vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung

Juni 2, 2020

vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung – OLG Stuttgart 8 W 494/99

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau

  1. Einleitung

    • Hintergrund der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung
  2. Sachverhalt

    • Persönliche und familiäre Situation der Betreuten
    • Erbschaft des Onkels und dessen Testament
    • Ausschlagung der Erbschaft durch den Betreuer und deren Konsequenzen
    • Antrag auf vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Ausschlagung
  3. Vormundschaftsgerichtliche Entscheidung

    • Bestellung eines Ergänzungspflegers
    • Vereinbarung zwischen Betreuter und ihrem Bruder
    • Versagung der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht
  4. Beschwerdeverfahren

    • Erstbeschwerde des Betreuers und deren Zurückweisung durch das Landgericht
    • Weitere Beschwerde durch den Betreuer
  5. Rechtliche Würdigung durch das OLG Stuttgart

    • Zulässigkeit und Statthaftigkeit der weiteren Beschwerde
    • Aufgaben und Pflichten des Betreuers hinsichtlich der Vermögenssorge
    • Unvereinbarkeit der Erbschaftsausschlagung mit den gesetzlichen Aufgaben des Betreuers
    • Bewertung der Vereinbarung zwischen der Betreuten und ihrem Bruder
    • Unwirksamkeit der Ausschlagung wegen Sittenwidrigkeit
  6. Sozialhilferechtliche Aspekte

    • Sozialhilferechtliche Verpflichtungen der Betreuten
    • Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften zu Lasten des Sozialhilfeträgers
    • Vergleich mit der Rechtsprechung zum Behinderten-Testament
  7. Schlussfolgerung

    • Bestätigung der vormundschaftsgerichtlichen und landgerichtlichen Entscheidungen durch das OLG Stuttgart
    • Endgültige Versagung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung der Erbschaftsausschlagung

vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung 

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatte in seinem Beschluss vom 25.06.2001 (8 W 494/99) über die weitere Beschwerde eines Betreuers

gegen die Versagung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung zu entscheiden.

Der Fall:

Die Betreute war eine an Schizophrenie erkrankte Frau, die in einer Pflegeeinrichtung lebte und Sozialhilfe bezog.

Ihr Onkel verstarb und setzte in seinem Testament die Abkömmlinge seines Bruders, also die Betreute und ihren Bruder, zu Erben ein.

Der Betreuer der Frau schlug die Erbschaft aus, wodurch der Bruder Alleinerbe wurde.

Der Bruder verpflichtete sich daraufhin, seiner Schwester Zuwendungen zu machen, die nicht von der Sozialhilfe angerechnet werden.

Das Vormundschaftsgericht verweigerte die Genehmigung der Ausschlagung, da sie sittenwidrig sei und den Sozialhilfeträger benachteilige.

vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung 

Die Entscheidung:

Das OLG Stuttgart wies die weitere Beschwerde zurück und bestätigte die Versagung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung.

Die Ausschlagung der Erbschaft war sittenwidrig und daher nicht genehmigungsfähig.

Begründung:

  • Aufgabe des Betreuers: Der Betreuer hat die Aufgabe, die Vermögensinteressen des Betreuten zu wahren.
  • Widerspruch zur Vermögenssorge: Die Ausschlagung der Erbschaft widersprach dieser Aufgabe, da sie einen Vermögenserwerb der Betreuten verhinderte.
  • Keine Genehmigungspflicht: Die bloße Tatsache, dass die Ausschlagung ein höchstpersönliches Recht ist, bedeutet nicht, dass sie ohne Weiteres genehmigungsfähig ist.
  • Vereinbarung mit dem Bruder: Die Vereinbarung mit dem Bruder änderte nichts an der Sittenwidrigkeit, da sie keine konkreten und einklagbaren Verpflichtungen enthielt.
  • Sozialhilferechtliche Aspekte: Die Ausschlagung benachteiligte den Sozialhilfeträger, da der Erbteil dem Zugriff der Sozialhilfe entzogen wurde.
  • Sittenwidrigkeit: Rechtsgeschäfte, die den Zugriff des Sozialhilfeträgers auf Vermögen vereiteln, sind sittenwidrig.
  • Vergleich mit Behinderten-Testament: Die Rechtsprechung zum Behinderten-Testament ist nicht einschlägig, da sie an die Testierfreiheit des Erblassers anknüpft.
  • Widerspruch zum Erblasserwillen: Die Ausschlagung widersprach dem Erblasserwillen, der die Betreute als Miterbin einsetzen wollte.

vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung 

Konsequenzen:

Die weitere Beschwerde wurde zurückgewiesen.

Die Ausschlagung der Erbschaft blieb unwirksam.

Besonderheiten des Falls:

  • Der Fall zeigt die Grenzen der Ausschlagung einer Erbschaft durch einen Betreuer.
  • Es wird deutlich, dass die Ausschlagung nicht genehmigungsfähig ist, wenn sie den Vermögensinteressen des Betreuten widerspricht.
  • Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der Sozialhilferechtsprechung für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das OLG Stuttgart in seinem Beschluss die Anforderungen an die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung präzisiert

und die Bedeutung der Sozialhilferechtsprechung für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften hervorgehoben hat.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Auslegung einer Vollmacht im Grundbuchverfahren

Auslegung einer Vollmacht im Grundbuchverfahren

Juni 9, 2025
Auslegung einer Vollmacht im GrundbuchverfahrenOLG Brandenburg, Beschl. v. 7.10.2024 – 5 W 87/24RA und Notar KrauHintergrund des Falls…
Erbbaurecht ohne Entschädigung bei Heimfall zulässig

Erbbaurecht ohne Entschädigung bei Heimfall zulässig

Mai 29, 2025
Erbbaurecht ohne Entschädigung bei Heimfall zulässigBGH Urt. v. 19.01.2024, Az. V ZR 191/22Was bedeutet das Urteil des BGH für Sie?Sehr…
Von dieser Vollmacht darf nur vor dem beurkundenden Notar Gebrauch gemacht werden

Von dieser Vollmacht darf nur vor dem beurkundenden Notar Gebrauch gemacht werden

Mai 28, 2025
Von dieser Vollmacht darf nur vor dem beurkundenden Notar Gebrauch gemacht werdenBundesgerichtshof, Urteil vom 8. Mai 2025 – III ZR 398/23RA…