Was sind die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung?

Juli 16, 2024

Was sind die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung?

Von RA und Notar Krau

Die verhaltensbedingte Kündigung ist im Arbeitsrecht die häufigste Kündigungsart.

Sie liegt vor, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt und dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wird.

Die Rechtsprechung, insbesondere die des Bundesarbeitsgerichts (BAG), hat klare Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung aufgestellt.

1. Pflichtverletzung:

  • Vertragswidriges Verhalten: Der Arbeitnehmer muss gegen eine Pflicht aus dem Arbeitsvertrag verstoßen haben. Dies kann z.B. die Nichterfüllung der Arbeitspflicht, unentschuldigtes Fehlen, Störung des Betriebsfriedens oder Verletzung von Geheimhaltungspflichten sein.
  • Steuerbares Verhalten: Das Verhalten des Arbeitnehmers muss steuerbar sein, d.h. er muss die Möglichkeit gehabt haben, sich anders zu verhalten. Nicht steuerbar sind z.B. Krankheit oder mangelnde Eignung.
  • Schuldhaftes Verhalten: Der Arbeitnehmer muss die Pflichtverletzung schuldhaft begangen haben, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig.

Was sind die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung?

2. Abmahnung:

  • Grundsatz: Vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in der Regel abmahnen. Die Abmahnung dient dazu, den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hinzuweisen und ihm die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu ändern.
  • Inhalt der Abmahnung: Die Abmahnung muss den konkreten Verstoß benennen, das unerwünschte Verhalten klar beschreiben und die Folgen bei Wiederholung androhen (z.B. Kündigung).
  • Ausnahmen: Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn sie offensichtlich aussichtslos wäre oder der Verstoß so schwerwiegend ist, dass eine Weiterbeschäftigung selbst nach Abmahnung unzumutbar ist (z.B. Diebstahl, Körperverletzung).

3. Negative Prognose:

  • Zukünftige Vertragstreue: Der Arbeitgeber muss befürchten, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer trotz Abmahnung sein Verhalten nicht ändert.
  • Beweislast: Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für die negative Prognose.

4. Interessenabwägung:

  • Umfassende Prüfung: Der Arbeitgeber muss alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und die Interessen des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegen seine eigenen Interessen an der Beendigung abwägen.
  • Kriterien: Zu den abzuwägenden Kriterien gehören z.B. die Art und Schwere der Pflichtverletzung, die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Alter und die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers, sowie die bisherige Vertragstreue.

Was sind die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung?

5. Kein milderes Mittel:

  • Ultima Ratio: Die Kündigung darf nur das letzte Mittel sein, wenn alle anderen Möglichkeiten zur Beseitigung der Pflichtverletzung ausgeschöpft sind.
  • In Betracht kommen z.B. Versetzung, Abmahnung, Schulung.

6. Weitere Voraussetzungen:

  • Anhörung des Betriebsrats: Der Betriebsrat ist vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung anzuhören (§ 102 BetrVG).
  • Schriftform: Die Kündigung muss schriftlich erfolgen (§ 623 BGB).
  • Kündigungsschutzklage: Der Arbeitnehmer kann gegen die verhaltensbedingte Kündigung Kündigungsschutzklage erheben.

Fazit:

Die verhaltensbedingte Kündigung ist ein komplexer Sachverhalt im Arbeitsrecht.

Arbeitgeber sollten die strengen Voraussetzungen der Rechtsprechung beachten und alle milderen Mittel ausschöpfen, bevor sie eine solche Kündigung aussprechen.

Arbeitnehmer sollten sich im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung rechtlich beraten lassen, um ihre Rechte zu wahren.

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