Was bedeutet „fertiggestellt“ bei Bauverträgen?
KG, 27.05.2025 – 21 W 8/25
RA und Notar Krau
Das Kammergericht Berlin hat eine wichtige Entscheidung zu Bauverträgen getroffen, die für Käufer und Bauträger gleichermaßen relevant ist. Es geht um die Frage, wann ein Bauvorhaben als „vollständig fertiggestellt“ gilt und welche Auswirkungen Mängel auf die letzte Rate des Kaufpreises haben.
Ein Ehepaar hatte eine Wohnung von einem Bauträger gekauft. Die letzte Rate des Kaufpreises (3,5 %) sollte erst nach „vollständiger Fertigstellung“ fällig werden. Das Ehepaar weigerte sich, diese Rate zu zahlen, weil ihrer Meinung nach noch Mängel am Gemeinschaftseigentum (z.B. Treppenhaus, Fassade) und am Sondereigentum (ihrer Wohnung) vorhanden waren. Sie wollten erst dann das Eigentum an der Wohnung übertragen bekommen, wenn alle Mängel behoben sind und die letzte Rate nicht mehr offen ist. Der Bauträger hingegen wollte die restliche Zahlung erhalten, bevor er der Eigentumsübertragung zustimmt.
Das Gericht hat klargestellt, dass „vollständige Fertigstellung“ bedeutet, dass die Immobilie abnahmereif ist. Das heißt, es dürfen keine wesentlichen Mängel mehr vorhanden sein. Mängel, die im Abnahmeprotokoll festgehalten wurden (sogenannte Protokollmängel), verhindern die Fälligkeit der Schlussrate nicht. Stattdessen geben sie dem Käufer das Recht, die Zahlung so lange zurückzuhalten, bis die Mängel behoben sind. Das nennt man eine „Zug-um-Zug-Verurteilung“. Das bedeutet, der Käufer muss erst zahlen, wenn der Bauträger die Mängel beseitigt hat.
Selbst wenn die im Protokoll festgehaltenen Mängel geringfügig sind, hindern sie die Fälligkeit der Schlussrate nicht. Der Käufer kann sich aber auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen. Das bedeutet, er kann einen Teil des Geldes zurückhalten, bis die Mängel beseitigt sind. Die Höhe, die zurückgehalten werden darf, ist dabei auf das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten begrenzt.
Das Gericht hat auch über eine „doppelte Zug-um-Zug-Verurteilung“ gesprochen. Das bedeutet, dass die Eigentumsübertragung nur dann erfolgt, wenn der Käufer die restliche Kaufpreisforderung zahlt. Diese Zahlung wiederum muss der Käufer nur leisten, wenn der Bauträger die Mängel beseitigt hat. Dies soll sicherstellen, dass beide Seiten ihre Verpflichtungen erfüllen.
Ein weiterer Streitpunkt war eine Klausel im Vertrag, die regelt, wie mit Abweichungen der Wohnfläche umgegangen wird. Die Klausel besagt, dass sich der Kaufpreis nur dann ändert, wenn die Wohnfläche um mehr als 3 % von der ursprünglich angegebenen Fläche abweicht. Und selbst dann wird nur der Anteil der Abweichung über 3 % berücksichtigt. Das Gericht hat diese Klausel als wirksam eingestuft. Es ist demnach zulässig, dass die Parteien vereinbaren, dass kleine Abweichungen (bis zu 3 %) keinen Einfluss auf den Kaufpreis haben.
Das Gericht hatte den Fall zunächst ausgesetzt, weil es noch ein anderes Verfahren gab, in dem es um Mängel am Gemeinschaftseigentum ging. Das Kammergericht hat diese Aussetzung bestätigt. Es ist wichtig, die Mängel am Gemeinschaftseigentum zu klären, da sie Auswirkungen auf den Anspruch des Käufers auf Eigentumsübertragung haben könnten und die „doppelte Zug-um-Zug-Verurteilung“ erst danach entschieden werden kann.
Diese Entscheidung des Kammergerichts Berlin schafft mehr Klarheit für Bauverträge und die Fälligkeit der Schlussrate. Sie betont, dass Käufer bei Mängeln nicht grundsätzlich die Zahlung der Schlussrate verweigern können, sondern ein Zurückbehaltungsrecht haben. Gleichzeitig schützt sie die Interessen der Käufer, indem sie sicherstellt, dass Mängel behoben werden, bevor die vollständige Zahlung erfolgt.
Wenn Sie einen Bauträgervertrag abschließen, achten Sie genau auf die Klauseln zur „vollständigen Fertigstellung“ und zu Flächenabweichungen. Bei Mängeln sollten Sie diese im Abnahmeprotokoll festhalten und Ihr Zurückbehaltungsrecht prüfen. Im Zweifel ist es ratsam, sich rechtlich beraten zu lassen.
Haben Sie weitere Fragen zu Bauverträgen oder Mängeln?
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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