Verzugsschadensersatzanspruch gegen den vormerkungswidrig Grundbucheingetragenen wegen Verzögerung der Zustimmung zur Löschung
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 07.01.2014 – 24 O 173/13 –
OLG Köln, Entscheidung vom 21.08.2014 – 24 U 23/14 –
Hier ist eine verständliche Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 04.12.2015 (Az. V ZR 202/14) zum Schadensersatzanspruch bei verzögerter Löschung von Zwangssicherungshypotheken:
Dieses Urteil befasst sich mit der Frage, ob jemand, der eine im Grundbuch eingetragene Belastung (hier: Zwangssicherungshypotheken) löschen muss, weil sie ungültig ist, auch dann für Schäden haftet, wenn er diese Löschung schuldhaft verzögert.
Die Kläger kauften ein Grundstück und ließen eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eintragen. Diese Vormerkung ist wie ein „Platzhalter“, der sicherstellt, dass der Käufer das Grundstück später auch wirklich erhält, selbst wenn der Verkäufer in der Zwischenzeit versucht, es an jemand anderen zu verkaufen oder es belastet wird.
Nach der Vormerkung, aber bevor die Kläger als Eigentümer eingetragen wurden, ließen die Beklagten (Gläubiger der Verkäufer) Zwangssicherungshypotheken auf dem Grundstück eintragen.
Es gab Streit zwischen den Klägern und den Verkäufern über den Restkaufpreis. Ein rechtskräftiges Urteil klärte später: Die Kläger mussten den Restkaufpreis nicht zahlen, und die Verkäufer mussten der Eintragung der Kläger als Eigentümer zustimmen.
Die Kläger wurden Eigentümer. Sie verkauften das Grundstück lastenfrei weiter, konnten dies aber nicht erfüllen, weil die Zwangssicherungshypotheken der Beklagten noch eingetragen waren.
Wegen der Verzögerung mussten die Kläger die Bereitstellungszinsen (Kosten für einen nicht abgerufenen Kredit) ihrer Käufer übernehmen und hatten eigene zusätzliche Kreditzinsen. Sie verlangten von den Beklagten die Zustimmung zur Löschung der Hypotheken und Schadensersatz für die entstandenen Zinskosten.
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht gaben den Klägern recht: Die Beklagten mussten der Löschung zustimmen und den entstandenen Schaden ersetzen.
Der BGH bestätigte die Urteile der Vorinstanzen und wies die Revision der Beklagten zurück, soweit sie sich gegen den Schadensersatzanspruch richtete.
Der zentrale Punkt war die Frage, ob die allgemeinen Regeln des Schadensersatzrechts wegen Verzögerung (§§ 280, 286 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) auf den Anspruch des Vormerkungsberechtigten gegen einen Dritten auf Löschung einer Eintragung (§ 888 BGB) anwendbar sind.
Der § 888 BGB gibt dem Vormerkungsberechtigten einen Anspruch gegen Dritte, die nachträglich Rechte am Grundstück erworben haben (wie die Beklagten mit ihren Zwangshypotheken), auf Zustimmung zur Löschung dieser Rechte. Diese Löschung ist notwendig, um das Ziel der Vormerkung – nämlich den lastenfreien Eigentumserwerb – durchzusetzen.
Früher hatte der BGH die Anwendung der Schadensersatzregeln verneint, weil der §888 BGB-Anspruch nur ein „Hilfsanspruch“ sei und man sich wegen des Schadens an den ursprünglichen Verkäufer (den Schuldner) halten müsse.
Der BGH ändert seine frühere Rechtsprechung. Er argumentiert, dass der §888 BGB-Anspruch zwar unselbstständig ist, aber dennoch ein eigenständiger Leistungsanspruch gegen den Dritten (die Beklagten) ist. Dieser Dritte ist derjenige, der die Löschung herbeiführen muss. Die Verzögerung und der Schaden sind die alleinige Folge des pflichtwidrigen Verhaltens des Dritten und nicht die des ursprünglichen Verkäufers. Der Vormerkungsgläubiger kann nicht auf den Verkäufer verwiesen werden.
Würde der Dritte nicht für Verzögerung haften, könnte er die Löschung hinauszögern, was den Schutz durch die Vormerkung entscheidend entwerten würde. Die Anwendung der Schadensersatzregeln ist daher notwendig, um den Vormerkungsgläubiger effektiv zu schützen.
Der BGH stellte fest, dass die Voraussetzungen für den Schadensersatz wegen Verzögerung ($§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 BGB) vorliegen:
Der Löschungsanspruch der Kläger gegen die Beklagten stand fest.
Die Beklagten befanden sich in Verzug (Verzögerung), weil sie auf die Aufforderung der Kläger hin die Zustimmung zur Löschung nicht ohne Vorbedingungen erteilt hatten.
Die Beklagten handelten schuldhaft, da sie aufgrund des rechtskräftigen Urteils gegen ihre eigenen Schuldner damit rechnen mussten, dass ihre Zwangshypotheken zu Unrecht eingetragen waren.
Der BGH bestätigt, dass die Beklagten den Klägern den durch die Verzögerung entstandenen Schaden (Zinskosten) ersetzen müssen.
Das Urteil stärkt die Rechtsstellung des Vormerkungsberechtigten und stellt klar, dass ein Dritter, der eine aufgrund der Vormerkung ungültige Eintragung nicht unverzüglich löscht, für die daraus entstehenden Schäden haftet.
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