Verwirkung der Vergütung bei Untätigkeit des Testamentsvollstreckers
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 07.11.2013 (Az. 10 U 100/12) befasst sich mit der Frage, wann ein Testamentsvollstrecker seinen Anspruch auf eine angemessene Vergütung verliert, insbesondere wenn er seine Pflichten grob verletzt. Das Urteil bestätigt die Abweisung der Klage eines ehemaligen Testamentsvollstreckers auf Zahlung einer Vergütung.
Der Kläger, ein Rechtsanwalt und Notar a. D. (außer Dienst), war vom Erblasser (dem Verstorbenen) in seinem Testament zum Testamentsvollstrecker ernannt worden. Seine Hauptaufgabe sollte die Erfüllung von Vermächtnissen (Geld- und Grundstückszuwendungen an bestimmte Personen) sowie deren grundbuchmäßige Sicherung sein.
Der Beklagte war der Alleinerbe, der einzige Sohn des Erblassers, und trat der Forderung des Klägers auf Testamentsvollstreckervergütung entgegen.
Der Nachlass war beträchtlich und umfasste Vermögen im Wert von über 5 Millionen Euro.
Der Kern des Streits lag in der Amtsführung des Testamentsvollstreckers, insbesondere in zwei Punkten:
Der Erblasser starb im Januar 2008. Der Kläger erklärte die unbedingte Annahme des Amtes jedoch erst im Januar 2010, über zwei Jahre nach dem Erbfall.
Der Kläger räumte ein, er habe die Annahme bewusst hinausgezögert, weil er Streit erwartete und eine im Testament genannte Ein-Jahres-Frist für die Abwicklungsvollstreckung nicht sofort in Gang setzen wollte.
Das OLG sah dies als vorsätzliche grob pflichtwidrige Verzögerung an. Der Kläger setzte sich bewusst über die Interessen der Vermächtnisnehmer (die schnell bedacht werden sollten) hinweg und verzögerte die Abwicklung, ohne dass es dafür einen rechtfertigenden Grund gab.
Der Kläger beantragte beharrlich ein uneingeschränktes Testamentsvollstreckerzeugnis, obwohl das Testament seine Aufgaben auf die Erfüllung der Vermächtnisse beschränkte.
Gerichte wiesen ihn mehrfach darauf hin, dass das Zeugnis die Beschränkung auf die Vermächtniserfüllung enthalten müsse.
Der Kläger änderte seinen Antrag erst nach weiteren deutlichen Hinweisen und mehr als zwei Jahre nach dem Erbfall, was das OLG als grob pflichtwidrig einstufte.
Wegen seines fehlerhaften Antrags erhielt der Kläger kein gültiges Testamentsvollstreckerzeugnis. Ohne dieses Zeugnis konnte er seine Aufgaben (wie die Umschreibung von Grundstücken oder die Abwicklung von Zahlungen) nicht offiziell und wirksam erfüllen. Er verursachte dadurch eine „verfahrensrechtliche Blockade“.
Bis zu seiner (späteren) Entlassung aus dem Amt im Dezember 2010 hatte der Kläger keine der Vermächtnisse selbst erfüllt. Der Erbe (der Beklagte) hatte die Zahlungen und Übertragungen der Grundstücke in der Zwischenzeit selbst vorgenommen.
Der Kläger argumentierte, sein „Dulden“ dieser Handlungen durch den Erben sei seine Leistung gewesen, doch das OLG verneinte dies, da der Erbe aus eigener Entscheidung und ungeachtet der Rolle des Klägers gehandelt hatte.
Das Gericht wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts.
Der Anspruch auf Vergütung eines Testamentsvollstreckers (§2221 BGB) kann vollständig verwirkt sein (§242 BGB, Grundsatz von Treu und Glauben).
Verwirkung liegt vor, wenn der Testamentsvollstrecker:
Vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig gegen seine Amtspflichten verstößt.
Sich bewusst über die Interessen der von ihm betreuten Personen hinwegsetzt oder sein Amt so nachlässig versieht, dass von einer ordnungsgemäßen Amtsführung keine Rede sein kann.
Das Verhalten des Klägers erfüllte diese Voraussetzungen:
Die bewusste, zweijährige Verzögerung der Amtsannahme und das starrsinnige Festhalten am falschen Antrag zum Testamentsvollstreckerzeugnis, wodurch die Vermächtniserfüllung blockiert wurde, waren grobe Pflichtverletzungen.
Der Kläger hatte bis zu seiner Entlassung keine der ihm angetragenen Aufgaben erfüllt.
Daher wurde entschieden, dass der Kläger seinen möglichen Anspruch auf Testamentsvollstreckervergütung vollständig verwirkt hat. Ihm steht keine Vergütung zu.
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