Voraussetzungen des gesetzlichen Erbrechts des verwandten Ehegatten
Sie kennen das Sprichwort: „Liebe macht blind.“ Manchmal führt sie uns auch in rechtliche Konstellationen, die auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Was passiert zum Beispiel, wenn man jemanden heiratet, der gleichzeitig ein Verwandter ist? Hier, bei RA und Notar Krau, beleuchten wir für Sie, wie das deutsche Erbrecht in solchen Fällen greift.
Stellen Sie sich vor, Sie sind mit Ihrer Tante oder Ihrem Onkel verheiratet, oder vielleicht sogar mit Großtante oder Großonkel. Im deutschen Erbrecht führt das zu einer besonderen Situation: Wenn Ihr Ehepartner stirbt und keine Kinder hinterlässt, erben Sie in diesem Fall nicht nur als Ehepartner, sondern auch noch als Verwandter. Das bedeutet, Sie bekommen gleich zwei „Portionen“ vom Erbe ab.
Die Lage ändert sich jedoch, wenn in dieser besonderen Konstellation der Neffe oder die Nichte (also die Person, die mit Tante oder Onkel verheiratet ist) zuerst stirbt. Dann erbt der überlebende Ehepartner – sprich, Onkel oder Tante – das gesamte Erbe allein als Ehepartner. Warum? Weil Tanten und Onkel vom Gesetz her als sogenannte „Erben dritter Ordnung“ gelten. Wenn aber ein Ehepartner vorhanden ist, schließt dieser die Erben dritter Ordnung von der Erbfolge aus.
Interessant wird es bei Ehen zwischen Cousins und Cousinen. Hier gibt es keine zwei getrennten Erbteile. Der überlebende Ehepartner erbt stattdessen einen einzigen, einheitlichen Erbteil als Ehepartner.
Auch wenn es keine Erben dritter Ordnung (wie Onkel oder Tanten) gibt, sondern nur noch entferntere Verwandte (vierte Ordnung oder noch weiter entfernt), erbt der überlebende Ehepartner das gesamte Vermögen allein. Auch hier bekommt der Ehepartner einen einzigen, einheitlichen Erbteil.
Nehmen wir das Beispiel einer Nichte, die ihren Onkel geheiratet hat. Wenn der Onkel stirbt, erbt sie wie oben beschrieben in zwei „Rollen“: als Ehefrau und als Nichte. Das deutsche Gesetz erlaubt es ihr sogar, den Erbteil als Ehefrau auszuschlagen – zum Beispiel, wenn damit Schulden verbunden wären – und trotzdem ihren Erbteil als Nichte anzunehmen. Zusätzlich kann sie den sogenannten „Zugewinnausgleich“ verlangen. Das ist ein finanzieller Ausgleich, der dafür sorgt, dass beide Ehepartner am Ende der Ehe (oder eben beim Tod eines Partners) finanziell gleichgestellt sind, was den während der Ehe erwirtschafteten Zugewinn angeht.
Für eingetragene Lebenspartner gelten ähnliche Regeln. Auch hier kann es zu der Situation kommen, dass der überlebende Lebenspartner in zwei „Rollen“ erbt. Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied zum Ehe-Erbrecht: Eine Lebenspartnerschaft konnte nicht zwischen Personen eingegangen werden, die in gerader Linie miteinander verwandt sind (z.B. Eltern und Kinder) oder zwischen Voll- und Halbgeschwistern. Das bedeutet, dass es in solchen Fällen bei Lebenspartnerschaften niemals zu zwei getrennten Erbteilen kommen konnte.
Relevante Konstellationen für doppelte Erbteile bei Lebenspartnern sind daher nur eingetragene Lebenspartnerschaften zwischen Onkel und Neffe, Großonkel und Großneffe bzw. Tante und Nichte, Großtante und Großnichte. Auch hier gilt: Die „besonderen Erbteile“ entstehen nur, wenn Neffe, Nichte, Großneffe oder Großnichte den Partner überleben.
Stirbt hingegen der (Groß-)Onkel oder die (Groß-)Tante zuerst, erbt der überlebende Lebenspartner wiederum allein als Lebenspartner.
Wie Sie sehen, ist das Erbrecht komplex, besonders wenn familiäre Verflechtungen hinzukommen. Diese speziellen Konstellationen verdeutlichen, wie wichtig es ist, sich mit der Materie auseinanderzusetzen. Wenn Sie Fragen zu Ihrem individuellen Fall haben, stehe ich Ihnen als RA und Notar Krau gerne zur Verfügung.