Wann sollte ich Testamentsvollstreckung anordnen?

Dezember 26, 2024

Zusammenfassung des Aufsatzes von Schleifenbaum:

„Wann sollte ich Testamentsvollstreckung anordnen?

Teil 2: Besondere Gründe für Testamentsvollstreckung bei Unternehmensbeteiligungen, Sonderfälle“

NZG 2015, 230.

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Testamentsvollstreckung ermöglicht es dem Erblasser, über seinen Tod hinaus Einfluss auf sein Vermögen zu nehmen.

Sie bietet sich in vielen Situationen an, erfordert aber sorgfältige Planung und Abwägung, insbesondere bei Unternehmensbeteiligungen und Sonderfällen.

I. Unternehmensbeteiligungen im Nachlass

Die Testamentsvollstreckung bei Unternehmensbeteiligungen ist ein komplexes Thema, das eine differenzierte Betrachtung erfordert.

Wann sollte ich Testamentsvollstreckung anordnen?

Ziel des Erblassers ist oft der Schutz des Unternehmens und die Versorgung der Hinterbliebenen.

Die Testamentsvollstreckung kann dazu beitragen, indem sie dem Testamentsvollstrecker weitreichende Verwaltungs- und Verfügungsrechte einräumt.

Allerdings gibt es je nach Rechtsform des Unternehmens Besonderheiten und Grenzen zu beachten.

1. Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) ist die Testamentsvollstreckung grundsätzlich unproblematisch, auch als Dauerlösung.

Der Testamentsvollstrecker kann die Gesellschafterrechte ausüben, z.B. das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung.

Allerdings gibt es auch hier Grenzen:

  • Erbrechtliche Grenzen: Der Testamentsvollstrecker darf den Nachlass nicht übermäßig belasten (§ 2206 BGB) und keine Schenkungen machen (§ 2205 BGB). Kapitalerhöhungen gegen Einlagen sind problematisch, da sie zu einer persönlichen Haftung des Erben führen können.
  • Gesellschaftsrechtliche Grenzen: Der Gesellschaftsvertrag kann die Rechte des Testamentsvollstreckers beschränken. Die sog. Kernbereichslehre schützt bestimmte Rechte des Gesellschafters, z.B. Kündigungsrechte oder Abfindungsregelungen.

Wann sollte ich Testamentsvollstreckung anordnen?

Gestaltungsmöglichkeiten:

  • Postmortale oder transmortale Vollmachten: Der Erblasser kann dem Testamentsvollstrecker zusätzliche Vollmachten erteilen, um die erbrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Grenzen zu überwinden.
  • Auflage an den Erben: Der Erblasser kann den Erben verpflichten, dem Testamentsvollstrecker eine Vollmacht zu erteilen.

2. Einzelunternehmen

Bei Einzelunternehmen ist die Dauer-Testamentsvollstreckung problematisch, da sie mit den Haftungsgrundsätzen des Handelsrechts kollidiert.

Der Erbe haftet für die Unternehmensschulden unbeschränkt, während der Testamentsvollstrecker nur den Nachlass verpflichten kann.

Dies würde zu einer faktischen Haftungsbeschränkung führen, die den gesetzlichen Vorgaben widerspricht.

Gestaltungsmöglichkeiten:

  • Abwicklungs-Testamentsvollstreckung: Zulässig ist die Testamentsvollstreckung zur Abwicklung des Unternehmens innerhalb von drei Monaten (§ 27 Abs. 3 HGB).
  • Vollmachten und Treuhand: Als Alternative zur Testamentsvollstreckung bieten sich Vollmachten oder Treuhandkonstruktionen an.

Wann sollte ich Testamentsvollstreckung anordnen?

3. Personenhandelsgesellschaften

Bei Personengesellschaften (OHG, KG) ist die Rechtslage komplex und hängt von der Art der Beteiligung und den gesellschaftsvertraglichen Regelungen ab.

