Hier ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

Was ist eine Vertragsstrafe?

Eine Vertragsstrafe ist eine im Arbeitsvertrag festgelegte Geldsumme, die der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber zahlen muss, wenn er gegen bestimmte Vertragspflichten verstößt.

Sie dient als Druckmittel, um die Einhaltung der Vereinbarungen zu sichern und den Arbeitgeber vor Schäden zu schützen.

Zulässigkeit von Vertragsstrafen

Grundsätzlich sind Vertragsstrafen im Arbeitsrecht zulässig. Allerdings gibt es einige Einschränkungen:

  • Angemessenheit: Die Höhe der Vertragsstrafe muss in einem angemessenen Verhältnis zum verursachten Schaden stehen. Überhöhte Vertragsstrafen sind unwirksam.
  • Konkrete Pflichtverletzung: Die Vertragsstrafe muss an eine konkrete Pflichtverletzung des Arbeitnehmers geknüpft sein. Allgemeine Formulierungen sind unzulässig.
  • AGB-Kontrolle: Vertragsstrafenklauseln unterliegen der AGB-Kontrolle, wenn sie vom Arbeitgeber gestellt werden. Das bedeutet, sie dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.

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Typische Anwendungsfälle

Vertragsstrafen werden häufig in folgenden Fällen vereinbart:

  • Verletzung von Wettbewerbsverboten: Zahlung einer Vertragsstrafe bei Aufnahme einer Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
  • Verletzung von Geheimhaltungspflichten: Zahlung einer Vertragsstrafe bei Weitergabe von Betriebsgeheimnissen.
  • Unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit: Zahlung einer Vertragsstrafe bei unentschuldigtem Fehlen.
  • Nichteinhaltung von Kündigungsfristen: Zahlung einer Vertragsstrafe bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist.

Wichtig:

  • Der Arbeitgeber muss den Schaden, der ihm durch die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers entstanden ist, nicht nachweisen, um die Vertragsstrafe zu verlangen.
  • Die Vertragsstrafe kann neben Schadensersatzansprüchen geltend gemacht werden, wenn der Schaden höher ist als die Vertragsstrafe.
  • Der Arbeitnehmer kann die Vertragsstrafe gerichtlich überprüfen lassen.

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Beispiele für unzulässige Vertragsstrafen:

  • „Strafen“ für jede Art von Vertragsverstoß: Die Vertragsstrafe muss an eine konkrete Pflichtverletzung geknüpft sein.
  • Überhöhte Vertragsstrafen: Die Höhe der Strafe muss in einem angemessenen Verhältnis zum möglichen Schaden stehen.
  • „Strafen“ für Bagatellverstöße: Vertragsstrafen für geringfügige Verstöße sind in der Regel unzulässig.

Fazit

Vertragsstrafen im Arbeitsrecht sind ein wirksames Mittel, um die Einhaltung von Vertragspflichten zu sichern.

Allerdings müssen sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um wirksam zu sein.

Im Zweifel sollten Sie sich von einem Anwalt beraten lassen.

Zusätzliche Informationen:

  • Rechtsprechung: Die Rechtsprechung zum Thema Vertragsstrafen ist umfangreich. Es gibt zahlreiche Gerichtsurteile, die sich mit der Zulässigkeit von Vertragsstrafen in verschiedenen Konstellationen befassen.
  • Individualvereinbarungen: Die Regelungen zu Vertragsstrafen können im Arbeitsvertrag individuell angepasst werden.
  • Betriebsvereinbarungen: In manchen Fällen können Regelungen zu Vertragsstrafen auch in Betriebsvereinbarungen getroffen werden.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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