Vertretungsmacht des Verwalters gegenüber Grundbuchamt
OLG München Beschluss vom 11.7.2024 – 34 Wx 155/24
Die folgende Zusammenfassung erklärt für Laien die Vertretungsmacht des Verwalters der Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE) gegenüber dem Grundbuchamt im Lichte einer wichtigen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München.
Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) durch das WEMoG am 1. Dezember 2020 hat der Verwalter eine umfassende gesetzliche Vertretungsmacht für die Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE) nach § 9b Abs. 1 WEG.
Was bedeutet das? Der Verwalter kann nunmehr kraft seines Amtes (organ-schaftliche Vertretungsmacht) alle notwendigen rechtlichen Erklärungen für die GdWE abgeben.
Diese Vertretungsmacht ist grundsätzlich unbeschränkt und kann auch durch interne Beschlüsse der Eigentümer im Außenverhältnis nicht eingeschränkt werden.
Nur für den Abschluss von Grundstückskauf- oder Darlehensverträgen benötigt der Verwalter weiterhin einen Beschluss der Wohnungseigentümer, um die GdWE zu vertreten.
Die zentrale Frage in dem Beschluss des OLG München vom 11. Juli 2024 ist, wie die neue Rechtslage die Vertretung beim Erwerb von Grundeigentum durch die GdWE betrifft.
Wenn die GdWE ein Grundstück kauft, gibt es zwei wichtige Rechtsakte:
Der eigentliche Kaufvertrag (Grundstückskaufvertrag).
Die Auflassung – die notariell beurkundete Einigung über den Eigentumsübergang, die zur Eintragung ins Grundbuch notwendig ist.
Hier gilt die Ausnahme des § 9b Abs. 1 WEG. Für den Abschluss dieses Vertrags braucht der Verwalter einen Eigentümerbeschluss.
Das OLG München stellt klar, dass die gesetzliche Ausnahme nicht für die Auflassung gilt. Die Auflassung ist nur die Erfüllung des Kaufvertrages.
Da die Auflassung nicht unter die Ausnahme des § 9b Abs. 1 WEG fällt, besitzt der Verwalter für die Erklärung der Auflassung im Namen der GdWE die umfassende Vertretungsmacht.
Das Grundbuchamt darf und muss nicht prüfen, ob die Eigentümer den Verwalter durch einen gesonderten Beschluss zur Abgabe der Auflassungserklärung ermächtigt haben.
Mit dieser Entscheidung hält das OLG München an seiner früheren Rechtsprechung nicht mehr fest. Nach altem Recht (vor 2020) war für die Auflassung durch den Verwalter oft noch ein gesonderter Nachweis der Ermächtigung durch einen Eigentümerbeschluss im Grundbuchverfahren erforderlich. Dies ist nun nicht mehr der Fall.
Das Grundbuchamt hat die Aufgabe, die formalen Voraussetzungen für die Eintragung (hier: des Eigentümerwechsels) zu prüfen.
Das Grundbuchamt prüft, ob die Auflassung (die Einigung über den Eigentumsübergang) ordnungsgemäß erklärt wurde.
Es muss die gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters prüfen. Da diese nun aus dem Gesetz (§ 9b Abs. 1 WEG) folgt und der Verwalter seine Bestellung nachgewiesen hat (z. B. durch das Protokoll der Eigentümerversammlung), ist die Vertretungsmacht für die Auflassung gegeben.
Das Grundbuchamt darf hingegen nicht prüfen, ob das zugrundeliegende schuldrechtliche Geschäft (der Kaufvertrag) wirksam ist oder ob dafür ein erforderlicher Eigentümerbeschluss vorliegt. Dies liegt außerhalb seiner Zuständigkeit.
Für das Grundbuchamt ist beim Erwerb von Grundeigentum durch die GdWE, vertreten durch den Verwalter, der Nachweis eines gesonderten Eigentümerbeschlusses zur Auflassung nicht mehr erforderlich. Die Vertretungsmacht ergibt sich direkt aus dem Gesetz (§ 9b Abs. 1 WEG).
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