  • Ausscheiden des Erblassers: Scheidet der Erblasser durch seinen Tod aus der Gesellschaft aus, entsteht ein Abfindungsanspruch, der der Testamentsvollstreckung unterliegen kann.
  • Erbrechtliche Nachfolge: Tritt der Erbe in die Gesellschaftsbeteiligung ein, ist die Testamentsvollstreckung grundsätzlich möglich. Bei einer persönlich haftenden Beteiligung (OHG) ist die Dauer-Testamentsvollstreckung jedoch problematisch, da sie zu einer Haftungsbeschränkung führen würde.
  • Kommanditbeteiligung: Eine Kommanditbeteiligung ist von Gesetzes wegen vererblich, so dass die Testamentsvollstreckung grundsätzlich zulässig ist. Allerdings gibt es auch hier Besonderheiten zu beachten, z.B. wenn der Kommanditist geschäftsführungsbefugt ist oder der Erbe bereits Mitgesellschafter ist.

Gestaltungsmöglichkeiten:

Wann sollte ich Testamentsvollstreckung anordnen?

  • Abwicklungs-Testamentsvollstreckung: Zur Abwicklung der Beteiligung innerhalb der gesetzlichen Fristen.
  • Beaufsichtigende Testamentsvollstreckung: Der Testamentsvollstrecker kann den Erben beaufsichtigen und die Verfügungsbefugnis über die Beteiligung beschränken.
  • Gesellschaftsvertragliche Regelungen: Der Erblasser sollte sicherstellen, dass der Gesellschaftsvertrag die Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Testamentsvollstrecker zulässt.

II. Steuerliche Aspekte

Die Testamentsvollstreckung kann auch aus steuerlichen Gründen sinnvoll sein.

Nach der sog. Trennungstheorie des BFH ist die Erbauseinandersetzung ein eigenständiger Rechtsvorgang, der zu steuerlichen Effekten führen kann.

Um die Funktionsfähigkeit des Unternehmens bis zur Erbauseinandersetzung zu gewährleisten, kann die Testamentsvollstreckung sinnvoll sein.

Allerdings haben die Fortführungsprivilegien im Erbschaftsteuerrecht die Bedeutung dieses Aspekts reduziert.

III. Sonderfälle

1. Im Ausland belegener Nachlass

Bei im Ausland befindlichem Nachlass ist die Testamentsvollstreckung mit besonderer Vorsicht zu genießen.

Wann sollte ich Testamentsvollstreckung anordnen?

Es stellen sich kollisionsrechtliche Fragen, welches Recht Anwendung findet.

Auch die Anerkennung der Befugnisse des deutschen Testamentsvollstreckers im Ausland kann problematisch sein.

Gestaltungsmöglichkeiten:

  • Vollmachten: Der Erblasser sollte dem Testamentsvollstrecker zusätzlich Vollmachten erteilen, die im Ausland anerkannt werden.
  • Zweisprachige Vollmachten: Um die Anerkennung im Ausland zu erleichtern, sollten Vollmachten in der Sprache des Verwendungslandes und der Sprache des Vollmachtgebers abgefasst werden.

2. Digitaler Nachlass

Der digitale Nachlass umfasst alle digitalen Vermögenswerte und Daten des Erblassers.

Die Testamentsvollstreckung kann hier sinnvoll sein, um z.B. den Zugriff auf Online-Konten zu regeln oder sensible Daten zu löschen.

Allerdings ist die Rechtslage im Bereich des digitalen Nachlasses noch nicht vollständig geklärt, insbesondere im Hinblick auf die Vererblichkeit von Daten mit Persönlichkeitsrechtsbezug.

Schlussbetrachtung

Wann sollte ich Testamentsvollstreckung anordnen?

Die Testamentsvollstreckung ist ein wichtiges Instrument der Nachlassplanung, das in vielen Situationen sinnvoll sein kann.

Sie sollte jedoch sorgfältig geplant und auf die individuellen Bedürfnisse des Erblassers abgestimmt werden.

Besondere Vorsicht ist bei Unternehmensbeteiligungen und im Ausland belegenem Nachlass geboten.

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