Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Grundschuldbestellung bei bereits genehmigtem Grundstückskaufvertrag mit Belastungsvollmacht

November 2, 2025

Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Grundschuldbestellung bei bereits genehmigtem Grundstückskaufvertrag mit Belastungsvollmacht

Zusammenfassung des Beschlusses des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken vom 22. Dezember 2004 (Az.: 3 W 130/04)

Worum ging es? Der Kern des Falls

Dieser Rechtsstreit dreht sich um die Grundstücksbelastung (Eintragung einer Grundschuld) zugunsten einer Bank, wobei einer der Grundstückseigentümer unter Betreuung stand.

Konkret ging es darum, ob die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Kaufvertrags und der darin enthaltenen Vollmacht zur Belastung des Grundstücks ausreicht, oder ob auch die spätere tatsächliche Bestellung der Grundschuld (die Belastung selbst) nochmals gesondert genehmigt werden muss, weil der Betreute betroffen ist.

Die Ausgangslage und der Kaufvertrag

  1. Die Situation: Ein Grundstück wurde verkauft. Einer der Verkäufer stand unter Betreuung (Beteiligter zu 2). Die Betreuerin (Beteiligte zu 1) handelte auch für ihn.
  2. Der Vertrag (Kaufvertrag): Im notariellen Kaufvertrag vom 9. Februar 2004 stimmte die Betreuerin (auch für den Betreuten) nicht nur dem Verkauf zu, sondern erteilte den Käufern (Beteiligte zu 3 und 4) auch eine Vollmacht.
  3. Die Vollmacht: Diese Vollmacht erlaubte den Käufern, das Grundstück bereits vor der Umschreibung im Grundbuch mit einer konkret benannten Grundschuld (80.000 EUR plus Zinsen/Nebenkosten) zugunsten der finanzierenden Bank zu belasten (sogenannte Belastungsvollmacht).
  4. Die Belastung: Noch am selben Tag nutzten die Käufer diese Vollmacht und ließen die genannte Grundschuld zugunsten der Bank eintragen (die Grundschuldbestellung).
  5. Die erste Genehmigung: Das zuständige Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) genehmigte später (am 1. April 2004) die Erklärungen der Betreuerin im notariellen Kaufvertrag (also den Verkauf und die Erteilung der Vollmacht).

Die Probleme beim Grundbuchamt

  • Der Rechtspfleger beim Grundbuchamt lehnte die Eintragung der Grundschuld ab (Zwischenverfügung).
  • Grund: Es fehle die gesonderte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für die tatsächliche Grundschuldbestellung (die Belastung des Grundstücks selbst), nicht nur für die Vollmacht dazu im Kaufvertrag.

Die Beteiligten legten Beschwerde ein und argumentierten, die Genehmigung der Vollmacht im Kaufvertrag müsse ausreichen, da alle Details der Grundschuld dort bereits festgelegt waren.

Der Weg durch die Instanzen

  1. Landgericht: Das Landgericht wies die Beschwerde zurück. Es bestätigte, dass eine separate Genehmigung für die Grundschuldbestellung notwendig ist.
  2. Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken: Das OLG musste nun im Rahmen der weiteren Beschwerde entscheiden, wer Recht hatte.

Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Grundschuldbestellung bei bereits genehmigtem Grundstückskaufvertrag mit Belastungsvollmacht

Die Entscheidung des OLG Zweibrücken

Das OLG Zweibrücken wies die weitere Beschwerde zurück und bestätigte damit die Entscheidungen des Grundbuchamts und des Landgerichts.

Die zentralen Argumente des OLG:

  • Genehmigungspflicht: Nach den maßgeblichen Gesetzen (1908i Abs. 1 Satz 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB) braucht ein Betreuer die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts für eine Verfügung über ein Grundstück oder ein Recht daran. Die Belastung des Grundstücks mit einer Grundschuld ist eine solche genehmigungspflichtige Verfügung.
  • Vollmacht vs. Verfügung: Die Vollmacht selbst (die Erlaubnis, das Grundstück zu belasten) ist noch keine endgültige Verfügung. Die eigentliche Rechtshandlung, die das Vermögen des Betreuten letztendlich belastet, ist erst die tatsächliche Bestellung der Grundschuld (die Belastung).
  • Formale Abgrenzung: Das Gericht betonte, dass der Kreis der genehmigungsbedürftigen Geschäfte im Interesse der Rechtssicherheit formal und eindeutig abgegrenzt werden muss. Es ist kein Raum für eine „wertende“ Betrachtung, die fragt, ob die Interessen des Betreuten nicht schon durch die Genehmigung eines anderen Geschäfts (hier: des Kaufvertrags) gewahrt sind.
  • Schutz des Betreuten: Die Genehmigungspflicht für die Grundschuldbestellung entfällt nicht dadurch, dass die Betreuerin bereits im Kaufvertrag die Vollmacht dazu erteilt hat und diese Vollmacht genehmigt wurde. Der klare Gesetzeswortlaut (1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB) steht dieser Sichtweise entgegen. Das Gericht folgte damit der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung.

Fazit

Für einen Betreuten gilt ein besonderer Vermögensschutz. Selbst wenn ein Gericht bereits einem großen Schritt (wie dem Verkauf eines Hauses) zugestimmt und auch die Ermächtigung zur Belastung des Hauses genehmigt hat, muss der folgende, konkrete Schritt der Belastung (die Eintragung der Grundschuld) nochmals gesondert vom Vormundschaftsgericht genehmigt werden.

Kurz gesagt: Die Genehmigung der Erlaubnis (Vollmacht) reicht nicht aus; die Genehmigung des Tuns (der Belastung) ist ebenfalls zwingend vorgeschrieben, um den Betreuten umfassend zu schützen.

Ergebnis: Die weitere Beschwerde wurde zurückgewiesen. Die Eintragung der Grundschuld konnte erst erfolgen, nachdem die separate Genehmigung für die Grundschuldbestellung nachgereicht wurde.

RA und Notar Krau

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